Читать книгу RUNNING - Lillie F. Leitner - Страница 5

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Max

Max legt den Hörer auf: Na super, der Tag fing ja gut an – gleich am frühen Morgen ein Anpfiff von einem Kollegen. Nun gut, Zusammenarbeit mit egobeladenen Juristen klappte nicht immer so wie man es sich wünschte.

Stirnrunzelnd wendet sie sich der aufgeschlagenen Akte zu, die vor ihr liegt, tippt die Aufforderung an ihren Sekretär in ihr iPad, er möge den nächsten Mandanten hineinbitten.

Zügig öffnet sich die Tür, und herein kommt ein asiatisch aussehender Mensch mit zwei weiteren asiatisch aussehenden Menschen im Schlepp, alle drei tadellos in Maßanzüge gekleidet.

Max wuchtet ihr nicht unerhebliches Gewicht aus dem bequemen Stuhl, den sie extra für ihre Bedürfnisse hat anfertigen lassen. Sie geht dem Klienten und seinen Begleitern entgegen. Sie begrüßt alle drei mit Handschlag und fordert sie mit einer Geste auf, in der rotledernen Sitzgruppe, die sich in einer Ecke ihres geräumigen Büros befindet, Platz zu nehmen.

Platz nimmt jedoch lediglich der Chef; seine zwei Lakaien stellen sich in gebührendem Abstand hinter ihm auf.

Max holt Unterlagen und Stift dazu und setzt sich ihrem Mandanten gegenüber. Sie lächelt ihn an, er lächelt zurück. Sie bietet Kaffee und Tee an, er lehnt mit einer herrischen Geste ab.

„Was du gemach um mich frei zu mache von Gefängnis?“, erkundigt er sich höflich.

Max senkt den Kopf ein wenig, weiterhin bleibt sie freundlich, runzelt jedoch fragend die Stirn – ein sicheres Verfahren, um ihrem Gegenüber zu signalisieren, dass er sich auf dem Holzweg befindet.

„Was hast du gemach um mich frei zu mache von Gefängnis?“, rattert der Mann im selben Tonfall.

„Herr Chang, ich verstehe nicht recht?“

Max zieht die Augenbrauen zu einer steilen Falte zusammen, jetzt nicht mehr ganz so freundlich.

„Was du gemach?“, fragt Herr Chang erneut, nun auch nicht mehr ganz so freundlich.

Max setzt sich gerader hin und zeigt ihm ein reserviertes Gesicht.

„Wenn ich mich recht erinnere, Herr Chang“, holt sie in kühlem Tonfall aus, „habe ich Sie erst letzte Woche aus der Justizvollzugsanstalt herausgeholt. Der Haftbefehl wurde außer Vollzug gesetzt; Sie sind jetzt auf freiem Fuß. Nun warten wir auf Ihre Gerichtsverhandlung.“

„Was du sonst noch gemach, außer warte?“

Max räuspert sich und lässt sich mit ihrer Antwort etwas Zeit, um dem, was sie nun sagt, mehr Gewicht zu verleihen.

„Herr Chang, es gibt jetzt im Moment nichts weiter zu tun, als zu warten und sich auf die Verhandlung vorzubereiten. Heute wollen wir Ihre Verteidigungsstrategie besprechen, deswegen sind Sie hier."

Und als Herr Chang den Kopf schüttelt:

„… oder?“

"Ich dir nich zahle viele Geld für nichts tun. Ich mir andere Verteidiger suche.“

Verkündet Herr Chang und steht aus seinem Sessel auf.

Bevor Max noch etwas erwidern kann, ist er mit seinem Geschwader schon an der Tür.

Max hat sich ebenfalls erhoben.

„Dann mal alles Gute, Herr Chang“, ruft sie ihm nach, während die Tür zuklappt, und kehrt kopfschüttelnd an ihren Schreibtisch zurück.

Das wird ein interessanter Tag, wenn es so weiter geht.

Schade. Gern hätte sie den Boss der chinesischen Unterwelt in Münster verteidigt, das hätte ihr bestimmt gute Publicity eingebracht. Andererseits: Die Strafe würde saftig ausfallen, von einem Freispruch gar nicht zu reden. Sie hatte den Mann nur unter erhöhten Auflagen vorübergehend frei bekommen. Für einen schlechten Prozessausgang würde sie vielleicht auf andere Weise büßen müssen – man konnte nie wissen, was diesen Leuten alles einfiel. Deswegen konnte man auch nicht genau sagen, ob es gut oder schlecht war, ein Mandat zu verlieren. Und wenn der Mandant sich erst mal entschieden hatte, den Verteidiger als Feind statt als Freund zu betrachten, war sowieso nicht mehr viel möglich.

Max sagt sich, dass dies eine positive Wendung sei, und wer weiß, was ihr erspart bleibt. Denn egal, wie sie es findet: Es ist sowieso nicht zu ändern. Sie tippt eine Anweisung für ihren Sekretär ins iPad: „Rechnung für Herrn Chang fertig machen, die üblichen Gebühren, das volle Honorar bis heute berechnen und noch 500 € hinzuaddieren.“

Die Rechnung nicht zu bezahlen, würde er sich wahrscheinlich nicht erlauben.

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