Читать книгу Trägerin des Lichts - Erkennen - Lydie Man - Страница 5

Was im letzten Teil geschah

Оглавление

Anstatt bis zum Abend zu warten, kamen die beiden ältesten Mädchen bereits am nächsten Morgen zu ihrer Großmutter und baten sie weiterzuerzählen.

»Und bitte, verharmlose nichts, all die Dinge, welche die Kleinen nicht hören sollen! Bitte!«, bat die Älteste.

Die Großmutter seufzte. »Aber nur, wenn ihr mir nachher helft, das zu erledigen, was in der Zwischenzeit liegen geblieben ist.«

»Natürlich, Großmutter«, nickten die beiden ernst und setzten sich.

»Es ist gut, dass ihr alleine kommt.« Die alte Frau lächelte ihnen zu und setzte sich ebenfalls. Aber auch hier ruhten ihre Hände nicht, sondern nahmen sich irgendeine Flickarbeit. Die beiden Mädchen folgten ihrem Beispiel. »Nun, wo waren wir stehen geblieben? Ah, ja, Currann eilt Siri zu Hilfe, um ihr gegen die Bewohner der Siedlung beizustehen, die ihren neugeborenen Bastard nicht unter sich dulden wollen. Siris Onkel ist Siedlungsvorsteher, und er will diese Schande nicht auf seiner Familie sitzen lassen und das Kind aussetzen.

»Er will es töten?«, rief das jüngere der beiden Mädchen entsetzt aus.

»Natürlich will er das, das war damals eine Schande für jede Familie«, erwiderte die Älteste und fügte hinzu: »Um das Kind zu schützen und Siri vor dem Ehrverlust zu bewahren, bietet Currann ihr seine Hand, und sie hat keine Wahl, sie muss ihn heiraten.«

»Aber sie mag ihn doch! Was ist so schlimm daran?«, fragte das andere Mädchen.

Die Großmutter ergriff nun wieder das Wort: »Siri denkt – zu Recht, wenn ihr mich fragt – dass Currann durch sie in eine unhaltbare Lage geraten und praktisch zu diesem Schritt gezwungen ist. Es geht hier um Ehre, versteht ihr? Er hätte es sich nie verziehen, wenn ihr etwas zugestoßen wäre. Nun steht er, der als Thronfolger eigentlich eine Verbindung mit einer Fürstentochter oder gar einer Prinzessin hätte eingehen müssen, mit einer Frau zweifelhafter Herkunft und einem Bastard da. Siri drückt das schlechte Gewissen, und sie hat noch ein weiteres Problem: Curranns Nähe ruft furchtbare Erinnerungen an den Überfall der Bergstämme in ihr wach. Sie kann nichts dafür, er auch nicht, es ist einfach so, dass Menschen, die so etwas durchgemacht haben, oft unter solcher Art Wahn leiden.

So gut Siri sich nach und nach mit den Kameraden versteht, die die junge Frau und ihr Kind mit offenen Armen in ihren Reihen aufnehmen und beschützen, mit Currann vermeidet sie es, allein zu sein, ignoriert ihn beinahe. Sie sind sich, obwohl Mann und Frau, ferner denn je. Es ist eine furchtbare Zeit für sie beide, zumal die Siedlung eine schwere Hungersnot erleidet und sie am Ende noch von den Bergstämmen überfallen werden. Sie siegen zwar, aber sie finden unter dem Beutegut ein Messer, das ganz eindeutig Curranns Bruder Phelan gehört.«

»Was ist passiert?!«, riefen die beiden Mädchen.

»In Saran hat sich Phelan nur widerwillig mit seinem Exil abgefunden. Mit Jeldrik verbindet ihn mittlerweile eine zwar recht oberflächliche, aber immerhin aufrechte Freundschaft. Gemeinsam mit Bajan und Jeldriks Vater Roar, dem Clansführer, brechen sie in die Berge auf, ihre Grenze gegen die immer wieder einfallenden Bergstämme zu verteidigen.

