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Das Konzil, Agitatoren und Methoden

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„Und wie geschah das im Einzelnen?“

Das Konzil wurde 1963 urplötzlich durch den damaligen Papst Johannes XXIII einberufen, der selbst schon alt und krank war. Das war die einzigartige Gelegenheit, das war das Einfallstor. Denn der Papst hatte, obwohl guten Willens, kein konziliares Konzept, keine direkte Zielsetzung. Alle sollten einfach nach Rom zusammenkommen und über alles ihre Meinung sagen.

Das genau war die Gelegenheit der „Modernen“, der „Progressisten“ (= der „Fortschrittlichen“), die fortschreiten wollten zu etwas ganz anderem, weg von der 2000-jährigen Glaubenslehre.

Denn jeder, der sich in der Geschichte auskennt, weiß ja, dass kleine, gut vorbereitete, entschiedene Minderheiten große Versammlungen und deren Beschlüsse, ja ganze Völker und Geschichtsabläufe beeinflussen, manipulieren (=durch trickreiche, unterschwellige Beeinflussung steuern) und ihren Willen auch durchsetzen können, wenn sie erst mal an den Schalthebeln der Macht sitzen. Wie heute in der Politik und in den Medien.

„Und der Plan ging tatsächlich auf?“

Ja, weil er seit Jahren und auf vielfältige Weise vorbereitet war.

Vorab interessant dabei ist es zu wissen: Wenn der Vollversammlung z.B. ein Änderungsantrag zum Text vorgelegt werden sollte, etwa von einer Gruppe von Bischöfen, dann verlangte die Verfahrensregel eine Zweidrittelmehrheit zur Änderung des Textes, was natürlich oft nicht zu erreichen war.

Damit wird auch klar, welche Macht die Kommissionen besaßen, welche die Haupttexte vorbereiteten und dann der Bischofsversammlung vorlegten. Damit waren auch die Beschlüsse grundgelegt.

„Und wie ging es weiter?“

Die Grundlagen der Glaubenszerstörung waren teilweise bereits gelegt. In theologischen Lehrwerken der tonangebenden Theologen, von denen etliche zu Bischöfen und Kardinälen - das Kardinalskollegium ist der höchste Senat des Papstes in Rom - aufstiegen, kann man es noch heute nachlesen.

Wie allein schon in dem bereits genannten Buch von Prof. Georg May konkret gezeigt wird , gab und gibt es heute praktisch nichts mehr in der katholischen Glaubenslehre, das nicht von katholischen Theologen entweder als Legende abgetan, bis zur Unkenntlichkeit zerredet, banalisiert (= ins Unbedeutend – Alltägliche verwässert) oder gänzlich bestritten wird.

Nach dem Konzil erschienen dann die neuen Lehren auch in den Schulbüchern. Es waren teils offen erkennbare antikatholische Lehren, die teilweise sogar von Laien (= dem normalen Kirchenvolk und Nicht-Theologen) leicht als unwissenschaftlich widerlegt werden können, weil sie nur auf unbewiesenen Vermutungen und Behauptungen gründen. Wichtig dabei ist, dass die Glaubenslehre mit rein ideologischen (= mit unechten, mit dem wirklichen Sachverhalt nicht übereinstimmenden, die Tatsachen interessengeleitet verdrehenden, nach eigenen Zielsetzungen zurechtgebogenen) Denkweisen überzogen wurden, wobei oft das Gegenteil des katholischen Glaubens dabei heraus kam. Das nannte man dann „Neuinterpretation“. Es war aber keine. Denn „Interpretation“ heißt „Erklärung / Erläuterung“. Der alte Glaube wurde aber nicht erklärt, sondern in der Substanz verändert, die ihn zerstörte. Das Wort „Neuinterpretation“ diente lediglich der Täuschung, auch heute noch.

„Ist dies auch wirklich geschehen? Haben sich die "Rechtgläubigen" denn nicht dagegen gewehrt?"

Doch, Widerstände gab es auf dem Konzil und danach. Aber sie hatten wenig Chancen, zumal der Neuerungswahn jener Zeit eine gewisse Rolle spielte. Zudem geschah vieles nicht im Licht der Öffentlichkeit, sondern verdeckt, wie noch gezeigt werden wird.

