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Für sich sein:ein Raum für Ihr Baby4

Jedes Kind braucht eine absolut sichere Umgebung, eine Umgebung, in der es sich frei bewegen kann, wenn sich seine motorischen Fähigkeiten entwickeln.

Eine sichere Umgebung erlaubt nicht nur dem Kind, Zeit mit Erforschen und Lernen zu verbringen, ohne unterbrochen zu werden, sondern auch den Eltern, eine Zeit lang ihre eigenen Vorhaben zu verfolgen. Wenn das Kind wieder Aufmerksamkeit braucht, können Kind und Eltern ihr Miteinander wieder ganz und ohne Ablenkung genießen.

Unter einer sicheren Umgebung verstehe ich Folgendes: Wenn die Person, die für das Kind verantwortlich ist, eines Tages zufällig bis zum Abend aus dem Haus oder der Wohnung ausgeschlossen sein sollte, würde das Kind in einer sicheren Umgebung überleben. Das Kind wäre vielleicht verstört, müde, hungrig und würde weinen – aber es wäre physisch sicher.

Eine ruhige Umgebung

Häufig werden kleine Kinder zu viel Stimulation ausgesetzt. Erwachsene erkennen oft nicht die Bedürfnisse eines Kindes nach Ruhe und Stille.

Häufig ist der angemessene Raum für Ihr Baby sein eigener Raum oder sein eigenes Zimmer. Es sollte in Hörweite der Eltern sein, aber etwas abseits von zu viel Aktivität, die der Haushalt mit sich bringt.

Manche Experten sagen, um Ihrem Baby Sicherheit zu geben, sollten Sie es überallhin mitnehmen. Wir glauben, dass Babys nicht nur daher Sicherheit bekommen, dass sie in der Nähe ihrer Eltern sind, sondern auch daher, dass ihnen die Möglichkeit gegeben wird, ihre Umgebung frei und selbstständig zu erforschen.

Sie müssen immer mal wieder vorbeischauen und natürlich erreichbar sein, wenn das Baby gefüttert, gewickelt oder gebadet werden muss oder wenn es Sie braucht. Verbringen Sie auf jeden Fall auch Zeit mit Ihrem Baby, wenn es Ihnen einfach Freude macht, sich ihm in Ruhe zuzuwenden und ihm einfach nur zuzuschauen.

Vom Kinderbettchen zum Laufstall und zum Fußboden

Am Anfang reicht ein Kinderbettchen oder eine Wiege, und ein Laufstall ist ganz passend, bis das Baby anfängt, sich auf den Bauch zu drehen und sich mit Rollen fortzubewegen. In den ersten Monaten können sie sich nicht weit von dort wegbewegen, wo wir sie hinlegen – deshalb fühlen sie sich von diesen kleinen Räumen nicht eingeengt. Im Gegenteil, es ist ihr vertrauter Platz, an dem sie ihre vertrauten Dinge haben. Grenzen geben Ihrem Baby ein Gefühl von Sicherheit.

Wenn Sie ein zweites Bettchen und einen Laufstall für draußen haben, kann ein Baby auch draußen viele Stunden an einem sicheren Ort schlummern und spielen, ohne dass Sie jede Minute aufpassen müssen.

Ungefähr mit 5 oder 6 Monaten, wenn Ihr Baby mobiler wird, kann es mehr und mehr Zeit in einem weiteren sicheren Raum auf dem Fußboden verbringen. Wenn es ein paar einfache Dinge in seiner Reichweite hat, kann es mit ihnen hantieren und spielen. Ein paar Dinge gerade außerhalb seiner Reichweite können es dazu ermutigen, sich auf sie zuzubewegen.

Erste „Spielsachen“

In den ersten zwei Monaten gehören seine eigenen Hände und das Gesicht der Eltern zu den wertvollsten Dingen, mit denen das Baby spielen kann.

Als erstes „Spielzeug“ empfehle ich ein Tuch von etwa 40 mal 40 Zentimetern, aus kräftiger, farbiger Baumwolle, so wie Dr. Pikler es im Lóczy benutzte. (Seide oder Nylon sind gefährlich, ebenso wie ein zu kleines Tuch.) Halten Sie das Tuch zwischen das Baby und sich selbst, und zwar so, dass Sie dahinter hervorschauen können. Das ist dann ein interessantes visuelles Ziel. Der Grund, warum ich ein Tuch Mobiles vorziehe, ist der, dass das Kind, wenn es soweit ist, diesen Gegenstand greifen und auf vielfältige Weise damit hantieren kann, und dabei immer neue visuelle Erfahrungen machen und neue Gefühle erleben kann: es kann sich das Tuch erst vor, dann auf sein Gesicht ziehen. Es kann daran kauen, es kann auf ihm liegen, und dann die Erfahrung machen, dass es das Tuch nicht unter dem eigenen Körper hervorziehen kann; und später kann es das Tuch mit einem anderen Kind hin- und herziehen.

