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ОглавлениеCHECK: WO STEHE ICH GERADE?
Lebe ich schon recht nachhaltig, oder bin ich ein echter Öko-Sünder? So recht wusste ich das nicht einzuschätzen, als ich mich zum ersten Mal bewusst damit beschäftigte. Also blieb nur die radikale Bestandsaufnahme. Wir starteten in der Küche.
Jan und ich holten alles aus den Schränken und Regalen, um zu sehen, was dort in irgendwelchen vergessenen Winkeln möglicherweise traurig vor sich hin alterte. Unser Plan: Zunächst alles aufbrauchen, was wir haben, dann nachhaltiger einkaufen. Beim Ausräumen kam der Schock: Viele Dinge hatten wir ungeahnterweise doppelt und dreifach, Gewürze teilweise sogar vier- bis fünffach. Auch vier Packungen Reis fanden wir – wir hatten die alten einfach vergessen. Wir schrieben alles auf eine Liste, die wir abhaken konnten, wenn wir die Lebensmittel verbraucht hatten. Denn sinnlos wegwerfen wollten wir nicht mehr. Auch unseren Müll haben wir eine Woche lang bewusst beobachtet. So viele Plastik- und Pappabfälle! Ich begann, Gläser anzuschaffen für das Einkaufen im Unverpackt-Laden. Meine Erfahrungen dort findest du auf Seite 66.
Doch irgendwie war uns das zu wenig. Wir wollten mehr, wollten wissen, welchen Effekt die Dinge und Aktivitäten unseres Alltags wirklich auf unsere Umwelt haben. Deshalb haben wir uns verschiedene CO2-Rechner angeschaut und Bewertungen und Empfehlungen der Umweltverbände und des Umweltbundesamtes durchforstet. Wir wollten Infos mit Substanz, etwas Messbares, etwas, was uns noch bewusster macht für das, was wir tun können. Was wir als Erstes fanden, war der bittere Ist-Zustand.
UNFASSBAR: SO VIEL MÜLL PRODUZIEREN WIR
Wir Deutschen sind Europameister! Im Müllproduzieren! Kein Scherz: 213 Kilo Verpackungsmüll verursacht ein jeder von uns pro Jahr. Das ist ungefähr so viel wie vier Lous nebeneinander.
2003 waren es noch 187,5 Kilo. Diese Zahlen gehen aus der Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Grünen Bundestagsfraktion hervor. Grund ist vor allem, dass wir immer mehr shoppen und die neuen Produkte immer wieder aufwendig verpackt werden. Am gesamten Müllaufkommen in Deutschland haben Verpackungen einen Anteil von knapp 50 Prozent.
Neulich habe ich auf meiner üblichen Laufstrecke Müll aufgesammelt. Innerhalb von 30 Minuten kam eine stattliche Menge zusammen. Mittlerweile sind einige meiner Freunde und Follower schon mitgekommen und feiern mit mir den sogenannten »Plogging«-Trend aus Schweden: Plastik aufsammeln beim Joggen. Lässt sich übrigens wunderbar mit Fitnessübungen wie tiefen Kniebeugen verbinden. Ich glaube, manchen Menschen ist einfach nicht bewusst, was sie unserer Umwelt antun.
Seit Einführung des gelben Sacks glauben wir, dass Plastik und Aluminium ohnehin recycelt werden und wir uns deshalb nicht weiter darum zu kümmern brauchen. Schön wäre das – 2007 wurden aber in Deutschland über 2,6 Millionen Tonnen Plastikverpackungen verbraucht und nur 63 Prozent davon wiederverwertet. Die übrigen eine Million Tonnen landeten im Restmüll und wurden größtenteils verbrannt. Von den jährlich erzeugten 14 Millionen Tonnen Styropor wird nur ein Prozent recycelt, gibt der BUND bekannt.