Dort werden sie überfallen und Phelan schwer verwundet und ihm sein Messer geraubt, was Currann dann auf der anderen Seite der Berge findet. Eine versteckt in den Bergen lebende ethenische Sklavin pflegt ihn wieder gesund, und sehr schnell bemerkt Phelan, dass etwas ungewöhnlich an ihr ist: Alle Sklaven verneigen sich vor ihr, und kein Saraner wagt es, sie wie eine Sklavin zu behandeln. Sie entpuppt sich als ethenische Priesterin, und sie wird von Träumen heimgesucht, solcherart Träumen, wie Phelan sie nur allzu gut von Althea kennt. Haben beide Mädchen gar dieselben Fähigkeiten? Bajan drängt darauf, dies genauer zu erforschen, und er erreicht, dass die Sklavin in ihren Besitz übergeht. Sie nehmen sie zurück mit nach Saran, nicht ahnend, dass dies noch böse Folgen haben wird.

Phelan beginnt, ihre Träume aufzuschreiben und mit Altheas zu vergleichen. Sein Verdacht, dass sich auch in Saran ein Diener des Bösen befindet, wird von ihr bestätigt. Da begreifen Phelan und Bajan, dass sie die Priesterin in Gefahr gebracht haben und sie mit allen Mitteln geschützt werden muss.

Doch es ist zu spät. Der Diener ist nicht untätig geblieben. Er hat längst herausgefunden, wer der angebliche Sohn an Bajans Seite in Wahrheit ist. Er erhält von seinem Meister den Befehl, Phelan in seine Gewalt zu bringen und zu brechen, um so etwas über Altheas Aufenthaltsort in Erfahrung zu bringen. Sehr schnell spitzen die Dinge sich zu. Es geschieht ein Mord an einem der Clansführer, der Jeldriks Vater vor eine echte Zerreißprobe seiner Vorherrschaft in Saran stellt, und in all der Aufregung finden sie plötzlich Jeldriks Schwester Jorid leblos auf. Phelans kleine Priesterin spürt die dunkle Macht an Jorid, und sie ahnen, dass sie dem Diener in die Quere gekommen ist. Phelan und Bajan beschließen, die beiden jungen Frauen zu verbergen und dass Phelan den Lockvogel für den Diener spielen soll. Doch da träumt die Priesterin, dass Phileas hoch im Norden mit SEINEN Wesen auf etwas einrennt, das sie nicht zu benennen vermag. Aus ihrer Beschreibung erkennt Phelan, dass es sich um ein weiteres Tor handelt. Er fürchtet, dass Althea genau dasselbe träumt und nun versucht ist, in der anderen Welt nachzusehen, was dort geschehen ist.«

»Und? Tut sie es?«, fragten das jüngere der beiden Mädchen.

Das ältere Mädchen grinste. »Natürlich tut sie es.«

»Aber zunächst«, die Großmutter nahm den Faden ihrer Erzählung wieder auf, »haben sich Althea und ihre treue taubstumme Freundin Noemi im Laufe des Winters gut in ihrem neuen Zuhause, dem Bannwald, eingelebt. Ihre heimliche Freundschaft mit den vier Novizen Temoras wird von Mal zu Mal tiefer, trotz oder gerade wegen ihrer unterschiedlichen Ansichten. Auch außerhalb finden sie gute Freunde, die sie kräftig dabei unterstützen, sich ein neues Leben aufzubauen. Doch auch hier zieht sich die Schlinge der Diener langsam zu. Die Soldaten des Einen Tempels riegeln die Grenze ab, sämtliche Handelsströme kommen zum Erliegen. Es trifft die Bevölkerung auf beiden Seiten hart, Hunger und Krankheiten drohen. Die Priester Temoras entsenden einige der Ihrigen, um die Lage an der Grenze auszukundschaften, und diese verschwinden spurlos. Da bricht in einer Siedlung eine rätselhafte Seuche aus. Unvermittelt stehen die drei Heilerinnen mitten in den Ereignissen, denn sie sind es, die den notleidenden Menschen helfen, nicht die allseits gefürchteten Priester. Altheas Großvater Regnar, der zu diesem Zeitpunkt gerade bei ihnen ist, versucht das mit Gewalt zu verhindern. Zum ersten Mal gerät Althea mit Regnars grausamem Wesen aneinander, und es ist ein echter Schock für sie zu begreifen, dass er auch gegen sie zu allem bereit ist.«

»Tut er ihr weh?«, rief das jüngere Mädchen dazwischen.

