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5. Die Reproduktionsrate

Die Reproduktionsrate R gibt an, wieviele andere Menschen durchschnittlich von einer erkrankten Person infiziert werden.

Eine Reproduktionsrate von 2 bedeutet z.B., dass jeder Infizierte – solange er ansteckend ist – das Virus an durchschnittlich zwei Menschen weitergibt.

Nachrichten über rasantes exponentielles Wachstum mit Werten von „über 3“ waren dann auch geeignet, uns das Fürchten zu lehren. Wenn aus 100 Infizierten 300-400 Neuinfektionen resultieren und hieraus dann 900-1.600 usw. und das alles in kürzester Zeit – dann ist man schnell bei der Vorstellung, dass die Krankenhäuser kollabieren könnten.

Solange die Reproduktionsrate Werte von größer als 1 annimmt, steigt die Anzahl der akut infizierten Menschen an. Je höher der Wert von R, desto schneller der Anstieg.

Bei Werten kleiner als 1 sinkt die Anzahl der akut Infizierten bis – bei anhaltenden Werten von kleiner als 1 – zum Ende der Welle.

Werfen wir einen Blick auf die Entwicklung dieser Rate in den vergangenen Wochen.

In einem Artikel der Autoren Dr. M. an der Heiden und Dr. O. Hamouda (114) sind die Reproduktionsraten des Corona-Virus für den Zeitraum 02.03.20 bis 09.04.20 in Deutschland zu finden. (114; Seite 14, Abbildung 5).

Der Artikel erschien am 23.04.20. Die gefundenen Ergebnisse basieren auf Daten, die im Zeitraum 01.04.20-12.04.20 erhoben worden sind.

Anfang März lag die Reproduktionsrate bei einem Wert von ungefähr 2. In der Folge stieg sie an und erreichte um den 10./11. März herum einen Wert von über 3.

Seit dem 12. März ist der Wert abfallend. Die magische Grenze von R = 1 wurde dann am 21./22. März erstmalig unterschritten.

Seitdem schwankt die Reproduktionsrate um den Wert 1 herum.

Am 23.03. wurde die Maßnahme „Kontaktsperre“ eingeführt…

Im Text weisen die Autoren darauf hin, dass eine der Maßnahmen, die dazu geführt habe, dass der Wert seit geraumer Zeit im Bereich R = 1 liegt, die Einführung der Kontaktsperre sei (114).

Aus der Grafik, die aus rechtlichen Gründen nicht abgebildet werden kann, aber jedem interessierten Leser unter der Quellenangabe zur Verfügung steht, ist jedoch deutlich ersichtlich, dass sich zwischen der Kontaktsperre und der Veränderung in der Reproduktionsrate keine kausale Beziehung herstellen lässt.

Ganz ohne Kontaktsperre wurde der Wert von R = 1 unterschritten.

Ob das Verbot von Veranstaltungen und Gottesdiensten, die Schließung von Geschäften, Spielplätzen, Sportvereinen etc. einen Einfluss hatte auf den Rückgang der Reproduktionsrate – und wenn, in welchem Ausmaß – oder ob es sich größtenteils um eine davon unabhängige, normale Entwicklung handelt – das werden wir nie genau wissen.

Gerade zwischen dem 12.03. und 16.03. fällt die Kurve sehr steil ab: von ungefähr 3,3 auf ca. 1,8. Da das weitreichende Maßnahmenpaket bezüglich der Schließung von Geschäften etc. erst am 16.03. beschlossen worden ist, können diese Maßnahmen nicht zum starken Rückgang der Reproduktionsrate beigetragen haben. Die einzige Maßnahme der Regierung, die zu diesem Zeitpunkt theoretisch gegriffen haben könnte, ist das Verbot von Veranstaltungen mit über 1000 Teilnehmern.

Nach dem 16. März fällt die Kurve weiter, jedoch etwas abgeflachter. Am 21. März kreuzt sie die wichtige Marke von R = 1 und liegt am 22.03. bei ungefähr 0,9.

Diesen Rückgang könnte man theoretisch ganz oder teilweise auf die bis zu diesem Zeitpunkt erlassenen Maßnahmen zurückführen. Zumindest kann man nicht ausschließen, dass diese zu dem Ergebnis beigetragen haben.

Da die Reproduktionsrate des Virus in der Woche zuvor – bei geöffneten Geschäften und Spielplätzen – aber schon stark rückläufig war, gibt es auch keine Veranlassung, den weiteren Rückgang allein oder zu einem großen Teil auf diese einschränkenden Maßnahmen zurückzuführen.

Bleibt das Thema Kontaktsperre:

Die Unterschreitung des Wertes von R = 1 erfolgte ein bis zwei Tage vor der Einführung der Kontaktsperren. Hier ist ein kausaler Zusammenhang auf jeden Fall auszuschließen. Die Pizza, die ich heute esse, kann nicht verantwortlich sein für meine Magenschmerzen von gestern.

Die Autoren weisen in ihrem Text zusätzlich darauf hin, dass die Höhe der Reproduktionsrate möglicherweise überschätzt wird, was in Zusammenhang steht mit der erheblichen Erhöhung der Testkapazitäten in Deutschland. Wer intensiver sucht, findet natürlich auch mehr.

Das exponentielle Wachstum der Infektionszahlen bei einer hohen Reproduktionsrate war die ursprüngliche Motivation, überhaupt an Maßnahmen aus dem Infektionsschutzgesetz zu denken. Bei Werten von R = 1 oder kleiner ist nicht mehr von einer Überforderung des deutschen Gesundheitssystems auszugehen. Zwar sind zur Beurteilung der aktuellen Lage neben der Reproduktionsrate weitere Parameter heranzuziehen – die absolute Anzahl der Neuerkrankungen und der Anteil der Erkrankten mit schwerem Verlauf sind weitere Indikatoren, die Hinweise geben können auf eine möglicherweise drohende Überforderung des Gesundheitssystems. (114)

Ohne vorzugreifen (Kap. 6), darf man jedoch bereits an dieser Stelle daran erinnern, dass wir ja ein gut funktionierendes Gesundheitssystem haben. Auch der Gesundheitsminister sah Deutschland lange Zeit gut aufgestellt. Eine leicht schwankende Anzahl an Neuinfektionen um den Wert von R = 1 sollte unser System wirklich nicht überlasten können.

Wie angekündigt, soll es im folgenden Kapitel um das Gesundheitssystem gehen. Wie ausgelastet sind wir denn? Droht uns wirklich der Kollaps?

Corona - Das Buch zum Film

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