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|23|3 Der Streit um Arius und das Konzil von Nicäa Die Rede von Gott

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Bei einem Dauerstreit der christlichen Gemeinschaften in der Antike ging es um die Rede vom christlichen Gott. Jegliche Rede von Gott geschieht in der Sprache der Welt. Wenn der antike Mensch von Gott sprach, dann tat er dies, wie er auch von einem Nachbarn redete. Götter waren ihm vertraut, sie waren eigentlich wie er, nur lebten sie anderswo und waren unsterblich. Aber sie aßen wie er, tranken wie er, hassten wie er, liebten wie er, wenngleich im Olymp alles gelegentlich ein wenig maßloser geschah als auf Erden. Der Mensch redete von den Göttern in der Sprache der Welt, weil die Götter seiner Welt so nahestanden.

Eine Ausnahme bildeten die Juden spätestens seit der Exilszeit des 6. vorchristlichen Jahrhunderts: Ihr Gott war einzig und einzigartig. Von ihm so zu sprechen wie von dem Nachbarn, den seine Frau betrogen hatte, war undenkbar. Die jüdischen Gruppierungen der Christen übernahmen zunächst dieses Gottesbild mit seiner unendlichen Distanziertheit; hinzu trat allerdings die Vorstellung des Messias, den Gott geschickt hatte, um die Menschen zu erlösen – wovon auch immer. Dieser Messias war Gottes Sohn. Und da war sie wieder: die Sprache der Welt. Wo ein Sohn ist, da ist ein Vater – lassen wir die Mutter einmal beiseite. Wo ein Vater und ein Sohn sind, da denkt der Mensch normalerweise zwei Personen, auf die göttliche Ebene übertragen also zwei Götter. Doch dies durfte nicht sein. „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“,1 hatte der eifersüchtige Gott der Juden einst bestimmt, und dies blieb das undiskutierbare Axiom auch |24|christlicher Rede von Gott. Wir können wohl davon ausgehen, dass die frühen Christen stets nur an einen Gott dachten, gleichgültig, ob sie vom Vater, vom Vater und dem Sohn oder von Vater, Sohn und Geist sprachen.

Vor allem in den seit dem 4. Jahrhundert geführten christologischen Diskussionen, an denen Athanasius Anteil nahm, kam diese weltliche Sprache rasch an ihre Grenzen. In einer Rede über den Heiligen Geist zeigt der Kirchenvater Gregor von Nazianz um 380 einmal, wohin die sprachlichen Auslassungen führen können: Der Heilige Geist ist entweder ungezeugt oder gezeugt. Ist er ungezeugt, gibt es zwei Ursprungslose, Gott-Vater und Gott-Geist. Wenn der Geist gezeugt ist, muss man nach seinem Erzeuger fragen. Ist er vom Vater gezeugt oder vom Sohn? Wenn er vom Vater gezeugt ist, gibt es zwei Söhne, sind Christus und der Geist Brüder. Wenn der Heilige Geist dagegen vom Sohn gezeugt ist, dann haben wir es mit einem Enkel-Gott zu tun.2 Gregor hält derartige Überlegungen für absurd, zeigt aber, wohin die wörtliche Auffassung der alltäglichen Begriffe führen kann.

Texte wie die Osterhomilie eines Melito von Sardes, gestorben vor 190, konnten naiv verstanden oder theologisch ausgedeutet werden: „Der da dies alles ist. Insofern er richtet, Gesetz, insofern er lehrt, Wort, insofern er rettet, Gnade, insofern er zeugt, Vater, insofern er gezeugt wird, Sohn, insofern er leidet, Lamm, insofern er begraben wird, Mensch, insofern er aufersteht, Gott. Dieser ist Jesus Christus.“3 Die zeitgenössische Deutung und das zeitgenössische Verständnis solcher Texte sind umstritten und werden es bleiben. „Die einfachen Leute, um nicht zu sagen die Unwissenden und Ungebildeten, die immer der größere Teil der Gläubigen sind“, um eine Formulierung des Kirchenvaters Tertullian aufzugreifen,4 werden sicher nicht Gesetz, Wort, Gnade, Vater, Sohn, Lamm, Mensch und Gott als acht unterschiedliche ‚Personen‘ verstanden haben. Für sie gab es nur „einen Gott und den einen Christus und den einen Geist der Gnade“.5 Dieses Glaubensbekenntnis bezog sich auf einen Gott; zugleich aber boten solche Formulierungen Anknüpfungspunkte für die kommende trinitarische Entwicklung. Und weil diese Entwicklung die spätere war, konnten sich Arius und andere durchaus auf alte Traditionen berufen.

Athanasius der Große

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