Читать книгу Als du das Pfauenauge gerettet hast - Luise Eggers - Страница 9

4. KAPITEL

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»Wozu hast du denn so ein teures Handy, wenn du dann nicht daran gehst? Kannst du mir das mal erklären?!«

Frau Hagemann musste ihrem Mann zustimmen. Elina hatte sich mit Jannick und Adrian in wilden philosophischen Theorien verquatscht, bis Katrin hochgekommen war und gefragt hatte, ob sie mit ihnen Abendbrot essen würde. Jannick brachte sie schnell nach Hause und wollte sich bei ihren Eltern entschuldigen, aber Elina hielt das für eine sehr schlechte Idee. Jetzt hatte sie Hausarrest.

Sie stützte sich gelangweilt auf dem Fensterbrett ab und sah auf die Obstbäume im Garten. Die Mittagssonne brannte auf ihren Händen. Während ihre Eltern arbeiten waren, sollte Anna ein Auge auf sie haben, und bestechen konnte sie sie nicht. Es klingelte an der Haustür.

Elina hechtete hinunter, endlich passierte etwas, auch wenn es wahrscheinlich nur Lena, die Postbotin, war. Sie riss die Tür auf und vor ihr standen Clementine und Matilda mit ihren blauen Hollandrädern.

»Wir wollen zum Feld fahren, da liegen Heuballen. Kommst du mit?«, fragte Clementine.

»Ich kann nicht, hab Hausarrest.«

»Wieso das? Und bis wann?«

»Zwei Wochen. Bin zu spät nach Hause gekommen.«

»Ach so, na vielleicht sind sie dann noch da. Bis dann.« Clementine schwang ihr Bein über das Fahrrad und drückte zum Abschied ihre Fahrradhupe. Elina schloss kraftlos die Tür, schlurfte zum Kühlschrank, nahm sich eine Capri-Sonne heraus und ließ sich im Wohnzimmer auf die Couch fallen. Es klingelte erneut. Elina stöhnte und fragte sich, ob die Zwillinge noch mehr Salz in die Wunde streuen wollten.

»Hi!«

»Was machst du denn hier?« Jannick freute sich über ihr überraschtes Gesicht. »Bist du verrückt? Wenn Anna dich sieht oder hört!«

»Ganz ruhig. Ich hab Anna doch gefragt, wann eure Eltern wieder da sind.«

»Was? Anna weiß … weiß das von uns?«

»Kommt drauf an, was denkst du denn, was sie weiß?«

»Na, dass wir … was laufen haben?«

»Aha! Ich bin also nur dein Playboy, ja?« Sie verstand nicht ganz, aber er sah sie mal wieder so schelmisch an, was nur bedeuten konnte, dass er sie ärgerte.

»Was? Nein! Du verfolgst mich doch immer!« Sie streckte ihm die Zunge raus.

»Klar, ich bin Wachs in deinen Händen. Also spiel nicht mit meinem zarten Herzen!«

Er legte theatralisch die Hände auf seine Brust.

»Du bist ein Spinner! Ich will doch nur nicht, dass sie es meinen Eltern erzählt.«

»Dass wir zusammen sind?«

»Ja.«

»Aha!«

»Was?«

»Ich bin also dein Freund? Das geht mir aber doch zu schnell.« Sie knuffte ihn an die Schulter. »Nein, ohne Quatsch jetzt: Warum dürfen deine Eltern nichts von mir wissen? Nicht, dass es mich groß stört, aber es stört mich.« Er grinste.

»Ich hatte noch nie einen Freund, ich weiß nicht, wie meine Eltern oder besser gesagt mein Vater reagiert. Er ist irgendwie anstrengend.«

»Haben Väter so an sich, würde ich sagen. Okay. Moment mal, du hattest noch nie einen Freund?« Er ging dichter zu ihr und flüsterte: »Aber du hattest schon Sex?«

Da war es wieder, dieses Gefühl, verurteilt zu werden, und gerade, wo sie anfing, ihn wirklich gernzuhaben, nicht nur äußerlich. Einen Moment lang ärgerte sie sich, ihm davon erzählt zu haben, aber etwas in ihr sträubte sich dagegen, sich für irgendetwas zu entschuldigen.