Die ganze Entwicklung hatte allerdings auch damit zu tun, dass das Kirchenvolk, die Laien, die den Bischöfen vertrauten, von Theologie wenig verstanden und die Konzilstexte erst gar nicht lasen.

Das ist bis heute so, auch bei den meisten noch amtierenden Priestern.

In vielen Gemeinden gab es gegen die Neuerungen, vor allem im Bereich der Gottesdienste, teilweise massiven Widerstand, der aber durch ziemlich ruppiges Vorgehen gebrochen wurde. Die Gläubigen kannten ihre eigenen "Oberhirten" nicht mehr wieder, von denen sie vorher ein ganz anderes Bild gehabt hatten.

Auch bei ganz offensichtlichen Verstößen gegen den Glauben schlechthin blieben die Bischöfe trotz Lehrverurteilungen aus Rom oft passiv und mochten sich als einzelne nicht mit den Theologen anlegen. Sie hatten Angst, sich fachlich zu blamieren und insbesondere die "Öffentlichkeit" (die weltliche Presse , der Rundfunk, das Fernsehen, die sich sämtlich in alles und vielfach unqualifiziert einmischten) gegen sich aufzubringen. Sie fürchteten nämlich den Vorwurf, die "Freiheit" der Theologie einschränken zu wollen, und dies auch auf dem Hintergrund der schon genannten religiösen Krisenerscheinungen der Zeit. So entstand innerhalb der Kirche ein Gesamtklima, das die Luft abschnürte. Die Folge davon ist übrigens bis heute, dass die Theologen weithin die Deutungshoheit über den katholischen Glauben anstelle der Bischöfe übernahmen.

„Aber wie kam es denn dazu, dass die neuen Lehren überhaupt in die Konzilsdokumente gelangen konnten? Das musste doch wenigstens den Bischöfen aufgefallen sein.“

Nicht aber, wenn man konspirativ ( = heimlich, listig) vorgeht und sich in Zirkeln und Gesprächskreisen Gleichgesinnter untereinander abspricht.

Die zentrale Fraktion dieser Art waren Bischöfe, Kardinäle und Theologen, deren Regierungsbezirke ( = Bistümer oder auch Diözesen genannt) fast sämtlich am Rhein gelegen waren, also deutsche, schweizerische, französische, niederländische und belgische Kirchenteile. Hierbei muss man wissen, dass diese im Vergleich zur Gesamtkirche nur einem sehr kleinen Teil der Katholiken vorstanden.

Diese „Rhein-Allianz“ überschwemmte das Konzil planmäßig mit ausgeklügelt formulierten Texten und Abstimmungsvorschlägen. Da aber die meisten Bischöfe fachtheologisch (auch wegen der riesigen Materialfülle) nicht sonderlich belesen und angesichts vieler Meinungen unentschieden waren, konnten sie bei den Auseinandersetzungen leicht beeinflusst werden, vor allem dann, wenn die Texte kompliziert und deutungsoffen waren.

Deshalb hatten sie auch die sogenannten Periti (die theologischen Fachberater), die mächtigen Einfluss auf sie hatten, wenn sie ihnen nicht schon vieles von vornherein überließen. Es gibt Berichte darüber, dass solche Leute in vorbereitenden Gesprächen den Bischöfen genau vorschrieben, was sie vor den Versammlungen und wann zu sagen hatten, so, als seien sie Schuljungen ( T.de Mallerais: Marcel Lefebvre. Eine Biografie, Stuttgart 2009,2.Aufl. S.315 etc.). Die formulierten Texte wurden ihnen dabei fix und fertig an die Hand gegeben.

Hinzu kam auch, dass die europäische, insbesondere die deutsche und französische Theologie in der Welt als tonangebend, modern und wissenschaftlich – fortschrittlich galt, der man wegen ihrer privilegierten ( = bevorzugten) Stellung kaum widersprechen konnte.

