Читать книгу Das Phantom vom Pfaffenteich - Marc Kayser - Страница 10

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Zurück im Flur, lugte er erneut angespannt durch den Türspion. Niemand zu sehen. Vorsichtig öffnete er seine Wohnungstür, sprang behände die beiden Stufen hinunter und spazierte nur wenige Meter zu seinem Briefkasten, entriegelte ihn und sah nach Post. Ein mittelgroßes Kuvert war angekommen, das an den Namen Jonas Lipsky adressiert war. Er riss es auf. Kontoauszüge. Er blickte auf sein Guthaben. 41.395 Euro. Er lächelte fein.

Zurück in seiner Wohnung, warf er den Umschlag achtlos auf ein Beistelltischchen im Flur, klappte die als Spiegel getarnte Tür auf und verschwand erneut im Souterrain.

Obwohl das Bett riesig war, nahm es dennoch nicht den gesamten Raum ein. Den noch verbliebenen Platz teilte es sich mit einem schmalen Metalltisch, auf dem ein Computerbildschirm samt Tastatur und Maus und ein kleines Mischpult standen. Direkt vor dem Bett war eine Kamera auf einem Stativ aufgebaut und starrte mit ihrem Objektiv direkt aufs Laken. Von den vier Ecken an der Decke des Raumes blickten die Linsen vier weiterer Überwachungskameras auf das Geschehen darunter. Links und rechts des Bettes waren Mikrofone auf Ständer geschraubt und ebenfalls auf das Bett gerichtet. Etwa fünf Zentimeter dicke Styroporplatten, die an die Wände geklebt waren, sollten Hallgeräusche verhindern.

Lipsky schwang sich auf seinem Drehstuhl vor den imposant großen Bildschirm, der bereits im Stand-by-Modus auf ihn wartete. Er drückte auf einen Knopf. Das Standbild eines Videos im Ruhemodus flammte auf. Der Mörder des Mädchens drückte auf record. Kamerabilder zeigten in eigenen Bildsplits das Bett mit dem toten Mädchen. Er zoomte die Kamera jetzt unverschämt dicht an das Mädchen heran und suchte sich das Areal unterhalb des Bauchnabels. Er erhob sich, entkleidete sich, zog sich eine Maske über die Augen und glitt nun selbst als Akteur in das Bild hinein, zerschnitt mit einer kleinen Schere ihren Slip und machte sich an dem Mädchen mit der Zunge, Fingern und seinem Geschlechtsteil zu schaffen. Den fünf Kameras entging dabei nichts, was der Mann nicht auch freiwillig zeigen wollte. Je mehr Zeit verstrich, umso brutaler sein Vorgehen. Das erregte Stöhnen des Mannes war deutlich zu hören, das sich in der Folge seiner augenscheinlichen Vergewaltigung in eine Art ekstatisches Geheul steigerte. Etwa bei Minute einundzwanzig entlud sich Lipsky auf dem nackten Körper, glitt einen Moment später aus dem Bild der Kameras, stoppte die Aufnahmen, ein Standbild erschien. Nackt wie er war, die Maske weiter auf dem Gesicht, sah sich Jonas Lipsky das Video an, masturbierte und beendete sein Tun nur kurze Zeit später röchelnd und mit verzerrtem Gesicht. »Mehr, ich will mehr …«

Er wusch sich die Hände und kehrte an seinen Computer zurück. Er speicherte die Datei, rief eine verschlüsselte Seite über einen Browser namens Tor im Darknet auf und schrieb eine kryptisch klingende Nachricht an einen User, der sich Hadraniel5211 nannte. Er versetzte seinen Bildschirm in den Ruhemodus. Er löschte alle Lichter und warf sich neben die Leiche auf das Bett. Er zog eine Decke über sich und das Mädchen und schlief ein.

Eineinhalb Stunden später erklang ein scharfes, hoch tönendes Signal. Verschlafen richtete sich Lipsky auf. Der Computer-Bildschirm war in den Betriebsmodus zurückgekehrt und beleuchtete mit einem kalten Licht düster den Raum. Lipsky verließ das Bett, setzte sich vor den Bildschirm, rief die Datei mit dem Video auf, lud es in den Orbit des Internets hoch und versandte es an die Adresse,

die ihm Hadraniel5211 per Nachricht hatte zukommen lassen. Er wartete. Die Datei war hochgeladen. Er wartete erneut. Er erhielt eine Nachricht mit einer Überweisungskopie. 2.500 Euro. Zahlungsgrund: »Technische Dienstleistungen«.

Unbekümmert und wie eine Ratte, die ans Tageslicht will, verließ er sein Kellerloch und kehrte eine Etage darüber in seine Küche zurück. Er setzte seine Espressomaschine unter Strom. Er war zufrieden, das Geschäft mit seinen gierigen Kunden lief wie geschmiert.

Nur wenig später duschte er, kleidete sich an und kehrte in den Souterrain zurück.

Lipsky entleerte den Rucksack des Mädchens auf dem Boden. Schulhefte, eine Federtasche, ein Handy und der Fantasy-Roman Avalon von Marion Zimmer Bradley fielen heraus. Er stapelte seinen Fund übereinander, legte ihren Ausweis aus dem Karton obenauf, sah auf ihren Namen und griff aus dem Regal, wo noch weitere Teppiche lagerten, nach einer Plastikdose mit Paketschnur. Er verschnürte alles und schob die Habseligkeiten wieder zurück in den Rucksack. Dann wandte er sich davon ab und dem Mädchen zu.

»Hallo, kleine Elisabeth, ich ziehe dir jetzt die Kapuze vom Gesicht. Das geht schnell und tut nicht weh.«

Von der Stirn bis hinunter zu ihrem Dekolleté zogen sich bläuliche Streifen. Aus ihren Lippen war jegliches Rot gewichen. Ihre Haut um Mund und Nase war so bleich wie Wachs.

»Was mache ich denn jetzt mit dir, du junges Ding?«

Er blickte auf die Tote vor sich, als erwarte er tatsächlich eine Antwort von ihr.

Das Phantom vom Pfaffenteich

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