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1. Eigenschaften des Virus

Eine Infektion mit dem Corona-Virus kann verschiedene Symptome hervorrufen: Häufig genannt werden Husten, Fieber, Schnupfen und eine Beeinträchtigung des Geschmacks- und/oder Geruchssinns. Bei einem kleinen Prozentsatz der bestätigten Fälle kommt es zu einer Lungenentzündung.

Der Hauptübertragungsweg läuft über die Tröpfcheninfektion. Wenn die Schleimhäute in Nase oder Mund mit den Tröpfchen, die beim Husten oder Niesen einer infizierten Person entstehen, in Berührung kommen, kann man sich mit dem Virus anstecken.

Ob Ansteckung durch Kontakt mit einer kontaminierten Oberfläche erfolgen kann, ist nicht bewiesen, jedoch theoretisch möglich. (26)

Die Möglichkeit einer Ansteckung über Aerosole, also kleinste Tröpfchen, die mit der normalen Atemluft ausgestoßen werden, wird kontrovers diskutiert.

Das RKI gibt (28.04.20) an, dass eine Übertragung von Coronaviren „über Aerosole im normalen gesellschaftlichen Umgang nicht wahrscheinlich ist“ (26).

Drosten hingegen hält unter Bezugnahme auf verschiedene Studien eine Übertragung grundsätzlich für möglich (67).

Dieser Übertragungsweg scheint am ehesten in geschlossenen Räumen mit wenig Luftumwälzung Relevanz zu haben. Im Freien verfliegt das Virus viel schneller. In Supermärkten sorgen raumlufttechnische Anlagen für eine hohe Umwälzung, so dass hier nicht von einer Belastung der Raumluft ausgegangen werden muss.

Auch Drosten vermutet, dass dieser Mechanismus der Übertragung nicht im Vordergrund steht (67). Letztlich also weniger Kontroverse als anfangs vermutet.

Wie verläuft die Krankheit, wenn man sich angesteckt hat? So etwas wie einen typischen Krankheitsverlauf gibt es nicht.

Hat man sich tatsächlich mit dem Virus infiziert, ist noch lange nicht gesagt, dass sich auch Symptome ausbilden. Viele Infektionen verlaufen asymptomatisch, also symptomfrei (100). Der Körper schafft es, mit dem eingedrungenen Virus zurechtzukommen, und bildet bereits nach kurzer Zeit Antikörper.

Bilden sich bei einer infizierten Person tatsächlich Symptome aus, sind diese häufig milder Natur und ähneln denen einer schwereren Erkältung. Bei einem Anteil der Infizierten kann Corona jedoch „schwer“ verlaufen.

In diesem Fall hat sich die Erkrankung auf die Lunge ausgestreckt und eine Pneumonie ausgelöst, was häufig von Atemnot begleitet ist. Bei einem kleinen Teil der Patienten führt dies zu einer lebensbedrohlichen Situation, die eine intensivmedizinische Behandlung erfordert.

Unter bestimmten Voraussetzungen hat man eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass sich die Krankheit, wenn sie ausgebrochen ist, in Richtung eines schweren Verlaufs entwickelt. Zur Risikogruppe hierfür gehören ältere Menschen sowie Menschen mit bestimmten Krankheitsbildern.

Zu den Vorerkrankungen, die den Verlauf einer Infektion negativ beeinflussen können, zählen nach Angaben des RKI Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, chronische Lungenerkrankungen, Diabetes, chronische Lebererkrankungen, Krebs und das Vorhandensein eines geschwächten Immunsystems. Auch Raucher und Menschen mit starkem Übergewicht haben ein erhöhtes Risiko (26).

Die folgenden Zahlen erstrecken sich auf die Fälle in Deutschland, bei denen eine Corona-Infektion tatsächlich nachgewiesen wurde und sind dem Corona-Steckbrief des RKI entnommen.

Eine Auswertung der Daten von bestätigten Fällen in Deutschland (Stand 03.04.20) ergab, dass ungefähr ein Viertel (25,3 %) der infizierten Personen mindestens 60 Jahre alt war. Den größten Anteil (46,7 %) stellt die Gruppe der 35-59jährigen. Betrachtet man die Gruppe der 15-59jährigen, sind es 72 %.

Bezüglich der Gruppe mit schwerem Verlauf ist leider keine nähere Aufschlüsselung nach Alter oder Vorerkrankungen zu finden. Das RKI macht jedoch Angaben zu den bisher bekannten Todesfällen: Betrachtet man die in Deutschland bis zum 03.04.20 (26) an dem Virus verstorbenen Patienten, stellt man fest, dass 86 % der Verstorbenen 70 Jahre oder älter waren. Der Altersmedian liegt bei 82 Jahren.

Der Median ist ein Maß, das einen Datensatz genau in zwei Hälften teilt. Im vorliegenden Fall bedeutet dies, dass genau die Hälfte der Verstorbenen 82 Jahre oder älter war, die andere Hälfte 82 Jahre oder jünger. Von dieser zweiten Hälfte war ein Großteil mindestens 70 Jahre alt.

Es gibt verschiedene Maße, anhand derer man abschätzen kann, wie gefährlich eine Krankheit ist.

