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Freitag, 4. März 2016

Auffing (Oberbayern)

Roja Özen

Sie verlässt den Laden, geht in Richtung des Stadttors über den Fluss. Der schmutzige Schnee sammelt sich am Straßenrand, überdeckt den Mittelstreifen. Wenn ein Auto vorbeifährt, weicht Roja einen Schritt zur Seite, um nicht nassgespritzt zu werden.

Im Stadttor nähert sich erneut ein Auto von hinten. Die Reifen zerquetschen lautstark den Schnee. Roja drückt sich an die Wand, so gut es ihr die vollgepackte Plastiktüte in der einen Hand und der Leinenbeutel in der anderen ermöglichen. Ein dritter Wagen folgt. Sie geht noch einen Schritt zur Seite, der Motor heult auf, sie bleibt stehen. Sie sieht den Wagen aus dem Augenwinkel näherkommen, lässt ihre Taschen fallen. Glas zerbricht, Dreck spritzt auf die weiße Arzthose. Am liebsten würde sie sich Augen und Ohren zuhalten. Der Motor heult auf. Und der Wagen braust davon.

Sie bückt sich, versucht, die Scherben herauszuziehen, die die Plastiktüte zerschnitten haben, und denkt: Gerade heute.

»Kann ich dir helfen?«, fragt da eine junge Stimme über ihr.

Sie schiebt ihr Kopftuch zurecht.

»Nein, danke«, antwortet sie, ohne aufzusehen.

»Kann ich dir helfen?«, fragt die Stimme erneut. Roja richtet sich auf. Vor ihr steht ein kleines Mädchen. An ihrem Nasenloch bläht sich eine Rotzblase auf. Ihre blaue Mütze, auf der ein orangefarbener Smiley seine Zähne fletscht, ist nach oben gerutscht. Darunter kämpfen sich blonde Locken hervor. Roja überlegt, ob sie das Mädchen aus Esthers Kindergarten kennt. Sie sieht sich um. Mutter oder Vater sind nirgends zu sehen.

»Lassen Sie das Mädchen in Ruhe!« Das Mädchen zuckt wie Roja zusammen. Ein alter Mann hat sich vor ihr aufgebaut.

Roja richtet sich auf und hastet verstört davon. Sie klettert in den Wagen, schlägt die Tür zu, sieht aus dem Fenster. Da ist er wieder. Sie dreht den Schlüssel herum und fährt los. Blech kracht, ihr Kopf wird nach vorne geschleudert.

»Grüß Gott, ich möchte einen Unfall melden, weil ich mir unsicher bin«, sagt Roja durch die Glasscheibe mit den blassweißen Löchern in der Mitte zu dem Polizisten.

»Gehens doch bittschön in das Zimmer Nr. 5, dritte Tür links zum Kollegen. Ich geb Bescheid«, sagt der Polizist.

Roja geht weiter, klopft, öffnet die Tür.

»Grüß Gott«, sagt der Polizist, steht auf und gibt ihr die Hand. »Hauptkommissar Josef Stehr.«

»Roja Özen.«

»Bittschön, nehmens Platz.«

Der Polizist lässt sich auf den Stuhl vor dem Computer fallen. Roja setzt sich auf den Stuhl gegenüber.

»Ihren Namen.«

»Roja …«

Der Schuss unterbricht Rojas Worte. Stoppt die Finger des Polizisten.

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