Читать книгу Das intelligente Bewusstsein der Zellen - Luis Angel Diaz - Страница 12
Die Entwicklung von Cellular Memory Release (CMR)
ОглавлениеIm Alter von 30 Jahren entdeckte ich mein Interesse am Thema Zellgedächtnis. Als acht Jahre später meine Frau, Lebensgefährtin und Mutter meiner drei Kinder plötzlich starb, nahm mein Interesse daran noch zu. Eines sonnigen Tages ging ich mit ihr mittags in Sausalito zum Essen, das war an dem Tag vor meiner Abreise nach Südamerika. Damals konnte ich nicht ahnen, dass ich sie an diesem Tag das letzte Mal bei Bewusstsein sah. Während meiner Abwesenheit fiel sie in ein Koma, von dem sie nie wieder erwachen sollte. Die Ärzte im Krankenhaus stellten ein Aneurysma im Gehirn fest. Nach meiner schnellen, hektischen Rückreise aus Südamerika saß ich vollkommen geschockt an ihrem Krankenbett. Ich fühlte mich wie ein Ertrinkender, der von einem Schlag wie gelähmt war. Eine innere Stimme fragte immer wieder: Warum? Warum? Warum? Ich spürte den Druck einer unerträglich schweren, eisernen Krone auf meinem Kopf. Ich konnte keine Träne vergießen, war wie versteinert. Dennoch gelang es mir, ruhig und gefasst zu bleiben.
Ich befand mich auf der Intensivstation zusammen mit Kelly, einer sehr guten Freundin und Schülerin. Sie kam auf mich zu und verkündete: »Nun werden wir das machen, was du uns beigebracht hast.« Ich wusste sofort, was sie meinte. Es ging um meine Methode, die ich langsam in der Arbeit mit meinen Klienten und Schülern entwickelt hatte. Dabei erlauben wir uns, unsere momentanen Gefühle in unserem Körper ganz zu spüren und anzunehmen, anstatt sie zu blockieren oder negative, angstbesetzte Emotionen zu verdrängen bzw. sich in Gedankenkonstrukten über das eigene Erleben zu verlieren. Ich war einverstanden, hörte mit dem Denken und Analysieren auf und versuchte, meine Gefühle nicht mehr zu kontrollieren. Allmählich akzeptierte ich, dass ich im Grunde unwissend war. Ich erlaubte mir, die ganze Bandbreite meines Schmerzes, der in meinem Körper wütete, zu spüren. Das löste ein Erlebnis »außerhalb der Zeit« in mir aus, welches zwar nur ein paar Minuten dauerte, sich für mich jedoch wie ein ganzes Leben anfühlte. Ich durchlebte die unterschiedlichsten inneren Zustände: Ablehnung des Erlebnisses, extreme Wut, Verlassenheitsgefühle, Panik vor der Zukunft und paradoxerweise auch sehr starke Schuldgefühle.
Adriana war nun nicht mehr in meinem Leben. Sie hat mir bei ihrem Abschied das unglaubliche Geschenk hinterlassen, zu einem neuen Leben erweckt zu werden. Der Schock des Verlustes war für mich der erste Schritt eines inneren Prozesses, der meine Einstellung zu mir selbst und zum Leben vollkommen verändert hat. Nach Adrianas Tod schloss ich meine Praxis und zog mich von meinen Aktivitäten für über ein halbes Jahr zurück. In dieser Zeit gab es nur mich und meine drei Kinder. Ich legte mir ein Tagebuch zu, wollte mich mitteilen und das niederschreiben, was in mir vorging. Dennoch stellte ich fest, dass es nicht ging. Irgendetwas in mir sagte, ich sollte es bei mir lassen. Es war zu persönlich und sehr schwer zu erklären. Ich wusste und verstand nicht, was mit mir passierte. Über Monate fiel ich immer tiefer und wurde von körperlichen Empfindungen überschwemmt. Dadurch entdeckte ich neue innere Dimensionen. Physisch schienen sich einige Bereiche zu öffnen, und ich erhielt Zugang zu Ebenen, deren Existenz ich bislang ignoriert hatte. Mein Körper sprach eine seltsame Sprache. Kindheitserinnerungen, die ich längst vergessen glaubte, stiegen wieder hoch. Es waren insbesondere emotionale Wunden, die die Säulen meines damaligen Glaubenssystems und Selbstbildes darstellten. Darüber hinaus durchlebte ich mein Heranwachsen im Mutterleib, die Gefühle meiner Mutter während ihrer Schwangerschaft mit mir. Ich konnte ihre Gedanken denken und fühlte, wie ihre Gefühle mein Sein durchdrangen. Ich spürte mit absoluter Gewissheit, dass meine Konditionierung bereits im Mutterleib angefangen und mich bis ins Erwachsenenalter beeinflusst hatte.
