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Kinder das tun lassen, was sie tun können5

Es ist verständlich, wenn junge Eltern glauben, dass ihre Kinder immer glücklich sein werden, wenn sie sie nur richtig erziehen. Wider „besseres Wissen“ träumen Eltern davon, ein „Paradies“ zu erschaffen, in dem ihre Kinder niemals Schmerzen ausgesetzt sind oder leiden oder sogar kämpfen müssen.

Dieser Wunsch bringt Eltern dazu, ständig für Unterhaltung zu sorgen, keine Frustration zuzulassen und ihr Baby ständig herumzutragen. Sie füttern ihr Baby vielleicht sogar nach dem ersten Wimmern, ohne zu warten und sich erst einmal zu vergewissern, ob das Baby wirklich Hunger hat. Bereitet man es so auf das wirkliche Leben vor? Können wir andererseits erwarten, dass ein kleines Baby in der Lage ist, mit den vielen Frustrationen des täglichen Lebens fertig zu werden? Wie können Eltern ein ausgewogenes Maß finden, es einerseits nicht überzubehüten und es andererseits doch genug zu unterstützen?

Es ist eine Realität des menschlichen Lebens, dass jedes Kind sich irgendwann ablösen und eine eigene Person werden muss. Das ist ein allmählicher Prozess. Die innere Haltung der Eltern kann dies erleichtern oder erschweren. Wenn sie auf jeder Stufe der Entwicklung das akzeptieren, was ist, und sich daran freuen, dann erleichtert das diesen Prozess. Versuche, es zu drängen oder sich in seine natürliche Entwicklung einzumischen, erschweren ihn.

Beobachten Sie und warten Sie ab

Die Aufgabe der Eltern besteht darin, immer wieder abzuschätzen, ob das Kind in der Lage ist, mit einer Situation fertig zu werden. Wenn ein Kind zum Beispiel einen Gegenstand anschaut (oder vielleicht sogar nach ihm greift), dann geben viele Erwachsene diesen Gegenstand dem Kind in die Hand – und merken nicht, dass sie ihm damit die Möglichkeit nehmen, spontan zu handeln und aus seinen eigenen Handlungen zu lernen.

Wie ich so oft gesagt habe: „Beobachten Sie und warten Sie ab.“ Manchmal merken Sie vielleicht sogar, dass das, was Sie für den Wunsch des Babys gehalten hatten, nur ihre Vermutung war. Es ist ganz natürlich, daß man Fehler macht, und es passiert leicht, daß man Kinder in der präverbalen Zeit missversteht. Trotzdem ist es wichtig, immer wieder zu versuchen, sie zu verstehen.

Die Kindheit ist eine Zeit großer Abhängigkeit. Kinder sollten jedoch von Anfang an manche Dinge allein machen dürfen.

Hier sind ein paar Beispiele für das, was ich meine:

• Die Mutter hält ihre Brustwarze an die Wange des Babys. Der „Rootingreflex“ bewegt den Kopf des Babys zur Brust hin.

• Der Vater fragt mit ausgestreckten Armen: „Möchtest du, dass ich dich hochnehme?“ Dem Baby wird Zeit gelassen, sich zu entscheiden.

• Der Ball eines elfmonatigen Kindes verklemmt sich unter einem Regalbrett. Man merkt ihm an, dass es sich ärgert. Es tritt mit den Beinen. Vater oder Mutter sagen: „Oh, dein Ball hängt fest. Was kannst du da machen?“ Das Kind schreit. Die Eltern warten ruhig oder sagen vielleicht: „Das ärgert dich“ und zeigen Verständnis ohne einzugreifen. Das Kind zieht am Ball und er rollt hervor.

Hätte die Mutter die Brustwarze in den Mund des Babys geschoben, hätte der Vater das Baby ohne Rücksicht auf seine Reaktion hochgenommen oder hätten die Eltern dem Kind den Ball sofort gegeben, dann hätten sie diesen Kindern Möglichkeiten genommen zu versuchen, die Situation selbst zu bewältigen, durch Tun zu lernen und die Freude zu erleben, etwas selbst zu meistern.

Haben Sie Vertrauen in die Kompetenz Ihres Babys. Es möchte manche Dinge allein tun und es kann sie auch allein tun.

