Читать книгу Anne - Ich weiß, was ich will | Erotischer Roman - Linda May - Страница 4

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Der erste Kontakt

Lina holte mich gegen 19.00 Uhr ab und wir fuhren in das »Gin & Jagger«, eine sehr gelungene Mischung aus Restaurant, Klub, Bar und Café. Es war noch ein einziger Tisch im vorderen Bereich frei, an den wir uns setzten. In diesem Bereich des Lokals gab es nur noch einen weiteren Tisch neben uns, an dem ein Mann saß. Wir bestellten unsere Drinks, unterhielten uns sehr lange und immer wieder versuchte Lina, mich aufzuheitern und meine Lebensfreude wiederzuerwecken. Ab und zu blickten wir zu dem Nebentisch, an dem der einzelne Mann viele bedruckte Blätter vor sich liegen hatte und mit einem Bleistift Anmerkungen machte, Wörter strich oder Haken setzte. Es war interessant, ihm zuzusehen. Zwischendurch legte er ein hellblaues Notizbuch auf den Tisch, schlug eine bestimmte Seite auf und schrieb etwas hinein.

Mich interessierte schon, was er dort tat. Lehrer war er mit Sicherheit nicht, denn dann hätte er mit einem roten Stift korrigiert. Außerdem war er kein Lehrertyp. Er trug ein klassisches weißes Burberry-Hemd zu einer dunkelblauen Stoffhose, seine Schuhe waren mit einer außergewöhnlichen Schnalle versehen und seine Strümpfe hellviolett. Ich schmunzelte, als ich sie sah. Ich schätzte ihn auf Mitte vierzig, sein Haar war voll und erste graue Strähnen waren sichtbar.

***

Mittlerweile war es fast 22.00 Uhr und Lina tat wirklich ihr Bestes, mich fröhlich zu stimmen, aber an diesem Abend sollte es ihr nicht gelingen. Der Herr am Nebentisch packte seine Blätter zusammen, rief die Kellnerin und zahlte.

»Bis morgen, Tom«, verabschiedete sie ihn.

»Bis morgen, Maria«, antwortete er. Er stand auf, legte seine Aktentasche auf den Tisch und zog seinen Trenchcoat an. Ich beobachtete ihn nur aus dem Augenwinkel und hatte das Gefühl, er bemerke es. Er nahm seine Aktentasche unter den Arm und blieb beim Hinausgehen an unserem Tisch stehen.

»Entschuldigen Sie bitte, wenn ich Sie anspreche. Die Tische stehen sehr dicht beieinander und so bekommt man automatisch mit, was am Nebentisch gesprochen wird«, begann er und sah in meine Augen, unsere Blicke trafen sich. Er fuhr fort: »In meinem letzten Roman habe ich ziemlich am Ende einen Satz geschrieben, der perfekt zu Ihnen passt.«

Neugierig sah ich ihn an und war sehr gespannt.

»Kein Mann dieser Welt ist es wert, dass eine schöne Frau wie Sie auch nur eine einzelne Träne für ihn vergießt«, sagte er mit fester Stimme und sofort trat ein Lächeln in mein Gesicht.

»Ich wünsche Ihnen noch einen angenehmen Abend. Tschüss«, verabschiedete er sich und verließ das Lokal. Lina und ich sahen uns ungläubig an. Lina nahm sofort ihr Handy zur Hand und tippte den eben gehörten Satz hinein.

»Wow, der Satz hat es in sich«, lächelte ich sie an. Wir hätten uns gerne noch mit ihm unterhalten, aber er gab uns keine Gelegenheit zu reagieren.

»Hast du seine Augen gesehen?«, fragte Lina. »So strahlend mit einem wunderschönen Braun, unfassbar«, ergänzte sie.

Auf jeden Fall kannte ich nun seinen Beruf, er war Schriftsteller.

Lina und ich schwärmten noch ein wenig von seinem gesagten Satz und wollten uns nun auch auf den Weg nach Hause machen. Als die Kellnerin an unserem Tisch stand und wir zahlten, suchte meine Freundin kurz den Waschraum auf.

»Entschuldigen Sie bitte, aber kennen Sie den Herrn, der am Nebentisch saß?«, fragte ich die Kellnerin.

Sie lächelte. »Ja, das ist Tom. Er ist fast täglich bei uns und sitzt immer am selben Tisch. Dieser Tisch ist ab 19.00 Uhr an jedem Tag der Woche für ihn reserviert«, erklärte sie mir mit einem fröhlichen Lächeln. »Soll ich ihm etwas ausrichten?«

»Danke sehr«, erwiderte ich und Lina trat wieder an den Tisch und wir verließen das Lokal.

Lina brachte mich nach Hause und beschwingt betrat ich meine Wohnung. Später in meinem Bett dachte ich an ihn, irgendwie hatte er einen besonderen Eindruck bei mir hinterlassen und mich mit seinem Satz zum Lächeln gebracht. Das hatte in den letzten Tagen niemand geschafft. Spät schlief ich ein und wollte am nächsten Tag in meine Zahnarztpraxis zurückkehren.

***

Mein Herzschmerz wegen Leander ließ jeden Tag ein wenig mehr nach und ich wartete auf den Moment, an dem er mir gleichgültig wurde. Seine Versuche in den letzten Tagen, Kontakt mit mir aufzunehmen, hatte ich rigoros abgeblockt und er zog sich zurück. Wahrscheinlich auch deshalb, weil er hoffte, dass ich niemandem von seinen Eskapaden erzählte. Das hätte seinen Ruf zerstört und solange er mich in Ruhe ließ, sah ich keine Veranlassung dazu.