Das war jedoch noch nicht das Ende. Zwei Jahre waren vergangen, und ich hatte mich daran gewöhnt, auf alles zu achten, was in mir hochkam. Ich fühlte mich körperlich stark und war sehr mit mir selbst verbunden. Meine Freunde erzählten mir später, sie hätten sich sehr über mich gewundert, weil ich gesünder, jünger und viel schlanker aussah. Mich überraschte mein Bedürfnis, mich zu bewegen und zu trainieren. Schließlich hatte ich mich bis zu diesem Zeitpunkt noch nie für Sport oder Bewegung begeistert! Ich trat einem Sportverein bei und nahm regelmäßig Tanzstunden. Während dieser Zeit erlebte ich etwas, das zu einer großen Transformation führte und den Beginn eines neuen Lebens für mich darstellte. Eines Samstagmorgens im Herbst, als ich schwitzend auf dem Laufband lief, veränderte sich plötzlich meine Wahrnehmung. Es war, als lüftete sich ein Schleier, und ich nahm überall Energie wahr – Energie von Dingen um mich herum. Währenddessen keuchte ich weiter auf dem Laufband. Die Matrix, die sich hinter allem befand, was für mich Realität war, zeigte sich klar und deutlich vor meinen Augen. In meiner Jugend hatte ich bei der Meditation des Öfteren derartige spirituelle Erlebnisse. Diesmal war es jedoch anders. Es war sehr klar und einfach, ohne jede mystische Erklärung, sogar ohne Emotionen. Es war ein Bewusstseinszustand, der alles über die Dinge wusste. Es war einfach nur das pure Sein – ein tiefer, umfassender, friedlicher Seinszustand.
Nach einer Weile schaltete sich mein Verstand, der vorübergehend deaktiviert war, langsam wieder ein. Ich konnte seine Lage sogar physisch wahrnehmen. Er befand sich zu meiner rechten Seite, etwa zwei Meter hinter und über meinem Kopf. Es war, als ob ein Tropfen Tinte in ein Glas mit kristallklarem Wasser fiele.
Ich hörte meinen Verstand mit sehr schwacher Stimme, wie er die Situation, die ich gerade durchlebte, kommentierte: »Das ist nicht gut!«, »das ist gefährlich!«, »das darfst du nicht tun!« Diese drei Sätze kamen von oben und wurden langsam immer lauter. In mir brach eine Gefühlslawine los. Ich spürte Selbstmitleid, Mitleid für die ganze Menschheit und Trauer darüber, dass ich mich nicht verbinden konnte mit dem, was ich gerade als unsere wahrhafte Natur kennengelernt hatte. Als diese Stimme aus der Ferne immer näher kam und lauter wurde, bekam ich große Angst, die sich zu einem Gefühl des Terrors steigerte. Ich verspürte einen unglaublichen Krampf im Bauch, sprang vom Laufband und musste mich vor lauter Schmerz zusammenkrümmen. »Dies ist sehr gefährlich! Du wirst alles verlieren! Du wirst deine Gesundheit, deinen Ruf und deinen Verstand verlieren!«
Ich rannte zum Männer-WC und schloss mich ein. Da saß ich nun, voller Angst, zusammengekrümmt vor lauter Krämpfen, und wusste, dass ich gerade eine Panikattacke durchmachte. Eine Stimme in mir befahl: »Hör auf damit, du weißt, wie du da herauskommst. Tue es jetzt!« Eine andere Stimme irgendwo in mir sagte: »Spüre es, lass dich ganz darauf ein.« Das zu hören hat mich nicht überrascht. In den letzten zwei Jahren hatte ich mich daran gewöhnt, mich auf unbequeme Gefühle einzulassen. Panik stieg in mir hoch, als die laute, fordernde Stimme sagte: »Wenn du dich auf dieses Gefühl einlässt, wirst du sterben!«
In diesem Moment fiel in mir die Entscheidung. »Gut, dann sterbe ich eben«, hörte ich mich sagen. Ich ließ mich auf den intensiven Krampf und die Gefühle der absoluten Verzweiflung und Panik ein.