»Hat sich nicht ergeben.«

»Okay«, sagte er und zuckte mit den Schultern.

»Vielleicht fand ich ihn vorher nur anziehend, aber nicht interessant genug, als dass ich mit ihm zusammen sein wollte.« Sein Gesichtsausdruck war nicht schwer zu lesen. »Bist du enttäuscht, dass ich jetzt mehr erwarte? Dass es komplizierter ist?«

»Nein … nein, was denkst du von mir?«

»Ich denke, dass Kerle Sex wollen.«

»Und was willst du? Du sagtest, du tust das nicht für mich oder sonst wen, sondern weil du es willst«, rettete er sich.

»Ich möchte das schon, aber ich möchte auch … ich will mit dir zusammen sein.« Nachdem sie es ausgesprochen hatte, spürte sie, dass es zum ersten Mal so war. Als sie ihn in der Schule beobachtet hatte, hatte sie ihn cool gefunden, aber jetzt, obwohl sie nur ein paar Tage miteinander verbracht hatten, wollte sie jede Minute bei ihm sein und vor allem wollte sie mehr für ihn sein.

»Dann sind wir uns ja einig.«

»Aber bist du nur so schnell mit mir zusammen, weil du mit mir schlafen willst?«

»Du bist wirklich direkt.« Sie konnte nicht erkennen, ob er das gut fand oder nicht. Im Moment schien es ihr so, als würde sie ihn an die Wand fragen. »Ich will es jetzt nicht versauen, aber wenn ich ganz ehrlich bin: Klar reizt es mich, dass du für Sex offen bist, welchen Typ nicht? Aber deswegen müssten wir ja nicht zusammen sein.« Würde es dazu kommen, dachte sie, könnte er jederzeit wieder Schluss machen. Alles, was er sagte, war keine Garantie und sie bereute ihre Fragerei. Sie lächelte, wechselte das Thema und hoffte, dass er so empfinden würde wie sie.

»Hast du Anna gesagt, dass du herkommst?«

»Ich hab nur gefragt, wie lange deine Eltern arbeiten.«

»Und das hat sie gar nicht gewundert?«

»Keine Ahnung, vielleicht hat sie uns auf dem Schulhof knutschen sehen wie alle anderen?!«

»Ja, stimmt!« Elina sagte das, als hätte Jannick ihr eine erschreckende Erkenntnis mitgeteilt. Natürlich konnte Anna es gesehen haben. Sie ignorierte ihre Schwester in der Schule schon so lange, dass sie gar nicht mehr darüber nachdachte, ob Anna es genauso handhabte. »Ich kann dich aber nicht reinlassen. Ich weiß nicht, was sie weiß oder verrät.«

»Oha, du bist ja richtig paranoid.«

»Halt die Klappe!« Sie stieß ihn erneut und lächelte verschmitzt.

»So, Romeo, du musst gehen!«

Jannick legte seine Hände wieder scherzhaft auf seine Brust. Plötzlich huschte eine getigerte Katze an Elina vorbei und setzte sich vor Jannicks Füße.

»Ich nehme mal an, das ist eure Katze? Wie heißt sie?«

Er ging in die Knie.

»Ja, das ist Koschka.«

»Seltsamer Name für ’ne Katze.«

Koschka rieb ihren Kopf an Jannicks Bein, er kraulte sie.

»Auch nicht anders als Miezi, Pussy oder Muschi, halt nur auf Russisch.«

»Wieso hat sie ’nen russischen Namen?«

»Meine Mama kommt aus Russland, irgendwie hat sie sie immer so genannt und dann haben wir das übernommen.«

Koschka warf sich auf den Rücken und setzte mit den Vorderpfoten zum Spiel an. »Sie mag Fremde eigentlich nicht.«

Jannick stand auf. Koschka putzte sich hastig die Pfoten und rannte zum Zaun, über den sie kletterte.