»Keine Angst, das weiß sie zu verhindern«, beruhigte die Großmutter. »Dank ihrer Gabe, die Menschen nicht nur zu heilen, sondern sie auch plötzlich einschlafen zu lassen, kann Althea ihm entkommen. Ihre Gabe ist es auch, die sie herausfinden lässt, was die Menschen befallen hat. In dem Brunnen der Siedlung liegt ein Toter, der das Wasser vergiftet hat. Ihr könnt euch vorstellen, wie grausam das für Althea ist, dort hineinzuklettern und ihn herauszuziehen. Aber«, mit einer Handbewegung unterbrach die Großmutter die erschrockenen Zwischenrufe der beiden, »ihr Fund birgt auch neue Erkenntnisse: Der Tote ist einer der verschwundenen Priester. Durch diese Ereignisse ist Althea gehörig ins Nachdenken geraten, was ihre Beziehung zu Chaya und ihren Großvater angeht. Sie beschließt, sich Chaya zu öffnen und ihr – nur ihr! - ihre Gabe zu offenbaren. Damit vollzieht sie eine deutliche Trennung zu ihrem Großvater, dem ja auch sowohl Phelan als auch Noemi zutiefst misstrauen. Voller Zorn über ihre Zurückweisung reist er ab.

Altheas Öffnung lässt für Chaya eine Welt zusammenbrechen. Die Erkenntnis, dass Althea die wahre Erbin der Gemeinschaft ist und die Priester die Menschen blenden, dass sie etwas bei sich tragen, das sie befähigt, den Ring zu durchbrechen, ist fast zu viel für die alte Heilerin. Nun begreift sie das ganze Ausmaß der Gefahr, die Althea droht, von allen Seiten.

Und dann setzen Altheas Träume wieder ein. Lange war es ruhig um Phileas geblieben, doch nun spürt sie, wie das Tor in ihrem Bannwald unter mächtigen Schlägen erzittert. ER lässt hoch oben im Norden SEINE Wesen auf ein hinter einem Todesring verborgenes Tor einrennen und opfert sie dabei. Und Althea, mit dem Diener wie immer Zeugin, ist nicht allein. Bei ihnen sind auch die Diener Gildas und Sarans, und hinter letzterem spürt sie die Anwesenheit einer weiteren Person. Es ist Phelans Priesterin.

Als Althea erwacht, weiß sie, dass sie unbedingt nachsehen muss, was in der anderen Welt geschehen ist. Noemis Warnungen, die drohendes Unheil spürt und sie an die Worte des Feenjungen über die Wächter erinnert, schlägt sie in den Wind. Immerhin schreibt sie ihren Traum und eine Warnung an Phelans Priesterin auf, bevor sie das Tor betritt.«

»Und was..?«

»Was erlebt sie dort?« Die Großmutter lachte. »Ihr greift der Erzählung vor. Phelans Befürchtungen sind also wahr geworden. Doch das weiß er zu dem Zeitpunkt noch nicht, denn Regnar ist noch nicht zurück. Phelans Plan, den Lockvogel für den Diener zu spielen, ist nicht aufgegangen. Nur wenn sie ihn rechtzeitig finden, gibt es noch Hoffnung für Jeldriks Schwester Jorid, die mit jedem Atemzug um ihr Leben ringt. Phelans kleine Heilerin lebt mit Jorid im Verborgenen und pflegt sie. Gemeinsam mit Jeldrik findet Phelan heraus, dass Jorids Krankheit etwas mit den Männern des Gesetzeshüters zu tun haben muss. Sie beschließen, den wohl wichtigsten Mann des Volkes ins Vertrauen zu ziehen, doch dazu muss Phelans Priesterin ihn erst prüfen, ob er nicht selbst der Diener. Sie hat furchtbare Angst davor, und über der grausamen Wahl, sie entweder zu zwingen oder Jorid sterben zu lassen, entdeckt Phelan, dass er ganz andere Gefühle für sie hegt als für eine Sklavin und Schutzbefohlene. Das bekommt natürlich auch Bajan mit, und er warnt Phelan eindringlich, sich mit ihr einzulassen. Als Priesterin gelten für sie äußerst strenge Regeln und noch strengere Strafen, aber Phelan bestreitet vehement, etwas für sie zu empfinden.

