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VORBEREITUNG ZUR GROSSEN REISE

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Ludwig Leichhardt konnte nach seiner Rückkehr von Moreton-Bay nach Sydney bald feststellen, dass die Idee einer Land-Expedition bis nach Port Essington an der Nordküste Australiens die Aufmerksamkeit sehr vieler Menschen gewonnen hatte und diese immer stärker beschäftigte. Es schrieben mehrmals auch die Zeitungen darüber und ergingen sich in phantastischen Vermutungen über das Abenteuerliche, aber auch über den wirtschaftlichen Wert eines solchen Unternehmens für die Zukunft. Auch die gesetzgebenden Körperschaften setzten diese Frage auf die Tagesordnung ihrer Beratungen. Der Chef der Landvermessung, Sir Thomas Mitchel, schlug die Subventionierung einer solchen Expedition mit 1000 Pfund Sterling vor, um ihre Ausrüstung rasch voranzutreiben.

In diese noch allgemeinen Beratungen brachte die Meldung aus dem Staatssekretariat für Kolonien, dass auch ein Kapitän Sturt von Adelaide in Südaustralien aus die Vorbereitungen für eine Forschungsreise quer durch den Kontinent nach Norden treffe, eine neue Aufregung. Das gab den letzten Anstoß für Leichhardt, gestützt auf seine zweijährigen Erfahrungen über die Schwierigkeiten des Reisens in gebirgigen und – wie zu erwarten war – oft auch wasserlosen Gegenden, nun sofort diese Reise zu wagen. Allerdings musste noch die Bedingung der öffentlichen Unterstützung bei den zur Ausrüstung nötigen Kosten erfüllt werden. Es mussten ebenso erst die richtigen Begleiter gefunden werden, die sich freiwillig und ohne besondere Entlohnung dem Unternehmen anschließen und auch geduldig manchen Mangel der Ernährung während der Reise auf sich nehmen würden.

Während der Aussprachen Leichhardts mit seinen Bekannten in Brisbane und der Umgebung hatte sich allgemein die Meinung herauskristallisiert, dass dieser Reiseplan durchaus real ausführbar wäre. In Sydney jedoch erhob sich anfangs gegen eine Reise unter der Leitung Ludwig Leichhardts eine ziemlich heftige Opposition. Andere wieder bedauerten, dass sich Leichhardt nicht einen näher liegenden Wirkungskreis innerhalb der Grenzen von Neu-Südwales schaffen wollte – die Aussicht auf eine leitende Stellung im öffentlichen Dienst dieser Provinz erschien nun durchaus gegeben.

Viele aber sahen offen dieses Unternehmen als eine Tollheit und Folge eines blinden Enthusiasmus an, der nur durch eine vernunftwidrige Ruhmsucht genährt wurde, die sich als ein Hang für die Wissenschaften ausgab. Und die größten Gegner rieten davon ab, weil sie ein solches Unternehmen für einen glatten Selbstmord hielten, der verhindert werden müsse.

In seinen späteren Aufzeichnungen schilderte Ludwig Leichhardt die damalige Situation, ihr Hin und Her zwischen Ablehnung und Zustimmung, wörtlich:

»… Ich war für die Schwierigkeiten der Reise nichts weniger als blind. Im Gegenteil! Und ich hoffe, meine Leser werden glauben, dass ich es aufrichtig meine: Ich dachte, diese würden mannigfach und groß – in der Tat größer, als sie sich wirklich auswiesen. Aber während meiner in der letzten Zeit unternommenen Exkursionen in dem Squatting-District hatte ich mich so an ein vergleichsweise wildes Leben gewöhnt und die Gewohnheiten der Ureinwohner so genau beobachtet, dass ich mich versichert hielt, die einzigen wahrhaften Schwierigkeiten, auf die ich stoßen könnte, würden nur einen lokalen Charakter haben. Ich war überzeugt, dass ich bei vorsichtigem Verfahren … imstande sein würde, meine Begleiter auf einem grasbewachsenen und wohlbewässerten Wege zu führen … Und ich hielt mich versichert, dass die Reise … mit unserer Ankunft in Port Essington endigen müsse. Durch dieses Bewusstsein gehoben … begann ich meine Vorbereitung, welche, soweit es meine eigenen schwachen Mittel und die Beiträge wohlwollender Freunde gestatteten, ziemlich bald bis zum 13. August 1844 vollendet waren …«

Ludwig Leichhardt besaß fast keine eigenen Mittel. Deshalb musste er auf manche nützliche Instrumente wie Barometer und Kochapparat verzichten. Seine einzigen Hilfsmittel waren: ein Sextant, ein Chronometer, ein Handkompass, ein kleines Thermometer und Arrowsmiths Landkarte des »Continents von Neu-Holland« (Australien).

