Читать книгу Die Zarenmörderin - Das Leben der russischen Terroristin Sofja Perowskaja - Liliana Kern - Страница 4
Prolog
Оглавление»Heute um 13 Uhr und 45 Minuten, bei der Rückkehr des Zaren-Imperators aus der Michailow-Manege wurde ein Bombenattentat auf das heilige Leben Seiner Majestät verübt. Es geschah am Ufer des Katharinen-Kanals, in der Nähe des Ingenieurpalastes. Die erste Explosion beschädigte lediglich die Equipage Seiner Majestät, die zweite dagegen fügte dem Zaren schwere Verletzungen zu. Unterwegs zum Winterpalast gelang es Seiner Majestät noch, die Letzte Ölung zu empfangen. Um 15 Uhr und 35 Minuten starb er in Gottes Gnade«, berichtete am Abend des 1. März 1881 Prawitelstwennyj westnik (Der Regierungsbote) in seiner Extraausgabe.
Am 26. März standen sechs junge Leute vor Gericht. Sie wurden beschuldigt, den Zaren Alexander II. ermordet zu haben. Unter ihnen befand sich auch »eine junge Frau. An ihrem winzigen, runden Gesicht – wie das eines Kindes – fiel sofort die ungewöhnlich hohe Stirn auf, deren Wölbung das bescheidene schwarze, mit einem schneeweißen Kragen verzierte Kleid noch stärker zum Ausdruck brachte«. Auf die Aufforderung des Vorsitzenden des Gerichtssenats, des Richters Eduard Fuchs, erhob sie sich:
»– Angeklagte, nennen Sie Ihren Namen, Ihr Alter und Ihre Standeszugehörigkeit.
– Ich heiße Sofja Perowskaja, bin 27 Jahre alt und adeliger Abstammung.
– Was sind Sie von Beruf?
– In der letzten Zeit war ich als Revolutionärin tätig.
– Wo waren Sie zuletzt wohnhaft?
– In der Perwaja-Rota-Ismailowskowo-Polka-Straße, Nummer 17–18.
– Welcher Religion gehören Sie an?
– Ich bin orthodox.
– Haben Sie eine Kopie der Anklageschrift erhalten?
– Ja, habe ich.«
Gefasst nahm sie wieder auf der Anklagebank Platz. Sichtbar erschöpft und blass hörte sie apathisch zu, wie ihre Kameraden nun auf dieselben Fragen antworteten. Regungslos blieb Sofja auch, als der Staatsanwalt die Anklageschrift verlas und schimpfende Zurufe aus dem Publikum seine Rede ab und zu unterbrachen. Auch die Worte ihres Geliebten, der ihr stets etwas ins Ohr flüsterte, ließen sie unbeeindruckt. Sie saß da, als wäre sie lediglich eine Zuschauerin, als befände sie sich rein zufällig im Gerichtssaal, als ginge sie das alles, was um sie herum geschah, letzten Endes gar nichts an.