Читать книгу Der Weg des Vagabunden - Manfred Lafrentz - Страница 8
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ОглавлениеWir verließen schließlich den Wald von Yorn und kamen in das östlich davon gelegene Gebiet, das Meister Norwin als fruchtbar und reich an Menschen gepriesen hatte. Es war ein sanft hügeliges Grasland, durchsetzt mit mächtigen, baumbestandenen Felsformationen. Schmale Flussläufe führten klares Wasser durch kleine Gehölze, und es war nicht schwierig, geschützte Stellen für unsere Nachtlager zu finden, zumal in den lauen Nächten am Anfang des achten Mondes nicht viel Schutz, ja, nicht einmal ein Lagerfeuer erforderlich war.
Menschen trafen wir allerdings nicht. Ich setzte darauf, noch weiter im Osten auf Siedlungen zu stoßen, und hoffte, dass die Angaben des alten Zauberers nicht genauso unzuverlässig waren wie er selbst.
Vor allem was das Essen betraf, war ich unzufrieden in dieser Einsamkeit. Visionen von saftigen Braten marterten mich unablässig. Zwar sah ich gelegentlich Hasen durchs Gras flitzen, aber hinterherzurennen und sie mit bloßen Händen zu erwürgen, erschien mir würdelos und wenig aussichtsreich. Wohl hatte ich davon gehört, dass man diesen Tieren Fallen stellen konnte, aber wie man sie herstellte, war mir unbekannt. Meinen Bedarf an Fleischgerichten hatte ich bislang nur in Wirtshäusern gedeckt. Eluîna schien nicht sonderlich erpicht auf Fleisch zu sein und war mir in dieser Hinsicht keine Hilfe. Sie sammelte in den Gehölzen Beeren und Wurzeln und sogar Blumen, die wir zusammen mit einigen Krümeln ihres seltsamen Gebäcks aßen, sodass wir satt genug wurden. Aber es war eine jämmerlich eintönige Art, sich den Bauch zu füllen. Zum Sammeln der Beeren benutzte Eluîna meinen Hut, was mich sehr ärgerte. Aber da sie allein für unseren Proviant sorgte, wagte ich keinen Einwand, auch wenn ich gelegentlich glitschige Klumpen aus meinem Hut zupfen musste.
Auch in einer anderen Hinsicht war die Elfe etwas anstrengend. Sie nutzte jede Gelegenheit, um in den Flüsschen, an denen wir entlang wanderten, zu baden, was mich, aufgrund ihrer vorwurfsvoll aufmunternden Blicke wohl oder übel dazu veranlasste, es ihr gelegentlich gleich zu tun, obwohl ich nicht den Eindruck hatte, es nötig zu haben.
So wanderten wir tagsüber dahin und legten uns abends müde ins warme Gras, am Rande einer Baumgruppe oder am Fuß eines Felsens. Im weichgoldenen Abendlicht aßen wir, was wir hatten, während leiser Wind rauchig-würzige Luft herbeiwehte und das Laub über uns wispernd rascheln ließ.
Die Einsamkeit beschwerte mich, und ich war froh, wenn Eluîna ihre Mandoline stimmte, um dann ein wenig zu singen. Ihre hohe Stimme umkreiste die Melodielinien ihres Instruments wie ein Vogel zwischen den Wipfeln hoher Bäume herumfliegen mag. Dann wieder klang ihre Stimme tiefer und ein wenig rau, wie der Wind, der warm über das Gras der Ebene streicht. Sie sang von Ländern, in denen Barken auf Flüssen von Blumen dahinschwimmen und Bäume sich mit Wolken vermählen. Ich glaube nicht, dass es solche Länder gibt, aber während sie sang, glaubte ich daran.
Eines der Lieder, das sie in der Elfensprache sang, klang sehr traurig, und ich fragte sie, wovon es handelte.
Sie lächelte scheu. „Es spricht von der Liebe zwischen denen, die nicht zusammen gehören, von Liebe, die man eigentlich für unmöglich hält.“
Ich überlegte. „Gibt es eigentlich oft Verbindungen zwischen Menschen und Elfen?“
„Hin und wieder.“ Eluîna senkte den Kopf. „Es gehen aber selten Kinder daraus hervor.“
Ich betrachtete sie versonnen. Sie hatte die schräggestellten Augen und die spitzigen Ohren des Elfenvolkes, aber vielleicht waren sie nicht ganz so schräg und nicht ganz so spitzig.
„Wie kommt das?“, fragte ich, auf ihre letzte Bemerkung eingehend.
