Читать книгу Aufstieg zur Menschlichkeit - Marc P. Wyss - Страница 4

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Prolog - Eingangs


»Wer Menschlichkeit verkörpert,

braucht weder gedankliche Ethik noch Moral.

Alles ethische Philosophieren, sich unterordnen

oder einer definierten Sittlichkeit folgen

führt für sich alleine an kein höheres Ziel -

erst der Aufstieg zur Menschlichkeit.«

Wenn der Mensch nicht mehr menschlich ist, verliert er sich - und sein Dasein jede Bedeutung! Steht im Leben Profit über Ratio, Gier vor Güte, Kalkül über Herzlichkeit, wird es in vielerlei Hinsicht oberflächlich, sinn- und freudlos verstreichen. Dies geschieht ganz automatisch und unumgänglich.

Menschlichkeit lässt sich nicht einfach durch logische Maßstäbe definiert, an Regeln bemessen oder gesetzlich bestimmen. Sie geht über die gängigen Prinzipien von Sitte und Moral hinaus. Ihr Ursprung und ihre Bedeutung gestalten sich subtiler. Sie beginnt mit der Einstellung zum Leben, in den Empfindungen über das Dasein, in unterbewussten Denkmustern des Egos.

Wer sich diese grundlegenden Ebenen nie bewusstmacht, wird zeitlebens etwas vermissen. Mit einzig Ruhm, Ehre, Ansehen, Gier, Machthunger oder Unersättlichkeit im Sinn, bleibt man in seinen wahren Empfindungen leer und unerfüllt. Wirtschaftssysteme oder Gesellschaften, die solches Verhalten fördern, werden zu einer Rechtfertigung für Intoleranz, Ausbeutung, Unterdrückung, Falschheit oder Abschottung. Damit vollzieht sich eine systematische Abkehr von der Menschlichkeit in ihrer reinsten Form.

Viele stapfen folglich unbewusst, verführt und schwerfällig durch ihr Dasein, statt mit bewusster Leichtigkeit unbelastet und frei. In diesem Müßiggang und der freudlosen Routine schwinden Lebensfreude und humanitäre Verantwortung dahin. Im Denken liegen die Gründe für das Fehlverhalten und Scheitern.

Im Verstand selbst aber findet sich aus der Misere kein Ausweg, solange das Ego an seiner Denk- und Handlungsweise festhält. Gleichwohl hegen viele große Hoffnungen, dass sich durch großartige Theorien oder philosophische Höhenflüge die Lage bereinigen lässt, ohne dass man dabei seinem Verhalten, der Wirtschaft oder Gesellschaft etwas zu ändern braucht.

Damit gewinnen Begriffen wie Ethik, Moral, Menschenrecht oder Menschenwürde an Bedeutung. Sie gehen mit großen Erwartungen einher, sollen die Würde der modernen Welt wahren. Deren Wurzeln finden sich in der antiken griechischen und alten chinesischen Philosophie, vor mehr als 2000 Jahren. Schon damals wurden die Grundlagen definiert und die wesentlichen Aspekte diskutiert.

Trotz der unzähligen tiefgründigen Überlegungen, den geflügelten Worten und hochtrabenden Ideen hat sich in all der Zeit wenig Zählbares aus diesen Theorien ergeben. Was den Menschen in seiner Lebensweise stärker geprägte waren gesellschaftlicher und kultureller Wandel, Wissen, Technologie, soziale Strukturen und Wohlstand. Menschlichkeit blieb oft unbeachtet und ethische Philosophie und moralische Regeln konnten nachhaltig wenig bewirken. Durch all die Jahrhunderte und Generationen hindurch bis in die Gegenwart zählen daher Intoleranz, Hass, Lüge, Gewalt und Krieg zur traurigen Tagesordnung.

In jeder Gesellschaft existieren Sitte und Moral als gelebtes Regelwerk des zwischenmenschlichen Verhaltens. Ethik, als eine philosophische Disziplin, will sittliche und moralische Aspekte, von der Denkweise zur Handlung bis zu dessen Wirkung, in einer Lehrmeinung darlegen. Menschenrechte benötigen ein Rechtssystem, die sie zur Anwendung bringen. Und Menschenwürde basiert auf dem respektvollen Umgang untereinander, unabhängig von der Abstammung oder den Umständen.