Weiterhin war wichtig, dass die beiden Konzilspäpste Johannes XXIII, der noch während des Konzils starb, und danach Paul VI führungsschwach waren. Deren Freunde, Kardinal Döpfner (Deutschland), Kardinal Suenens (Belgien) und Kardinal Lercaro (Italien) wurden daher prompt zu Moderatoren (=Diskussionslenkern) des Konzils ernannt, übrigens sämtlich Mitglieder der „Rhein-Allianz“. Insbesondere Kardinal Döpfner, München, war einer der Hauptagitatoren außerhalb und während des gesamten Konzils, mit gewaltigem Einfluss, „ein entscheidender Akteur“ (so Kardinal Marx, München, am 24.7.2015 zu dessen 39. Todestag ), und weiter: „ Ohne ihn wäre möglicherweise vieles anders gekommen.“ ( Tagespost 28.7.2015 )

Den Ehrentitel eines Kardinals, kurz erwähnt, erhalten Bischöfe und Priester unmittelbar vom Papst. Sie bilden damit den höchsten Senat der Kirche mit dem Recht, den nachfolgenden Papst zu wählen.

Genau diese genannten Kardinäle und auch andere setzten etliche Theologen als Periti auf dem Konzil ein, die auf früheren Konzilien gar nicht zugelassen worden wären, weil sie anti-katholische Lehrmeinungen verkündeten, wenn auch oft in verklausulierter (=verschleierter) Form. Sie leugneten unverzichtbare Kernaussagen (Dogmen) des katholischen Glaubens oder stellten sie zumindest in Frage. Dies alles ging in der allgemeinen Euphorie ( = maßloser Optimismus, rauschhaftes Wohlbefinden ohne sachliche Grundlage) jener Zeit – es waren die stürmischen 1960-er Jahre – unter; denn es sollte ja unbedingt alles anders werden, egal wie.

So leugnete z.B. der Theologe Hans Küng (Deutschland), von allen Medien (= Fernsehen, Rundfunk, Illustrierten, Zeitungen) gefeiert und von ihnen bis heute als allein tonangebend vorgeführt, neben anderen Glaubenssätzen die Gottheit Christi und die Irrtumsfreiheit des päpstlichen Lehramtes in Glaubensdingen, so- weit sie von Jesus Christus selbst als garantiert gilt.

Damit war das Christentum in seinem Kern getroffen. Denn ist Jesus Christus nicht Gott und nicht der Offenbarer der ewigen Wahrheit und der Garant des ewigen Heils, ist Erlösung von Leid und Tod nicht möglich, und dessen Religion ist sinnwidrig. Denn es ist urchristliche und allgemeine Überzeugung, dass ein Mensch die Menschen nicht von allen Übeln erlösen kann, sondern wenn, dann nur Gott selbst. Und ist die Kirche als eine von Christus selbst gegründete Heilseinrichtung in Fragen, in denen es um das Heil überhaupt geht, nicht irrtumslos, wie es Jesus nach dem katholischen Glauben verheißen habe, dann ist niemand seines Heiles sicher. Die Kirche könnte abgeschafft werden.

Aber ohne diese Institution ( die organisierte Kirche ) mit all ihren menschlichen Unzulänglichkeiten gäbe es überhaupt kein Christentum. Sie wäre gar nicht über das erste Jahrhundert hinausgekommen.

Was Küng lehrte, war aber schon bald für viele Theologen und Religionslehrer Evangelium, bis heute.

Es versteht sich von selbst, lieber Leser, dass, wenn die Wahrheit der Lehre vom jeweiligen Theologenstreit abhängig wäre, der Mensch niemals wüsste, was denn nun wahr oder falsch ist. Eine solche Religion funktioniert nicht. Ein deutscher Bischof brachte es einmal auf den Punkt: „ Wenn wir immer auf die „modernen“ Theologen gehört hätten, dann hätten wir alle 10 Jahre etwas anderes glauben müssen “ (Erzbischof Dyba +, Fulda).

In der Kirche gilt daher nur das Wort des Weiheträgers, nicht das des Theologen, der in der Kirche nur dienende und keine leitenden Aufgaben hat.

Hans Küng aber und Gleichgesinnte wurden maßgebliche Berater dieses Konzils.

Hinzu kommt der in Europa tonangebende Theologe Karl Rahner (Deutschland), der aber sprachlich geschickter vorging und noch einflussreicher war.

