Читать книгу Ein gutes Verbrechen - Magdalena Jagelke - Страница 16

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Als ich einmal von einer Ausstellung erfuhr, rief ich Vater an, in seiner Kaserne in der Nähe Russlands, ich sagte Napoleon in den Hörer. Vater beantragte Urlaub. Vor Napoleons Portraits salutierte er nicht nur innerlich. Ein anderes Mal rief ich Vater an und fragte ihn nach seiner Meinung zu all den Dingen, die mir oft den Feierabend verdarben. Dass es in meinem Herz so leer war wie im Postkasten, wie das sein konnte, was es bedeutete. Ich fragte ihn um Rat.

»Denk nach, Mädchen. Willst du lieber einen Brief­kasten voller Briefbomben haben?«, fragte Vater.

Ja, flüsterte es in mir.

Es war schon immer besser, Vater nach dem Mund zu reden. Er wird schnell wütend, und das ist nicht gut für ihn. Er leidet unter hohem Blutdruck und soll sich nicht aufregen. Außerdem lohnte sich Ärger mit Vater nicht, damals wie heute. Er war meine Option, falls es alles nicht geklappt hätte. Dann wäre ich in die Kaserne ausgewandert, hätte bei den Militärs gelebt bis zu meinem Lebensende. Dass ich zu ihm ziehen sollte, schlug Vater vor, als er von Mutters Verschwinden erfuhr.

Ich hatte es ihm erst gesagt, als die Trauer verflogen und das erste Geld angekommen war.

Seltsam, wie Vater mir immer wieder Trost spendet, ohne dass er mich tröstet, allein dadurch, dass er Soldat ist. Ich stehe vor dem Spiegel und sage zu dem Spiegelbild:

»Du Soldatentochter.«

Ich stelle mir vor, dass Generäle unten stehen und meinen Briefkasten bewachen, die Geschosse abfangen.

Soldaten vor den Briefkästen, nicht nur vor meinem, das wäre wahrer Schutz, eine Revolution.

Ein gutes Verbrechen

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