»Aber gut, dass wir das geklärt haben«, sagte er.

»Was genau? Dass Koschka keine Fremden mag?«

»Nein, dass ich mit der kleinen Schwester von der heißen Anna zusammen bin.«

Er sprang schnell die drei Stufen, die zur Haustür führten, hinunter.

»Gleich bist du das nicht mehr!« Sie sprang ebenfalls die Treppen hinunter und rannte ihm hinterher. Jannick hatte gehofft, dass Elina die Türschwelle nicht übertreten würde. Überrascht davon, rannte er in den Garten. Der Rasen war frisch gemäht und die Apfelbäume in Mulch eingebettet, auf dem schon ein Apfel lag. Elina zog an seinem Hemd.

»Ich gebe auf!« Er blieb stehen. Beide atmeten schwer und stemmten ihre Hände in die Seite. »Ich geh jetzt.« Er legte seine Hand an ihr Gesicht und gab ihr einen zarten Kuss. »Keine Angst, ich werde verkünden, dass ich mit Annas viel schöneren, wilden Schwester zusammen bin, okay, Ronja

Elina nickte.

Als Elina ins Haus ging, hörte sie Geräusche aus der Küche.

»War das Jannick?«, fragte Anna, ohne hochzusehen, und durchwühlte weiter die Besteckschublade.

»Was?«

»Eben. An der Tür. War das Jannick?« Sie sah Elina an.

»Ja, warum?«, fragte Elina skeptisch.

»Er hatte heute gefragt, wie lange Mama und Papa arbeiten. Da dachte ich mir, dass er bestimmt vorbeikommt, wenn sie nicht da sind.«

»Sagst du es ihnen?«

»Haben sie gesagt, du darfst keinen Besuch bekommen?«

»Weiß ich nicht … aber sie wissen ja nicht … Also, sie kennen Jannick ja nicht.«

»Aber sie werden ihn kennenlernen?«

»Was meinst du? Verrätst du es ihnen?«

»Ihr habt doch geknutscht in der Schule, seid ihr nicht zusammen?«

»Doch, aber noch nicht lange.«

»Mir ist das doch egal. Wieso soll ich ihnen das sagen?«

»Was weiß ich?«

Anna nahm sich ihre Schüssel mit Salat und ging an Elina vorbei.

*

Klara nahm ihren Bleistift in die Hand und kritzelte auf das linierte Papier ihres Hefters. Sie schob es zu Elina herüber.

»Und Anna hat es echt nicht verraten?«

»Nein, die zwei Wochen sind jetzt vorbei und sie hat es nicht gegen mich eingesetzt. Komisch, oder?«

Elina nahm den Hefter. Klara hatte sie beide als Manga-Figuren gezeichnet und wie immer sollte Elina die Umgebung und Gebäude zeichnen. Sie nahm Bleistift und Lineal aus ihrem Federmäppchen und fing an.

»Schon, aber denk nicht so viel darüber nach. Denk lieber an Jannick.« Sie stupste Elina mit dem Ellenbogen an.

Tatsächlich dachte sie viel an Jannick. Jeden Tag in der großen Pause kam er aus der Raucherecke zu ihr und Klara herüber, rauchte aber vorher in seiner Clique. Elina machte nie Anstalten, seinen Freunden vorgestellt oder in die Gruppe integriert zu werden. Sie war froh, nicht in Sophias Nähe sein zu müssen, aber mit jedem Tag störte es sie ein Stück mehr, dass Sophia in seiner Nähe war.