Wie er über das päpstliche und kirchliche Lehramt dachte, das für die Gläubigen allein maßgebend war und nicht die zufällige Meinung einzelner Theologen, zeigt ein Brief, den er in Bezug auf die Übersetzung seines Theologischen Wörterbuchs („Kleines Theologisches Wörterbuch“) am 2.Feb. 1962 an seinen Freund und Theologen Vorgrimler schrieb. Er berichtete ihm dabei von einem Schreiben, das er von Robert Scherer, theologischer Cheflektor beim katholischen Herder-Verlag und zuständig für ausländische Übersetzungen, erhalten hatte. Originaltext: „Eben schreibt Scherer, ob ich dafür oder dagegen sei, dass man eine italienische Übersetzung des Lexikönchens ( = sein theologisches Wörterbuch ) mache. Sicher ist das Italienische wegen den Bonzen und Hütern der Orthodoxie (=Rechtgläubigkeit, gemeint ist die Glaubenskommission des Papstes, die über die Unverfälschtheit des Glaubens in der Gesamtkirche wachen soll ) in Rom ein besonderes Problem. Darum wurden ja auch meine Schriften nicht ins Italienische übersetzt. … Man könnte auch sagen, dass das Lexikönchen so abgefasst ist, dass diese Leute es gar nicht verstehen und so gar nicht finden, was gegen ihre Beschränktheit gesagt ist.“ (Herbert Vorgrimler: Rahner verstehen, Kevelaer 2002, S.175)

Im Klartext: Sein Lexikon soll deshalb nicht ins Italienische übersetzt werden, damit es die Mitarbeiter des Papstes nicht kennen lernen, da diese nicht unbedingt Deutsch können und ohnehin „beschränkt“ seien.

So sollte Rom hintergangen werden.

Sprache also als Täuschungshandlung, nicht als Eröffnung der Wahrheit.

Wie bedenkenlos er vorging, zeigt auch folgende Begebenheit: Als einer der Wortführer der Gegenseite, der fast blinde Kardinal Ottaviani und immerhin Präfekt ( = Vorsteher) des heiligen Offiziums ( = ganz wichtige Kardinalskongregation in der Kurie, der Gesamtheit der päpstlichen Leitungsbehörde) während einer Rede auf dem Konzil die Überlieferung der Kirche gegen ihre Widersacher verteidigte und dabei seine Redezeit überschritt, wurde ihm von Kardinal Alfrink (übrigens Mitglied der „Rhein-Allianz“) einfach das Mikrofon abgestellt, und zwar prompt in dem Moment, als man in der Konzilshalle zu klatschen anfing, was bis dahin selten üblich war.

In einem Brief vom 05.11.1962 kommentierte dies Rahner an den bereits genannten und gleichgesinnten Vorgrimler so: „Dass … Alfrink neulich Ottaviani das Wort entzog, weil er zu lang redete und man dann zu klatschen begann, wirst Du gehört haben.“ Der Leser beachte die Respektlosigkeit der Sprache und die Tatsache, dass er das Vorgehen von Kardinal Alfrink erkennbar ganz in Ordnung fand und keine Probleme damit hatte, dass damit - genau genommen - den klatschenden Bischöfen ebenfalls das Wort abgeschnitten wurde.

Der gelegentliche Hinweis, die Bischöfe hätten wegen der Mikrofonabschaltung geklatscht, ergibt keinen Sinn, weil die Teilnehmer den Grund für die Abschaltung angesichts der Weite der Hallen vorne gar nicht bemerken konnten. Hier würde zudem der Versammlung Häme und Schadenfreude unterstellt, welche der Natur der anwesenden Bischöfe eigentlich nicht entsprach. Eher aber, wie wir sahen, Theologen wie z.B. Rahner, der vor der Konzilszeit als Theologe von Rom gemaßregelt worden war und mit ihm daher noch eine Rechnung offen hatte.

In seinem kleinen Konzilskompendium (Herausgeber: Rahner und Vorgrimler) gibt Rahner unverblümt zu, dass etliche Aussagen in den Konzilstexten teilweise auch auf dem Weg eines Kompromisses zustande gekommen sind, man andererseits aber auch „Formulierungen wählte, die von den einzelnen theologischen Gruppen und Richtungen auf dem Konzil noch verschieden gedeutet werden können“, auch wenn es um „nicht unerhebliche theologische Fragen“ geht (Rahner: Kleines Konzilskompendium, Freiburg 1966, S.21).

