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Träume

Licht hinter den Lidern, jemand fasst seine Hand. Berührung. Sein ganzer Körper umhüllt von Stoff, riecht wie saubere Laken – ist das ein Traum? Etwas piept fortwährend – eine Maschine? Eine Klinik? Er will sich aufrichten – unmöglich. Festgebunden. Sie haben ihn festgebunden, Panik steigt in ihm auf – und wenn er nun doch in der Psychiatrie gelandet ist? Verzweifelt versucht er, seine Hände frei zu bekommen.

„Sehen Sie: Er randaliert“, stellt eine Stimme nüchtern fest. „Wenn Sie mir garantieren können, dass er liegen bleibt, mache ich ihn los.“

„Nein, das kann ich nicht“, kommt zögernd leise die Antwort. „Ich kann gar nichts garantieren, wie soll ich denn. Er war ja immer so wild ...“

Karl hat keine Mühe zu erkennen, wer da spricht: Es ist Michaela, seine kleine Schwester. Sie war zehn, trug ihr braunes Haar zu zwei ordentlichen Zöpfen geflochten und hatte ein Kleid an, und er war – wie alt?

„Ich will nie so werden wie du, Jungs sind immer so wild“, hatte sie zu ihm gesagt.

Und was macht sie jetzt hier?

Karl stöhnt; er weiß nicht, ob wegen seiner Schmerzen oder wegen seiner Schwester, verschwommen hofft er, dass das hier nur ein schrecklicher Traum ist.

„Ich sag es Mama!“, gellt es hinter den Schleiern seiner Erinnerung. Seine kleine Schwester ist von jeher eine Nervensäge gewesen, mit wenig Intelligenz ausgestattet, dafür mit einem starken Nervensystem und ebensolchem Willen. Ihre Zähigkeit und Unbeirrbarkeit, wenn sie etwas für richtig hielt, verliehen ihr eine Ausdauer, die weit und breit ihresgleichen suchte. Und alle nervte.

Dieses Elend ist nun – als Traum oder Wirklichkeit – wieder in seiner Nähe aufgetaucht. Und lässt sich nicht ignorieren.

Später vielleicht nicht, befindet er, jetzt schon. Er begibt sich auf weitere innere Suche. Saubere Laken, Klinik, Michaela, so weit ist er schon. Aber wie ist er hier hergekommen? Was genau ist seine Situation? Er weiß es nicht, sieht nur gähnende Leere.

Immerhin weiß er, wer er ist. Auch, was er in seinem Leben getan oder nicht getan hat – oder? Das Meiste jedenfalls, so scheint es ihm. Das ist ja schon mal was. Fürs Erste bleibt er bei sich: Er schweigt. Begibt sich anhand seines Atems leise schwebend zurück in die Tiefe. Erst mal.

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