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4 Der Kampf um Arabien

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Sahst du denn nicht, was dein Herr den Leuten des Elefanten antat?

(Sure 105,1–5)

Die südwestliche Spitze der Arabischen Halbinsel (das heutige Jemen) ist in mehrerer Hinsicht hervorragend gelegen. Hohe Gebirge halten die Wolken auf und sorgen für ein günstigeres Klima als in anderen Teilen der Arabischen Halbinsel. Zwar fällt der Regen unregelmäßig, doch ausgedehnte Bewässerungsprojekte wie der Damm von Marib sorgen dafür, dass große Gebiete für verschiedene Arten von Landwirtschaft genutzt werden können. Auch die strategische Lage der Region ist günstig: zwischen dem Indischen Ozean und dem Roten Meer und direkt gegenüber der afrikanischen Küste. Alle Schiffe, die von der ostafrikanischen Küste oder von Indien Richtung Ägypten oder Rom fuhren, mussten durch die nur 50 Kilometer breite Meeresstraße, den Bab al-Mandab. Für die Byzantiner war diese Schiffsroute von größter Bedeutung. Es ist daher nicht erstaunlich, dass diese Region zu einem Streitpunkt zwischen den beiden Großmächten wurde.

Schon vor Beginn unserer Zeitrechnung waren im Jemen sehr wohlhabende kleine Königreiche zu finden. Die Quellen berichten: Mina – mit seiner Hauptstadt Karna – an der Küste des Roten Meeres; Saba im Binnenland, mit der Hauptstadt Marib; Himyar mit der Hauptstadt Zafa, und Kataban weiter östlich, mit Tamna (Timna) als Hauptstadt. Die Region verdankte ihren Reichtum zu einem großen Teil der Produktion von Weihrauch, dem Harz des Weihrauchbaumes, der bei seiner Verbrennung einen schweren, duftenden Rauch produziert. Weihrauch wurde damals in nahezu allen Tempeln benutzt. Vor allem die Römer konnten nicht genug davon bekommen und verbrauchten dieses kostbare Gut jährlich tonnenweise. Der Weihrauch wurde nicht übers Meer, sondern auf Karawanenwegen über Land transportiert. Der Handel lag nämlich in Händen der Nabatäer, die im heutigen Jordanien siedelten, das vor allem durch die aus den Felsen gehauene wunderschöne Stadt Petra berühmt ist. Die Nabatäer hatten Verträge mit Kataban geschlossen. Das Land produzierte zwar selbst Weihrauch, hatte aber auch Hadramaut fest im Griff, den östlicher gelegenen Küstenstrich, woher der größte Teil des Weihrauchs kam. Gemeinsam organisierten sie den Weihrauchtransport durch das westliche Arabien. So konnten sie den Preis hochtreiben – auch wenn die verschiedenen Stämme auf der Route sich natürlich ebenfalls bedienten. Von Jordanien aus wurde der Weihrauch weiterverkauft an die römischen Händler.

Das Monopol von Kataban und den Nabatäern wurde im 2. Jahrhundert v. Chr. von den Sabäern gebrochen. Sie begannen Weihrauch in Ostafrika zu ernten und transportierten ihn per Schiff zu den nördlichen Häfen am Roten Meer. Der afrikanische Weihrauch war, wie es heißt, von schlechterer Qualität, aber auch deutlich preiswerter. Der neue Handelsweg wurde daher bald genauso wichtig wie der aus Kataban, und um das 1. Jahrhundert n. Chr. kam fast der gesamt Weihrauch ins Römische (später Byzantinische) Reich aus Afrika.

Ob teuer oder nicht, die ‚Weihrauchsucht‘ der Römer sorgte dafür, dass Unmengen Silber und Gold aus dem Römischen Reich Richtung Südarabien flossen. Wenn da eine Änderung kommen sollte, man also den Preis drücken wollte, mussten sich die Römer den Weihrauch schon selbst holen. Um 25 v. Chr. gelang es General Aelius Gallus, Saba zu erreichen. In den darauffolgenden Jahren schlossen die Römer Verträge mit sabäischen Händlern. (Hätten sie dieses Gebiet erobert, wäre der Weihrauch noch billiger geworden, doch so weit ist es nie gekommen.) Die Nachfrage nach Weihrauch ging im Laufe des 4. Jahrhunderts durch das Aufkommen des Christentums stark zurück. Die heidnischen Tempel verfielen nach und nach, und in den christlichen Kirchen, die von da an überall entstanden, wurde viel weniger Weihrauch verwendet.