Es ist die Zeit der großen Clansversammlung im Herbst, wenn alles zusammenkommt, was Rang und Namen hat, als sie ihren Plan in die Tat umsetzen. Der Gesetzeshüter, erst denkbar ungehalten über ihr Misstrauen und die Tatsache, dass eine Priesterin des feindlichen Volkes ihn prüfen muss, erkennt sehr schnell den Ernst der Lage und verspricht, den Verräter unter seinen Männern ausfindig zu machen, was ihm auch gelingt. Doch der Diener entkommt und lauert nun im Verborgenen. Er greift Phelan an und verletzt ihn, und als die kleine Heilerin Phelan versorgt, geschieht das, was Bajan befürchtet hat: Die beiden kommen zusammen, und sie ist es, die den ersten Schritt tut.«

»Sie verlieben sich ineinander«, sagte die Älteste mit einem verträumten Lächeln.

»Nein.« Das knappe Wort aus dem Mund ihrer Großmutter ließ ihr Lächeln sofort wieder schwinden. »So wird es den Kindern erzählt, aber das ist nicht der wahre Grund. Die Priesterin sieht ihren eigenen Tod voraus. Nach dem Brauch ihres Volkes kann sie nur in die nächste Welt hinübergehen, wenn sie vorher das Ritual der Vereinigung mit dem ihr bestimmten Königssohn vollzogen hat, und da der weit entfernt war, wählt sie den einzigen anderen Königssohn in ihrer Nähe.«

»Phelan! Ja, natürlich! Aber weiß er das?«, fragte das jüngere Mädchen.

Die Großmutter schüttelte den Kopf. »Zunächst nicht. Er völlig verwirrt, als er erkennt, dass die kleine Priesterin ihn nur für ein Ritual gebraucht hat, doch er kommt nicht mehr dazu, sie genauer nach dem Sinn und Zweck zu fragen. Mitten in der Clansversammlung erscheint Jeldriks Onkel nach langen Jahren der Seefahrerschaft mit der Nachricht, dass ein unbekanntes Seefahrervolk auf den Weg in saranische Gewässer ist, sie anzugreifen, und gleichzeitig ereilt sie die Botschaft, dass die Bergstämme eine Siedlung angegriffen und alle Frauen und Kinder entführt haben. Plötzlich sind die Saraner von allen Seiten bedroht, denn das feindliche Seefahrervolk ist nicht auf Beute aus, sondern es tötet alle, derer es habhaft werden kann, außer einer einzigen Person: den Schmied. Das lässt für die Saraner nur einen Schluss zu: Sie rüsten, wofür und gegen wen, das entzieht sich ihrer Kenntnis, aber es ist klar, sie müssen die Feinde aufhalten.

In der ganzen Aufregung ist Regnars Rückkehr der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Der alte Seeräuber musste in Temora feststellen, dass Althea verschwunden ist und selbst mit Gewalt nicht aus Noemi herauszubringen war, wohin. Nun will er sich denjenigen greifen, der als einziger noch wissen kann, was Althea getan hat, und damit führt er den Diener direkt zu Phelan und dem Versteck der beiden jungen Frauen.«

»Sie werden überfallen?«, flüsterte das jüngere Mädchen atemlos.

Das ältere Mädchen nickte. »Phelans Priesterin wird von dem Diener getötet und Phelan verwundet, bevor es gelingt, ihn zu überwältigen.«

»Als die ethenischen Sklaven die tote Priesterin finden, sind sie außer sich vor Zorn, erst recht, als sich herausstellt, dass sie nicht mehr unberührt ist. Die Sklaven verdächtigen Phelan, sie geschändet zu haben, und ihr Zorn steigert sich in einen handfesten Aufstand. Es gibt Verletzte und gar Tote, und es bleibt Bajan nichts anderes übrig, als Phelan aus Saran fortzubringen. Er schickt ihn und Jeldrik mit dessen Onkel fort, über die See hin zu einer weit entfernten, von den Saranern eroberten Insel, um die feindlichen Seefahrer aufzuhalten. Doch unterwegs zieht ein schwerer Sturm auf, und Phelan geht über Bord. Tage-, wenn nicht sogar wochenlang treibt er auf dem Meer. Dem Tode nahe, sieht er, wie Althea ihn vergebens um Hilfe ruft. Das soll für lange Zeit das Letzte sein, was er von ihr sieht und hört.«

Die Großmutter tat so, als wolle sie die Erzählung hier beenden, und sie lachte, als die beiden Mädchen zum Protest anhoben. »Also schön. Nicht nur Phelan sieht, dass Althea in Gefahr ist, auch Currann hat einen entscheidenden Traum von ihr. In Branndar ist Currann durch Siris abweisende Haltung mittlerweile derart grimmig und wortkarg geworden, dass er ernsthaft den Zusammenhalt der Kameraden gefährdet. Doch da greifen die Bergstämme, die zuvor Saran heimgesucht haben, in einer nie gekannten Stärke an. Die Kameraden überleben nur knapp, und Siri, der plötzlich klar wird, dass sie Currann noch nie seinen Schutz wirklich vergolten hat, greift selbst zu den Waffen, um ihnen beizustehen.«

»Führt sie ein Schwert?«, fragte das jüngere Mädchen fasziniert.