Sie runzelte die Stirn. „Solche Mischwesen sind bei beiden Völkern nicht beliebt. Und ich glaube, sowohl die Menschen- als auch die Elfenfrauen wissen, wie man Geburten verhindert.“
Ich überdachte das eine Weile. „Das heißt, deine Mutter hat nichts gegen deine Geburt unternommen.“ Das machte sie mir wieder sympathischer. „Vielleicht hat sie deinen Vater sehr geliebt.“
Eluîna lächelte nur.
Müde wie immer nach des Tages Wanderung legten wir uns ins Gras, wo wir mit ein paar Zweigen ein armseliges Lager eingerichtet hatten. Erst jetzt begannen die Grillen ihr Konzert, als hätten sie sich nicht getraut, so lange die Elfe ihres nicht beendet hatte.
Die folgenden Tage unterschieden sich nicht von den vorangegangenen. Wir gingen in Richtung einiger Hügel, die blassblau in der Ferne schimmerten.
„Ich hoffe, die Gegend ist bewohnt“, sagte ich. Es wird Zeit, unser Geschäft zu probieren.“
Eluîna sah mich an. „Was ist unser Geschäft?“
Wir hatten bislang nicht darüber geredet, also schien es an der Zeit, ihr einige grundlegende Einblicke in das zu gewähren, was uns reich machen sollte.
Ich klopfte auf meine Tasche. „Ich verkaufe Salben, Tinkturen und Säfte, die nahezu jedes Gebrechen, das die Menschen befällt, heilen können“, verkündete ich strahlend. „Und du wirst den Leuten einfach sagen, wie großartig diese Arzneien sind.“
„Woraus bestehen sie?“
„Nicht so wichtig“, brummte ich.
„Ich würde es gern wissen, wenn ich sie anpreisen soll.“
„Meine Güte!“, sagte ich ärgerlich. „Es ist von diesem was drin und von jenem, das muss man nicht so genau wissen.“
„Weißt du denn nicht, woraus sie bestehen?“
„Doch, doch …“
„Also?“
Ihre Hartnäckigkeit war lästig. „Also, es ist viel Wasser drin“, sagte ich mürrisch. „Außerdem einige zerriebene Blätter, mal solche, mal andere, dazu Früchte und sehr, sehr heilkräftige Erde.“
„Das ist doch keine richtige Arznei!“, rief Eluîna vorwurfsvoll.
„Wenn ich sage, es ist Arznei, dann ist es Arznei.“
„Aber das ist Betrug!“
„Betrug! Betrug!“, rief ich wütend. „Jetzt pass mal auf: Wenn die Leute glauben, es wirkt, dann wirkt es auch. Ich kann dir etliche Geschichten erzählen, die das beweisen.“
Sie schien nicht überzeugt.
„Du wolltest doch mitkommen, oder?“, fragte ich.
„Ja“, sagte sie unglücklich.
„Oder willst du wieder zurück?“
„Nein“, sagte sie unglücklich.
„Na also“, sagte ich zufrieden. „In dieser Art von Geschäften ist es nicht angebracht, den Verdienst durch überflüssige Skrupel aufs Spiel zu setzen.“
Sie sagte nichts mehr, und erleichtert schritt ich herzhaft aus.
Die Landschaft änderte sich endlich. Wir kamen an bestellten Feldern vorbei, Heuhaufen lagen knisternd in der Sonne und alles deutete darauf hin, dass wir in den Tälern zwischen den Hügeln bald auf Ansiedlungen stoßen würden.
Es war um die Mittagszeit, Schwalben flogen hoch am Himmel und das Wetter war schön, als wir auf eine staubige Straße stießen, die von Süden kam und tatsächlich zu einem Dorf führte.
„Ja!“, rief ich aus vollem Herzen. „Nach vielen Tagen und Nächten in der Einsamkeit der Wildnis dürfen wir nun die Segnungen des Fortschritts zu den Bewohnern dieser Einöde bringen, auf dass dankbare Gesichter zu uns aufschauen mögen!“ Ich wandte mich Eluîna zu, um zu überprüfen, ob sie meine Rührung teilte. Sie sah mich zweifelnd an.
„Also, du weißt, was zu tun ist“, sagte ich forsch zu ihr.
Sie nickte bekümmert.
Es war ein hübsches Dorf, um eine kleine Burg herum gebaut, die, so dachte ich, wohl vom Herrn dieser Ländereien bewohnt wurde. Sehr vielversprechend, dachte ich weiterhin.
