Читать книгу Damian - Falsche Hoffnung - Madlen Schaffhauser - Страница 14

10.

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Wir müssen eingeschlafen sein, denn als ich mich nach dem Wecker auf dem Nachttisch umdrehe, zeigt dieser bereits nach Mitternacht an. Hoffentlich macht sich Mira keine Sorgen um mich. Seit ich hier in London bin, bin ich, ausser das eine Mal, an dem ich mit ihr in den Ausgang gegangen bin, nie bis in die Nacht weggeblieben. Ich hätte ihr sagen sollen, dass es heute vielleicht später werden könnte. Doch habe ich niemals damit gerechnet, dass ich im Bett von meinem Chef landen würde, dass ich mit diesem wunderschönen, charmanten Mann unvergessliche Stunden erleben würde. Ich habe es von Herzen gewünscht, doch niemals erwartet.

Damian liegt auf seinem Rücken und schläft friedlich neben mir im Bett. Ich betrachte sein Gesicht, das noch nie so attraktiv und entspannt wirkte, wie in diesem Moment. Es ist von jeglichem Kummer, der ihn sonst begleitet, befreit.

Ich kann nicht widerstehen ihm sanft über das Gesicht zu fahren und drücke ihm einen leichten Kuss auf den geschlossenen Mund, bevor ich aufstehe, um nach meinem Smartphone zu suchen.

Kaum bin ich aus dem Bett geschlüpft, fällt mir ein, dass meine Handtasche auf einem Sessel im Eingangsbereich liegt.

Ich fluche leise und überlege mir, was ich tun soll, als ich plötzlich eine weibliche Stimme nach Damian rufen höre. Erschrocken bleibe ich stehen und lausche. Als ich nichts mehr höre, frage ich mich schon, ob ich mir das bloss eingebildet habe. Aber da höre ich wieder seinen Namen. Dieses Mal etwas lauter und näher.

„Was machst du da?“

Ein kleines Licht neben dem Bett geht an. Die Decke nur bis zur Hüfte hochgezogen, sitzt Damian da und sieht mich fragend an.

Jemand klopft leise an die Tür. „Damian? Ich weiss, dass du wach bist. Kann ich reinkommen?“

Sofort kommt er auf die Beine. „Nein!“ Wie ein Hieb mit der Peitsche durchschneidet sein Wort die Luft.

„Damian, ist irgendwas?“

„Nein, alles in Ordnung. Warte im Salon auf mich.“

„Gut.“

Wie versteinert stehe ich noch immer an der gleichen Stelle, an der ich war, als die Frau auf der anderen Seite der Tür nach dem Mann gerufen hat, mit dem ich vor wenigen Stunden unglaublichen Sex hatte.

Abwechselnd sehe ich von ihm zur Zimmertür. Warum ist sie hier? Warum springt er gleich aus dem Bett und wirkt irgendwie unruhig, wenn sie nach ihm ruft? War es nur gelogen, als er mir sagte, dass er noch mit keiner Frau ausser mir an diesem Ort geschlafen hat? Aber warum sollte er so etwas erzählen, wenn es nicht wahr ist?

Damian wirft mir einen Blick zu, wobei er mir tief in die Augen sieht, aber nichts von all meinen unausgesprochenen Fragen und meinen Zweifeln mitzubekommen scheint, bevor er im angrenzenden Badezimmer verschwindet

Mit grosser Mühe kämpfe ich darum Ruhe zu bewahren. Ich versuche mir nicht anmerken zu lassen, wie aufgewühlt ich im Moment bin und suche meine Kleider zusammen.

Damian kommt nur mit einem Bademantel bekleidet zurück. „Was tust du da?“ Er bleibt nur wenige Zentimeter vor mir stehen.

„Ich hebe meine Sachen auf.“ Meine Augen wandern überallhin, nur nicht zu seinen.

„Warum?“ fragt er sichtlich genervt.

„Es ist Zeit für mich nach Hause zu gehen.“

„Sieh mich an.“ Sein harscher Befehlston entgeht mir nicht, was meinen Zorn nur noch mehr steigert und suche weiter nach meinem Slip, als hätte ich ihn nicht gehört. Doch weit komme ich nicht, denn schon liegt einer seiner Finger unter meinem Kinn und dreht es in seine Richtung. „Du brauchst nicht zu gehen.“

„Man sollte seine Gäste nicht warten lassen. Oder ist sie gar kein Gast?“

Er durchbohrt mich mit einem kalten, undurchdringlichen Blick, so als hätte ich ihm eine Ohrfeige verpasst. „Wir sehen uns am Montag bei der Arbeit.“ Damit lässt er mich los und verschwindet aus dem Zimmer, ohne sich nochmals umzudrehen.