In dieser Zeit existierte nur noch ein einziges Königreich in der Region: Himyar mit seiner Hauptstadt Zafar, etwa 100 Kilometer südlich des heutigen Sanaa. Der Vormarsch der Himyariten begann um das Jahr 200 mit der Eroberung von Kataban. Dieser Sieg und die Unruhe, die dadurch entstand, bewirkten eine Invasion aus Afrika. Auf der anderen Seite des Roten Meeres war nämlich ein mächtiges Königreich entstanden: Äthiopien mit seiner Hauptstadt Aksum (oft auch für das gesamte Königreich benutzt). Die aksumitischen Könige (mit dem Titel ‚Negus‘) wollten den Handelsverkehr im Roten Meer beherrschen und überquerten im Jahr 200 die Meeresstraße Bab al-Mandab. Sie eroberten große Teile des südwestlichen Arabiens – doch siebzig Jahre später waren sie wieder abgezogen. Die Ursache ist unklar geblieben. Vielleicht wurden sie von den Himyariten vertrieben; in den darauffolgenden Jahren breiteten diese ihren Einfluss nämlich weiter ost- und nordwärts aus, bis sie sich im 4. Jahrhundert Herren über ganz Südwestarabien nennen konnten. Doch die ‚afrikanische Drohung‘ verschwand nie ganz. Die Könige von Aksum zeigten weiterhin und auf vielerlei Arten – etwa durch den Titel, den sie führten –, dass sie sich als die einzigen Herrscher über dieses Gebiet ansahen.

Um das Jahr 330, nur 15 Jahre, nachdem der römische Kaiser Konstantin das Christentum anerkannt hatte, bekehrten sich die Aksumiten. Von da an verehrten sie nur noch den Gott der Bibel. Die Bekehrung soll zwei römischen Schiffbrüchigen zu verdanken sein, Frumentius und Aedesius. Nachdem sie die Seelen der Himyariten gerettet hatten, wurde Frumentius von Kaiser Athanasius zum Bischof von Aksum ernannt.

Inzwischen setzten die Könige von Himyar ihren Eroberungszug fort. König Schammar Yuharʾisch eroberte Hadramaut und vereinigte alle kleinen Königreiche in der Region. In einer Inschrift nennt er sich nicht nur König von Saba und Hadramaut, sondern sogar König von al-Yamama, einem Gebiet in Zentralarabien (gegenwärtig liegt dort die Hauptstadt Riad). Das war mehr Wunsch als Wirklichkeit. Vielleicht ist er tatsächlich einmal mit seinem Heer dorthin gezogen und die lokalen Stämme haben ihm feierlich gelobt, von nun an Tribut zu zahlen. Wenn er denn wieder abzog.

Schammar schickte einen Gesandten nach Persien, um einen Vertrag gegen die gemeinsamen christlichen Feinde Aksum und die Byzantiner zu erwirken. Das hat die Byzantiner vermutlich dazu veranlasst, ihrerseits Kontakt mit Imru al-Qais zu suchen, dem Führer der Nasr, der es gewagt hatte, die Perser zu reizen, und daraufhin von ihnen verjagt worden war. Auf seinem Grabmonument in al-Namara prahlt Imru, er sei der ‚König aller Araber‘ und habe eine militärische Expedition gegen Schammar organisiert bis an die Stadt Nadschran. Das kann im Auftrag der Byzantiner geschehen sein. Seine Expedition hatte kein bleibendes Resultat. Umgekehrt drangen die Himyariten nie bis nach Zentralasien vor. Abukarib Asʾad, der 399 König von Himyar wurde, nannte sich selbst zwar Herrscher über Saba, Himyar und andere südliche Gebiete und ebenfalls über die Araber ‚vom Hochland‘ und ‚von der Küste‘, doch Letzteres war ohne Bedeutung.

