Читать книгу Themse Krokodile.... - Lothar Jakob Christ - Страница 7

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Peggy entschied sich den Weg nach Hause zu laufen. So konnte sie noch beim Discounter und beim Bäcker vorbeigehen, um den Wocheneinkauf zu erledigen.

Sie trug, obwohl die Straßen fast leer waren ihre Gesichtsmaske, die sie aus einer Stoffserviette genäht hat. Die Grundfarbe der Maske ist hellblau und mit weißer Schrift steht darauf: P. McCartney Fish&Chips.

„Hallo Peggy!“ Rief eine Frauenstimme. „Dich kennt man wenigstens unter der Maske, ich sollte auch meinen Namen auf meine Maske schreiben.“

„Das musst du nicht machen Ruby, dich erkennt man auch so. Mit deinen wunderschönen roten Haaren und diesem tollen Dekolleté, wenn ich das anmerken darf“, erwiderte Peggy.

„Wenn man schon das Gesicht zuhängen muss, dann sollte man wenigstens andere vorteilhafte Stellen in den Vordergrund rücken dürfen.“

Peggy lachte laut „mit meinen zwei Erbsen ist da nicht viel Staat zu machen, aber ich kann doch nicht meinen Arsch zur Schau stellen. Schön dich zu treffen. Wie geht es dir Ruby.“

„Wie es eben so geht im Moment, Jerome ist in Liverpool in Quarantäne. Dort ist in einer Arbeiterunterkunft im Dock, Corona ausgebrochen. Ich sitze zu Hause allein. Ich bin aber froh, dass ich weiterhin aus dem Home-Office arbeiten kann und somit mein Gehalt weiter beziehe. Und du Peggy? Hast du die Bude noch geöffnet?“

„Ich könnte, aber es rentiert sich einfach nicht. Am Anfang des Lockdown hatte ich noch offen. Aber von fünf verkauften Portionen Fish&Chips kann man nicht leben. Die Kosten waren höher als der Umsatz.“

„Musst du trotzdem die volle Miete zahlen?“

„Heute Vormittag habe ich erreicht, dass mir Mr. Stanley die Miete für April und May erlassen hat. Nachher zahle ich ihm eine halbe Miete für Juni und ab September wollen wir neu verhandeln. Wenn ich bis dahin nicht pleite bin! Ich habe wirklich Angst Ruby. Ich weiß auch nicht wie lange ich die Miete für meine Wohnung noch aufbringen kann. Du kennst ja Steve Fletcher noch, der hätte mich lieber heute als morgen aus dem Haus raus um die Wohnung Luxus zu sanieren, da bekommt er heute locker die doppelte Miete.“

„Ja Peggy, das sind keine schönen Zeiten. Da hatten wir zunächst diese Brexit-Scheiße und nun diese Pandemie. Und am meisten betroffen sind immer die kleinen Leute.“

„Du sagst es Ruby! Obwohl, die Queen sitzt auch in Quarantäne.“

„Manche Situationen hältst du aber im goldenen Käfig relativ gut aus. Du, ich muss weiter, ich hoffe wir können uns einmal wieder zu einem Kaffee treffen. Tschüss meine Liebe.“

„Tschüss Ruby, bleib gesund. Ich muss noch zum Discounter und zum Bäcker.“

Als Peggy zu Hause ankam, da war es schon nach fünf. Sie räumte Ihre Einkäufe in den Kühlschrank und setzte sich an ihren Computer um die halbe Juni-Miete an Mr. Stanley zu überweisen.

Danach kam Peggy wieder dieser Peter Ball in den Sinn. Das war schon komisch heute Mittag. Irgendwie war der Typ trotz seines angenehmen Äußerlichen doch seltsam und merkwürdig, dachte sich Peggy nun mit einem gewissen Abstand zu der Szene am Mittag. Warum hat der mir nicht direkt gesagt, was er von mir will? Und ich habe ihm bereitwillig alle seine Fragen beantwortet. Wie konnte ich nur so leichtfertig sein? Was geht so einen Fremden an, wo meine Mutter geboren wurde und wo meine Großeltern wohnten? Warum interessiert der sich eigentlich dafür und für mich und überhaupt. Peggy griff in die Gesäßtasche ihrer Jeans, wo sie die Business Card von dem Typen stecken, hatte. Kanzlei Morris&Henderson tippte sie in den Computer und schob die Visitenkarte unter die Schreibtischablage.

Hier! Anwälte Morris&Henderson, das muss die Kanzlei sein. Über 80 Leute beschäftigen die, Geschäftsführer sind Robert Morris und James Henderson. Unter der Rubrik unser Service, konnte Peggy lesen, dass Morris&Henderson in allen Rechtsfragen helfen können,

Strafrecht, Familienrecht, Steuerrecht, Erbschaftsangelegenheiten, Notariat, etc.