Ich taumele zurück, bis ich an die Bettkante stosse. Meine Beine geben nach und ich rutschte am Rand des Bettes zu Boden. Was habe ich nur getan? Warum habe ich ihn für etwas beschuldigt, worüber ich keine Ahnung habe? Damian ist mein Chef. Ich weiss, wo er wohnt. Ich kenne seine Lieblingsspeise und er hat mir von seiner Vorliebe für schnelle Fahrzeuge, vor allem für Autos, erzählt. Doch ansonsten kenne ich ihn nicht. Ich habe keine Ahnung wer genau er ist. Aber heute Abend gab er mir das Gefühl, dass ich ihm etwas bedeute. Er hat mir anvertraut, dass ich die Erste sei, mit der er hier in seinem Bett geschlafen hat. Zwar weiss ich nicht viel über ihn, trotzdem bin ich mir sicher, dass er mich, was diese Sache betrifft, nicht belogen hat. Also, warum kann ich nicht einmal nur geniessen und meine Eifersucht ignorieren? Aber darüber brauche ich mir jetzt keine Gedanken mehr zu machen. Ich habe ihn von mir gestossen, bevor ich ihn überhaupt hatte.

Gute fünf Minuten sind vergangen, seit Damian das Zimmer verlassen hat. Ich habe schnell meine Kleider übergezogen, bin ins Bad gegangen, um mich im Spiegel zu betrachten, wischte meinen verschmierten Mascara weg, kämmte meine zerzausten Haare durch und band sie wieder zu einem Pferdeschwanz.

Jetzt stehe ich im schwach beleuchteten Flur und horche in die Stille hinein. Nur schwach kann ich ihn und Susanne reden hören. Ich verstehe nicht, was sie sagen, aber nach ihrer Stimmlage zu beurteilen, ist das Gespräch zwischen ihnen ziemlich unterhaltsam. Denn ihr ständiges Kichern verfolgt mich, bis ich das Appartement verlassen habe.

Erst im Fahrstuhl ziehe ich mir meinen Mantel über und wappne mich für die dunkle, kalte Nachtluft, die mich gleich empfangen wird.

Im Erdgeschoss angekommen, sehe ich mich erst einmal in der grossen, hellen Lobby um und stelle erschüttert fest, dass ich keine Ahnung habe, wo ich mich befinde. Als ich mit Damian hierher fuhr, war ich zu sehr von ihm abgelenkt, als dass ich mir den Weg hätte merken können. Aber schliesslich sind wir in London. Hier wird es bestimmt Taxis geben, die auch noch um diese Uhrzeit unterwegs sind. Obwohl mich schon jetzt ein banges Gefühl beschleicht, bei dem Gedanken in ein Auto zu steigen, dass von einem unbekannten Mann gelenkt wird, ist es doch die Beste Art, schnell nach Hause zu kommen, ohne lange alleine auf der Strasse umherzuirren.

Noch während ich mich frage, wie ich am einfachsten nach Hause komme und noch bevor ich einen Schritt machen kann, steuert ein Berg von einem Mann genau auf mich zu. Er ist mindestens ein Meter neunzig gross und trägt einen schwarzen Anzug, der an seinen Schultern zu bersten droht. Sein kantiges Gesicht wirkt hart und steinern. Verstohlen blicke ich über meine Schulter zurück, in der Hoffnung dieser Riese würde nicht mich meinen, als er die Hand ausstreckt. Doch weit und breit ist niemand mehr zu sehen.

„Miss Weber.“ Er hat einen festen Händedruck. Bei dieser Bewegung entdecke ich einen Waffenholster unter seiner Schulter. Die Pistole, die darin steckt, ist nicht zu übersehen und in seinem Ohr steckt ein Knopf. Ein weiterer Bodyguard von Damian?

„Wer? Was?“ Unklar darüber, warum er meinen Namen kennt, frage ich ihn schliesslich danach.

