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5 Erwachen, Erd-Orbit, 1357 ZENzeit

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Zweites Leben/Tagebuch Anfang

Zwei Wahrnehmungen: Ein starkes Prickeln, als wären alle Gliedmaßen eingeschlafen und ein unerträgliches Dröhnen:

Ziiip - PANG

Ziiip - PANG

Das Geräusch erinnert irgendwie an einen schlecht gelaunten Riesen, der zuerst das hohe C an einer hochhausgroßen Stimmgabel anschlägt und anschließend mit einem überdimensionalen Vorschlaghammer ein Containerschiff plattmacht:

Ziiip - PANG

Ziiip - PANG

Ich versuche, die Augen zu öffnen, doch mein Parasympathikus spricht dagegen. Die erste Erinnerung tritt zutage: Ich fühle mich wie beim Erwachen nach einer Narkose. Subjektiv ist keine Sekunde vergangen seit dem Einschlafen und Erinnerung an Träume gibt es auch keine. Es ist wie einschlafen und gleich wieder aufwachen. Nur ist da doch irgendwas passiert ohne mein Zutun.

Dieses Gefühl der Hilflosigkeit, des Angewiesenseins auf Hilfe.

Ziiip - PANG

Ziiip - PANG

Dieses Gefühl kenne ich noch nicht: Ich möchte meine Augen öffnen, mein ganzer Wille ist aufgebracht und doch bleiben die Lider geschlossen, schwer wie Blei.

Ich liege scheinbar irgendwo ganz im Zentrum dieser Geräuschkulisse und das Prickeln lässt nach, macht Gefühlen Platz, die wie maßgeschneidert Wonnegefühle in jeder meiner Zellen auslösen.

Intox?

Eine neue Anstrengung: Ich hebe meine Lider einen Spalt, so dass das grelle Licht brutal eindringen kann. Ich bin geblendet, kann nichts wahrnehmen und schließe die Augen sofort wieder.

Eine hohe Stimme, die schon beim ersten Ton ein Gefühl heftiger Verliebtheit bei mir auslöst, spricht, nein singt:

»Wenn du möchtest, kannst du die Augen jetzt öffnen, ich habe das Licht gedimmt.«

Intuitiv möchte ich darauf etwas erwidern, aber nur ein schreckliches Krächzen entringt sich meinen Stimmbändern.

Ziiip – PANG

Ziiip - PANG

Eigentlich müssten mich inmitten dieser Kakophonie entsetzliche Kopfschmerzen plagen, ich fühle mich jedoch völlig ausgeglichen, verliebt in diese Stimme. Aber wieso kann ich sie überhaupt hören bei dem Lärm?

»Öffne jetzt die Augen!«

Ein neuer Versuch. Die Lider sind nicht mehr so schwer wie vorher, das eintretende Licht warm. Ich spüre meinen Körper nicht mehr – oder doch, ich spüre ihn, jedoch anders als gewohnt. Er befindet sich in einem perfekten Entspannungszustand. Drogen?

Über mir eine Kontur. Aha! Ich liege in einer Röhre.

Positronenemissionstomograph …

Magnetresonanztomograph …

Irgend so was …

Und wieder die Stimme, wie reines Intox: »Öffne die Augen, es ist alles gut.«

Nanometer für Nanometer heben sich meine Lider, nach und nach schiebt sich ein Fenster hinter einem Fenster in mein Blickfeld; der Ausschnitt zeigt den großen Wagen, mein Lieblingssternbild.

Mein Gehirn arbeitet noch träge, aber es begreift bereits, was passiert ist und befiehlt meinen Augen, zu weinen. Der große Wagen verschwimmt, wie das Bild hinter einer beregneten Fensterscheibe und verschwindet dann ganz, weil ich alle Tränen weinen muss, die in der langen Zeit darauf gewartet haben, geweint zu werden. Die Tränen fließen in meine Ohren und dämpfen die Geräuschkulisse, die bald darauf ganz verstummt und einer unwirklichen Ruhe Platz macht. Ich zwinkere mit den Augen und öffne sie, die Unterlage, auf der mein Körper liegt, vibriert und beginnt, sich aus der Röhre zu schieben. Mein Körper löst sich sogleich und schwebt in einen ovalen Raum mit sonnengelben Wänden. Mir ist nicht kalt, nicht heiß, ich fühle keine Verspannungen, will nichts.

»Weißt du schon, wo du bist?«

Mein Neuronalsystem kommt auf Touren, ich erinnere mich daran, das letzte Mal beim Erwachen als Erstes das von Timea zerwühlte Kopfkissen gesehen zu haben. Diesmal gibt es kein Kopfpolster, kein Bett, kein Zimmer.

Ich weiß, wo ich bin!

NICHTS

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