Читать книгу Das Sagenland - Maniko Htovárh - Страница 10
Kiaras Ankunft
ОглавлениеAls Kiara die Augen wieder öffnete, stand sie in einem Raum, dessen Wände aus Fels waren.
Es gab kein Fenster, nur ein Loch in der Decke. An den Wänden hingen brennende Fackeln in massiven Wandhaltern. Rechts von ihr stand ein Holzschrank, ihr gegenüber war eine Tür. Links von ihr stand ein altes, hölzernes Himmelbett mit Schnitzereien. Darin lag Helos und schlief. Kiara ging langsam auf ihn. Sie wich zurück als Helos erwachte und seine Augen aufschlug.
>>Kiara, schön das du hier bist. Und wie hübsch und erwachsen du bist.<<, musterte Helos Kiara, wie sie da stand, Barfuß, mit ihrer hellblauen Jeans und dem grauen T-Shirt.
Und auch Kiara musterte Helos. Er hatte ein langärmeliges, beiges Hemd an. Dieses hatte einen kleinen Kraken und war im Brustbereich mit Schnüren versehen. Zu dem trug er eine braune Bundhose und braune Stiefel.
>>Ich konnte nur im Traum Kontakt zu dir aufnehmen, darum schlief ich.<<, sagte er.
Kiara schaute sich neugierig um.
>>Wo bin ich hier?<<
>>Im Felstempel, unserem Unterschlupf. Wir mussten uns gut vor Taros verstecken.<<
Kiara kniff ihre Augen scharf zusammen. >>Taros ist der Böse?<<, fragte sie zögerlich.
>>Genau. Er ist der Mörder deiner richtigen Eltern. Er hält die Zauberin Resa gefangen und er ist der Grund für das Chaos in der Menschenwelt und auch in unserer. Komm mit, ich zeige dir alles. Aber so kann ich dich nicht herum führen.<<, Helos deutete auf Kiara´s Kleidung.
Er ging hinüber zum Schrank, öffnete ihn und reichte Kiara einen langen Umhang: >>Wirf den über. Keiner darf dich so gekleidet sehen, das würde auffallen.<<
Kiara verstand nicht aber tat es, noch immer etwas benommen von dem, was hier geschah.
Die beiden gingen aus dem Zimmer in den Gang.
Der Gang war breit und vereinzelt standen Wachen. An den Wänden hingen überall Fackeln in massiven Haltern und ab und zu war ein Loch in der Wand. Vereinzelt waren Spiegel aufgestellt, um das Sonnenlicht zu reflektieren welches durch die Löcher fiel. Es gab keine Fenster.
>>Wir haben den Tempel in den Rimosfelsen gehauen. Deswegen gibt es keine Fenster. Die Löcher in den Außenwänden sorgen für frische Luft und Licht. Das Rimosgebirge haben wir für unsere Leute ausgebaut. Im Rimoswald leben die Dorfbewohner, welche in Gefahr waren und zu uns flüchteten.<<, erzählte Helos während sie weiter den Gang hinunter gingen.
Er zeigte ihr den Konferenzsaal. Er war groß mit einem ovalen Tisch aus Stein in der Mitte, um den etwa zwölf oder vierzehn Stühle standen. Am Ende des Zimmers hing ein großes Gemälde mit einem golden-geschnitzten Rahmen.
Darunter stand ein Tisch, auf dem ein braunes Buch lag.
>>Und wie oft hast du mich schon aufgesucht?<<, fragte Kiara.
>>Gestern Nacht das Erste mal. Ich wusste selber nicht, wo du bist und erst an deinem achtzehnten Geburtstag konnte ich im Traum zu dir finden. Und dennoch weiß ich schon alles über dich.<<
Helos´ Stimme war so angenehm, Kiara hörte ihm gerne zu.
Sie gingen wieder raus und den Gang weiter entlang. Links und rechts waren Türen, Schlafgemächer wie Helos meinte.
Er führte sie in ein Zimmer: >>Das ist dein Gemach. Bitte zieh dich um. Noch darf keiner wissen, dass du schon hier bist. Im Schrank hängen Sachen. Die müssten dir passen. Ich warte draußen auf dich.<<
Er ging hinaus und schloss die Tür hinter sich.
Auch hier im Zimmer hingen, wie überall, Fackeln. Allerdings gab es hier kein Loch in der Wand.
Rechts neben der Tür stand ein Tisch mit Schubfächern und einem großen Spiegel. Daneben stand ein Holzschrank mit zwei Türen. An der hinteren Wand war ein altes Himmelbett. Aber es hatte keine Schnitzereien wie das von Helos.