Eine viel bemerkenswertere Entwicklung war die Bekehrung der himyaritischen Elite zum Judentum. Es ist bekannt, dass in Himyar schon in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung Juden lebten. Wann sie dort zum ersten Mal siedelten, wissen wir nicht. (Dem Historiker Flavius Josephus zufolge waren 500 Juden mit Gallus mitgekommen.) Danach muss es gute Kontakte zu den Juden in Palästina gegeben haben. Archäologen haben nämlich in Bet Scheʾarim in Galiläa eine Nekropole mit vielen Grabhöhlen entdeckt. Über dem Eingang einer dieser Höhlen steht in roten Buchstaben „Homeriton“: bestimmt für Juden aus Himyar. Offensichtlich ließen reiche Juden aus Himyar sich in Palästina begraben. Der jüdischen Gemeinschaft in Himyar muss es um 380 gelungen sein, die dortige Elite zu bekehren. Die Namen der traditionellen Götter von Himyar verschwinden in dieser Zeit aus allen Inschriften. Stattdessen werden die Himyariten in diesen Texten als Teil des „israelischen Volkes“ bezeichnet. Sie beteten zum „Herrn der Juden“ oder „Herrn von Himmel und Erde“ oder al-Rahman, „dem Barmherzigen“. In der Hafenstadt Kani sind Archäologen auf Reste einer Synagoge aus der Zeit gestoßen.

Diese Bekehrung der Himyariten soll stattgefunden haben, bevor Abukarib Asʾad den Thron bestieg, aber das Ereignis ist in der islamischen Tradition mit seinem Namen verbunden. (Anscheinend versuchte Abukaribs Nachfolger Dhu Schanatir, die traditionellen Götter wieder in Ehren einzuführen, seine Nachfolger wiederum entschieden sich wieder fürs Judentum.) Die Tradition kennt eine schöne Geschichte dazu, wie das vor sich gegangen sein soll.

Eines Tages führte Abukarib eine militärische Expedition in den Norden und zog dabei durch die Stadt Yathrib (das spätere Medina). Dort ließ er seinen Sohn als Gouverneur zurück. Sehr bald erreichte ihn die Nachricht, sein Sohn sei ermordet. Abukarib kehrte sofort um und belagerte Yathrib. Während der Belagerung wurde er jedoch krank. Zwei jüdische Ärzte aus Yathrib mit den arabischen Namen Kaʿb und Asad erfuhren dies, gingen ins feindliche Lager und heilten Abukarib. Als Gegenleistung baten sie ihn, die Belagerung aufzuheben. Der dankbare König stimmte zu und bekehrte sich auch zu ihrem Glauben. Kaʿb und Asad zogen danach mit dem König nach Himyar, wo sie auch die dortige Bevölkerung zum jüdischen Glauben bekehrten.

Die Geschichte lässt den Schluss zu, dass die Bekehrung der Elite von Himyar zum Teil Juden aus Yathrib zu danken ist. Das ist durchaus denkbar; es ist bekannt, dass dort schon seit langer Zeit Juden lebten.

Weshalb die Himyariten sich zum Judentum bekehrten, bleibt unklar. Vielleicht waren sie fasziniert vom Heraufkommen des Monotheisimus. Nicht nur das Römische Reich im fernen Norden, auch die nächsten Nachbarn Ägypten und Aksum waren in der ersten Hälfte des 4. Jahrhunderts christlich geworden. Aber die Himyariten selbst waren zu der Zeit wahrscheinlich mehr mit dem Judentum vertraut und diese Religion war vielleicht auch deshalb verlockender, weil ihre aksumitischen Erzfeinde Christen geworden waren.

