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Schriftsteller und Journalisten Kurt Tucholsky
ОглавлениеKurt Tucholsky war am 9. Januar 1890 in Berlin geboren, wuchs jedoch einige Jahre in Stettin auf. Er stammte aus einer jüdischen Familie, sein Vater war Bankkaufmann und starb schon 1905. Kurt begann zwar ein Jurastudium, das er mit einer Promotion abschloss, wandte sich dann aber ganz der Literatur und dem Journalismus zu, die ihn schon als Schüler angezogen hatten. Er schrieb für die Parteizeitung »Vorwärts« und ab 1913 auch für »Die Weltbühne«, mit deren Herausgeber Siegfried Jacobsohn er befreundet war. Er schrieb auch unter den Pseudonymen Ignaz Wrobel, Theobald Tiger und Peter Panter und weiteren, später nannte er sich auch noch Kaspar Hauser. Seine Artikel belegen seine ausgeprägte antimilitaristische Gesinnung und seine Ablehnung eines übersteigerten Nationalismus.
Im Ersten Weltkrieg kämpfte er – nicht als Freiwilliger – an der Front im Osten. Doch auch hier behauptete sich der Journalist in ihm, denn er gab die Zeitung »Der Flieger« heraus, während in der Weltbühne keine Artikel erschienen. Noch 1918 wurde er als Vizefeldwebel nach Rumänien versetzt, wo er sich evangelisch taufen ließ.
Nach seiner Rückkehr nach Deutschland wurde er Chefredakteur der Zeitschrift »Ulk« (bis 1920), einer Beilage zum Berliner Tageblatt, schrieb aber kurzfristig auch für die Zeitschrift »Pieron«, die die Bevölkerung Oberschlesiens bei der Abstimmung über die Zugehörigkeit für Deutschland gewinnen sollte. Davon distanzierte er sich später. Gleichzeitig verurteilte er die politischen Morde von rechts in der frühen Weimarer Republik sowie deren zurückhaltende Bestrafung durch die Gerichte scharf. Er stand der USPD nahe und wurde Mitbegründer des »Friedensbundes der Kriegsteilnehmer«, bevor er ab 1924 für »Die Weltbühne« und die »Vossische Zeitung« aus Paris berichtete.
1926 wurde Tucholsky für kurze Zeit Chefredakteur der »Weltbühne«. Mehrfach griff er außer der Weimarer Republik und den sie tragenden Sozialdemokraten die Einseitigkeit der deutschen Justiz der Weimarer Republik an. Dies klingt auch in einem seiner bekanntesten Gedichte von 1930 an:
Deutschland erwache!
Daß sie ein Grab dir graben,
dass sie mit Fürstengeld
das Land verwildert haben,
dass Stadt um Stadt verfällt …
Sie wollen den Bürgerkrieg entfachen –
(das sollten die Kommunisten mal machen!)
dass der Nazi dir einen Totenkranz flicht –:
Deutschland, siehst du das nicht –?
Daß sie im Dunkel nagen,
dass sie im Hellen schrein;
dass sie an allen Tagen
Faschismus prophezein …
Für die Richter haben sie nichts als Lachen –
(das sollten die Kommunisten mal machen!)
dass der Nazi für die Ausbeuter ficht –:
Deutschland, hörst du das nicht –?
Daß sie in Waffen starren,
dass sie landauf, landab
ihre Agenten karren
im nimmermüden Trab …
Die Übungsgranaten krachen …
(das sollten die Kommunisten mal machen!)
dass der Nazi dein Todesurteil spricht –:
Deutschland, fühlst du das nicht –?
Und es braust aus den Betrieben ein Chor
von Millionen Arbeiterstimmen hervor:
Wir wissen alles. Uns sperren sie ein.
Wir wissen alles. Uns läßt man bespein.
Wir werden aufgelöst. Und verboten.
Wir zählen die Opfer; wir zählen die Toten.
Kein Minister rührt sich, wenn Hitler spricht.
Für jene die Straße. Gegen uns das Reichsgericht.
Wir sehen. Wir hören. Wir fühlen den kommenden Krach.
Und wenn Deutschland schläft –:
Wir sind wach!
Zitiert nach: Gesammelte Werke. Bd. VIII, S. 107
Seinen Wohnsitz verlegte er im gleichen Jahr nach Schweden in die Nähe von Göteborg. Seinem Freund und Weltbühne-Kollegen Carl von Ossietzky wurde bereits der Prozess wegen Landesverrats gemacht. Tucholsky selbst veröffentlichte immer weniger Texte. 1933 wurden die Weltbühne verboten und Tucholskys Bücher verbrannt. Selbstzeugnisse aus dieser Zeit sind noch Briefe und Tagebuchblätter. Von der Entwicklung in Deutschland zutiefst erschüttert, starb er am 21. Dezember 1935 in einem Krankenhaus in Göteborg.
Quellen und Literatur: Kurt Tucholsky: Gesammelte Werke. Hrsg. v. Mary Gerold-Tucholsky und Fritz J. Raddatz, 10 Bde., Reinbek 1975; ders.: Deutschland, Deutschland über alles. Ein Bilderbuch von K. T. und vielen Photographen. Berlin 1929; ders.: Die Q-Tagebücher. 1934–1935. Hrsg. von Mary Gerold-Tucholsky und Gustav Huonker. Reinbek 1978; ders.: Briefe aus dem Schweigen. 1932–1935. Briefe an Nuuna. Hrsg. von Mary Gerold-Tucholsky und Gustav Huonker. Reinbek 1977; Michael Hepp: Kurt Tucholsky. Reinbek 1998; Dieter Mayer: Kurt Tucholsky, Joseph Roth, Walter Mehring. Beiträge zu Politik und Kultur zwischen den Weltkriegen. Frankfurt 2010; Rolf Hosfeld: Tucholsky. Ein deutsches Leben. München 2012