Sichere Grenzen

Bevor Ihr Kind anfängt, sich auf den Bauch zu drehen und zu krabbeln, ist es günstig, einen Raum mit einem kleinen Türgitter kindersicher zu machen, damit es nicht auf unsicheres Territorium gelangen kann. (Wenn ein ganzer Raum nicht zu Verfügung steht, kann man auch einen Teil eines Raumes sicher abgrenzen.)

Eltern reagieren oft negativ, wenn ich ihnen vorschlage, in ihrem Haus oder ihrer Wohnung so ein kleines Tor zu benutzen, um sichere Grenzen für ihre Kinder zu schaffen. Im Gegensatz zu dem, was viele Menschen glauben, ist ein mit einem kleinen Türgitter abgeteilter Raum ein sicherer Raum, der Kindern die Freiheit gibt, sich in sicherer und vertrauter Umgebung zu bewegen und sie zu erforschen. Wenn das Tor von Anfang an ein Teil der Umgebung Ihres Babys ist, dann wird es dieses ganz natürlich annehmen, genauso wie andere vertraute Gegenstände in seiner Umgebung. Wenn Sie es andererseits erst einbauen, nachdem Ihr Baby schon aus seinem Zimmer gekrabbelt ist, dann wird es dies mit Recht als einschränkenden Eingriff erleben, der es daran hindert, zu tun was es will.

Meiner Meinung nach ist es viel besser, einen wirklich sicheren Platz mit einem kleinen Tor einzurichten, der ihn vom Rest des Hauses abtrennt, als ein Kind „sicher“ zu verwahren, indem man es in einer Schaukel, einem Kindersitz oder etwas Ähnlichem anbindet oder ständig hinter ihm herläuft, um es vor Gefahren im Haushalt zu bewahren.

Zeit miteinander, Zeit allein

Wenn Erwachsene versuchen, ihre Arbeit zu machen, während sie gleichzeitig auf ihre Kinder aufpassen, dann fühlen sie sich ebenso frustriert wie die Kinder. Ich habe das Gefühl, dass die Ursache dieser Falle in Büchern und Ratgebern zu suchen ist, die befürworten, dass ein Baby seine Eltern ständig in seiner Nähe haben muss. Aufgrund dieser Überzeugung nehmen viele Eltern ihr Kind überallhin mit, setzen es auf den Küchentisch, auf den Boden im Badezimmer und an andere unsichere Plätze. Ein Baby, das in einem Kindersitz angeschnallt ist, wird in seinen Bewegungen eingeschränkt und hat weniger Freiheit als ein Kind, das hinter einem sicheren Tor aktiv seinen eigenen vertrauten Lebensraum erforscht.

Kinder lernen am besten durch aktives Beteiligtsein – an ihrer Umwelt wie im Umgang mit anderen Menschen. Wenn ein Kind einen angenehmen Platz zum Spielen hat, wo es sich selbstständig bewegen und seine Umgebung erforschen kann, dann haben auch die Eltern mehr Freiraum dafür, ihre eigene Arbeit zu machen, und ihre Bedürfnisse wie die ihres Kindes können befriedigt werden.

Viele Eltern haben Angst, dass sie vielleicht keine „guten Eltern“ sind, wenn sie nicht immer mit ihrem Kind zusammen sind. Ich verstehe immer noch nicht ganz, warum es für Eltern so schwer ist zu akzeptieren, dass es ganz in Ordnung ist, ein Kind in einem solchen vollkommen sicheren Raum zu lassen, wenn sie erreichbar sind, aber dabei in Hörweite etwas anderes tun.

Ein Baby kann lernen, eine gewisse Zeit allein zu verbringen. Es ist für ein Kind wichtig, dass es Befriedigung und Freude an seiner eigenen Unabhängigkeit entdeckt. Kinder, die gelernt haben, sich darauf zu verlassen, von Erwachsenen stimuliert, manipuliert und unterhalten zu werden, können ihre Fähigkeit verlieren, sich auf unabhängige, erforschende Aktivitäten ganz einzulassen.

Kinder brauchen nicht ständig Aufmerksamkeit, was sie brauchen, ist Sicherheit. Wenn ein Kind von Zimmer zu Zimmer geschleppt wird, während die Mutter arbeitet, hilft ihm dies sicher nicht, ein Gefühl von Sicherheit zu bekommen.

Die Lebensweise eines Erwachsenen ist eine andere als die eines Kindes. Eltern wie Kinder brauchen Zeit für sich selbst. Wenn sie auch für sich sein können, dann wird die Zeit, die sie gemeinsam verbringen, umso reicher.

Dein Baby zeigt Dir den Weg

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