Erstaunlicherweise war ich am nächsten und den darauffolgenden Tagen in der Praxis fröhlich, ja fast ausgelassen. Ich liebte meine Arbeit und war froh, meine Partner und Mitarbeiter wieder um mich zu haben. Oft dachte ich zwischendurch an den Satz, den ich beim Restaurantbesuch hatte hören dürfen und der mich immer wieder zum Lächeln brachte. Insgeheim spielte ich mit dem Gedanken, den Fremden wiederzusehen.

Wie mir das gelingen könnte, hatte mir die Kellnerin ja bereitwillig verraten. Aber war ich schon so weit? Wofür eigentlich? Ich wollte nicht direkt mit ihm eine neue Beziehung eingehen, sondern ich interessierte mich für ihn und seine Arbeit aus reiner Neugierde.

Das dachte ich jedenfalls zu diesem Zeitpunkt.

Wenn er wüsste, wie sehr er mir mit seinen Worten mein Leben in den letzten Tagen erleichtert hatte. Mit Lina hatte ich fast täglich Kontakt. Wenn nicht persönlich, dann am Telefon und per Textnachricht. Als wir uns einige Tage später wiedersahen und gemeinsam bei mir kochten, erzählte ich ihr von meinen Gedanken.

»Weißt du, die letzten Tage denke ich oft an den Mann aus dem Restaurant«, begann ich.

Lina sah mich aufmerksam an.

»Er hat mir durch seine Worte so viel geben können, das ist ihm bestimmt nicht bewusst gewesen«, setzte ich fort.

»Und was möchtest du jetzt?«, lachte Lina mich an.

»Wenn du so fragst, ich möchte ihn kennenlernen, mehr nicht«, antwortete ich.

Lina dachte nach und lächelte mich an. »Dann tu es doch auch«, bestärkte sie mich und nahm mich in den Arm.

Ich erzählte ihr von meinem Gespräch mit der Kellnerin und plante, an einem der nächsten Abende dort im Restaurant zu Abend zu essen. Erst versuchte ich, Lina zu überzeugen, mich zu begleiten. Aber Lina lehnte dies ab.

»Schatzi, es wird Zeit für die ersten Schritte in deinem neuen Leben, daher werde ich dich nicht begleiten. Außerdem möchtest du ihn kennenlernen und wenn ich dabeisitze, wirst du vollkommen anders sein.«

Ich ließ mir Linas Worte noch mal durch den Kopf gehen und stimmte ihr letztendlich zu.

»Aber du rufst mich abends noch an und erzählst mir jede Kleinigkeit, versprochen?«, grinste sie mich an.

Ich lachte und gab ihr mein Versprechen. Nachdem wir wieder gemeinsam in der Küche standen, machte Lina wieder ihre Witze über Leander und seine neunzehnjährige Auszubildende. »Ich habe schon überlegt, ob ich mir unter anderem Namen einen Termin geben lasse, mir die Kleine mal genauer ansehe und frage, welchen Service ihr Chef denn von ihr bekommt«, meinte sie frech.

»Lass es, so viel Aufmerksamkeit ist er nicht wert«, antwortete ich und ein breites Lachen kam über mein Gesicht. Ich nahm Lina in den Arm, knutschte sie und sprang umher.

Lina schaute vollkommen irritiert. »Es ist passiert, das erste Mal habe ich gesagt, Leander ist mir gleichgültig und wenn ich jetzt in mich hineinhorche, ist da kein Herzschmerz mehr, ich bin endlich wieder frei«, freute ich mich.

Es war ein unbeschreibliches Gefühl. Der »Klotz« in meinem Bauch war verschwunden und ich fühlte mich endlich wieder leicht, fröhlich und gelöst. Lina drückte mich fest, strich mir durchs Gesicht und freute sich mit mir. In mir erwachte eine Euphorie, ich hätte die ganze Welt umarmen können. Lina genoss meine Ausgelassenheit und fuhr spät am Abend mit dem Taxi nach Hause.

***

Für heute hatte ich den Restaurantbesuch geplant und dort den Tisch reserviert, an dem ich vor einigen Tagen mit Lina gesessen hatte. Von der Praxis aus ging ich direkt in ein Einkaufszentrum, ich wollte mir etwas gönnen. Ich schlenderte von Schaufenster zu Schaufenster und entschied mich für ein neues Etuikleid. Fröhlich kam ich mit meiner Einkaufstasche zu Hause an und war jetzt schon etwas aufgeregt, wenn ich an den Abend dachte.

Ich duschte, legte dezentes Make-up auf und zog das neue Etuikleid an, wählte dazu Pumps mit einem höheren Absatz und hellbraune Strümpfe. Meine schulterlangen Haare steckte ich hoch und stellte mich vor den Spiegel, betrachtete mich von allen Seiten. Nach langer Zeit fühlte ich mich wieder begehrenswert und sah in meinem Outfit sexy und nicht übertrieben elegant aus. Ich schaute zur Uhr und rief ein Taxi.

Natürlich dachte ich darüber nach, was mich an ihm reizte. Was ich auf gar keinen Fall wollte, war, mich Hals über Kopf in eine Affäre zu stürzen. Das hätte mir gar nicht gutgetan, dazu war der Schmerz doch noch zu frisch. Gleichgültig war dieser Mann mir auf keinen Fall, denn sonst hätte ich mir nicht so viele Gedanken darüber gemacht, was ich an diesem Abend anziehen sollte.

Hatte ich Erwartungen an den Abend oder sogar vielleicht an ihn? Oder war es schlichtweg der Beruf des Schriftstellers, der mich neugierig auf ihn machte? All diese Fragen gingen mir während der Zeit, die ich im Taxi saß, durch den Kopf.

Anne - Ich weiß, was ich will | Erotischer Roman

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