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Tolpatschige Murmelkinder

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Eine Zeitlang lag Murru dösend neben seiner Mutter im Gras.

Über den fernen Berggrat trieb langsam eine kleine weiße Wolke. Murru sah ihr eine Weile nach.

Dann wurde ihm das Dösen zu langweilig. Während der rund vierzig Tage im Erdbau hatte er genug geschlafen. Und die munteren Spiele seiner beiden kleinen Schwestern, die inzwischen auf der blütenübersäten Wiese umeinanderpurzelten, reizten ihn.

Neugierig blinzelte er zu ihnen hinüber. Lura jagte gerade ihre Schwester Mangi über die Bergmatte, jagte sie genau auf Murru zu.

Jetzt hatte Murru endgültig genug vom Sonnenbaden. Er stand gemächlich auf und watschelte Mangi entgegen. Mangi war etwas kleiner als er, aber viel flinker. Sie wagte sogar schon kleine Sprünge. Und sie sprang.

Plötzlich stießen die beiden unverhofft zusammen. Murru bekam Mangis Pfote vor die Nase und ihre Schnauze vor den Bauch. Und ehe er recht begriff, purzelte er ein Stück den Hang hinunter, überkugelte sich ein paarmal im Gras und blieb verdutzt liegen.

Mangi lag gar nicht weit von ihm. Sie war durch den Zusammenprall genauso gepurzelt wie er. Schließlich wogen sie beide ja gerade ein halbes Pfund. Das weiche Gras hatte ihren Sturz aufgefangen.

Noch etwas verstört, rappelte Murru sich hoch. Solche Stürze war er noch nicht gewohnt. Und auch Mangi blinzelte ziemlich erschrocken hinter einer blauen Enzianblüte hervor. Die Sonne schien ihr genau ins Gesicht.

Nur Lura hatte nichts abbekommen. Neugierig kam sie jetzt mit ihrem drolligen Watschelgang den Hang herunter, um zu sehen, was die beiden trieben.

Und nochjemand näherte sich den beiden, von der anderen Seite. Es war Gunno, ein junger Murmelbär vom Vorjahr. Aber er wollte nicht spielen. Er hatte in der Nähe einige saftige Kräuter entdeckt, die er genußvoll in sich hineinmümmelte. Und offenbar bekam er nicht genug davon.

Murru beobachtete seinen großen Bruder aufmerksam. Er hatte ja bis jetzt nur Milch getrunken. Daß man dieses duftende grüne Zeug auch essen konnte, war ihm neu. Und es schien Gunno zu schmecken.

Das mußte Murru auch mal probieren. Mit seinen kräftigen Nagezähnen beknabberte er ein paar Grasspitzen. Nur konnte er die nicht einfach schlucken wie Milch, er mußte kauen. Und außerdem schmeckte es reichlich sonderbar. Milch war ihm viel lieber.

Lura und Mangi versuchten es erst gar nicht. Mangi sprang mit einemmal auf und rannte hinter Lura her, versuchte sie zu erwischen. Wie die Wilden sausten die zwei davon.

Das Haschenspielen der beiden gefiel Murru. Und er flitzte ihnen nach, über Grasbatzen und Blütendolden. Plötzlich stutzten die beiden, machten kehrt und hetzten nun gemeinsam Murru über den Hang. So ging das eine ganze Weile, einander haschend und übereinanderpurzelnd. Und die drei verspielten Murmelkinder quietschten vor Vergnügen.

Dabei achteten sie überhaupt nicht mehr darauf, wohin sie liefen. Der Hang war zum Wildbach hin ziemlich abschüssig, übersät mit Felsbrocken, hinter denen leicht ein Fuchs lauem konnte. Und über ihnen taumelten ein paar dunkle Schatten. Murru duckte sich. Doch die Alpendohlen kümmerten sich nicht um ihn.

In diesem Augenblick ertönte ein scharfer Pfiff. Der alte Murmelbär oben auf dem Fels stieß einen Warnruf aus: So weit sollten seine Kinder sich nicht entfernen. Und auch ihre Mutter rief laut pfeifend vom Höhleneingang.

Doch keines der drei Jungen hörte. Sie wußten noch nicht, was ein Alarmpfiff bedeutet: Das mußten sie erst lernen. Und ihre Mutter brachte es ihnen bei. Mit erstaunlicher Geschwindigkeit rannte sie hangabwärts auf die drei zu, klatschte laut und energisch in die Pfoten und trieb sie zurück.

Das begriff Murru. Und er sauste vornweg. Er spürte mit einemmal Hunger, großen Hunger.

Seine Mutter schien das genau zu wissen. Murru brauchte sie gar nicht erst zu stupsen. Bereitwillig legte sie sich auf den Rücken und ließ ihn saugen. Und auch Lura und Mangi wollten ihre Milch. Eifrig krabbelten sie ihrer Mutter auf dem Bauch herum. Und Murru rutschte erschrocken zu einer anderen Stelle. Aber es war Platz genug für die drei Kleinen. Und jeder wurde satt.

Als Murru genug getrunken hatte, blieb er einfach auf dem warmen Bauch liegen. Nur dauerte das Vergnügen nicht lange. Inzwischen waren seine beiden Schwestern ebenfalls gesättigt. Seine Mutter wälzte sich zur Seite und setzte sich auf. Und Murru rollte neben ihr ins Gras, zusammen mit Lura und Mangi, die über ihn hinwegpurzelten.

Doch hier lag er gut, weich und geschützt zwischen warmen vertrauten Körpern. Er fühlte sich sehr faul und schläfrig. Müde schloß er seine Augen. Und während ihm die Sonne den Pelz wärmte, schlief er ein.

Am Nachmittag kam Wind auf, bog die Grasstengel leicht seitwärts. Und die Berggipfel warfen lange Schatten über den Hang, verdeckten die wärmenden Strahlen. Und es wurde kühl.

Murru hob seine kleine Nase in den Wind. Und der Wind spielte mit seinen Schnurrbarthaaren. Das kitzelte ein wenig. Aber Murru mochte den Wind nicht. Ihm wurde kalt. Und er versuchte, noch dichter an seine Mutter zu kriechen. Doch sie erhob sich plötzlich. Sie kannte die Abendkühle der Berge. Das war nichts für ihre Kinder. Und fürsorglich scheuchte sie die drei in die warme Höhle.

Murru, das Murmeltier

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