PLASTIKTEPPICHE UND -STRUDEL IN DEN WELTMEEREN
Jedes Jahr werden zudem 600 Milliarden Plastiktüten hergestellt und weggeworfen. Dabei hinkt Deutschland mit seinem Umweltbewusstsein merklich hinterher. Einige Staaten haben sie mittlerweile verboten: Bangladesch war der erste im Jahr 2002. Mittlerweile sind 40 andere Länder diesem Beispiel gefolgt, viele davon in Afrika und im Pazifik. In Frankreich dürfen seit 2016 keine dünnen Einwegtüten mehr abgegeben werden. Jüngstes und konsequentestes Beispiel ist Kenia. Dort wird seit August 2017 eine Geldstrafe von bis zu 32.000 Euro fällig, wenn man mit einer Plastiktüte erwischt wird. In Deutschland sind wir noch nicht so weit. Immerhin: Seit Plastiktüten hier Geld kosten, sieht man kaum jemanden mehr eine im Laden mitnehmen.
Weltweit gelangen 80 Prozent des Kunststoffmülls, laut UNO sind das sechs Millionen Tonnen pro Jahr, über Flüsse oder vom Winde verweht in die Ozeane. Hinzu kommen rund 675 Tonnen Müll, die direkt ins Meer gekippt werden, dies schätzt die Meeresschutzorganisation Oceana. Die Hälfte davon ist Plastik. In jedem Quadratkilometer der Ozeane treiben laut einer UN-Studie bis zu 18.000 Plastikteile. Regelrechte Müllteppiche haben sich gebildet. In der Nähe des Naturparadieses Hawaii dreht sich ein gigantischer Müllwirbel im Uhrzeigersinn. Hier rotieren über drei Millionen Tonnen Plastikmüll, die von zwei Meeresströmungen hergetragen werden. Derzeit ist er etwa doppelt so groß wie der US-Bundesstaat Texas. Auch im Südpazifik, Atlantik und Indischen Ozean fahren die Abfälle Karussell.
Nicht nur dort, auch außerhalb dieser zentralen Müllwirbel fallen ständig Tiere dem Plastik zum Opfer: Schildkröten, Fische und Krebse – verhungert, erstickt, erwürgt. 100.000 Meeressäuger verenden jährlich laut Greenpeace qualvoll durch den Müll. Wie die Vögel fressen sie das Plastik versehentlich oder verfangen sich darin. Größere Plastikteile versperren bei ihnen die Passage des Magen-Darm-Trakts. Plastik zerreibt sich durch die Gezeiten zu kleinen Partikeln, die Fische zwangsläufig aufnehmen – und schließlich wir, wenn wir sie essen. Über die gesundheitlichen Folgen wird spekuliert, erhöhte Giftstoff-Konzentrationen werden immer wieder nachgewiesen.
WELTWEIT WERDEN MEHR ALS 200 MILLIONEN TONNEN PLASTIK PRO JAHR HERGESTELLT. ETWA EIN VERTEL DAVON VERBRAUCHT EUROPA, SO EINE STUDIE VON PLASTICSEUROPE. DEUTSCHLAND IST MIT 11,5 MILLIONEN TONNEN DER GRÖßTE ABNEHMER. DEN LÖWENANTEIL DARAN HABEN VERPACKUNGEN. GERADE DARAN KÖNNEN WIR ALS KONSUMENTEN ABER GANZ VIEL ÄNDERN.
BEIM EINKAUFEN DEN UNTERSCHIED MACHEN
Im Supermarkt kann man schon mal sauer werden. Unnötiger Müll umhüllt dort oft beinahe jedes Lebensmittel. Jetzt mal im Ernst: Bananen im Plastikbeutel? Wozu? Auch Karotten könnten wunderbar ohne das Plastiksäckchen drumherum auskommen, Paprika ebenfalls. Mich beschleicht der Verdacht, dass diese Verpackungsorgien einfach nur dazu da sind, damit wir mehr kaufen als eigentlich nötig. Beispiel: Eigentlich brauche ich nur eine Paprika. Sie wird aber nur im Dreierpack angeboten. Also nehme ich das Ganze mit nach Hause, esse aufgrund meines schlechten Gewissens zwei statt nur einer Paprika, die dritte vergammelt im untersten Fach meines Kühlschranks. Das kann doch nicht sein!