Der spätere Papst Johannes Paul II rühmte allerdings Karl Rahner und Hans Küng als hervorragende Theologen, die eine „außergewöhnliche Rolle bei diesen Vorbereitungsarbeiten (zum Konzil) gespielt“ hätten. In diesem Zusammenhang nannte er auch die Theologen Henri de Lubac, J. Daniélou, Y. Congar, und R. Lombardi, sämtlich gefeierte Theologen der „modernen“ Theologie. Es ist in diesem Zusammenhang auch die Tatsache zu erklären, dass genau dieser Papst zentrale neue Lehren des Konzils in seiner sehr langen Amtszeit bekräftigte, durchsetzte und sogar noch erweiterte, wie wir sehen werden.

Henri de Lubac wurde übrigens später unter Papst Johannes Paul II Kardinal, ein Mann, der die grundlegende Unterscheidung von Natur und Übernatur leugnete, eine Lehrmeinung, die vordem Papst Pius XII ( gestorben 1958) in seiner Enzyklika „Humani generis“ ausdrücklich verurteilt hatte.

Ebenfalls zum Kardinal erhoben wurde Yves Congar, von dem die für einen Katholiken ungeheuerliche Aussage über den Reformator und Gründer der 450 Jahre alten protestantischen Gegenkirche, Martin Luther, bekannt wurde: „Luther ist eines der größten religiösen Genies der gesamten Geschichte. Ich stelle ihn in dieser Hinsicht auf eine Stufe mit dem heiligen Augustinus, dem heiligen Thomas von Aquin oder mit Pascal. In gewisser Hinsicht steht er noch höher. . . Luther war ein Mann der Kirche.“

Alle Schriften und Aussagen Martin Luthers belegen aber, dass Luther der größte Feind des katholischen Glaubens war, den die Kirche je hatte und bei seiner Bibel – Übersetzung ins Deutsche nicht nur sehr grobschlächtig mit dem altgriechischen Text umging, sondern auch mit eigenmächtigen Zusätzen bzw. Abstrichen versah, welche den Glauben völlig umdrehte und einen anderen erschuf. Kritik wies er polternd mit der Bemerkung zurück, er wolle es aber so haben.

Beide Theologen also, Rahner wie Küng, hatten gewaltigen Einfluss auf die Textformulierungen des Konzils, die prompt von den deutschsprachigen Bischöfen und dann auch von der „Rhein-Allianz“ stets übernommen wurden. Da aber das Konzil die Stellungnahme dieser europäischen Bischöfe meist ebenfalls übernahm, wird der maßgebende Einfluss dieser Theologen auf die zukünftige Glaubenslehre erst möglich, vor allem Karl Rahners, der vorne am Vorstandstisch praktisch ein Mikrofon für sich hatte und zu allem gefragt wurde, wie ein Richter.

Selbst Yves Congar gab nach dem Konzil auf die Frage, ob Karl Rahner einen großen Einfluss auf die theologische Kommission gehabt habe, offen zu: „Einen entscheidenden. Das Klima wandelte sich: Rahner dixit: ergo verum est (=Rahner hat es gesagt, also ist es wahr.)

Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Die theologische Kommission bestand neben den Bischöfen auch aus einigen Ordensoberen, wie denen der Dominikaner oder der Karmeliten ( =Mönchsgemeinschaften innerhalb der Kirche), und jeder von ihnen hatte einen Experten zur Seite. Nun standen auf dem Sitzungstisch zwei Mikrofone, aber Rahner nahm eins von ihnen praktisch allein für sich in Beschlag. Er war etwas aufdringlich, und im übrigen wandte sich der Wiener Kardinal Franz König öfters an seinen Experten, um ihn zu fragen: „Rahner, quid? (Rahner, was?). Natürlich ergriff er das Wort“. (aus: 30 Tage in Kirche und Welt, Nr. 3,1993, S. 22).