Lehrmeinungen, Regeln, Theorien, gerichtliche Instanzen - für Menschlichkeit ist all dies nicht nötig. Sie ist kein gedanklich ersonnenes Ideal, welches intellektuell verbreitet werden muss, sondern eine Wesensart, die in uns haust, ein Attribut, welches wir beherbergen. Durch bewusste Einkehr lässt sich diese natürliche Seite neu entdecken. Sie lebt in uns als zeitlose, unabhängige Gesinnung, bedarf nichts und niemanden, um fortzubestehen. Wenn der Mensch sich mit ihr befasst, ist dies für ihn gesund, förderlich und ehrenwert.

Über Ethik und Moral kann man tausend Meinungen haben, über Generationen und Jahrhunderte diskutieren, analysieren und streiten. Menschlichkeit, im Gegensatz dazu, muss man einzig verkörpern und leben, im Augenblick. Regeln und Meinungen können grundlegend falsch sein oder falsch verstanden werden. Menschlichkeit zu leben aber führt nie auf irrige Pfade.

Alle philosophischen Überlegungen und Regeln der Sittlichkeit haben nicht, können nicht und werden nicht zu einem höheren Ziel führen. Erst der Aufstieg zur Menschlichkeit stößt diese Türe auf. Mit ihr ändern sich Denkweise, Verhalten, Umgangsformen. Man wird intuitiver und herzlicher, respektvoller und gelassener. So gelangt man näher zu Bedeutung und zum eigenen Selbst, fördert ein bewussteres und beglückteres Wesen.

Indem man Humanität verkörpert werden gedankliche Ethik und gesellschaftliche Moral nebensächlich, unbedeutend, überflüssig. Man erlangt Güte, Einsicht und Mitgefühl, ohne sich an theoretische Regeln oder Meinungen zu halten. Folglich wird man sich nicht mehr so leicht fehlleiten lassen, gleitet nicht arglos ab in gewissenloses oder selbstzerstörerisches Denken und Handeln.

Kong Qui, besser bekannt unter dem Namen Konfuzius, chinesischer Philosoph, 551 bis 479 vor Christus, wird wie folgt zitiert: »Dem Menschen, der der Menschlichkeit entbehrt, helfen keine frommen Gesten.«

Fromme Worte, gläubig Sprüche oder moralische Fingerzeige sind oft leere Gesten, die Weisheit, Bedeutung oder Menschlichkeit nur vorgeben. Verschanze dich nicht hinter religiösen Glaubenssätzen, sittlichen Richtlinien oder philosophischen Anschauungen. Verschwende nicht dein Leben durch die Idealisierungen einer falschen Wahrheit. Wertvoll ist jederzeit die reine Sicht des Herzens! Wahre Herzensgüte verkörpert immer ein mutiges, unbefangenes und freiheitliches Lebensgefühl. Sie fördert intuitives Verhalten, gesund Leichtigkeit und bedingungslose Verbundenheit.

Unter dem Deckmantel von Sitte und Moral wurden schon so oft Ausgrenzungen und Verurteilungen, Hass und Verleumdungen versteckt. Sie führten und führen zu Gewalt, Verletzung, Erniedrigung und Tötung. Macht man sich nicht klar, was diese gedanklichen Gefäße tatsächlich enthalten, kann man durch sie geblendet und ausgenutzt werden.

Lass dein humanes Wesen nicht verkümmern. Lass es nicht zurück hinter fragwürdigen Regeln oder frommen Beteuerungen. Verabschiede dich von den Ausreden und Ausflüchten im Verstand, die dich daran hindern, deine Verantwortung zu leben. Einzig auf die Weise bleibt Menschlichkeit nicht länger eine vage Idee oder Möglichkeit, sondern wird zum Faktum, welche eine Gemeinschaft verbindet und vereint.

Nicht die äußeren Unwegsamkeiten sind es, die den Schritt zur Menschlichkeit verstellen, sondern Ignoranz, Engstirnigkeit, falscher Ehrgeiz oder Obrigkeitshörigkeit. Solche Angewohnheiten sind es, die in dir unbewusst Lebensfreude, Heiterkeit, Liebe und Toleranz untergraben. In sich verbittert oder gefühlskalt, narzisstisch oder voreingenommen verlieren wir unser wahres Wesen, unsere menschliche Seite.

Verhält der Mensch sich nicht mehr menschlich, schwächt er sich selbst und das Kollektiv. Maßlos und gierig, willenlos oder unterwürfig nimmt die persönliche Entwicklung Schaden. Gesellschaftliche Strukturen und zwischenmenschliche Bindungen werden dadurch brüchig, instabil, schwach. Sind es dann nur noch soziale Regeln, moralische Verpflichtungen oder staatliche Gesetze, welche die Gesellschaft zusammenhalten, nicht mehr Vernunft, Rücksicht oder Herzlichkeit, wird diese anfällig für geistige Krankheiten. Der Mensch ist nicht mehr widerstandsfähig gegen falsche Einflüsse, Manipulation oder Ausnützung. Gleichzeitig sind immer mehr bereit dazu, dies auszunützen, meist nicht auffällig oder gesetzwidrig, sondern subtil in den alltäglichen Tätigkeiten.