Auch die meisten anderen Dinge, die wir kaufen, sind fast allesamt in Plastik abgepackt: Reinigungsmittel, Kosmetika, Konsumgüter wie Technikartikel. In den späteren Kapiteln habe ich mir deshalb ganz konkret überlegt, wie wir die Plastikflut eindämmen können. Gemeinsam können wir einen Unterschied bewirken, bevor unser schöner Planet im Plastik versinkt.
WIE BITTE?! SO VIEL CO2 PRODUZIEREN WIR
Neben Müll produzieren können wir Deutschen noch eine Sache richtig gut: Kohlendioxid verursachen. Wir bringen es hierzulande auf elf Tonnen Kohlendioxid pro Jahr. Der globale Durchschnitt liegt bei sieben Tonnen. Kein Grund, sich auf die Schulter zu klopfen. Im Gegenteil: Das globale Ziel – in der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (UN) festgelegt – sind zwei Tonnen! Das ist die Voraussetzung, damit die Erderwärmung nicht mehr als die berühmten kritischen zwei Grad Celsius beträgt. Wie bitte, neun Tonnen pro Person sollen wir reduzieren? Das sind gut und gern 80 Prozent – wie soll das denn funktionieren?
Das werden wir mit diesem Buch gemeinsam austesten. Ich lade euch herzlich dazu ein, die jeweiligen Challenges am Ende eines jeden Kapitels auszuprobieren und mir Feedback zu geben. Mich interessieren eure persönlichen Erfahrungen! Aber zunächst noch ein Blick darauf, wie wir es eigentlich schaffen, so viel Kohlendioxid zu produzieren. Denn das, was wir ausatmen, ist bei diesen Berechnungen kaum gemeint.
Zu 90 Prozent sind unsere CO2-Emissionen auf unser Verhalten zurückzuführen – und das können wir beeinflussen. Zu 30 Prozent entfallen sie auf das Shoppen von Konsumgütern wie Klamotten oder Handys, zu 25 Prozent auf Strom und Wärme zu Hause, zu 22 Prozent auf die Mobilität und zu 13 Prozent auf die Ernährung. Das sind die Zahlen des Umweltbundesamtes. Mein schickes neues Outfit ein Klimasünder – wieso das denn? Jedes Mal, wenn wir etwas kaufen, wurde dafür Energie verbraucht: zur Rohstoffgewinnung, zur Herstellung, für den Transport, später für seine Nutzung und schließlich für seine Entsorgung. Wie stark wir das Klima belasten, hängt also auch ganz wesentlich davon ab, wie shoppingvernarrt wir sind.
WIE UNTER EINER GLASGLOCKE
Aber ist denn Kohlendioxid wirklich so böse? Immerhin kommt es doch ganz natürlich in unserer Erdatmosphäre vor. Das ist richtig, allerdings ist es eines der wichtigsten Gase, die den Klimawandel verursachen. Man nennt diese Gase auch Treibhausgase, weil sie sich genau so verhalten: Kohlendioxid und Co. absorbieren einen Teil der Wärme, die von der Erde abstrahlt, und reflektieren diese zurück, statt sie ins Weltall entweichen zu lassen. Deshalb heizt sich unser Planet immer mehr auf, wenn die Menge des Kohlendioxids in unserer Atmosphäre nicht in Balance mit anderen Gasen ist. Die Menge macht’s. Wie Paracelsus über die menschliche Gesundheit sagte: Die Dosis macht das Gift. Und das gilt eben ebenso für die Umwelt und Klimagase.
ALBTRAUM KLIMAWANDEL
Eigentlich wissen wir Bescheid. Wenn wir weitermachen wie bisher, schmelzen die Polkappen und Gletscher ab, der Wasserspiegel der Ozeane erhöht sich – im schlimmsten Fall um drei bis acht Meter, warnt Greenpeace. Dann heißt es zum Beispiel »Auf Wiedersehen, ihr schönen Städte New York, Hong Kong oder Buenos Aires«. Die werden dann nämlich überflutet. Auch heftige Stürme nehmen überall auf der Welt zu.