Die fantastische innere Reise war mit Feuer und Rauch durchzogen. Die Erinnerungen an alte Emotionen wurden absorbiert von intensiven Energiewirbeln, in denen alles aufloderte. Wie in einer Zeitreise kamen Erinnerungen aus der Zeit vor meiner Zeugung in mir hoch, und ich spürte das, was ich allgemein »menschliches Leid« nenne. Schicht um Schicht drang die Energie mit enormem Druck in mein Wesen ein, uralte Erinnerungen der Generationen meiner Ahnen. Ich erkannte eigene Anteile, die ich abstoßend fand. Ich entdeckte Bereiche, die ich mir überhaupt nicht anschauen wollte, und gleichzeitig war mir vollkommen klar, dass der Ausweg nur durch das Hindurchgehen zu finden war. Ich ließ mich also auf diese Bereiche ein, durchlebte sie, bis ich plötzlich in einen Zustand absoluten Wohlbefindens geriet, in dem ich zutiefst mit einem Gefühl des Friedens, der Freiheit und unermesslicher Liebe erfüllt war. Ich konnte mich selbst würdigen und wusste, wer bzw. was ich war. Ich erkannte, dass ich vor der Entdeckung dieses inneren Raums in mir im Grunde wie betäubt und benommen gelebt hatte, als ob ich bereits tot gewesen wäre.
Ich verließ das Männer-WC nach scheinbar sehr langer Zeit, obwohl es tatsächlich nur 15 Minuten waren. Es war, als käme ich aus dem Weltall zurück, ich fühlte mich innerlich sehr leicht, aber gleichzeitig äußerst verwirrt. Im Umkleideraum sprang mir die Überschrift einer Zeitung in die Augen, die auf einem Rucksack lag: »ES WIRD HÖCHSTE ZEIT«. Damit war eigentlich die Umstellung auf die Sommerzeit gemeint, für mich war es jedoch eine Botschaft, die mich wissen lassen wollte, dass ich nicht allein war. Ich fühlte mich tatsächlich erleichtert. Dieses Erlebnis hatte mir innere Türen geöffnet und eine tiefe Wandlung gezeigt. Ich wusste, dass dieser Prozess für alle Menschen möglich war: Jeder würde irgendwann diese geheimnisvollen Türen öffnen können. Ich spürte jetzt zum ersten Mal in meinem Leben einen tiefen Frieden in mir, der den ganzen Tag lang anhielt. Ich erkannte, wie angespannt und ängstlich ich bislang gewesen war und wie viel Angst mein Körper gespeichert hatte. Und eines wurde mir dabei klar: Besorgnis zu empfinden bedeutet, schrittweise Angst auf zivilisierte und angemessene Weise abzubauen.
Dieser Prozess vertiefte sich mit der Zeit, genauso wie mein innerer Frieden und meine Selbstakzeptanz. Obwohl ich mir fast 20 Jahre lang Wissen angeeignet und es umgesetzt hatte, war mir nicht klar, welche Rolle Schmerz und negative Emotionen im Leben spielen können. In Wirklichkeit wusste ich nichts über den Schmerz. Genau genommen war es eine Tragikomödie. Mein ganzes Leben hatte ich damit verbracht, gegen etwas anzukämpfen, das ich eigentlich nicht verstand. Dieses Unbekannte war jedoch genau das, was mir jetzt eine neue Art des Lebens ermöglichte. Ich war dazu erzogen worden, alles Schmerzhafte und Unangenehme zu beseitigen, mich davon frei zu machen. Ich hatte gegen den Schmerz in mir und in anderen gekämpft, ihm entgegengewirkt, ihn vermieden, abgelehnt und ignoriert. Schmerz galt es um jeden Preis zu beseitigen. Das hatte ich gelernt. Schmerz bedeutet, dass man etwas falsch gemacht hat. Schmerz bedeutet, dass jemand Schuld daran hat. Wenn der Schuldige nicht im Außen zu finden ist, dann muss ich ihn in mir selbst suchen. Es war mir nie in den Sinn gekommen, Schmerz einfach sein zu lassen, ihn anzunehmen und mich mit ihm anzufreunden. Diesen wundersamen Zugang hatte ich bis dato noch nicht entdeckt. Ihn zu finden ist nur möglich aus einem Zustand der Präsenz heraus, in dem man innehält, um die äußere Welt, die wir Realität nennen, zu beobachten.
Durch den Tod von Adriana lernte ich die Landkarte meines inneren Wesens kennen und mich in diesem Territorium zurechtzufinden. Ohne dass ich es merkte, fing ich allmählich an, im täglichen Leben präsenter zu werden und alles, was passierte, anzunehmen. Ich wusste, dass ich alles hatte, was ich brauchte, dass alles als Potenzial in mir angelegt war und nur darauf wartete, erkannt zu werden. Ich wusste, dass der Körper mein bester Verbündeter ist, dass er von einer umfassenden Intelligenz durchzogen ist, die jedes Mal, wenn ich wieder präsent bin, aktiviert wird. Einige Jahre später las ich ein Buch von Kabir, einem spirituellen Lehrer aus Indien, der meine Erfahrungen sehr treffend ausdrückte: »Ich spürte es 15 Sekunden lang und habe dann den Rest meines Lebens danach ausgerichtet.« Ich wusste jedoch noch nicht, dass diese Erfahrungen den CMR-Prozess ins Leben rufen sollten.