Die schwierigste Aufgabe aber war die Auswahl von fünf Begleitern, deren Zahl wegen der geringen Mittel auf keinen Fall überschritten werden sollte. Da nun der Plan öffentlich bekannt geworden war, offerierten viele junge Leute ihre Dienste, die meisten wohl in der Erwartung eines großen Abenteuers. Leichhardt wählte und schwankte lange, bis er sich endgültig entschieden hatte.

Es soll seiner eigenen Niederschrift gefolgt werden:

»Als ich Sydney verließ, waren meine Begleiter James Calvert, John Roper, John Murphy, ein Jüngling von ungefähr 16 Jahren, William Phillips, ein Krongefangener (entlassener Häftling) und Harry Brown, ein Eingeborener vom Newcastle-Stamm …«

Über die Seefahrt bis nach Brisbane schrieb Leichhardt später:

»Wir verließen Sydney in der Nacht des 13. August, um mit dem Dampfer ›Sovereign‹ unter Kapitän Cape nach Moreton-Bay zu gehen. Es macht mir viel Vergnügen, die uneigennützige Freundlichkeit von ›Hunter’s River-Dampfschiffahrts-Compagnie‹ zu bestätigen, die mir für meine Gesellschaft, unser Gepäck und dreizehn Pferde freie Fahrt bewilligte. Die Überfahrt dauerte ungewöhnlich lange. Anstatt in drei Tagen in Brisbane anzukommen, waren wir eine Woche zur See, sodass meine Pferde Mangel an Futter und Wasser litten.

… In Brisbane angekommen, wurden wir mit der größten Freundlichkeit von unseren Freunden, den ›Squatters‹, aufgenommen. Diese und die Einwohner von Brisbane überhäuften mich mit freundlichen Beiträgen so sehr, dass ich mich genötigt sah, vieles abzulehnen oder zurückzulassen. So musste ich auf den Vorteil manches erwünschten Artikels wegen der beschränkten Transportmittel verzichten …«

Hier boten sich aber auch neue Teilnehmer der Expedition an. Leichhardt entschloss sich schließlich, noch vier Teilnehmer zu chartern. Seine Vorräte waren so sehr angewachsen, dass er diese Änderung wagte. Er berichtet selber darüber:

»… Folgende Personen traten der Expedition bei: Pomperdon Hogson, in dieser Gegend wohnhaft, Gilbert, dann Caleb, ein amerikanischer Neger, und Charley, ein Eingeborener vom (australischen) Bathurst-Stamm. Hogson konnte ich aus Rücksicht auf frühere Verpflichtungen nicht zurückweisen; da er überdies bei botanischen Forschungen sehr eifrig war, konnte er mir nützlich sein. Gilbert kannte ich durchaus noch nicht. Er war in Diensten des Zoologen Gould gewesen, der unsere Kenntnisse der Fauna von Australien bereichert hatte. Jene zwei Männer rüsteten sich selber aus und brachten auch vier Pferde und zwei Ochsen in das Unternehmen mit …«

Doch der Aufbruch aus Brisbane wurde das Schwierigste der bisherigen Vorbereitungen. Leichhardt schrieb darüber: »… Es war viel Regen gefallen, der alle Creeks (Wasserläufe) überfüllte und den Weg so sumpfig und schlüpfrig machte, dass er fast unbegehbar geworden war. Es erforderte einen ganzen Tag, die menschliche Begleitung, das Vieh und die Vorräte über den Fluss zu bringen. Bis Sonnenuntergang war diese Arbeit noch nicht beendet. Da aber die Nacht schön und mondhell und meine Station nicht weit jenseits des Flusses war, beschloss ich die Abreise.


Bumerangs

… Glücklicherweise hatten mir meine Freunde einen Ochsenwagen geliehen, um einen Teil unseres Gepäcks weiter bis zu den Darling-Dünen zu fahren. Da ich außerdem einen leichten Federwagen erhandelt hatte, wurde auch dieser beladen. Mir schmeichelnd, dass wir leicht und schnell vorwärtskommen würden, gab ich Befehl zum Marsch. Wir kamen nach Überwindung fortwährender Schwierigkeiten, die uns beim Treiben unserer Pferde und beim Tragen der Wagen durch die sumpfigen Stellen des Weges begegneten, um ein Uhr morgens in Cowpers Ebenen, ungefähr zehn Meilen von Brisbane, an …«

Der gespendete leichte Wagen mit den gefederten Achsen, der Leichhardt anfangs fast wie ein Traumgefährt erschien, auf welchem er in guten und leicht passierbaren Expeditionsstrecken seiner schwerfälligen Marschgruppe vorauseilen könnte, um stets die schönsten Lagerplätze zu erkunden, spielte allerdings diese phantastische Hoffnungsrolle bald zu Ende. Ein Intermezzo, das Leichhardt am besten selber schildern soll:

»… Ich fand bald, dass mein Wagen unserem Vorwärtskommen hinderlich sei. Aber er war ein kostbarer Artikel, und ich zweifelte nicht, dass er mir mehr Nutzen gewähren würde, nachdem wir die sumpfigen Gegenden überschritten haben würden.