Andernorts würde man sich über ein bisschen Nass freuen. Dort gibt es immer mehr und heftigere Hitzewellen und Dürren. Lebenswichtige Ernten der Menschen dort fallen aus. Auch bei uns wird das Essen teurer, weil das Wetter verrücktspielt. Im letzten Jahr haben beispielsweise Spätfröste die Preise für Äpfel und Co. explodieren lassen. Eins ist klar: Entweder wir tun jetzt etwas, oder es wird richtig ungemütlich auf der Welt.
Es ist eine Sache zu wissen, was zu tun ist, und eine andere, es tatsächlich umzusetzen. Genau genommen muss man unsere bisherigen Handlungen als absoluten Fail werten. Allein seit Mitte des 20. Jahrhunderts hat sich unser Kohlendioxidausstoß nämlich weltweit verdreifacht! Das gibt das Bundesumweltamt bekannt.
Mir geht es manchmal auf die Nerven, wie viele Menschen sich über die Politik aufregen, selbst aber an ihrem Lebensstil nichts ändern. Ihr Lieben, die Politik wird das für uns nicht regeln. Ja, es gibt gute Nachrichten von unseren gewählten Vertretern. Auf dem UN-Klimagipfel in Paris 2015 beschlossen sie zum Beispiel ein Abkommen, dass die gesamte Welt zwischen 2045 und 2060 ihre Netto-Treibhausgasemissionen auf null (Ja, null!) zurückfahren muss. Leider erst mal nicht viel mehr als ein Lippenbekenntnis. Das tolle Abkommen ist nämlich nicht verbindlich, sondern kann auch ohne Strafe wieder gebrochen werden. Jüngst so geschehen durch den aktuellen Präsidenten der USA, Donald Trump. Er hat beschlossen, die Förderung fossiler Brennstoffe wieder massiv anzukurbeln. Auf ausländische Solaranlagen (die meisten werden in China hergestellt) sei eine Sondersteuer von 30 Prozent geplant, berichten internationale Tageszeitungen.
Auch Deutschland kann nicht gerade eine Lobeshymne auf sich anstimmen. Ja, wir waren mal Trendsetter. Damals, als wir ganz viel vom Kohleausstieg geredet haben. In den letzten Jahrzehnten hatten wir einen super Ruf als Vorreiter beim Umweltschutz. Jetzt wendet sich das Blatt. Eigentlich war der Plan, dass wir bis 2020 unsere Kohlendioxidemissionen um 40 Prozent senken. Von diesem Ziel hat sich unsere Regierung aber nun verabschiedet. Kohleausstieg – verschoben auf unbestimmte Zeit. Hierzulande wird 40 Prozent der Energie des Stroms derzeit aus Kohle erzeugt.
Noch ein Grund zum Schämen: In diesem und im kommenden Jahr wird Deutschland noch nicht einmal die Klimaziele der EU einhalten können. Das wird teuer für uns. Denn es bedeutet, dass die Bundesregierung sogenannte Emissionszertifikate von Ländern kaufen muss, die sauberer wirtschaften oder einfach weniger Industrie haben. Die EU schreibt sogenannte Treibhausgas-Budgets für die Industrie vor. Bereits 2016 lag Deutschland mit 1,8 Millionen Tonnen CO2 über der Obergrenze. Lassen wir uns gehen?
Man muss es mal so sehen: Die Politik, also unsere Bundesregierung, versucht, es stets sehr vielen Akteuren recht zu machen – dazu gehört auch die Industrie. Da stehen wirtschaftliche Interessen oft dem Umweltschutz entgegen. Wer sich also zurücklehnt und fordert, die Politik solle das Problem lösen, hat also einfach nicht verstanden, wie sie funktioniert. Was erwarten wir denn noch von ihr? Dass sie ein Limit auf die Kilometer legt, die wir mit dem Auto fahren dürfen? So viel Bevormundung will doch keiner. Dabei lagen 2017 die CO2-Emissionen von Autos und Co. bei 906 Millionen Tonnen. Eigentlich wollte die Bundesregierung bis 2020 das Verkehrs-CO2 auf 751 Tonnen drücken. Da werden wir uns aber noch mächtig am Riemen reißen müssen – und zwar wir persönlich, jeder für sich mit seinen tagtäglichen Entscheidungen. Das heißt nicht, dass wir am besten nur noch zu Hause sitzen. Was für einen Unterschied zum Beispiel die einzelnen Verkehrsmittel machen, siehst du in den kommenden Kapiteln. Kleiner Spoiler: Die aktuelle SUV-Mode ist Gift fürs Klima!