Kiara ging hinüber zum Schrank und öffnete ihn. Darin war ein brauner Lederrock aus weichem Wildleder und einem Gürtel aus festem Leder, ein weißes Bauchfreies Hemd mit kurzen Ärmeln und leichten Rüschen. An der Brust konnte man es schnüren. Dazu eine Lederweste aus dem selben Leder und der selben Farbe wie der Rock und braune Kniehohe Wildlederstiefel. Kiara zog sich um und war überrascht, dass die Sachen passten. Sie ging zum Spiegel um zu sehen, wie sie aussah, schließlich hatte sie noch nie zuvor solche Kleidung getragen.
>>Also das hätte ich nicht gedacht. Sieht gar nicht mal schlecht aus.<<, befand sie überrascht.
Neugierig und gespannt, und auch etwas übermütig, wollte sie nun mehr sehen. Noch kam es ihr vor wie ein Traum, aus dem sie jederzeit erwachen konnte. Aber bald sollte sie merken, dass es nicht so war.
Helos zeigte ihr den Rest des Tempels.
>>Da drüben entlang kommst du zum See. Du kannst ihn durch diesen Tunnel oder auch über den kleinen Pass, der oben entlang führt, erreichen. Nun zeige ich dir das Trainingsplateau und die Stallungen. Du wirst erst morgen den anderen Vorgestellt. Du sagst kein Wort wenn ich mit den Kriegern rede und wenn wir gespeist haben, wirst du dich ausruhen!<<, erklärte Helos bestimmend.
Die zwei gingen eine schmale, lange Wendeltreppe hinauf, die in den Stein geschlagen wurde. Etage für Etage führte ein Gang in das innere des Berges an Türen vorbei. Auch hier standen vereinzelt Wachen. Kiara staunte, so was hatte sie noch nie zuvor gesehen. Es war, als hätte man einfach ein Haus in den Felsen gestellt. Fünf Etagen hatten sie durchquert, bis sie oben ins Freie traten.
>>Das muss Jahre gedauert haben. Das ist ja Gigantisch.<<, staunte Kiara. >>Zwölf Jahre und wir bauen auch jetzt noch etwas. Aber wir sind stolz und froh, das wir hier sind. Bis jetzt waren wir immer gut geschützt. Taros´ Leute haben uns bis heute nicht gefunden. Das haben wir unseren Toraufschüttungen zu verdanken.<<
>>Toraufschüttungen?<<
>>Ja. Komm mit hier rüber, ich zeig es dir.<<
Nach rechts ging der kleine Pass ab, der zum See führte. Sie gingen gerade aus und waren auf dem Trainingsplateau. Von der rechten Seite aus konnte man sehr gut in die Schlucht und ins Tal hinunter sehen.
>>Wir haben dort den Zugang von der Schlucht ins Tal mit einem Schiebetor, welches mit Fels überdeckt ist, versehen. Sowie den Haupteingang und den Seiteneingang zum Tempel. Der Rimosfelsen ist von Wald umgeben. Daher schaut für Fremde alles gleich aus.<<, erklärte Helos.
Kiaras Blick schweifte über die Schlucht, sie sah die Stallungen, die Schmiede und die Koppel, und dann weiter übers Tal.
>>Es ist wunderschön hier. Von außen denkt man sicher, dort drüben geht es nicht weiter. Das ist Clever. Wirklich gut!<<
>>Danke Eure Majestät.<<, Helos lächelte Kiara zu. Die schien aber nichts mehr mitzubekommen, so fasziniert war sie von all dem. Helos zeigte ihr den Trainingsplatz. Er war groß und breit. Er erinnerte Kiara an den Trainingsplatz auf der Polizeischule. Rechts standen Gerüste bis zu Zwanzig Metern hoch, an denen gerade Männer ihre Kletterkunst übten.
Am Anfang des Gerüsts war eine Leiter zum hoch und runter steigen, dann kam die Stange zum Balancieren, eine Stange zum Klettern, Sprossen zum Hangeln und das Seil, ebenfalls zum hoch und runter klettern, je nach dem, auf welcher Seite man begann. Unter dem Gerüst war eine Wassergrube. >>Damit sich bei einem Fall keiner verletzt<<, erklärte Helos, >> und dort üben wir Reiten und Zweikampf.<<, erklärte er weiter und zeigte nach Links auf eine große Wiese, auf der weiter hinten Strohfiguren standen. >>Da kann man zu Pferd den Umgang mit Pfeil und Bogen und Schwertkampf üben.<<, fuhr er fort.