Wir hatten kaum den Rand des Dorfes und ein, zwei Häuschen passiert, als zwei Gestalten schnellen Schrittes auf uns zu kamen. Sonderbarerweise waren keine anderen Leute zu sehen, nur gelegentlich meinte ich, das eine oder andere Gesicht vorsichtig aus Fenstern herausspähen zu sehen. Aber sie verschwanden sofort wieder, sodass ich mir nicht sicher war, ob ich überhaupt etwas gesehen hatte.
Eine der Gestalten war eine hochgewachsene Frau mit dunklen Haaren. Sie war sehr hübsch, was man von dem vierschrötigen Kerl neben ihr nicht behaupten konnte. Er trug eine bedrohlich aussehende Axt über der Schulter und sah ziemlich kriegerisch aus.
Trotzdem hob ich leutselig einen Arm zum Gruß und rief freundlich: „Seid gegrüßt, schöne Dame und edler Herr! Ich bin sicher, unser Aufenthalt in Eurem bezaubernden Dorf wird für Euch und für uns eine erfreuliche und lohnende …“
„Du verlässt sofort unser Dorf!“, unterbrach mich die Dame barsch. „Solche Vagabunden wie dich lassen wir hier schon lange nicht mehr rein. Deshalb hat hier auch niemand Haarausfall oder Pusteln.“
Empört wollte ich gegen diese Ungerechtigkeit aufbegehren, aber als der Mann anfing zu grinsen und mit den Fingern zärtlich über die Schneide seiner Axt strich, setzte ich eine gekränkte Miene auf und entschied mich für einen taktischen Rückzug.
„Die Elfe kann mit uns kommen“, sagte die Dame.
Eluîna zuckte die Achseln. „Vielleicht kann ich sie freundlicher stimmen“, sagte sie und folgte der unhöflichen Frau, während ich mich unter den finsteren Blicken des Mannes zum Ausgang des Dorfes zurückzog. Dort setzte ich mich etwas abseits von der Straße unter eine Buche und überlegte, ob ich meine Gefährtin aus den Klauen der ruchlosen Bestien, die dieses hässliche Dorf bevölkerten, befreien oder ob ich mich einfach aus dem Staub machen und sie ihrem – nicht unverdienten, denn wie konnte sie nur so vertrauensselig sein? – Schicksal überlassen sollte.
So brütete ich lange Zeit verdrossen im Schatten der Buche, bis Eluîna schließlich wieder auftauchte und mir einen Napf mit Essen brachte.
„Na, schönen Dank auch!“, knurrte ich. „Man lässt es sich wohl gutgehen bei den feinen Herrschaften, was? Während ich hier sitze und mir die fürchterlichsten Sorgen mache, was sie dir wohl antun mögen!“
„Ach“, sagte sie, „sie sind eigentlich ganz nett.“
„Soso, aha“, sagte ich bissig, war aber zu beschäftigt mit dem Kauen der mäßig delikaten Fleischspeise, um sie weiter auszufragen. Schließlich sprach sie von selbst.
„Es könnte sein, dass sie einen Auftrag für uns haben.“
„Was für einen Auftrag?“, fragte ich ungnädig.
Es stellte sich heraus, dass die dunkelhaarige Dame die Herrin dieses Dorfes und einiger weiterer in dieser Gegend und den umliegenden Ländereien war.
„Ihr sind beunruhigende Berichte zugetragen worden“, erzählte Eluîna. „Von einem grausamen Krieger, der hier in der Gegend sein Unwesen treiben soll. Einige Bauern haben ihn gesichtet und sind um ihr Leben gelaufen.“
„Wie lautet der Auftrag?“
Sie zögerte. „Nun, wir sollen ihn vertreiben, glaube ich.“
„Ach so.“
„Die Herrin sagte, es könne sich sehr für uns lohnen.“
„Wie sehr?“
„Sie hat sehr viele Kästchen und Schatullen in ihrer Burg.“
„Warum vertreiben sie den Krieger nicht selbst?“ Ich dachte an den Kerl mit der Axt.
„Er soll sehr gefährlich sein.“
„Ich verstehe.“
Gerade als ich meine Mahlzeit beendet hatte, tauchten die Dame und ihr Axtmann wieder auf. Diesmal folgte ihnen eine Menge Leute, die aber am Dorfrand stehen blieb, während ihre Herrin sich nebst Leibwächter zu uns begab.
„Nun, Vagabund“, sagte sie von oben herab, „hat dir deine Gefährtin von unserem Auftrag erzählt?“
Ich sprang auf. „Das hat sie, verehrte Herrin, und ich kann Euch versichern, dass ich gut verstehen kann, warum Ihr Euch mit Eurem Auftrag an mich wendet. Denn natürlich bin ich in der Lage, mit einem solchen Unhold fertig zu werden.“
Aufgeregtes Gemurmel erhob sich in der Menge.