Heute hatten sie zur gleichen Zeit Schluss und wollten zu Jannick gehen. Am Frühstückstisch hatte sie ihren Eltern gesagt, dass sie später kommen würde. Sie wäre noch mit Klara und anderen Freunden verabredet. Herr Hagemann legte sofort eine Uhrzeit fest, zu der sie wieder da zu sein hatte, und Anna schwieg.

Die Klasse wurde unruhig und mit dem Klingeln packten alle ihre Bücher ein und verließen polternd den Raum. Elina gab Klara den Hefter zurück und verabschiedete sich. Jannick stand vor dem Haupteingang, die Hände in den Hosentaschen und grinste breit übers ganze Gesicht. Sie gingen händchenhaltend zur Bushaltestelle.

Seine Mutter und Adrian saßen am Küchentisch und spielten Mau-Mau. Sie begrüßten Elina herzlich.

»Setzt euch doch zu uns. Du kannst doch Mau-Mau, oder?«, fragte Katrin sie.

Elina nickte.

»Mama …«

»Jannick, du kannst auch mal was mit deiner Familie machen, anstatt immer nur in deinem Zimmer zu hocken.«

»Mama, l-l-lass die beiden. Nur weil wir Karten spielen w-w-wollen, müssen sie das ja nicht.«

Katrin sah pikiert zu Adrian.

»Ist ja gut. Es muss sich ja nicht jeder Sohn erbarmen, mit seiner Mutter mal Karten zu spielen.« Sie sah grimmig auf ihr Blatt.

»Vielleicht später, okay?«, sagte Jannick. Adrian nickte ihm zu.

Sie gingen die Treppen hoch. Elina sah auf die Fotos an der Wand gegenüber vom Treppengeländer. Fotos von Adrian und Jannick, auch eins von seiner Mutter und den beiden Brüdern, aber sie sah keins von seinem Vater. Jannick schloss seine Zimmertür hinter ihr und machte die CD-Anlage an. Die Gitarrenklänge von Nirvanas Smells Like Teen Spirit drangen aus den Boxen und kurz darauf Kurt Cobains kratzige Stimme. Jannick schmiss sich aufs Bett. Elina drehte die Musik leiser.

»Sorry, Mama nervt mich nur immer so.«

»Wo ist dein Vater?«

Jannick stützte sich mit den Ellenbogen auf und sah sie verwundert an.

»Gerade nicht da.«

»Ist er arbeiten?«

»Pff … schön wär’s!« Sie sah ihn fragend an. Er seufzte. »Er is ’n Scheißalki. Kommt mal nach Hause, mal nicht, aber die meiste Zeit ist er nicht da. Keine Ahnung, wo er steckt. Ist mir auch egal!«

»Tut mir leid für euch.«

»Können wir über was anderes reden?«

Er fuhr sich durch die Locken und suchte in seiner Tasche nach einer Zigarette. Elina nahm ihm die Zigarettenschachtel aus der Hand und küsste ihn. Dieser Schlafzimmerblick, untermalt von seinen langen Wimpern, war unwiderstehlich. Angst breitete sich in ihr aus, denn sie wusste, dass sie zu viel für ihn empfand. Sie wollte den Sex hinauszögern, das hatte sie sich vorgenommen, aber würde er danach Schluss machen, würde ihr Herz Narben davontragen. Warum es also vor sich herschieben, wenn sie doch so ein Verlangen nach ihm hatte? Warum das Unvermeidliche aufhalten?

Sie drückte ihn auf das Bett, setzte sich auf ihn und zog ihm das T-Shirt aus. Er war schlank mit drahtigen Oberarmen, passend zu ihr. Das war ihr schon am See aufgefallen.

Jannick strich ihr über die Oberschenkel. Ihr weißes Top flog auf den Fußboden, sie drehten sich, sodass sie auf dem Rücken lag und ihm seine Locken in die Stirn fielen. Er begann, mit dem Mund ihren Hals und ihr Schlüsselbein entlang zu küssen.

»Du hast ja sogar Unterwäsche an«, bemerkte er und deutete auf ihren weißen Sport-BH.