Sie wissen auch, dass Ihr Kind manchmal wirklich Hilfe braucht, aber versuchen Sie nur genau dieses kleine Maß an Hilfe zu geben, das es dem Kind erlaubt, wieder selbst aktiv zu werden. Lassen Sie es selbst Initiator und Problemlöser sein.

Wir können das Leben als eine Folge von Konflikten oder Schwierigkeiten sehen. Je öfter wir eine winzige Schwierigkeit gemeistert haben, umso fähiger fühlen wir uns beim nächsten Mal.

Kompetent und mit Selbstvertrauen

Wenn wir unseren Kinder aus der Nähe zuschauen, wenn wir sie das tun lassen, wozu sie in der Lage sind, wenn wir uns davor hüten, zu oft einzuspringen, wenn wir warten und warten und warten, wenn wir minimale Hilfestellung geben, wenn sie sie wirklich brauchen, dann geben wir unseren Kindern die Möglichkeit, in ihrer eigenen Zeit und auf ihre eigene Weise zu lernen und zu wachsen.

Ich glaube, dass, ganz gleich wie sehr und wie schnell die Welt sich auch verändern mag, ein Mensch, der in sich ruht, kompetent ist und Selbstvertrauen besitzt, am besten dafür ausgestattet ist, sich auf sie einzustellen. Das ist unser Ziel.

Magda forderte uns dazu auf, die Babys zu beobachten und zu schauen, was sie von allein tun wollten. Das war für mich nicht leicht. Ich konnte nicht ruhig dasitzen und Rachel die geringste Frustration oder Mühe empfinden lassen. Ich war zu bemüht, um still sitzen zu bleiben und Rachel weinen und sich abmühen zu lassen. Wenn sie weinte, wurde ich unruhig und wollte irgendetwas tun, um ihr Weinen zu beenden. Magda fragte, ob ich nicht ein bisschen warten könnte, bevor ich eingriff. Als ich dann abwartete, um zu sehen, ob Rachel allein fertig würde, bemerkte ich, dass es in meinem erwachsenen Selbst ein ruheloses, hilfloses Kind gab, das nicht wusste, was es tun sollte. Ich frage mich immer noch, was die Ursache dieser Ruhelosigkeit war. Hatte mir selbst vielleicht niemand erlaubt, Dinge allein herauszufinden, als ich ein Baby war?

In der Gruppe, ein paar Tage später, lag Rachel auf ihrem Rücken, und hatte ihre zwei Lieblingsspielsachen – eine glänzende Kupferschüssel und ein paar Greifbälle – neben sich auf dem Boden. Sie schaute diese Dinge mit Interesse an, streckte ihre Hand nach ihnen aus, wimmerte ein bisschen, als sie sie nicht erreichen konnte, und sah mich an. Ich wollte ihr helfen, wie ich es immer gemacht hatte, aber mir fiel ein, was Magda mir gesagt hatte: „Warte“. Viele Male streckte Rachel ihre Hand nach einem der Gegenstände aus, wurde immer frustrierter, wenn sie ihn nicht erreichen konnte, und fing an zu weinen. Es war schmerzhaft für mich zu beobachten, wie sie sich immer wieder einem Gegenstand zuwandte, nach ihm zu greifen versuchte, wimmerte oder weinte und dann in die Rückenlage zurückkehrte. Es fiel mir schwer zuzugeben, dass sie durch mein unnötiges Helfen gelernt hatte, so leicht aufzugeben. Obwohl sie die motorische Fähigkeit besaß, einen Gegenstand zu ergreifen, fehlte ihr der Wille, ihn allein und ohne Hilfe zu erreichen. Ich hatte ihr Hilflosigkeit beigebracht.

Im Laufe von Monaten geduldigen Beobachtens, angeleitet von Magda, war ich dann allmählich in der Lage, ruhig genug zu werden, um dabei sitzen und Rachel die Möglichkeit lassen zu können, sich selbst anzustrengen. Ich fing an, ihren Mut, ihre Geduld und ihre Ausdauer zu respektieren, und sie bekam Freude an ihrer eigenen selbstbestimmten Aktivität.

Magda gab mir eine Gelegenheit, als Erwachsener wieder zu lernen, was ich als Kind nicht richtig gelernt hatte. Während ich meiner Tochter vertrauen lernte, lernte ich gleichzeitig, mir selbst zu vertrauen.

Dein Baby zeigt Dir den Weg

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