„Tatsächlich“, fuhr ich fort, „bin ich im Süden bekannt dafür, schon etlichen solcher gesetzlosen Rabauken schmerzhafte Lehren erteilt zu haben.“
Die Dame zog die Brauen hoch. „Du erstaunst mich. Bist du sicher, dass du dir nicht zu viel zumutest?“
Ihre Leute lachten.
Ich hob den Kopf und blickte zum Himmel. „Wenn Ihr auf meine Dienste verzichten wollt, so sagt es frei heraus. Ein Abenteuer kann ich auch woanders finden, und eins ist mir so recht wie das andere.“
Die Dame schaute sich nervös um, was mich sehr befriedigte.
„Wenn du dir das wirklich zutraust“, sagte sie, „so gehe hin und scheuche das Unheil aus meinem Land. Es soll dein Schaden nicht sein.“
Die Menge murmelte beifällig.
„Nun denn“, sagte ich und legte die Hände bescheiden aneinander, „so sagt mir bitte, wo genau sich dieser Schuft, der Euch so lästig fällt, befindet.“
„Zuletzt wurde er südöstlich des Dorfes gesehen, in einem kleinen Wald, der jenseits unserer Weizenfelder liegt. Seitdem hat sich niemand mehr dorthin getraut. Gerade jetzt, wo die Ernte ansteht, ist das eine sehr unangenehme Situation, wie du dir denken kannst.“
„Natürlich, natürlich“, sagte ich beflissen. „Seid versichert, dass wir sofort aufbrechen werden, um dieser misslichen Lage ein Ende zu bereiten.“ Ich schenkte ihr ein Lächeln. „Es wäre für uns allerdings ein schöner Beweis Eurer Zuversicht bezüglich unserer Fähigkeiten, wenn Ihr uns eine kleine Anzahlung auf Eure Dankbarkeit gewähren wolltet. Damit könntet Ihr auch die Ernsthaftigkeit Eures Auftrags untermauern.“
Sie überlegte lange. Schließlich flüsterte sie ihrem Leibwächter etwas ins Ohr. Er schien das sehr unwillig aufzunehmen, zog aber dann doch einen kleinen Beutel aus einer Tasche seines Wamses und warf ihn mir zu, wobei das Unheil verkündende Misstrauen in seinem Blick so stechend war, dass ich unwillkürlich nachschaute, ob ich irgendwo blutete.
Ich verbeugte mich. „Habt Dank, nun sind wir uns einig, und wir wollen keine Zeit verlieren.“ Ich zeigte nach rechts. „Südosten liegt da, wenn ich mich nicht irre. Lebt wohl, wir werden uns bald wiedersehen.“ Ich nickte Eluîna zu, und wir zogen von dannen.
Die Herrin des Dorfes und ihre Untertanen sahen uns mit sorgenvollen Mienen nach, während ich ihnen noch einmal zuversichtlich winkte.
Als wir aus der Sichtweite des Dorfes waren, kramte ich den Richtungsstein hervor.
„Wir müssen nach da“, sagte ich und zeigte die Richtung an.
„Aber das ist Nordosten!“, protestierte Eluîna.
„Natürlich“, sagte ich. „Hast du etwa gedacht, ich wäre tatsächlich so blöd, diesen ominösen Krieger aufzuspüren?“ Ich setzte eine würdevolle Miene auf. „Zahllose Menschen in dieser Welt warten auf mein Erscheinen, damit ich sie mit meinen Arzneien von ihren Gebrechen erlöse. Und da soll ich mein Leben aufs Spiel setzen, um zweifelhafte Strolche zu jagen?“ Ich sah sie wehmütig an. „Das kannst du nicht von mir erwarten.“
„Aber du hast ihr Geld genommen!“
„Na und?“, sagte ich wegwerfend. „Sie haben mich respektlos behandelt, also haben sie´s nicht besser verdient.“
„Das ist nicht recht!“
„Stell dich nicht so an“, sagte ich. „So ist die Welt nun mal. Eine kleine Elfe aus der Provinz kann dabei gar nicht mitreden.“ Ich schlug ihr vergnügt auf die Schulter. „Jetzt lass uns machen, dass wir wegkommen. Vielleicht finden wir noch mehr solcher Hohlköpfe!“
Mürrisch stapfte sie neben mir her, während ich die Münzen in dem Beutel zählte.