„Mr. Meyer hat mir vor einigen Minuten mitgeteilt, dass Sie bald hier unten erscheinen werden.“ Sein Gesichtsausdruck hat mittlerweile ein paar mildere Züge angenommen. „Ich bin Luke Silver. Ich gehöre zum Sicherheitsdienst dieses Gebäudes. Mr. Meyer hat mir aufgetragen, sie zu seinem Chauffeur zu bringen. Er wartet bereits draussen.“

„Pietro?“

„Er wird Sie nach Hause bringen.“

Unfassbar starre ich auf den Leibwächter, der mich zum Ausgang begleitet. Damian hat dafür gesorgt, dass ich sicher nach Hause komme und dafür bin ich ihm sehr dankbar, auch wenn wir im Streit auseinandergegangen sind.

Kaum bin ich durch die Drehtür, sehe ich Damians Fahrer, der sofort aus dem Rolls Royce steigt und die Wagentür öffnet, als er mich sieht.

„Nach Hause?“ fragt er mich, nachdem er hinter dem Steuer Platz genommen hat.

„Ja, bitte. Direkt nach Hause.“ sage ich müde und sinke ins weiche Polster zurück.

Plötzlich überkommt mich ein schlechtes Gewissen. War heute nicht Pietros und Angelicas freier Abend? „Danke Pietro.“ Ich suche durch den Rückspiegel den Blickkontakt mit ihm. „Ich wusste nicht, dass Damian Sie aus dem Bett holt, nur um mich zu fahren.“

„Keine Ursache.“ Er lächelt mich an und zwinkert mit seinem rechten Auge, als sich unsere Blicke treffen. „Ich bin es mir gewohnt, um diese Zeit durch die Strassen zu kurven.“

„Aber...“

Er winkt mit einer leichten Handbewegung ab. „Machen Sie sich darüber keine Gedanken. Es macht mir nichts aus Sie zu fahren.“

Eigentlich dachte ich, dass mich Pietro mit Fragen bombardieren würde, doch wir legen den Rest der Fahrt schweigend zurück. Worüber ich ziemlich erleichtert bin. Ich blicke auf die Strassen, doch nehme ich die Umgebung kaum wahr. Meine Gedanken schweifen immer wieder zu Damian. Was macht er wohl gerade? Ist es möglich, dass er sich in diesem Moment mit ihr vergnügt, obwohl er erst gerade mit mir geschlafen hat?

Ich fühlte mich unglaublich wohl in seinen Armen, was mir in diesem Moment äusserst schmerzhaft bewusst wird. Schon lange empfand ich nicht mehr so, wie in Damians Gegenwart. Er brachte mich zum lachen, er lernte mich loszulassen, obwohl er gar nicht wusste, dass ich mich an schreckliche Erlebnissen klammere. Er liess meine Vergangenheit vergessen, sogar unwahr erscheinen und er lernte mich wieder zu geniessen. Sein Körper auf mir, um mich, gab mir ein unsagbar gutes Gefühl. Ich fühlte mich geborgen und in Sicherheit. Was mich eigentlich hätte erschrecken sollen, doch erschien es mir als das einzig Richtige.

Umso mehr verletzt es mich jetzt, dass ich auf dem Weg nach Hause bin und nicht neben ihm liege. Ich habe erwartet, dass mir Damian erklären würde, was Susanne bei ihm macht, was sie ihm bedeutet, was er für sie empfindet, doch er schickte mich fort, als wäre gar nichts zwischen uns passiert.

Aber was ist denn schon geschehen? Wir haben miteinander geschlafen. Für ihn war das wahrscheinlich nur ein weiteres Abenteuer, eine weitere Eroberung, wobei ich gefährlich nah daran bin, mein Herz an ihn zu verlieren. Seufzend schliesse ich die Augen und dränge die Tränen zurück, die langsam und leise nach vorne drücken.

Nach etwa zwanzig Minuten lenkt Pietro den Rolls Royce an den Strassenrand, steigt aus und öffnet mir die Wagentür, noch bevor ich mich auf dem Sitz bewegen kann.

„Ich warte, bis Sie im Gebäude sind.“

„Nochmals vielen Dank, Pietro.“

Er sieht mich mitfühlend an. „Zerbrechen Sie sich nicht den Kopf.“

Weiss er etwa, was zwischen mir und Damian vorgefallen ist? Verlegen gehe ich auf den Eingang zu.

„Ich wünsche Ihnen eine angenehme Nacht, Miss Weber.“

Ich möchte etwas sagen, aber ich bin zu keiner Erwiderung fähig und verschwinde schnellstmöglich im Gebäudeinnern.

Damian - Falsche Hoffnung

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