»Das Mittelalter ist vorbei«, erwiderte sie. Langsam zog er die Träger über ihre Schultern, sie ging ins Hohlkreuz, damit er den Verschluss öffnen konnte. Sein Blick ruhte auf ihrer Brust und er atmete schwer aus. Ist er nervös? Er legte sich neben sie und presste seine Lippen ungehalten auf ihre. Wieder dieser Duft nach Sonnencreme, der ihr in die Nase stieg. Er streichelte ihre Brust, erst vorsichtig, aber mit jeder Minute intensiver. Sein Körper war angespannt und seine Berührungen verlangend. Der Mund löste die Hände ab und umschloss mit den Lippen ihre Brustwarzen. Ihr Körper bog sich vor Erregung. Er leckte mit der Zunge ihren Bauch entlang und zog ungeduldig ihre und seine Hose aus.

»Nimmst du die Pille?«, flüsterte er in ihr Ohr. Sie nickte. Ihr ganzer Körper bebte und sie fühlte sich, als wäre das ihr erstes Mal.

Als würde er sich ihrer Zustimmung versichern, zog er langsam ihren Slip von ihren Beinen und sah sie dabei an. Konzentriert, als würde er über die nächsten Schritte nachdenken, stieg er aus seinen Boxershorts. Er schob, wieder mit einem Blick zu Elina, ihr Knie zur Seite und legte sich zwischen ihre Beine. Als er gegen ihren Schoß drückte, spürte sie einen Ruck, spürte ihn in sich und streckte die Arme über ihren Kopf. Brust an Brust fühlte sie seine Wärme, hörte ihn angestrengter atmen. Seine Locken fielen ihm ins Gesicht und er stützte sich mit den Ellenbogen auf. Eine warme Woge drang mit jedem Ruck durch sie hindurch. Sie genoss es, während Jannick sichtlich angespannt schien. Sie legte die Arme beruhigend auf seinen Rücken und fühlte kleine Schweißperlen.

»Scheiße, Elina?«

»Ja?«

»Du bist viel zu heiß, ich glaube, das geht nicht lange gut«, sagte er nach gefühlten zwei Minuten, die er in ihr war. Kurz darauf krümmte er sich, fast schmerzverzerrt, stöhnte in ihr Ohr und entspannte seinen Körper wieder.

Sie umschloss sein enttäuscht schauendes Gesicht mit den Händen und küsste ihn liebevoll.

»Sorry, da hatte ich jetzt echt keine Macht drüber. Ich halte sonst länger durch.«

Sie erinnerte sich daran, dass die beiden Male mit Jakob auch nicht lange gedauert hatten. Jakob ging in ihre Parallelklasse, er stand schon länger auf sie. Auf dem Burgower Fischerfest vor einem Jahr machte er ihr den ganzen Abend Komplimente, was sie nach einem vorherigen Streit mit ihrem Vater und Anna gut gebrauchen konnte. Was war dabei? Sie wollte es, wollte begehrt werden, wollte, dass jemand sie schön fand, so wie sie war. Und dann war es eine Sache von einer Minute gewesen, dort in Ganhagens Scheune auf dem Stroh. Die Unterleibsschmerzen danach nervten sie tierisch. Aber Jakob ließ nicht locker, er wollte beweisen, dass er länger durchhielt. Beim zweiten Mal, eine Woche später, dauerte es ebenso lang. Er war nervös und stand unter dem Druck, den er sich selbst machte. Auf die nächsten Versuche ging sie nicht mehr ein und Jakob, frustriert und beleidigt, streute Gerüchte, die sich auch nach seinem Umzug vor einem Monat weiterhin hielten.

Jannick war anders. Er ließ sich mehr Zeit, war selbstbewusster und rücksichtsvoller. Elina war neugierig auf Sex gewesen, aber die Sache mit Jakob hatte sie enttäuscht, es war nicht so spannend gewesen, wie es in Filmen den Anschein machte. Doch jetzt, jetzt wollte sie mehr wissen, mehr mit Jannick erfahren.