„So viel ist das gar nicht“, brummte ich unwillig. „Für so einen lausigen Lohn können sie keinen geübten Unholdverjager erwarten. Das wird ihnen eine Lehre sein, und sie können mir dafür danken, dass ich sie ihnen erteile.“
Vorwurfsvolles elfisches Schweigen.
Ich ließ mich davon aber nicht beeindrucken. Es war höchste Zeit, dass dieses schlichte Gemüt erfuhr, wie es in der Welt zugeht. Aus langer Erfahrung wusste ich, dass man gewieft sein musste, um nicht von den Gewieften übers Ohr gehauen zu werden. Und wenn es um Gewieftheit ging, so strebte ich nichts Geringeres an, als der Gewiefteste von allen zu sein. Wenn Eluîna damit ein Problem hatte und schmollen wollte, war das ihre Sache. Sollte sie schmollen, so lange sie wollte. Für mich spielte das keine Rolle. Nicht die geringste.
„Jetzt hör endlich auf zu schmollen!“, rief ich ärgerlich. „Kannst du mir vielleicht verraten, wie wir einen furchteinflößenden, hundsgemeinen, schwer bewaffneten und kampferprobten Krieger hätten vertreiben sollen?“
„Nein“, sagte sie trotzig. „Aber wenn du es auch nicht weißt, hättest du es ihnen nicht versprechen und nicht ihr Geld nehmen dürfen.“
„Meine Güte!“, sagte ich ungeduldig. „Ich glaube, ich muss dir mal etwas über Gewieftheit erzählen, denn wenn es um …“
„Es ist einfach nicht recht!“
„Also gut, also gut“, sagte ich ergeben. „Wenn wir wieder mal in diese Gegend kommen, gebe ich das Geld zurück.“
Sie sah mich misstrauisch an. „Warum nicht gleich?“
„Hör mal!“, sagte ich. „Diese Rückerstattung hat Zeit. Ich habe wichtige Dinge zu erledigen.“ Eine schöne Ausrede, fand ich, obwohl sie mich unangenehm an Meister Norwins Auftrag erinnerte.
„Was denn für wichtige Dinge?“
„Ich kann jetzt nicht darüber reden, aber es ist sehr wichtig.“
Das schien ihr nicht zu gefallen. „Versprichst du, das Geld zurückzugeben?“
„Sobald wir wieder in diese Gegend kommen“, sagte ich und beschloss, dieses Gebiet weiträumig zu meiden. Immerhin schien die Elfe nun einigermaßen beschwichtigt.
Aufgrund meines Beschlusses war ich froh, als wir den Bereich der Felder in der Umgebung des Dorfes hinter uns ließen. Allerdings wurde das Gelände sumpfig, und ein üppiger Pflanzenwuchs erschwerte ebenfalls das Vorankommen. Die Sonne stand noch hoch am frühen Nachmittagshimmel, an dem kaum ein Federwölkchen zu sehen war, und die Wärme brachte mich bei jedem Schritt mehr zum Schwitzen. Neidisch sah ich auf Eluîna, die leichtfüßig durch das hohe Gras huschte, während ihr dicke Pflanzenbüschen, die mir ein ums andere Mal ins Gesicht klatschten, geradezu auszuweichen schienen.
Ich nahm meinen Hut ab und wischte mir den Schweiß von der Stirn. „Wie machst du das bloß?“, grunzte ich.
„Du suchst keinen Weg“, sagte sie, „du machst einen. Das ist viel anstrengender.“
Für diese neunmalkluge Bemerkung hätte ich sie gerne in den Morast geschubst, aber andererseits war ich froh, dass sie wieder mit mir redete. Ich beobachtete sie verstohlen und versuchte herauszufinden, wo denn nun der Weg war, den sie ging. Es gelang mir zwar nicht ganz, aber allmählich sah ich einen Sinn darin, wie sie ihre Schritte setzte, und versuchte es ihr gleich zu tun. Tatsächlich kam ich dadurch etwas besser voran.
Bald sah ich vor uns Wasser in der Sonne schimmern. „Ah, ein Teich!“, rief ich. Die Aussicht auf ein kühles Bad verbesserte meine Laune erheblich. Ich wandte mich Eluîna zu. „Diesmal gebe ich zu, dass ich es nötig habe“, sagte ich lachend.
Sie schaute mir mit großen Augen über die Schulter.
Ich drehte mich um. Vor mir stand ein hochgewachsener, kriegerisch wirkender Mann. Statt eines menschlichen hatte er den Kopf eines Salamanders. Er war groß und stark und furchteinflößend, und ich fiel in Ohnmacht.