Wir müssen also unsere eigene Klimapolitik machen, sonst wird das nichts. Und zwar, indem wir erst einmal vor unserer eigenen Haustür fegen. Wir selbst müssen schauen, wie wir aufhören, unnötiges CO2 zu verballern – und wir müssen Wege finden, überschüssiges CO2 aus der Atmosphäre zu binden. Zu beiden Seiten der Medaille möchte ich mit diesem Buch durch Lösungsvorschläge beitragen. Das hohe Ziel ist die Klimaneutralität. Aber jeder kleine Beitrag hilft! Er hilft uns, Zeit zu gewinnen, noch weitere, bessere Lösungen zu entwickeln. Die besonders cleveren Köpfe unter uns können in dieser Zeit noch sauberere Technologien und nachhaltige Wirtschaftsmodelle entwickeln.
DIE BILANZ EINES T-SHIRTS
WAS IM LADEN SO HÜBSCH AN DER STANGE BAUMELT, HAT MEIST EINEN LANGEN WEG HINTER SICH. ZUERST WURDE DIE BAUMWOLLE ANGEBAUT – WENN ES KEIN ÖKO-SHIRT IST, MIT UNMENGEN VON DÜNGERN UND PESTIZIDEN. BAUMWOLLE GEHÖRT ZU DEN PFLANZEN, DIE am häufigsten für den massenanbau genmanipuliert werden. die spritzmittel für DIESE PFLANZEN SIND BESONDERS STARK UND SCHÄDLICH FÜR ALLE ANDEREN ORGANISMEN. BEI JEDEM PRODUKTIONSSCHRITT ENTSTEHEN NUN KLIMAGASE: BEIM ANBAU – ALLEIN SCHON FÜR DEN TRAKTOR, DER ÜBERS FELD FÄHRT -, BEI DER VERARBEITUNG, BEIM TRANSPORT ZUR NÄHEREI UND SCHLIEßLICH MEIST ÜBERS MEER BIS HIN ZUM LADEN. SO HAT EIN 300 GRAMM SCHWERES T-SHIRT BEI SEINER ANKUNFT IN DER SHOPPING-MEILE IMMERHIN SCHON STOLZE SIEBEN KILOGRAMM CO2 VERURSACHT, DARAUF WEIST DIE UMWELTSCHUTZORGANISATION BUND HIN. BEI DIESEN ZAHLEN IST ABER DER EINSATZ VON CHEMIKALIEN BEI DER PRODUKTION UND DÜNGEMITTELN FÜR DEN ANBAU NOCH GAR NICHT MITGERECHNET
WARUM BELASTET DIE INDUSTRIE DAS KLIMA SO SEHR?
Immer wenn eine Pflanze wächst, bindet sie CO2. Verbrennen wir sie, beispielsweise ihr Holz, wird dieses CO2 wieder in die Atmosphäre freigesetzt. Gleiches gilt für Kohle, die ja Reste fest zusammengepresster toter Pflanzen beinhaltet. Erdöl besteht aus abgestorbenen Algen und Plankton, die auf den Meeresboden gesunken waren und dort mindestens 10.000 Jahre unter dem Druck der Wassermassen zunächst eine Art Schlamm und später eben das Öl gebildet haben. Auf ähnliche Weise entsteht auch Erdgas. Kohle, Erdöl und Erdgas werden deshalb unter dem Namen »fossile Brennstoffe« zusammengefasst. Und die werden von der Industrie leider immer noch im großen Stil verfeuert, um Waren zu produzieren.
WELCHEN LEBENSSTIL VERTRÄGT UNSER KLIMA?