Da wäre zum einen die Letalität. Die Letalität gibt an, wieviele von der Krankheit betroffene Menschen an ihr versterben. Zur Berechnung der Letalität benötigt man demnach Kenntnis darüber, wieviele Personen überhaupt erkrankt sind. Bei Corona liegen diesbezüglich noch immer keine belastbaren Informationen vor.

Der Umstand, dass die Krankheit bei vielen Menschen symptomfrei verläuft, führt zu einer hohen Dunkelziffer bzgl. der tatsächlichen Ausbreitung der Krankheit. Keine Symptome, kein Arztbesuch, kein Test, keine Diagnose.

Selbst mit Symptomen wurde man lange Zeit nur getestet, wenn auch der Kontakt zu einer nachgewiesenermaßen infizierten Person gegeben war. Dann war die Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei den Symptomen nicht nur um einen grippalen Infekt, sondern tatsächlich um Corona handelt, höher.

Tests waren nur in begrenztem Ausmaß verfügbar. Die Nachfrage war hier deutlich höher als das Angebot. Hinzu kommen beschränkte Kapazitäten in den Labors, denn irgendwer muss die Tests ja auch auswerten.

Ohne eine umfangreiche Testung hat man aber auch keine verlässlichen Daten über die Ausbreitung des Virus. Solange nicht annähernd klar ist, wieviele Menschen sich infiziert haben, können keine Aussagen über die Letalität getroffen werden. Dennoch wird der Begriff fröhlich benutzt und immer mal wieder mit Fallsterblichkeit (s.u.) gleichgesetzt.

Eine andere Kennzahl zur Abschätzung der Gefährlichkeit ist die Mortalität.

Hierüber lassen sich eher Schätzungen anstellen. Zur Bestimmung der Mortalität braucht man keine Zahlen bezüglich der Anzahl der tatsächlich Infizierten. Hier setzt man stattdessen die Anzahl der an Corona Verstorbenen zu der Gesamtbevölkerung in Beziehung, bzw. zu dem Teil der Bevölkerung, der diese Krankheit erwerben kann.

Im Falle der Virusinfektion ist dies dasselbe. Würde man jedoch beispielsweise die Mortalität von Gebärmutterhalskrebs in Deutschland bestimmen wollen, würde man die Todesfälle nur auf die Anzahl der Frauen in Deutschland beziehen. Männer würden dann nicht berücksichtigt, da sie die Krankheit ja gar nicht erwerben können.

Ein drittes Maß, mit dem man bis zu einem gewissen Grad bestimmen kann, wie häufig eine Krankheit zum Tode führt, ist die Fallsterblichkeit. Die Fallsterblichkeit gibt an, wieviel Prozent der bekanntermaßen infizierten Personen der Krankheit am Ende erliegen.

Hier setzt man also die Todesfälle in Beziehung zur Zahl der erwiesenermaßen Infizierten und lässt die Dunkelziffer außer acht. Dadurch wirkt dieser Wert mitunter erschreckend hoch.

Mit Datum vom 05.04. (28) findet man folgende Fallsterblichkeitswerte für die verschiedenen Länder:

Italien hat weltweit die höchste Fallsterblichkeitsrate. Hier sterben mehr als 12 % der nachgewiesenermaßen infizierten Personen. An zweiter Stelle liegt Großbritannien mit knapp über 10 %, gefolgt von Spanien (9,5 %) und Frankreich (8,25 %). Den niedrigsten Wert hat Deutschland mit 1,5 %.

Dieser Wert bezieht sich, wie gesagt, auf die tatsächlich nachgewiesenen Infektionen. Von 1000 nachgewiesenen Infektionen in Deutschland führten 15 zum Tode. (Stand 05.04.)

Wie hoch die Dunkelziffer ist – darüber findet man sehr unterschiedliche Schätzungen. Das RKI verweist mit Zurückhaltung auf zwei Studien aus China (26). Eine dieser Studien kommt nach Auswertung der Daten zu dem Schluss, dass in China lediglich fünf Prozent der Infizierten erfasst worden ist. Dies würde bedeuten, dass die tatsächliche Anzahl der Infektionen 20 x höher ist.

Die zweite Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die tatsächliche Anzahl fast 11 x höher liegt und nur 9,2 % erfasst worden seien (26)

Krasse Zahlen!

Für Deutschland wird angenommen, dass die Zahl der tatsächlich infizierten Personen 4,5 – 11,1 x höher liegt als bekannt. (26)

Da anzunehmen ist, dass sich hinter all diesen Infektionen, von denen wir nichts wissen, hauptsächlich asymptomatische oder milde Verläufe verbergen, würde sich jeder einzelne Fall günstig auf Fallsterblichkeit und Letalität auswirken.

Um zu genaueren Werten zu gelangen, ist beabsichtigt, die Verbreitung des Virus mit den Methoden zu schätzen, die die Arbeitsgemeinschaft Influenza seit vielen Jahren zur näheren Beschreibung von Grippewellen nutzt (siehe Kapitel 2).

Apropos Grippe: Es gibt viel Diskussion darüber, ob man Corona mit einer Grippe vergleichen kann oder nicht. Corona wirkt viel bedrohlicher. Aber wo liegen denn die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den beiden Viruserkrankungen? Darum soll es im folgenden Kapitel gehen.

Corona - Das Buch zum Film

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