„Und weiter?“

Der Trick, nämlich der der zweideutigen Formulierung, um Konzilsbischöfe zu täuschen und zu überrumpeln, stellt natürlich ein besonders perfides ( = tückisch, hinterlistig) Vorgehen dar, aber es war eben genau die Methode, die man brauchte, um die Konzilstexte, waren sie einmal angenommen, später im Sinne ganz anderer Ziele auszulegen. Das Konzil sollte also nur dazu herhalten, eine Art Blankovollmacht auszustellen für Texte, deren Aussagesinn zu erklären anderen vorbehalten werden sollte. So konnte man sich jederzeit auf den angeblichen Willen und den angeblichen Geist eines Konzils berufen für eine Auslegung, deren Wirkung die Bischöfe noch gar nicht absehen konnten und die sie auch gar nicht gewollt hatten.

Ein besonderes Beispiel dafür zeigt eine Stelle im Konzilsdokument „Lumen gentium“ 1,8.

Dort wird gesagt, dass die Kirche Christi in der katholischen Kirche verwirklicht sei beziehungsweise sich in ihr subsistiere ( wörtlich: . . . subsistit in. . . ).

Hinter dieser harmlos klingenden Aussage verbirgt sich, dass die katholische Kirche nur irgendeine Verwirklichung der Kirche Christi sei, also eine mögliche unter mehreren möglichen.

Damit verschwand die alte Lehre, dass die katholische Kirche die Kirche Christi „ist“, also eine absolute Identität zwischen der Kirche Christi und der katholischen Kirche bestehe.

Dieses „ist“ ( lat. „est“ ) befand sich auch in den Vorentwürfen des Konzilstextes, das aber klammheimlich ausgetauscht wurde, von wem auch immer. Der Sinn: Es sollte ein neues Kirchenverständnis begründet werden, nach dem die katholische Kirche nur eine unter vielen Kirchen sei (so auch der Konzils-Kardinal Johannes Willebrands in „Mandatum unitatis“, Paderborn 1989, S. 352).

In einem Brief an Pater Gaudron, Priesterbruderschaft Sankt Pius X, vom 3. August 2000 schreibt der evangelische Pastor Wilhelm Schmidt: „Ich war, damals Pastor an der Kirche vom Heiligen Kreuz in Bremen – Horn, während der 3. und 4. Periode Gutachter beim Konzil als Vertreter der evangelischen Michaelsbruderschaft, eingeladen von Kardinal Bea ( zuständig übrigens für den gesamten kirchlichen „Ökumenismus“, wo es ursprünglich um die Wiedervereinigung aller christlichen Kirchen gehen sollte, Hinweis d. d. Verfasser). Die Formulierung „subsitit in“ habe ich schriftlich dem damaligen theologischen Berater von Kardinal Frings, Joseph Ratzinger, überreicht, welcher sie an den Kardinal weitergegeben hat“ ( zit. n. „Katholischer Katechismus zur kirchlichen Krise“, 2012, S.66, übrigens eine exzellente Situationsbeschreibung).

Prompt setzte sich das neue Verständnis von Kirche auch nach dem Konzil durch. Während die katholische Kirche bisher immer gelehrt hatte, dass die Einheit der Christenheit nur durch die Rückkehr der abgespaltenen kirchlichen Gemeinschaften in die katholische Kirche möglich sei, und zwar von ihrem Wesen her, da die katholische Kirche die ursprüngliche sei und Jesus Christus nur eine einzige Kirche gegründet habe, welche die ganze Wahrheit in der Fülle besitze, behauptet nunmehr z.B. der ökumenische ( d.h. alle christlichen Kirchengemeinschaften betreffende) Katechismus: „Ziel ist nicht Rückkehr, vielmehr Gemeinschaft von Schwesterkirchen, Einheit in versöhnter Verschiedenheit; Einheit der Kirche – die Kirchen bleiben und eine Kirche werden“. ( Nr.9.4.2: Zielvorstellungen künftiger Kirchengemeinschaft, S.172. Heinz Schütte: Kirche im ökumenischen Verständnis, 1991 ). Zu diesem Werk hatte der katholische Erzbischof von Paderborn, Johannes Joachim Degenhardt, das Geleitwort geschrieben. Diese Formulierung befindet sich heute auch in den Schulbüchern.