Die Gallery offenbarte einen Eindruck von der Kanzlei. Traditionell im englischen Stil waren die Chefbüros und Besprechungszimmer eingerichtet. Modern und technisch bestens ausgestattet präsentierten sie die Büros der einzelnen Fachanwälte. Die Kanzlei befand sich Downtown London an bester Adresse. Wer sich dort vertreten ließ der musste wirklich solvent sein. Was will eine solche Kanzlei von einer Fish&Chips Verkäuferin, deren Bude obendrein nur gemietet ist? Peggy klickte auf Kontakt. Dort waren mehrere Telefonnummern angegeben. Rufen sie kostenfrei an, stand da und Peggy überlegte, warum sie denn eigentlich bis Ende der Woche warten soll dort bei Morris&Henderson anzurufen? Sie klickte auf eine Telefonnummer und hörte direkt das Freizeichen über den PC-Lautsprecher.

„Kanzlei Morris&Henderson, sie sprechen mit Choe Min, was kann ich für sie tun?“

„Guten Tag, hier spricht Peggy McCartney, ich möchte gerne mit Mister Peter Ball verbunden werden.“

„Habe ich sie richtig verstanden, sie möchten Mr. Peter Ball sprechen.“

„Ja Peter Ball, er gab mir heute Mittag eine Business Card von sich und bat mich um Rückruf.“

„Sie sind sicher, dass sie bei Morris&Henderson nach Mr. Ball suchen müssen?“

„Ja, Ms. Choe, Morris&Henderson steht auf der Business Card.“

„Nur entschuldigen sie Ms. McCartney, bei uns arbeitet kein Peter Ball. Ich selbst arbeite seit mehr als 10 Jahren hier in der Kanzlei, in all den Jahren hat für Morris&Henderson kein Peter Ball gearbeitet. Schauen sie doch noch einmal auf die Business Card, ob das wirklich Morris&Henderson ist und ob dort wirklich unsere Telefonnummer angegeben ist.“

Peggy bat um einen Moment Geduld und kramte die Visitenkarte unter der Schreibtischablage wieder hervor.

„Hallo, Ms. Choe, hören sie? Auf der Business Card steht eindeutig Morris&Henderson, aber ich erkenne nur eine Mobile Telefonnummer auf der Karte.“

„Ms. McCartney, das tut mir leid, diese Business-Card kann nicht von unserer Kanzlei sein.

Auf unseren Karten sind auf jeden Fall neben den Mobilen Nummern auch Festnetzanschlüsse und EMail-Adressen vermerkt. Entweder handelt es sich hier um eine Namensgleichheit oder sie sind an einen Typen geraten, der sich mit unserem Namen wichtig macht. Was wollte dieser Mensch denn von Ihnen?“

„Er fragte nach meiner Mutter die bereits vor fast fünfzig Jahren gestorben ist, damals war ich zweieinhalb und habe dem zu Folge keine bewusste Erinnerung an sie. Er fragte auch nach meinen Großeltern und nach meiner Abstammungsurkunde.“

„Haben sie ihm Auskunft gegeben?“

„Ja, das habe ich. Soweit ich das konnte. Wie gesagt, ich habe keine persönliche Erinnerung an meine Mutter und schon gar keine Erinnerung an deren Mutter.“

„Sagte dieser Mann auch irgendetwas darüber, warum er ausgerechnet sie aufgesucht hat, Ms. McCartney?“

„Er sagte, dass Morris&Henderson von einem Nachlassgericht beauftragt wäre nach einem Erben zu forschen, mehr detailliert wollte er mir nach einem Gespräch mit Herrn Morris Auskunft geben.“

„Ms. McCartney, ich kann ihnen nur sagen, dass das alles äußerst merkwürdig klingt. Aber da sie Mr. Morris erwähnt haben, werde ich ihn fragen, ob er von der Sache, die sie mir hier gerade erzählen etwas weiß. Ich kann es mir aber ehrlich gesagt nicht vorstellen. Das ist einfach nicht die Art und Weise wie wir bei Morris&Henderson gewohnt sind zu arbeiten. Wissen Sie, wir sind eine äußerst seriöse und anerkannte Anwaltskanzlei. Aber geben sie mir bitte Ihre Telefonnummer, sollte Mr. Morris irgendetwas über diese Sache wissen, dann rufe ich sie zurück.“

„Vielen Dank Ms. Choe, das ist sehr zuvorkommend, entschuldigen Sie bitte.“

„Kein Problem Ms. McCartney, passen sie auf sich auf.“

Also hatte ich doch ein gutes Gefühl, dass das etwas komisch war mit dem Typen heute Mittag an der Fischbude. Der war mir vom ersten Moment an suspekt, grübelte Peggy. Aber sie konnte es sich auch nicht verkneifen die Mobilnummer von der Business Card in ihr Telefon zu tippen. Direkt hörte Peggy das Freizeichen und im nächsten Moment hörte sie die gleiche sonore Stimme, von der sie auch heute Mittag in der Fish&Chips Bude angesprochen wurde.