Okay, bis hierhin erst einmal: Wir müssen also unseren CO2-Verbrauch senken. Wissenschaftler haben auch schon ausgerechnet, wie sehr. Den Berechnungen der Organisation »Ein guter Tag« zufolge darf jeder Mensch pro Tag maximal 6,8 Kilo CO2 durch seine Handlungen verursachen, damit das Klima im Gleichgewicht bleibt. Ganz schön abstrakt – aber nicht, wenn du dir die Auflistung ab Seite 27 anschaust. Damit kannst du ja mal ein bisschen an deinem Taschenrechner herumspielen und schauen, auf welche Werte du so kommst. Und welche du sparen willst. Wenn alles gut läuft, sparst du mit deinem neuen Wissen sogar Tonnen an CO2. Und stelle dir mal vor, was passiert, wenn das alle Leser dieses Buches machen!
SO VIEL CO2 PUSTEN WIR IN DIE LUFT
Bei der folgenden Übersicht handelt es sich um Durchschnittswerte (Angaben in Gramm CO2), die den Einzelfall möglicherweise nicht genau beschreiben, uns aber doch sehr schön aufzeigen, was in etwa wie viel ausmacht.
MOBILITÄT – PRO 10 KILOMETER
Zu Fuß oder mit dem Fahrrad = nix
Zug, Reisebus oder U-Bahn = 340–408
Motorroller = 816
Motorrad = 952
PKW (z. B. VW Golf) = 1088
Flugzeug = 2516
SUV = 3604
KRASS: MIT EINEM SUV IST DIE FORTBEWEGUNG KLIMASCHÄDLICHER ALS MIT DEM FLUGZEUG!
GETRÄNKE
Leitungswasser = nix
Espresso/Kaffee, 1 Tasse = 20,4
Schwarztee, 1 Tasse = 47,6
Bier, 0,5 Liter = 47,6
Fruchtsaft, 200 ml = 68
Limonade, 330 ml Aludose = 204
Wein, importiert, 1 Achtel = 272
Mineralwasser, 1 Liter = 612
O, LÀ, LÀ, WASSER AUS DER LEITUNG IST KLIMANEUTRAL, AUS DER FLASCHE EIN ECHTER KLIMASÜNDER.
So bekommen wir ein Gefühl für die Verhältnismäßigkeiten, können mit diesen Werten »spielen« und schauen, was wir im Alltag hinbekommen, ohne uns gleich wieder wie Steinzeitmenschen in eine Höhle zurückzuziehen.
LEBENSMITTEL
Salat, 100 Gramm = so gut wie nix
Kartoffeln, 100 Gramm = 14
Paprika (Freilandanbau), 100 Gramm = 20
Nudeln, 100 Gramm = 41
Mischbrot, 100 Gramm = 61
Tofu, (Bio, Natur-Tofu), 100 Gramm = 68
Müsli, 100 Gramm = 136
Erdbeeren (in der Saison), 250 Gramm = 136
Banane, 1 Stück = 136
Quark oder Joghurt, 100 Gramm = 136
Milch, 100 ml = 136
Bio-Ei, 1 Stück = 136
Olivenöl, 100 ml = 136
Toastbrot, 100 Gramm = 204
Reis, 100 Gramm = 272
Fischstäbchen (aus Kabeljau), 100 Gramm = 408
Butter, 15 Gramm = 408
Tiefkühlpizza (Margherita) = 476
Aufschnitt (Salami), 100 Gramm = 748
Hühnerfleisch, 100 Gramm = 748
Käse, 100 Gramm = 1020
Rindfleisch, 100 Gramm = 1088
HMM, DIE KLIMABILANZ VON KÄSE LIEGT ÜBER SIEBENMAL HÖHER ALS DIE VON QUARK ODER JOGHURT DAS HÄNGT MIT DER REIFUNG ZUSAMMEN. EINE VEGANE ODER EINE VEGETARISCHE MAHLZEIT OHNE KÄSE KANN BIS ZU 90 PROZENT CO2 SPAREN.