Damit ist die katholische Kirche mit anderen, die nicht den katholischen Glauben haben, „versöhnt“, und das kann auch so bleiben; denn sie würden ja „eine Kirche werden“.

Die dahinterstehende Logik ist zwar nicht nachzuvollziehen, aber Degenhardt erhielt den Beifall auch von vielen anderen Bischöfen. Laut den neuen Lehren des Konzils habe sie „der Geist Christi“ ohnehin „gewürdigt, Mittel des Heils“ (=Konzilsdekret „Unitatis redintegratio“ 3 ) zu sein. Völlig unterschiedliche Glaubenslehren und daraus folgende Lebensweisen werden unwichtig. Wozu also noch katholisch sein?

In einer Laudatio (Lobesrede) für den protestantisch-evangelischen Landesbischof Johannes Friedrich am 11. Oktober 2011 hatte sogar der oberste Glaubenswächter der katholischen Kirche in Rom, Kardinal Müller, erklärt, dass die sogenannte „Rückkehr – Ökumene abwegig“ sei. Die im Laufe der Geschichte von der katholischen Kirche abgefallenen kirchlichen Gemeinschaften brauchten also nicht mehr in die katholische Kirche zurückzukehren.

Damit verriet auch er alles, wofür die Kirche und alle Päpste bis Papst Pius XII (z.B. in der Enzyklika „Mystici corporis“ ) gekämpft hatten.

Begründet wird die Ökumene–Theologie aber mit einer ebenfalls zunächst harmlos klingenden Behauptung, in den anderen christlichen Bekenntnissen und so weiter gebe es ja auch „Elemente“ des Christlichen, zum Beispiel das Gebet, das Glaubensbekenntnis, die Anerkennung Jesu Christi etc. etc.. Diese „Elemente“, die nur noch zur Vervollkommnung gebracht werden müssten, aber immerhin schon vorhanden und als wird „wertvoll“ anerkannt werden müssten, lösen das 2000 Jahre alte Kirchenverständnis und damit die Kirche von innen her auf. Die immer nur als unteilbare Einheit verstandene Kirche wurde nun zu einer Ansammlung von voneinander unabhängigen Elementen, aus denen sich die Kirche zusammensetze. Diese neue Theologie gehört zu den zunächst unerkannten Zeitbomben des Zweiten Vatikanischen Konzils, die man mit Vorsatz in das Konzilsdokument eingebaut hat und die erst später gezündet werden sollte, um ihre volle Zerstörungswirkung für den katholischen Glauben und das Christentum überhaupt zu entfalten. Genau dies geschieht in dieser Zeit, wie ich weiter unten zeigen werde.

„Und nun“?

Dass die weitere Entwicklung der formal noch bestehenden katholischen Kirche nach dem Konzil in schneller Radikalität ganz anders und viel katastrophaler verlief, als es die Konzilsväter überhaupt je für möglich gehalten hätten, hatte in all diesen Dingen ihre erste Ursache.

"Und weiter?"

Eine zweite Ursache kam hinzu: die später folgenden Ausführungsbestimmungen zu den Konzilsergebnissen.

Wie dabei vorgegangen wurde und welche katastrophalen Folgen sich für die katholische Kirche alsbald zeigten, zeigt sich präzise, wenn ich die eigentliche Lehre der katholischen Kirche bis zum Konzil in Grundzügen und in äußerster Kürze aufzeige und sie dann mit den Neuerungen und Veränderungen vergleiche.

Danach wird für jeden deutlich, dass wir es mit zwei völlig verschiedenen Kirchen zu tun haben, mit der 2000-jährigen Kirche vor dem Konzil und der Kirche nach dem Konzil, die man nur anti-katholisch und eigentlich auch nicht mehr christlich nennen kann. Der Leser wird, wenn er die kurze Geduld aufbringt, die nicht uninteressante Lehre der ursprünglichen Kirche kennen zu lernen, auch als Nichtfachmann selbst sehen, welche Vernichtungswelle die Kirche bzw. den ursprünglich katholischen Glauben erreicht hat und dass er im Kern aufgehört hat zu existieren.

Fairerweise stelle ich deren ursprüngliche Glaubenslehre aus deren Selbstverständnis dar.

Das Ende des katholischen Glaubens oder Der dritte Sündenfall

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