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Varianten der Inflation

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Geldillusion nennt man den Glauben der Menschen an ihr Geld und dessen Wert. Erst wenn seine Kaufkraft merklich nachlässt, kommt es zum Abschied von dieser Illusion. Das war in Europa zuletzt während der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts der Fall. Damals wurde aus der Geld- die Goldillusion, das heißt, der Glaube an das Geld, das seit Jahrtausenden auf allen fünf Kontinenten eine hohe Wertschätzung erfährt, eben Gold. Der Silberpreis stieg seinerzeit prozentual sogar noch stärker als der Goldpreis, fiel danach aber auch tiefer. Achten Sie in nächster Zeit auf die Reizschwelle, von der an die Geld- zur Goldillusion mutiert, und investieren Sie dann den Großteil Ihres Geldes, außer in haltbare Güter des täglichen Bedarfs, auch in die beiden Edelmetalle Gold und Silber.

Inflation bedeutet im engeren Sinn Aufblähung der Geldmenge, im weiteren Sinn, vor allem auch im Volksmund: Preisanstieg von Konsumgütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs, zum Beispiel von Lebensmitteln, Strom, Benzin und Mieten. Umgekehrt betrachtet: Inflation bedeutet Geldentwertung, sodass 100 Euro bei 2 Prozent Inflation nach einem Jahr 98 Euro wert sind, bei 5 Prozent Inflation 95,2 Euro und bei 10 Prozent Inflation nur noch 90,9 Euro.

Geldmenge, das ist nach der Definition der Deutschen Bundesbank der Geldbestand bei inländischen Nichtbanken, etwa bei Unternehmen und Privatpersonen. Jetzt wird es etwas kniffliger: Im Eurosystem unterscheidet man zwischen M1, M2 und M3. Hinter M1 verbirgt sich der Bargeldumlauf ohne Kassenbestände der monetären Finanzierungsinstitute, zum Beispiel Banken und Sparkassen, zuzüglich der täglich fälligen Einlagen der im Währungsgebiet ansässigen nicht monetären Finanzierungsinstitute. M2 bedeutet: M1 zuzüglich Einlagen mit vereinbarter Laufzeit bis zu zwei Jahren und Einlagen mit vereinbarter Kündigungsfrist bis zu drei Monaten. M3 schließlich umfasst zusätzlich zu M2 auch Geldmarktfonds, Repoverbindlichkeiten – das sind Geldmarktpapiere über zwei Jahre – und Bankschuldverschreibungen mit einer Laufzeit bis zu zwei Jahren. Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) orientiert sich an M3.

Inflation wird in Deutschland üblicherweise am Verbraucherpreisindex (VPI) gemessen, im Euroraum am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI). Die Ergebnisse beider Indizes unterscheiden sich etwas. Das liegt unter anderem am Konjunkturverlauf, der in einem Euroland positiv, in einem anderen neutral oder sogar negativ sein kann. Da Lebensmittel- und Energiepreise stark schwanken, rechnet man sie aus der Inflationsrate heraus, wenn es darum geht, den Inflationstrend zu ermitteln. Das Ergebnis ist dann die Kerninflation.

Inflation tritt in vielen Varianten auf: schleichend, trabend, galoppierend, selten – dann allerdings gewaltig – als Hyperinflation (wie während der 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts in Deutschland und jahrzehntelang in verschiedenen Ländern Südamerikas). Es gibt die zurückgestaute Inflation (wie während des Dritten Reichs), die importierte und sogar die gefühlte Inflation, die nach der Euro-Einführung die deutschen Gemüter erhitzte. Nicht zu vergessen die sogenannte Asset Inflation, die 2009 global einsetzte. Darunter versteht man im engeren Sinn den kräftigen Anstieg der Aktien- und Anleihenkurse sowie der Immobilienpreise.

Die EZB peilt für den Euroraum ein Inflationsziel von unter, aber nahe 2 Prozent an. Aus welchem Grund? Weil einerseits genug Abstand zur totalen Geldwertstabilität bei 0 Prozent gewahrt bleiben soll, andererseits keine allgemeine Inflationsmentalität aufkommen darf. 0 Prozent würde nämlich die EZB-Geldpolitik durchkreuzen und das Gespenst der Deflation – der Geldwert steigt, staatliche und private Schuldner drohen pleite zu gehen – auf den Plan rufen. Das brächte im Extremfall sogar das auf hohen Schulden aufgebaute Wirtschafts- und Währungssystem zum Einsturz. Demgegenüber würden mehr als 2 Prozent Inflation bei anhaltender Teuerung die Inflationserwartungen schüren und hier oder da sogar zu Hamsterkäufen führen: Aus Inflation entstünde dann noch mehr Inflation.

Das Inflationsziel anzupeilen, ist eine Sache, es zu erreichen und dann festzuhalten, eine andere. Der EZB-Rat unter Präsident Mario Draghi gibt sich da offenbar der Illusion hin, dieses Kunststück fertigbringen zu können – ohne zu berücksichtigen, dass Inflation keine starre Zahl, sondern ein dynamischer Prozess ist. Werfen Sie ein Auge darauf, denn die Geldpolitik bestimmt, wie es an den Börsen weiter geht.

Deflation bedeutet: Die Preise sinken, Sachwerte wie Immobilien und ganze Unternehmen einschließlich deren Aktien verlieren an Wert, während Geldwerte (zum Beispiel Geld auf dem Konto, Anleihen und Rentenfonds) an Wert gewinnen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass zwischen Inflation und Deflation Asymmetrie herrscht. Das bedeutet: Steigen die Preise, sind Schuldner die Gewinner und Gläubiger die Verlierer. Sinken die Preise dagegen, gewinnen die Gläubiger nur dann, wenn die Schuldner zahlungsfähig bleiben – was während einer Deflation eher selten vorkommt. Von daher gesehen wird auch klar, warum alle Notenbanken der Welt in den vergangenen Jahren die Bekämpfung der Deflation auf ihre Fahnen geschrieben haben: Weil sie sich damit die Legitimation für ihre ungehemmte Inflationspolitik, also für das Schuldenmachen, verschafft haben.

Reich werden ist keine Schande!

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