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Katzenklappe
Оглавлениеvon Albert M. Eisenhardt
Es war das erste Weihnachtsfest, seit sie ihn rausgeschmissen hatte, dachte Tom zornig. Aber eigentlich hatte er es verdient. Es war der größte Fehler seines Lebens gewesen. Aber die Kinder vermisste er doch sehr. Am Heiligabend war es so schlimm, dass er sich als Weihnachtsmann verkleidet vor die örtliche Kirche stellte und Flyer verteilte. Er wusste, dass Doris und die Kinder zum Krippenspiel kommen würden. Aber er wollte auch wissen, ob ihr neuer Freund mitkam.
Auf einer Party hatte er ein Gespräch mitgehört, in dem von Doris neuem Freund nur als von dem „Lustwart“ gesprochen wurde. Der Altersunterschied zwischen den beiden war schon beträchtlich. Schließlich sah er sie in einem Auto ankommen, das auf den schneebedeckten Parkplatz auf der anderen Seite der Straße fuhr. Der Fahrer ließ den Motor laufen und Doris und die beiden Kinder stiegen aus. Statt bis zum Zebrastreifen zu laufen, nahmen sie die Kurzstrecke und liefen direkt auf ihn zu. Der Fahrer des Wagens wendete und fuhr davon.
Die kleine Cindy nahm einen der Flyer, die er ihr hinhielt. Sie erkannte ihn nicht. „Mama, ich glaube der Weihnachtsmann weint,“ sagte sie im Weitergehen. „Deswegen heißt er ja auch Wein-Nachtsmann“ hörte Tom seinen Sohn Philipp noch ätzen, bevor sie in die Kirche gingen. Immerhin war Tom beruhigt, dass der Lustwart nicht mitgekommen war. Aber fuhr der etwa wieder zu Doris und war dort wohlmöglich schon eingezogen? Er warf die Flyer in einen Mülleimer, der in der Nähe stand, überquerte die Straße und ging zu seinem Auto, setzte sich hinein und fuhr los. Nach zehn Minuten hatte er sein früheres Zuhause erreicht. Und tatsächlich, das Auto von vorhin stand vor dem Haus. Tom fuhr noch etwas mit seinem Auto vor, er wollte einen Blick von außen ins Wohnzimmer werfen. Er sah den festlich geschmückten Weihnachtsbaum, der mit elektrischen Kerzen erleuchtet war. Da erschien der Typ von eben, ging zu einem Sideboard und schenkte sich etwas aus einer Flasche in ein Glas ein. „Das Schwein trinkt von meinem Single Malt!“ Tom war plötzlich kurz vor einem Tobsuchtsanfall. „Na warte, dir werde ich es zeigen.“ Tom überlegte, wie er am besten unbemerkt ins Haus kam. Die Katzenklappe! Er stieg aus dem Auto und ging ums Haus. Wenn die Gittertür nicht zugesperrt war, konnte er durchkriechen. Das hatte er früher, als er sich aus Versehen ausgesperrt hatte, auch schon mal geschafft. Neben der Tür stand ein kleines Gewächshaus in dem Tom Gemüse gezogen hatte. Die Pflanzen machten einen verwelkten Eindruck. Als er sich noch um sie gekümmert hatte, gab es in dem kleinen Häuschen keine einzige Blattlaus. Tom kniete sich hin und streckte die Arme vor ins Innere. Dann zwängte er sich mit seinem ganzen Weihnachtsmannkostüm durch die Katzenklappe. Das musste ein Bild für die Götter sein. Hoffentlich sah ihn der Lustwart nicht so. Es klappte. Tom kroch nach innen und stand benommen auf. Es lärmte die Stereoanlage. Mein Gott, das ist bestimmt Puff Daddy oder so, dachte Tom. Jetzt hörte er eine Person kommen. Schnell schaffte er es noch in die Garage, in die von dem kleinen Flur eine Tür führte. Das Licht brannte. Tom verbarg sich hinter dem aufgeschlagenen Türflügel. Er sah auf die Werkbank, die an der Wand vor ihm stand. Der Lustwart war offensichtlich dabei etwas zu basteln. War das etwa ein Nussknacker? Der junge Mann kam in die Garage, ging zur Werkbank und spannte eine Feile, deren Griff fehlte, in den Schraubstock ein und begann ein Stück Metall abzuschleifen. Danach nahm er eine Zwischenraumbürste, die bestimmt von Doris stammte, und befreite eine Öse von den Spänen. Er hatte sich einen Teller mit Zimtsternen auf die Werkbank gestellt. Tom begann es in der Nase zu jucken, denn er hatte eine Zimtallergie. Eben wollte der Lustwart in einen Zimtstern beißen, da hielt es Tom nicht mehr aus und fing laut an zu niesen. Der Lustwart ließ vor Schreck das Plätzchen fallen und stand mit aufgerissenen Augen da. Tom stürmte instinktiv los, um sich auf ihn zu stürzen. Doch der Lustwart taumelte und fiel mit seinem Genick auf das spitze Ende der Feile, dort wo eigentlich der Holzgriff sitzen sollte und wurde von ihr aufgespießt. Tom war geschockt, soweit hatte er nicht gehen wollen. Er sah wie, unter leisem Röcheln, das Leben aus dem jungen Mann wich.
„Was nun?“, fragte sich Tom. Die Leiche musste verschwinden! Bald kam Doris mit den Kindern vom Krippenspiel heim. Er versuchte den leblosen Körper des Mannes zu bewegen. Er war viel zu schwer. Tom schaute sich in der Garage um. Die Handkreissäge!!
Einige Zeit später kamen die ersten seiner einstigen Nachbarn vom Krippenspiel heim. Die kleine Penny von gegenüber sagte zu ihrer Mutter: „Guck mal, Mama, der Weihnachtsmann da mit dem großen Sack, die bekommen aber viele Geschenke!“
Tom stapfte ächzend durch den Schnee. In der Dunkelheit war der Fleck, an der Unterseite des Sackes kaum wahrzunehmen. Nur das Blut, das in den Pulverschnee tropfte.
Reizworte: Kurzstrecke, Puff Daddy, Zwischenraumbürste, Zimtallergie, Blattlaus
Genre: Weihnachtsgeschichte