… Einige Tage danach entschied gleichwohl der Zufall die Frage. Die Pferde liefen mit ihm davon; dabei war die Deichsel gebrochen sowie eine Wagenfeder beschädigt worden, sodass ich genötigt war, ihn zurückzulassen. Ich tat es mit Vergnügen, da es stets leichter ist, sich der Notwendigkeit zu fügen, als eine scheinbar beschwerliche Maßregel aus eigenem freien Willen zu ergreifen. Wir schritten mit Erleichterung nach Campbell’s Station, die Gastfreundschaft der Ansiedler in Anspruch nehmend.

… Ich war so glücklich, meinen zerbrochenen Wagen gegen drei Mastochsen umzutauschen, und ich kaufte später noch fünf Zugochsen, um sie in das Tragen von Packsätteln einzugewöhnen. Ich hatte mich bereits überzeugt, dass wir uns zum Transport der Ladung auf die Pferde nicht verlassen durften. Weder meine Begleiter noch ich selbst kannten die Ochsen gut genug; und es bedurfte langer Zeit, bis wir uns mit der gefährlichen Nachbarschaft ihrer Hörner versöhnen konnten. Zuletzt wurden wir durch die Gewohnheit mit unseren öfter widerspenstigen »Compagnons de voyage« bekannt und gewissermaßen vertraut …«

Auf Campbel’s Station wurde der gesamte Expeditions-Tross, die Bekleidung und Verproviantierung abgeschlossen. Statt diese einfach aufzuzählen, soll auch hierin wieder Leichhardt das Wort gegeben werden:

»Durch ein Geschenk der Herren Campbell und Stephens von vier jungen Stieren und eines Ochsen von Herrn Isaacs stieg unser Bestand an Rindern auf 16 Stück. Dazu hatten wir 16 Pferde. Unsere Gesellschaft bestand aus 10 Individuen.

… An Proviant führten wir 1200 Pfund Mehl, 200 Pfund Zucker, 80 Pfund Tee, 20 Pfund Gelatine und andere Artikel von geringerer Wichtigkeit mit. An Munition gab es 20 Pfund Pulver, 4 Beutel Schrot von verschiedener Größe. Jeder von uns hatte auf meinen Wunsch sich mit zwei Paar festen Beinkleidern, drei derben Hemden und zwei Paar Schuhen versorgt. Ferner hatten einige sich Ponchos (Decken) aus leichtem Kaliko, die sich geölt sehr brauchbar gegen die Feuchtigkeit erwiesen, zugelegt. So sahen wir uns für sieben Monate wohl ausgerüstet, welche Zeit, wie ich damals sanguinisch glaubte, zu unserer Reise hinreichend sein würde. Unsere Berechnungen hinsichtlich des Proviants waren fast ganz richtig, denn unser Mehl dauerte bis zum Mai, dem achten Monat unserer Reise. Aber in der Zeit, die dafür nötig sein würde, hatten wir uns sehr getäuscht …«

Die Reit- und Packsättel für die Tiere bestanden zwar aus gutem Material, doch diese waren den Tieren nicht eigens angepasst worden. Sie litten bald unter wunden Rücken. Als die Pferde zu sehr davon behindert wurden, mussten die Packsättel für die viel weniger empfindlichen Ochsen umgenäht werden.

Auch darüber, was den Ochsen als Traglast zugemutet werden konnte, mussten erst Erfahrungen gesammelt werden. Auf weite Strecken waren sie nur fähig, 150 Pfund statt der erhofften 250 zu tragen. Leichhardt berichtet weiter:


Eine Ochsenkarawane auf dem Treck nach neuen Weidegründen

»… Das tägliche Beladen der Ochsen und Pferde nahm gewöhnlich zwei Stunden in Anspruch. Eine während des Marsches locker gewordene Ladung verursachte häufig, dass die Ochsen diese abwarfen, die Gurte zerrissen und große Unruhe schafften, wenn wir sie wieder fangen und beladen mussten. In der Nacht wollten sie beständig fort und in das letzte Lager zurück. Häufig hatten wir bis zum Mittag zu warten, bis Charley und Brown, unsere Hirten, die Herumstreicher wiederbrachten …«

So vorbereitet, oftmals niedergedrückt schon bei den Einübungen zur großen Reise ins Unbekannte, schloss Ludwig Leichhardt seine Aufzeichnungen mit den Worten: »… Aber ich eile nun, zur Erzählung unserer Reise zu kommen …!«

Die erste Durchquerung Australiens

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