Die Bekehrung der Himyariten zum Judentum muss nicht nur auf Aksum, sondern auch auf die Römer eine alarmierende Wirkung gehabt haben. Die Römer hatten kurze Zeit nach der Bekehrung Äthiopiens noch Versuche unternommen, auch Himyar in die christliche Einflusssphäre zu bekommen. Der Kirchenhistoriker Philostorgios berichtet, Constantius II. habe um das Jahr 350 mehrere Missionare nach Himyar geschickt. Philostorgios zufolge wehrten sich die Juden gegen ihre Anwesenheit. Dennoch soll es ihnen gelungen sein, den König zu bekehren. Dafür allerdings fehlt jeder Beweis. Dreißig Jahre später entschieden sich die Himyariten (wahrscheinlich nur oder vor allem die Elite) für eine Religion, die von den Christen zutiefst verachtet wurde.

Das jüdische Königreich Himyar entwickelte sich im Laufe des 5. Jahrhunderts zu einer lokalen Großmacht. Es unterhielt gute Kontakte zu den Persern und die Könige von Himyar unternahmen erneut Versuche, die Stämme in Zentralarabien zu unterwerfen und damit die Karawanenrouten durch Arabien Richtung Persien zu beherrschen. So unterwarf der Himyarit Hasan ibn Tubba um 480 einige Stämme in und um al-Yamama. Er stellte sie unter die Herrschaft eines ‚Unterkönigs‘ mit Namen Hujr al-Kindi. Wie der Name zeigt, gehörte er den Kinda an, einem Stamm aus der Umgebung von Sanaa, der sich um 380 genau wie die Himyariten zum Judentum bekehrt hatte und nun in al-Yamama siedelte. Der vornehmste Stamm im eroberten al-Yamama war der Stamm der Hanifa, der seinerseits wieder Teil der Bakr ibn Waʾil war, einer Stammeskoalition, deren Einfluss sich bis an die persische Grenze erstreckte.

Von da an beherrschte Himyar also die Karawanenrouten in Südostund auch Mittelarabien. Die großen Verlierer waren die Vasallen der Perser, die Lakhmiden. Doch eine echte Konfrontation blieb lange aus. Hujr war nicht ehrgeizig; er führte eine zentrale Verwaltung ein, erlegte anderen nicht den jüdischen Glauben auf und war offenbar zufrieden mit dem Tribut, der ihm von den verschiedenen Stämmen gezahlt wurde. Sein Enkel Harith ibn Amr hatte andere Ambitionen. Er bekämpfte die rebellischen Stämme und schuf so im Herzen von Arabien ein echtes ‚Kinda-Königreich‘, bekam allerdings Konflikte mit den Lakhmiden. Wie es heißt, bekehrte er sich sogar zum Mazdakismus, einer Strömung des Zoroastrismus, und bevorzugte die Religion des persischen Herrschers Khavad I. (Mehr zu dieser Religion in einem der nächsten Kapitel.) Khavad honorierte diese Geste und half al-Harith, die Lakhmiden aus ihrer Hauptstadt al-Hira zu verjagen. Die Perser betrachteten Kinda danach geraume Zeit als ihren neuen Verbündeten und ‚Bewacher‘ des Grenzlandes. Sie gaben al-Harith den Ehrentitel ‚König der Araber‘.

Vierzig Jahre lang schien es, als sei die arabische Unabhängigkeit, von der viele träumten, in greifbarer Nähe – mit dem Judentum als dominierender, vereinigender Religion. Fünfzig Jahre lang – von etwa 480 bis 530 – wurde die Arabische Halbinsel dominiert vom jüdischen Königreich Himyar im Südwesten und dem mit ihm verbundenen Kinda im Nordosten. Beide unterhielten gute Beziehungen zu den Persern und wurden von den Arabern als unabhängige arabische Königreiche angesehen. (Im Gegensatz zum Königreich der Lakhmiden, das immer als ein persischer Vasallenstaat betrachtet wurde.) Die Könige von Himyar fühlten sich sogar stark genug für eine Konfrontation mit den Byzantinern im Nordwesten Arabiens. Der byzantinische Historiker Prokopios von Caesarea berichtet, der „Palmengarten“ (gemeint sind die großen Oasen im Nordwesten Arabiens) sei um 520 noch byzantinisch gewesen (ein Gebiet, das damals von den Ghassaniden regiert wurde), doch sei dieses Gebiet kurz danach von „anderen Sarazenen“ übernommen worden, von den Maʾad. Diese Stammeskoalition war, wie er schreibt, den „Homeriten“ unterworfen, also Himyar. Unabhängig davon, ob das zutrifft oder nicht, lag der Höhepunkt der homeritischen Expansion in dieser Zeit. Zehn Jahre später war alles vorbei. Im Jahr 525 brach Himyar zusammen, kurz darauf ebenfalls das Kinda-Königreich. Der alte Erzfeind Aksum sollte Himyar letztlich zugrunde richten, und zwar mit byzantinischer Hilfe. Interne religiöse Konflikte haben den Eroberern vermutlich eine geeignete Entschuldigung geboten, von außen einzugreifen.