HAUSHALT
Notebook, 1 Stunde = 27
Wasserkocher, 1 Liter = 41
Computer, 1 Stunde = 68
Fernsehen, 1 Stunde = 136
Geschirrspüler laufen lassen = 476
Wäsche waschen und im Trockner trocknen = 680
Heizen mit Fernwärme, 1200 Kilowattstunden pro Jahr = 1632
Heizen mit Erdgas, 1000 Kubikmeter pro Jahr = 2720
Heizen mit Heizöl, 1000 Liter pro Jahr = 3740
HEIZEN IST BEI WEITEM DIE GRÖßTE STELLSCHRAUBE, AN DER WIR IM HAUSHALT DREHEN KÖNNE
SHOPPING
T-Shirt, Lebensdauer 6 Monate = 34
Regenabweisende Jacke, 6 Monate = 68
Lederschuhe, Lebensdauer 6 Monate = 136
Jeans, Lebensdauer 6 Monate = 204
ALLTAGS-EINKAUF
Tetrapak = 68
Toilettenpapier, Recycling = 68
Tageszeitung = 204
Schnittblumen, Rosen aus Kenia = 204
OKAY, DIE CO2-BILANZ DIESER PRODUKTE IST SOGAR RELATIV ÜBERSCHAUBAR. TROTZDEM MACHEN SIE INSGESAMT DEN GRÖßTEN POSTEN UNSERER GESAMTBILANZ AUS. IN DIESEM FALL GILT ALSO: DIE MENGE MACHT’S.
WOHER KOMMEN DIESE WERTE?
Die Wissenschaftler der Organisation »Ein guter Tag« (eingutertag.org) haben die oben gelisteten Alltagsaktivitäten und Produkte unter die Lupe genommen und den durchschnittlichen CO2-Ausstoß ermittelt. Diese Werte habe ich als Grundlage für Wochenwerte genommen, um eine direkte Vergleichbarkeit zu ermöglichen. Einfach weil man manche Dinge nicht jeden Tag macht und andere sich erst im Lauf der Zeit aufsummieren.
BÄUME BRAUCHT DIE WELT! CO2 DURCH PFLANZEN WIEDER BINDEN
Mehr Bäume zu pflanzen könnte ein entscheidender Schlüssel sein, um die drohende Klimakatastrophe zu verhindern. Wälder tragen in der Umweltpolitik auch den Namen »Senken«, was wenig charmant aber präzise darauf hinweist, dass sie eben die CO2-Konzentration in der Luft senken. Das machen sie, indem sie mithilfe von Sonnenlicht das Kohlendioxid aus der Luft in Zucker und Sauerstoff umwandeln. Dieser Prozess nennt sich Photosynthese. Den Sauerstoff atmen die Bäume dann gleichsam wieder aus. Mensch und Baum ergänzen sich also perfekt!
Bis 2050 müssen etwa 500 Milliarden Tonnen CO2 aus der Luft eliminiert werden, das hat unter anderem die Umweltorganisation »Plant for the Planet« errechnet. Das ist eine ganze Menge. Nur wenn wir alle an einem Strang ziehen, ist das überhaupt zu schaffen. Wer also gelegentlich sündigt, in CO2-Hinsicht, der sollte deshalb Bäume pflanzen – oder pflanzen lassen. Ganze zusammenhängende Wälder sind dabei am wertvollsten. Der dort entstehende Humus, also der herrlich duftende Waldboden, bindet sogar dreimal mehr CO2 als die Bäume an sich. Die Erde ist ein kostbarer Schatz. Das haben wir irgendwie vergessen, nehmen sie oft nur noch als Dreck unter unseren Schuhsohlen nach dem Joggen wahr.
Wir kaufen uns jedoch nicht von unserer Verantwortung frei, CO2 zu sparen, wenn wir Bäume pflanzen, sondern wir packen das Problem parallel von der anderen Seite an. Es ist eine der einfachsten und effektivsten Möglichkeiten, kurzfristig im großen Stil etwas bewirken zu können. Weil Kinder oft schlauer sind als Erwachsene, trägt die Wald-Aufforstungs-Initiative für Kinder »Plant for the Planet« diese Einstellung schon lange in ihrem Motto: »Stop talking. Start planting.«