Jede Gewalt, zu der sich Leute anstiften lassen, jeder Krieg, in den Unschuldige ziehen, jedes skrupellose Regime, das Anhänger rekrutiert, ebenso wie jede sektiererische Organisation zeigen auf, wie der Mensch sich blenden und durch übertriebenen Gehorsam manipulieren lässt. Solche schmerzlichen Einschnitte sind unnötig, würde man sich mehr an die eigenen Instinkte halten, sich nicht abbringen lassen von seinem natürlichen Wesen.

Der Intellekt, das Wissen, Logik und Ratio bilden eine Ebene. Sie ersetzen oder kompensieren nicht die gesunde Einstellung zum Leben, eine mutige, offene und freiheitsliebende Wesensart. Beides macht den Menschen aus und soll ihm eigen sein.

Ob in zivilisatorischem Aufschwung oder in einer Depression, in Wohlstand oder Armut, in Leichtigkeit oder Schwermut, in Freude oder Trauer - Menschlichkeit ist stets eine Gabe! Unter allen Umständen bleibt sie förderlich, hilfreich. Die innere Zuwendung hin zur menschlichen Natur benötigt keine äußeren Voraussetzungen, liegt jederzeit in eigenen Händen.

Wenn alles andere vergeht oder wegbricht, bleibt Menschlichkeit eine verlässliche Gewissheit. Sich mehr auf sie zu beziehen und weniger auf kurzzeitige Trends oder willkürliche Beeinflussung, stärkt den Willen und übt positiven Einfluss auf Gedanken, Verhalten und Umgangsformen. Erlangt man eine humane Gesinnung, ist dies wertvoller und prägender als sämtliche Einflüsse einer unbewussten Gesellschaft. Jede systematische Veränderung in deren Strukturen wirkt unbeständig und unabsehbar. Ein humanes Wesen aber bleibt ein beständiger Wert.

Menschlichkeit trägt uns näher an unser Selbst, hin zu einem bewussteren Dasein. Es öffnet die lebensfrohe, beschwingte, unvoreingenommene und offene Seite im Menschsein. Güte und Aufrichtigkeit, Mut und Mitgefühl werden nicht länger von Ängsten oder Verschlossenheit unterdrückt, sondern sind ein alltägliches Lebensgefühl. So entfernt man sich von den ungesunden egozentrischen Strömungen, von kranker Selbstzerstörung oder übertriebener Selbstaufopferung.

Wo Menschlichkeit erblüht sind Ethik und Moral, Menschenrechte und Menschenwürde bloß Begriffe, die zu füllen oder zu diskutieren nebensächlich wird. Gelebte Humanität verkörpert die Essenz dessen, was ethisch-moralische Denkansätze zu beschreiben versuchen, besser als jede Definition, jede Erklärung und jedes Gesetz dies jemals tun können. Damit beginnt und gelingt ein Aufstieg in neue Sphären, zu einem bewussteren Dasein und innigeren Miteinander.

Ersetze die biederen Denk- und Wortspiele durch gelebte Menschlichkeit. Lass die in Gedanken projizierten Verlangen und egoistischen Absichten los und wende dich realen Werten, erfüllenden Erfahrungen und wahren Bestrebungen zu. So wird dieses Heute, dieses Jetzt, zum Aufbruch in eine neue Epoche von Mitgefühl und Harmonie, zur Heimkehr in die bewusste Menschlichkeit.

Verliert der Mensch den Bezug zu seiner menschlichen Natur, entfernt er sich von seinem wahren Wesen und Selbst. Aus dieser unbewussten Schwächung heraus entstehen viele Beschwerden und Störungen der Neuzeit. Anstelle unter den Auswüchsen zu leiden und einzelne Symptome mühsam zu lindern, vermittelt der Aufstieg zur Menschlichkeit grundlegend hilfreiche Ansätze.

Wie findet man zur ihr zurück, wodurch wird sie verhindert, was macht sie aus? 40 Leitsätze vermitteln bewusste Einsichten und wertvolle Direktiven für einen Umschwung im Alltag, im eigenen Wesen und in der Gesellschaft.


Aufstieg zur Menschlichkeit

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