Kiara sah einige Zeit den Reitern zu, wie sie mit einem Speer oder mit Pfeil und Bogen die Ziele beschossen. >>Und dort hinten rechts üben wir springen und klettern.<<, Helos zeigte dabei auf einen etwas abgelegenen Platz. Dort hinten rechts war eine Holzwand über die man kletterte, dann ging es an einem Netz nach oben, über eine Art Hängebrücke auf die andere Seite, dort war dann ein großer Podest, der genug Anlauf bot, um auf die übrigen Podeste rings herum zu springen, die in Abständen von bis zu Zwanzig Metern standen. >>Und das schafft einer?<<, wollte Kiara wissen, denn zwanzig Meter zu springen, dass ist sehr weit. >>Bis jetzt wurden die Zehn Meter beinahe, aber die die Zwanzig Meter noch nicht geschafft. Aber wir werden sehen.<< Helos schien zuversichtlich zu sein, doch Kiara zweifelte.
Überall waren Krieger verteilt, die fleißig übten und fast gleich gekleidet waren. Braune oder schwarze Hosen und Stiefel, und weiße oder olivfarbene Hemden.
Neugierig schauten sie zu Helos und seiner Begleiterin. Ein Tuscheln ging herum wie >Wer ist das?< >Ist sie neu?< >Schon mal hier gewesen?< und so weiter. Doch Helos blieb nicht stehen, sondern ging ruhig mit Kiara weiter.
Sie aßen allein zu Abend und Helos verabschiedete sich: >>Du hast morgen einen schweren Tag vor dir. Du wirst deinen Trainingspartner kennenlernen und trainieren. Und ich werde anfangen, dich mit deinen Kräften vertraut zu machen.<< >>Kräfte? Ich habe Kräfte?<<, fragte Kiara verdutzt.
>>Innere Kräfte. Innere Stärken. Aber genug für Heute. Geh schlafen! Findest du dich zurecht?<<
>>Ja Helos, Danke. Ich werde mein Zimmer schon finden.<<
>>Gut, also dann sehen wir uns morgen. Gute Nacht Kiara.<<
>>Gute Nacht Helos.<<
Kiara aber war so aufgeregt vor Neugier, dass sie nicht mal ans Schlafen denken konnte. Also entschloss sie sich, sich noch etwas um zu sehen, ging durch die Gänge und kam wieder zum Konferenzsaal. ´Keine Wachen da.´, dachte sie als sie sich umsah. Daher ging sie beruhigt in den Konferenzsaal. Das Buch, auf dem Tisch unter dem Gemälde, wollte sie sich anschauen.
Sie ging durch den Saal auf den Tisch zu und betrachtete das Gemälde. Eine Frau, die ihre langen hellbraunen Haare nach oben gebunden hatte, hielt ein Baby im Arm, welches in ein weißes Tuch gehüllt war. Die Frau trug ein langes, eng anliegendes Bordeauxrotes Kleid. Scheinbar aus Samt. Neben der Frau stand ein stattlicher Mann mit kurzem schwarzen Haar. Er hatte einen Vollbart und trug ein schwarzes Gewand mit roten Applikationen und einem schwarz-roten Umhang. Beide sahen sehr freundlich aus.
Das Buch lag geschlossen auf dem Tisch. Es war mit einer dunkelbraunen Lederhülle versehen und ohne Aufschrift. Kiara öffnete das Buch, doch die Schrift in der es geschrieben war, konnte sie nicht lesen. Auf einmal rief jemand hinter ihr: >>Unbefugte dürfen hier nicht rein. Was machst du da?<< Kiara ließ vor Schreck das Buch fallen, drehte sich um und sah einen Mann in der Tür stehen.
>>Sei Vorsichtig!<<, er kam auf Kiara zu und hob das Buch auf, >>Was wolltest du damit?<<
Kiara fing an zu stottern: >>Ich...ich wollte...wollte mich doch nur...<<
>>Du wolltest doch nur was?<<
Kiara stand nur da und starrte ihn an. Er sah verdammt gut aus. Groß, breite Schultern, dunkel-braune Augen und kurzes schwarz-braunes Haar. Doch er war so barsch und sah sie fragend an. >>Weißt du denn nicht, das hier nur die Heerführer, Berater und Booten hinein dürfen? Scheinbar nicht. Ich habe dich heute gesehen, du bist neu hier. Oder? Geh jetzt auf dein Zimmer und ich möchte dich hier nicht wieder sehen! Verstanden?<<, er drückte sich sehr scharf und dennoch nett aus.
´Keiner darf wissen, das ich hier bin.´, dachte Kiara, senkte den Kopf und nickte, drehte sich um und ging zu Bett. Der Kerl, wie Kiara ihn für sich selbst bezeichnete, sah ihr prüfend nach und legte dann das Buch zurück.