»Dann nächstes Mal«, sagte sie zuversichtlich und strich die Locke, die ihm ins Gesicht fiel, nach hinten. Sie fasste an das Lederband, das er doppelt um den Hals gewickelt hatte. Jannick strich ihr mit dem Finger über die Narbe an ihrer Augenbraue.

»Was hast du da gemacht?«

»Als Kind beim Spielen gegen den Schrank gedonnert.«

»Schon klar, Ronja.« Er strich ihr die Haare hinter das Ohr. Dann zog er sich seine Boxershorts an, öffnete das Fenster, unter dem das Bett stand, und griff nach seinen Zigaretten.

Er blies den Rauch aus dem Fenster und beugte sich zu Elina, um sie zu küssen. Sie drehte sich weg.

»Das schmeckt eklig, wenn du rauchst.«

»Hä, ich rauche doch schon, seit wir uns kennen?!«

»Warum eigentlich? Das riecht scheiße und ist ungesund.«

»Dadurch komm ich halt runter.«

»Wieso musst du denn runterkommen?«

»Kennst du das nicht? Die Zigarette danach?« Er zog den Mundwinkel hoch.

»Ich finde, das ist Gruppenzwang!«

»Was?« Er sah sich gestellt um. »Hier sind doch nur wir zwei.«

»Ich geh runter!«

Elina stand vom Bett auf und zog sich an. Jannick sah sie perplex an. Sie knallte die Tür hinter sich zu. Einen Moment lang überlegte sie, nach Hause zu gehen, aber sie kannte sich, sie handelte wieder impulsiv und überstürzt. Was bei ihrer Familie schon nicht gut ankam, kam bestimmt auch bei Jannick nicht gut an. Aber sie konnte nicht wieder hochgehen und sich entschuldigen. Sie ging in die Küche und sah in zwei verwunderte Gesichter.

»Jannick raucht, das war mir zu stickig.«

»Was? Der raucht schon wieder?! Wie oft hab ich ihm gesagt, er soll mit dem Gequalme aufhören?« Sie erhob sich, doch Adrian legte seine Hand auf ihren Arm. Sie ließ sich zurück auf den Stuhl sinken. »Aber da redet man gegen eine Wand. Möchtest du was essen?« Katrin zeigte auf die Schokoladenkekse, die auf dem Tisch standen.

»Willst du m-m-mitspielen?«

»Klar, warum nicht.«

»Siehst du, ich hab doch gesagt, es liegt an Jannick«, sagte Katrin zu Adrian.

»Mama! Nicht …«

»Ja, ich sag ja schon nichts mehr.« Sie mischte die Karten, verteilte an jeden sieben Stück und freute sich diebisch, als sie in ihr Blatt sah. Als die erste Runde vorbei war, hörten sie die Stufen der Treppe knarzen. Jannick stand in der Tür.

»Was macht ihr da?«, fragte er emotionslos.

»Adrian zieht mich beim Mau-Mau ab, zum Glück spielen wir nicht um Geld«, antwortete Elina.

»Vielleicht sollten wir um Geld sp-sp-spielen?«, feixte Adrian.

»Du musst mitspielen, bevor dein Bruder mich weiter abzieht.« Sie lächelte ihn an, aber er sah immer noch unzufrieden aus.

»Wenn’s sein muss.« Jannick schob sich den Stuhl zurecht und setzte sich dazu.

»Seht ihr, es geht doch, so einen Spieleabend zu machen.« Katrin stand lächelnd auf und holte Salzstangen aus dem Naschschrank im Wohnzimmer.

Nach zwei weiteren Runden besiegte Jannick seinen Bruder und seine Laune besserte sich. Sie vergaßen die Zeit, bis Elina wie vom Donner gerührt aufsprang.

»Wie spät ist es eigentlich?«

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