Читать книгу Der kahle Berg - Lex Reurings - Страница 10
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Heesch (Noord-Brabant, Niederlande). Ich habe in letzter Zeit oft mit meinem Kumpel darüber gesprochen: In der kommenden Saison müssen wir was dagegen unternehmen. Sieben Kilo müssen runter, vorerst kein Bier mehr und auch keine Süßigkeiten, viermal die Woche trainieren, auch bei miesem Wetter, und Ende Mai, Anfang Juni jagen wir den Mont Ventoux hoch. Müdes Geplapper mit einem Unterton von: Ach, Junge, wir werden alt, wir gehen aus dem Leim, es muss etwas passieren. Wenn wir weiterhin glaubwürdig über diesen Berg mitreden wollen, dann müssen wir etwas tun!
Dienstag, 27. Dezember. Und wir haben angefangen. Wir hatten richtigerweise geahnt, dass der Körper sich nach Weihnachten nach Betätigung sehnen würde, nach Bewegung. Der vom Fitnessstudio organisierte Spinningmarathon bietet eine Lösung: vier Stunden Radfahren am Stück. Okay, zwar drinnen, aber angesichts des schlechten Wetters und der noch winterlichen Straßen eine nette Alternative.
Ein Beamer, der unsere Videofilme von den Ventoux-Auffahrten und -Abfahrten von Bedoin und Malaucène groß an die weiße Wand projiziert, 26 Spinningbikes, exzellentes Catering, dröhnend bollernde Musik, »Hintern aus dem Sattel, achte auf deine Haltung«, und treten, treten, treten, treten. Langsam, aber sicher verschwinden die Spiegel hinter tropfender Kondensation. Vier Stunden nach dem Start fühlen sich die Beine hervorragend an, aber das Sitzfleisch protestiert: Es liegt noch viel Arbeit vor uns…
Samstag, 31. Dezember. Die »Top 2000«, der Radio-Hit-Marathon zwischen den Jahren, dröhnt durchs Haus, ein Rindertopf köchelt seit fast acht Stunden langsam vor sich hin. Und aller Anfang ist schwer: Eine Rum-Rosinen-Kugel findet ihren Weg nach unten, begleitet von einem kräftigen Schluck von fast 14 Prozent. 14 Prozent, die letzte Kurve der Südrampe von Bedoin…
Dreimal pro Woche stampfen und schwitzen wir im Spinningsaal mit zu viel Lärm auf den Ohren, Schweißpfützen auf dem Boden und pitschnassem Shirt. Deep Purple, »Smoke on the Water«, auf Platz 64.
In zwei Wochen werde ich 65. Fünfundsechzig… Und ich mache mir Sorgen wegen dieses dämlichen Bergs. Vierzigmal bin ich inzwischen mit dem Rad dort hinaufgefahren, rund hundertzwanzigmal hat das Auto den Job für mich erledigt, aber jetzt – jetzt! – muss ich mir so dringend wieder was beweisen: ohne absteigen bis nach oben oder ohne Schlangenlinien oder ohne eingeholt zu werden oder noch mal dreimal an einem Tag oder vielleicht mal rückwärts mit dem Fahrrad oder was auch immer. Eine verzögerte beziehungsweise hartnäckig anhaltende Midlife-Crisis? Mit fünfundsechzig? Höre ich da den Ventoux sich ins Fäustchen lachen?
Aus: Willem Janssen Steenberg, Voor eigen parochie – Columns 2003-2011