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BLUMEN, TEDDYBÄREN UND KOCHTÖPFE

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Tag: 1

Datum: 25.12.

Uhrzeit: –

Geburtsgewicht: 1595 Gramm

Anmerkungen: Zeigt bei Einlieferung in die Neonatologie gesunde Reflexe, atmet selbstständig, hämodynamisch stabil Antibiotika und Nahrung über Sonde verabreicht

Dr. A. Saad

Schneider ist auf dem Korridor der Frühchen-Station gefangen. Der Eingang der Geburtshilfestation ist geschlossen. Durch die schweren Milchglastüren kann sie die fließenden Bewegungen eines Menschen erahnen, also los, der Herde nach. Frauen schieben transparente Kästen umher. Gäste sind mit Blumen, Teddybären und Kochtöpfen beladen. Schneider klingelt an einer kleinen Glocke, erst dann öffnet sich der Sesam.

Unter dem Schild »Geburtshilfe 2« verkündet ein zweites Schild: »Das Frühstücks-Buffet ist ab acht Uhr geöffnet und nur für die Wöchnerinnen bestimmt. Familienangehörige werden gebeten, sich nicht daran zu bedienen.« Es ist sieben Minuten nach sieben und das aufgebaute Buffet schon fast leer. Nur zwei harte Eier, etwas Rührei und ein paar Blätter Kopfsalat sind übrig geblieben. Ein einziges Produkt gibt es noch in Hülle und Fülle: Leben, arabischen Joghurt in allen erdenklichen Sorten. Eine große Familie mit sechs Erwachsenen und zwei Kindern sitzt vor kleinen blauen Tabletts; sie knabbern an irgendeinem grauen Fertigessen. Es ist nicht eindeutig zu erkennen, wer von ihnen die Wöchnerin ist. Von den drei Frauen trägt keine einzige ein Krankenhaushemd. Sie hat Hunger, aber nicht auf Leben. Alles, nur nicht Leben.

Beim Stationszimmer hält man sie wieder auf. »Sie könnten noch etwas Voltaren vertragen, nicht wahr? Wann war die letzte Einnahme?« Kann sie noch etwas Voltaren vertragen? Sie kann überhaupt nichts vertragen. Aber jetzt, da sie es ihr anbieten, spürt sie die Schnittwunde. Schmerzhaft, deutlich. Sie tritt ins Stationszimmer. Eine Patientin zieht den Vorhang zu, eine andere rafft das Krankenhaushemd, und wieder eine andere lässt sich unterwürfig eine Nadel in den Hintern rammen.

Auf Zimmer 12 liegt Schirani im linken Bett. Ihr Mann ist gerade dabei, ihr die dünnen, glatten, glänzenden Beine einzuölen; ein rosiges, molliges Baby döst zwischen ihren Brüsten. Es sieht ganz anders aus als ihre Kleine, Schneiders Baby. Über dem offenen, durchsichtigen Babybett hängt ein Zettel: »Attias, der Sohn von, 3800 Gramm«. Schneider weiß, sie soll nicht nach den anderen sehen, aber Schirani, ihr Mann und das Baby sind so sehr in diesem glückseligen Moment der Entspannung nach dem Stillen geborgen und beachten sie nicht, dass sie hemmungslos auf diese intime Dreieinigkeit starrt. Das Baby sieht aus wie eine rötliche, kahle Riesenkartoffel. Es ist überhaupt nicht süß, sondern eins von diesen Babys, die nur aus Nase bestehen; alles, was man sieht, ist Nase. Krumm. Enorm. Gonzo.

»Nezi und Musa waren da, Flora hat auch angerufen. Und morgen kommt der Rabbi für den Segen.«

»Wann denn? Am besten kommt er gleich hierher ins Krankenhaus.«

»Natürlich kommt er hierher. Izi bringt ihn, Schirani. Ist eine echte Strecke von Beit Schemesch hierher.«

»Der Kleine hat noch Hunger. Guck dir das an. Er isst wie sein Vater. Iss, Schätzchen, iss, dass du mit Gottes Hilfe schön gesund bleibst. Hach, ich habe Lust auf ein Croissant. Liebes, holst du mir eins von der Bäckerei?«

Schneider streckt sich auf dem Bett aus, legt das Reagenzglas mit der kostbaren Milch für das Baby auf einem Stück Taschentuch oben auf die Kommode, schließt den Vorhang und ruft ihn an. »Bist du aufgestanden?«, fragt er.

»Ich war gerade auf der Abteilung«, sagt sie, »also bei den Frühchen. Jetzt bin ich wieder im Zimmer.«

»Warum hast du mir nicht Bescheid gesagt?«, fragt Jonatan. »Ich komme sofort, ich habe hier unten in der Lobby geschlafen.«

Und tatsächlich, da kommt er schon. Er sieht ganz aufgelöst aus. »Wahnsinn, wie du geatmet hast, echt beeindruckend. Hat mich richtig reingezogen. Hast du es mitbekommen? Sie haben die Kleine rausgeholt und sofort auf die Intensivstation gebracht. Sie war gerade erst eine Sekunde auf der Welt, diese weiße Wolke, da wurde sie schon in den Armen der Schwester aus dem Zimmer getragen. Ich bin hinter ihr hergelaufen und dabei mit dem Fuß im Kabel von deinem Narkosegerät hängen geblieben. Der Anästhesist hat mich angeschrien. Ich habe gemerkt, da ist ein Widerstand, aber das Kabel wollte sich einfach nicht entwirren. Dann haben sie mich desinfiziert, wegen diesem klebrigen Schleim an ihr – wie nennt man das noch?«

»Ich schlaf gleich ein.«

Aber die Nacht ist noch jung

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