»Nein, sie ist doch eine Schützin, erinnerst du dich nicht?«, sagte das ältere Mädchen.

»Ja, so ist es«, nickte die Großmutter. »Currann wird schwer verwundet, und da begreift Siri, was er ihr wirklich bedeutet. Sie beschließt, sich ihm zu öffnen, und endlich finden sie zusammen und werden ein Paar.

Unter dem Beutegut der Bergstämme finden die Kameraden zwei überlebende saranische Kinder. Von ihnen erfährt Currann, dass sein Bruder am Leben ist und sie nun geradezu im Wettstreit mit ihrem ehemaligen Heerführer und Mentor Bajan stehen, die Grenzen zu sichern. Das ist für Currann natürlich ein doppelter Sieg, und nach dieser Zeit der Unsicherheit brechen für Branndar und für die Kameraden bessere Zeiten an. In der Siedlung werden sie nun endlich als Retter und Beschützer geachtet, alles wächst und gedeiht, und kein Lohn könnte für Currann schöner sein, als Siri ihm einen Sohn und damit dem Reich einen Thronfolger schenkt.

Doch da wird Curranns Ziehsohn, Siris ältestes Kind, plötzlich todkrank. Nichts scheint zu helfen, und als sie ihm schon die letzte Salbung geben wollen, beschließt Currann, Althea um Hilfe anzurufen. Es gelingt ihm, Verbindung mit ihr aufzunehmen, und er sieht sie verletzt und hilflos in einem fremdartigen Wald umherirren. Sie findet nicht zurück, und nun versucht sie mit Curranns Hilfe einen Weg in ihre Welt. Es gelingt ihm, ihr den Weg zu weisen und ein wenig von ihrem Licht mitzunehmen zu seinem todkranken Ziehsohn, der daraufhin überlebt. Ich sehe schon, ihr glaubt das nicht so wirklich«, sagte die Großmutter zu den beiden zweifelnd dreinblickenden Mädchen. »Erinnert euch, wen eine Druidai berührt, mit dem schafft sie eine dauerhafte Verbindung. Wen sie einmal damit berührt hat, der bleibt auch über weite Entfernungen immer mit ihr verbunden, auch und gerade im Geiste.«

»Ja, und sie träumt immer, wenn jemandem etwas Schlimmes passiert«, sagte das ältere Mädchen zu dem jüngeren. Dieses nickte zögerlich.

»So ist es. Nun aber wieder zu Phelan. Im Gegensatz zu seinem Bruder konnte dieser Althea nicht helfen. Er wird auf einer weit entfernten Insel an Land gespült. Auf ihr lebt ein primitives Jägervolk, das von einer alten machtbesessenen Priesterin beherrscht wird. Die Enkeltochter der Priesterin pflegt Phelan gesund, und von ihr erfährt er auch, was es mit der alten Frau auf sich hat: Sie verbirgt ihr Volk vor Fremden, denn auch sie hat Träume von Tod und Verderben und hofft so, dem entkommen zu können. Alle Fremden, die von Stürmen dort angespült werden, hindert sie daran, wieder fortzugehen. Phelan begreift, dass er in noch größerer Gefahr ist als zuvor auf dem Meer. Das Jägervolk nimmt ihn zwar auf, aber er entdeckt auf der Insel ein weiteres, von einem Todesring umgebenes Tor gibt. Alle Fremden liegen im Todesring, geopfert dem Wahn der Priesterin, die um jeden Preis wissen will, was sich dahinter verbirgt. Mit einer List versucht sie, auch Phelan dort hineinzutreiben, aber er entkommt dank seines besonderen Wissens dieser Falle und erreicht, dass das Jägervolk das wahre Machtstreben der Priesterin erkennt und sich von ihr lossagt und stattdessen ihre Enkeltochter zur Priesterin machen. Nur, gehen lassen sie Phelan deswegen noch lange nicht, zu groß ist die Furcht vor Entdeckung. Also ist auch Phelan gezwungen, zu List und Betrug zu greifen. Scheinbar willig lässt er sich in das Volk aufnehmen, und heimlich baut er an einem kleinen Boot, um von der Insel zu fliehen.«

»Schafft er es?«, fragten die beiden Mädchen.