>>Ich glaube wir müssen doch noch Wachen hier postieren. Eines Tages kommt jeder hier herein und wenn es gut geht, dann plaudert jemand unsere Pläne aus. Nur gut, dass ich immer auf Kontrollgang gehe.<<, brummte er vor sich hin, als er weiter seines Weges zog.
Am nächsten Tag wurde Kiara schon sehr früh geweckt. Die Sonne war gerade aufgegangen, als ein Mädchen sie aufweckte. Kiara erschrak und musste für einen Moment ihre Gedanken sammeln, um zu wissen wo sie war. Sie hatte nicht einschlafen können, drehte sich ständig umher und jetzt, wo man sie munter machte, kam es ihr vor, als ob sie gerade erst eingeschlafen war.
>>Hab keine Angst! Ich bin Sina. Helos sagte mir ich soll dich wecken. Guten Morgen.<<
>>Guten Morgen. Ich bin...<<, Kiara war noch ganz benommen und rieb sich die Augen. Sie wollte sich vorstellen, doch Sina unterbrach sie.
>>Ich weiß wer du bist. Du bist Kiara.<<
>>Ja genau.<<, lächelte Kiara Sina zu. Es war gut, dass Sina sie unterbrach, denn Kiara war noch zu verschlafen, um überhaupt etwas zu sagen.
>>Helos wartet schon auf dich. Du sollst zu ihm gehen.<<, sagte Sina und ging wieder.
Sina hatte in etwa das selbe an, wie sie. Einen dunkelbraunen Rock, Kniehohe Lederstiefel und ein langes weißes kurzärmeliges Hemd. Ihre roten, langen, leicht gelockten Haare trug sie offen und das machte sie noch hübscher. Sie erinnerte Kiara an ihre Mam.
Kiara stand auf, zog sich an, band sich ihre Haare mit einem dicken Band zu einem Pferdeschwanz hoch und ging zu Helos. Der wartete schon mit dem Essen auf Kiara.
>>Hast du gut geschlafen?<<, fragte er.
>>Naja, weißt du, ich konnte nicht einschlafen. Es war so ungewohnt. Und als ich endlich Schlaf fand, da war auch Sina schon da.<<, sie zuckte mit den Schultern, setzte sich hin und aß.
Es gab dunkles Brot mit Schinken und Tomaten. Auch Äpfel standen in einer Schale auf dem Tisch. Kiara brach sich ein Stück Brot ab. Es duftete frisch gebacken. Sie Schnitt sich zwei Scheiben Schinken ab, der lecker nach geräuchertem roch, und nahm sich Tomaten dazu.
Kiara biss vom Brot ab. Es schmeckte köstlich nach Kräutern und Roggen. Kiara schloss einen Moment die Augen und genoss den rauchigen Geschmack von Wacholder, als sie vom Schinken abbiss.
Helos beobachtete sie genau. Sie tat es Majestätisch, obwohl sie bis jetzt nichts davon wusste.
>>Du wirst dein Volk sicher gut regieren. Und du wirst sicher bei allen beliebt sein.<<, lobte Helos.
Kiara schlug schlagartig die Augen auf und starrte Helos an. Ihr blieb der Bissen, den sie gerade noch so genossen hatte, im Mund stecken.
>>Was sagst du? Was soll, werde ich?<<, würgte sie mit vollem Mund heraus, nahm einen Schluck vom dem dunkelroten Traubensaft, welcher in silbernen Bechern auf dem Tisch stand, und schluckte krampfhaft ihr köstliches Essen runter.
>>Du bist die Königstochter. Es versteht sich von selbst, dass das deine Aufgabe sein wird.<<
Kiara verging der Appetit. Wo war ihr Übermut von gestern, fragte sie sich.
>>Ich glaube, es wäre besser kleine Schritte zu machen. Nichts zu überstürzen.<<, wandte sie ein. >>Ja natürlich. War ja nur mein Gedanke.<<
Helos saß zurückgelehnt im Stuhl, schaute mit verdrehten Augen nach oben und machte ein drehende Handbewegung in der Luft, wodurch er wohl bekräftigen wollte, dass es nur ein Gedanke war. Kiara starrte Helos immer noch an, nahm wieder den silbernen Becher, den sie neben ihren Teller gestellt hatte, und trank erneut.
Sie konnte keine weiteren Worte finden. Fast wie in Zeitlupe stellte sie den Becher zurück.
Dies war wohl für beide eine nicht angenehme Situation. Sie sahen sich an und sagten im selben Moment >Wollen wir gehen?< und nach einer kurzen Stille wieder gleichzeitig >Ja.<
Beide mussten lachten, standen auf und gingen hoch zum Trainingsplateau.