„Guten Tag, sie sprechen mit dem Anrufbeantworter der Kanzlei Morris&Henderson. Leider können wir Ihren Anruf zurzeit nicht annehmen. Wenn sie uns Ihre Telefonnummer und den Grund Ihres Anrufes mitteilen, dann werden wir sie umgehend zurückrufen.“

Das wird ja immer merkwürdiger, dachte sich Peggy. In einer Sache war sie sich aber einhundert prozentig sicher, die Stimme auf dem Anrufbeantworter, das war die Stimme von Peter Ball, da gab es keinen Zweifel.

Es war wohl schon gegen acht Uhr, als das Telefon bei Peggy läutete. Unbekannt stand im Display. Diese Anzeige ließ Peggy stets vorsichtig werden.

„Ja, bitte“, meldete sich Peggy.

„Ich habe in der Anrufliste gesehen, dass sie versuchten mich anzurufen. Wer sind Sie bitte?“

Obwohl Peggy die sonore Stimme längst erkannt hatte, stellte sie eine Gegenfrage. „Mit wem spreche ich bitteschön?“

„Hier spricht Peter Ball und mit wem habe ich die Ehre?“

„Peggy McCartney, ich sollte sie anrufen.“

„Sie sollen Ende der Woche anrufen habe ich gesagt! Warum rufen sie schon jetzt an.“

„Weil ich, so glaube ich, ein Recht darauf habe zu erfahren, was sie von mir wollen.“

„Ich sagte ihnen doch, dass ich mich erst mit Mr. Morris absprechen muss.“

„Sie müssen also mit Mr Morris sprechen? Mit welchem Mr. Morris denn?“

„Habe ich Ihnen doch auch gesagt, mit Herrn Morris von Morris&Henderson.“

„Mit Mr. Morris in der Kanzlei Morris&Henderson Downtown London?“

„Ja genau mit dem warum fragen sie so viel?“

„Vielleicht weil Mr. Morris gar keinen Peter Ball kennt geschweige denn einen Peter Ball in seiner Kanzlei beschäftigt!“

„Tut, tut, tut, tut, tut!“

Aufgelegt, in diesem Moment hat Peter Ball einfach aufgelegt. Oder besser gesagt der Typ, der da eben am Telefon war, hat einfach aufgelegt. Peggy konnte noch nicht einmal mehr glauben, ob der Typ am Telefon überhaupt Peter Ball war. Vielleicht war der Name genau wie die Visitenkarte falsch.

Aber was wollte er von ihr? Die Fragen nach meiner Vergangenheit warum interessiert ihn das. Ich lebe nun seit 46 Jahren in Whitechapel, habe seit 21 Jahren die Bude an der Tower Bridge. Seit mein Vater und meine Stiefmutter vor nun fast zwanzig Jahren gestorben sind, seitdem bin ich allein auf dieser Welt. Die einzige die ich noch habe, das ist Ruby meine beste Freundin. Sie ist meine Familie. Und vielleicht noch Granny Ellis. Die ältere Dame, die unter mir lebt. Manchmal bekommt sie Besuch von ihrem kauzigen Sohn Harvey.

Harvey Ellis ist freischaffender Journalist bei der London Times hauptsächlich und ständig irgendwo in der Welt unterwegs. Und weil Granny Ellis, deswegen sehr einsam ist und auch ich allein lebe. Deshalb gehe ich abends, wenn ich von der Bude nach Hause komme öfter mit einem Fläschchen Gin noch einmal runter zu Granny Ellis. Wir reden dann gerne darüber, was wir über die Royals in der Yellow Press gelesen haben. Lästern über Camilla oder die Queen Tochter Ann. In den letzten Jahren haben wir sehr viel über den Brexit geredet und seit einigen Monaten ist die Covid Pandemie unser Thema. Ja, Ruby und Granny Ellis, das sind meine Familie.

Aber was will dieser Typ mit der Glatze von mir?

Es dauerte lange bis Peggy einschlafen konnte. Zu viel ging ihr durch den Kopf.

Irgendwann ist sie dann aber doch eingeschlafen und als sie am Dienstag aufwachte, war sie im Kopf wieder frei und konzentriert auf die Wiedereröffnung von McCartney Fish&Chips. Was Peggy für den kommenden Montag fest eingeplant hat.

Themse Krokodile....

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