»Oh ja. Eines Tages fährt ein saranisches Schiff auf dem Weg nach Hause an der Insel vorbei, und Phelan sieht seine Gelegenheit gekommen. Mit der Hilfe der Enkeltochter der Priesterin kann er fliehen, doch er wird entdeckt und beinahe von den Jägern wieder eingefangen. Im letzten Augenblick entkommt er zu den Saranern, und die lassen sich nicht lange bitten. Einer der Ihrigen wurde angegriffen, eine willkommene Gelegenheit, Beute zu machen, Sklaven. Sie unterwerfen das Jägervolk und nehmen es mit, trotz aller Proteste Phelans, dem als Gildaer ein solches Verhalten zutiefst widerstrebt.

Phelan erfährt von den Seefahrern, dass sie auf dem Weg zu einer von den Saranern eroberten Insel sind und damit zu Jeldrik, der dort die Anführerschaft übernommen hat. Das fremde Seefahrervolk ist nun endgültig auf dem Vormarsch, und Jeldrik hat sich vorgenommen, es noch auf dem Meer aufzuhalten. Auf dem Weg dorthin fahren Phelan und seine Retter beinahe in die feindliche Flotte hinein. Es gelingt ihnen, sie heimlich auszukundschaften und sich an ihr vorbei zu Jeldriks Insel zu schleichen.

Der junge Anführer fällt aus allen Wolken, als plötzlich der tot geglaubte Phelan vor ihm steht. Die Ereignisse in Saran hatten sie zu wirklichen Freunden werden lassen, und Jeldrik hat sich Phelans Verlust nie verziehen. Die Freude über seine Wiederkehr währt nur kurz, als Phelan ihm berichtet, wie zahlenmäßig überlegen die Feinde sind. Jeldrik ist kurz davor zu verzagen, da kommt Phelan eine Idee, wie sie die Feinde in eine Falle locken können. Völlig neue Wege müssen sie dafür beschreiten, und es braucht allen Erfindungsgeist und Kraft der beiden jungen Männer, die Saraner hinter sich zu einen und den Plan Wirklichkeit werden zu lassen. Selbst Altheas Großvater findet sich ein und kämpft mit ihnen. In den Wirren der Kämpfe gelingt es jedoch dem Jägervolk und den anderen Gefangenen auf der Insel, sich zu befreien, doch sie fallen den Saranern nicht in den Rücken, sondern greifen in die Kämpfe ein und besiegen das fremde Seefahrervolk, als die Saraner schon fast geschlagen sind.«

»Aber.. warum tun sie das? Sie hätten sich doch endgültig befreien können?« Die beiden Mädchen verstanden das nicht.

»Nun.. das ist ein berechtigte und sehr schwierige Frage. Seht mal, zum Hoheitsgebiet der Saraner zu gehören, hat nicht nur Nachteile. Es bedeutet auch Schutz, Handel, Wohlstand, all die Dinge, die ihr um euch herum als so selbstverständlich wahrnehmt. Außerdem hat Phelan als Königssohn für die Priesterin des Jägervolkes eine besondere Bedeutung. Er ist für sie unantastbar. Diesen Umstand darf man nicht verkennen. Phelan nutzt ihn, um gemeinsam mit Jeldrik ein Friedensabkommen zwischen den so unterschiedlichen Völkern zu schließen, zum Wohl für beide Seiten. Und nun sitzt er da, auf der Insel, wartet auf Neuigkeiten von Althea und Noemi und muss voller Sorge von Regnar hören, dass Althea immer noch verschwunden ist. Er kann ihr nicht helfen.«

»Und Thea?«, fragte die Älteste.

Da lächelte die Großmutter. »Das erfahrt ihr heute Abend zusammen mit den anderen. Genug getrödelt jetzt, auf an eure Aufgaben!« Energisch scheuchte die Mädchen hinaus.


--------------------

Trägerin des Lichts - Erkennen

Подняться наверх