Himyar war zu Beginn des 4. Jahrhunderts von christlichen Mönchen aufgesucht worden und ein Jahrhundert später existierte schon eine große christliche Minderheit, vor allem in der Umgebung der nördlichen Stadt Nadschran. In der Zeit etwa entschieden sich die himyaritischen Herrscher für das Judentum, worauf es im Laufe des 5. Jahrhunderts zu immer größeren Spannungen zwischen Juden und Christen kam. Ein berüchtigtes Ereignis, das internationales Aufsehen erregte, war das über den Christen Azkir von einem Rabbinerkollegium verhängte Todesurteil. (Danach oder in dieser Zeit sollen 38 Christen bei Unruhen umgekommen sein.) Anfang des 6. Jahrhunderts erreichten die Religionskämpfe einen Höhepunkt. Was genau passierte, ist unklar, aber es gibt Hinweise, dass eine Zeit lang ein christlicher König regierte. Die Aksumiten, die noch immer von der Wiedereroberung ‚ihres‘ Himyar träumten, nutzten dieses Chaos zum Eingreifen. Etwa im Jahr 518 überquerte eine große Armee den Bab al-Mandab. Der Negus Ella Ashbeha (der den biblischen Namen Kaleb annahm; griechische Quellen nennen ihn Ellesbaas) besiegte seine jüdischen Feinde, eroberte die Hauptstadt Zafar und setzte einen christlichen Unterkönig ein. Dieser Madikarib Jafur blieb vier Jahre an der Macht. Nach seinem Tod rebellierten die Himyariten und wählten einen eigenen König: Yusuf dhu Nuwas, einen Juden. Als neuer König zwang er den Untertanen seine Religion auf. Ein gemeinsamer Glaube musste Einheit in den Kampf gegen Aksum bringen. Yusuf zog jetzt gegen die aksumitischen Garnisonen, die sich noch hier und da in Himyar verschanzt hatten. Kaleb schmiedete wahrscheinlich schon Pläne für eine neue Invasion und wartete nur auf den richtigen Moment. Da erreichte ihn eine grauenvolle Nachricht, die seine Erfolgschancen allerdings bedeutend erhöhte.

Wir wissen nicht, wie Madikarib Jafur die Juden behandelt hat, sanft war es sicherlich nicht. Vielleicht war das der Grund, weshalb der jüdische König Yusuf dann so unglaublich hart gegen die Christen in seinem Land auftrat. Er scheint beabsichtigt zu haben, sie ein für alle Mal auszurotten. Yusuf soll in der Hauptstadt christliche Kirchen abgebrannt haben – zusammen mit den darin anwesenden Gläubigen. Sein größtes Verbrechen jedoch war die Eroberung und Zerstörung der Stadt Nadschran im Jahr 523, bei der Hunderte Christen ermordet wurden. Der unmittelbare Anlass für den Massenmord war vermutlich die Nachricht, dass die Christen von Nadschran eine Synagoge abgebrannt hatten. Die griechische Schrift „Martyrium des Arethas und seiner Gefährten“ (Acta S. Arethae), die einige Jahrzehnte nach der Katastrophe geschrieben sein muss, beschreibt Yusuf als einen wütenden Teufel, der die eingeschlossenen Einwohner mit folgenden Worten bedrohte:

„Seht es euch an: Alle Männer, die vom äthiopischen König in meinem Land zurückgelassen wurden, dazu alle Christen, die unter meiner Herrschaft stehen, und auch die sogenannten Mönche habe ich dem Feuer und dem Schwert preisgegeben. Auch alle sogenannten Kirchen der Christen in allen mir gehörenden Gebieten habe ich in Brand gesteckt, bis auf den Grund zerstört, zu Asche reduziert.“

Dem Martyrium zufolge gelang es Yusuf nicht, in die Stadt hineinzukommen. Daraufhin bot er einen Waffenstillstand an. Die Einwohner öffneten die Tore:

„Am nächsten Tag beauftragte er seine gesamte Armee, eine große Menge Holz zu sammeln und einen riesigen Scheiterhaufen zu errichten mit einem Ausmaß von einem Stadion [beinahe 200 Meter]. Danach befahl er, alle Priester in der Stadt und alle Diakone und die übrigen Diener Gottes, alle, die eine Mönchskutte trugen und die immer Jungfrau bleibenden Frauen, die Religiöse genannt wurden, auch die Frauen, die Tag und Nacht in allen Gotteshäusern Psalmen sangen, in der Stadt wie auch in der Umgebung, ohne Prozess zu verbrennen, denn er verfolgte das Ziel, alle Christen zu terrorisieren und ihnen Angst einzujagen. Die Gesamtanzahl der Opfer betrug 426. Danach befahl er, den berühmten [Führer der Christen] Arethas (Harith) und mit ihm die Kommandanten und Notabeln der Stadt in eiserne Ketten zu legen.“

Sie sollten die Märtyrer von Nadschran werden. Das Martyrium berichtet, dass Yusuf noch weiter ging:

„Aus der Umgebung der Stadt wurden dann Männer und Frauen, Jungen und Mädchen, Kinder und Alte festgenommen, insgesamt 4252 Personen, die dieses zeitliche Leben durch einen passenden Tod verließen, ohne ihr gutes Glaubensbekenntnis zu widerrufen. Danach wandte er sich den übrigen Märtyrern zu, Priestern, Heiligen und auch dem so gerechten Arethas. Wohlan, wir wollen die abscheulichen Verbrechen dieses alles vernichtenden Monsters also erzählen.“

Hierauf folgt eine lange Reihe von Debatten zwischen dem König und einigen Märtyrern, vor allem, um deutlich zu machen, dass nur Christen Gottes Wort kennen und es richtig interpretieren. Nach einer Weile hatte Yusuf die Diskussion satt und ließ Arethas und seine Genossen umbringen:

„Dann trat einer der Leibwächter vor und schlug ihm sein ehrwürdiges Haupt ab. Daraufhin drängte die Menge der heiligen Märtyrer hinzu, und sie salbten ihre Leiber mit dem Blut des heiligen Arethas, sodass diejenigen, die den Auftrag hatten, sie zu töten, bestürzt waren und lange weinten. So kamen die Heiligen, während sie den Nacken beugten, alle an ihr Ende.“

Es dauerte nicht lange, bis die ganze christliche Welt von dieser Gräueltat erfuhr. Nach einer Version der Geschichte konnte ein Überlebender der Schlächterei nach Aksum entkommen. Der Negus erkannte den großen Propagandawert der Geschichte und schickte ihn nach Konstantinopel weiter. Ein anderer Bericht (der ebenfalls historisch sein kann) behauptet, Yusuf habe dem (nichtchristlichen) lakhmidischen König al-Mundhir III. (in griechischen Quellen Almoundaros) einen Brief geschrieben, in dem er mit seinen Gräueltaten prahlte. Al-Mundhir soll den Brief in Ramla, seiner neuen Hauptstadt unweit al-Harith, erhalten haben, wo er gerade eine internationale diplomatische Konferenz zur Beendigung eines Krieges zwischen sich und den Byzantinern organisiert hatte. In dem Brief rief Yussuf al-Mundhir dazu auf, dasselbe mit den Christen in seinem eigenen Land zu tun und auch dem persischen König dasselbe zu raten. Al-Mundhir las den Brief vor allen anwesenden Diplomaten laut vor, so die Geschichte. Einer der Anwesenden war der umherreisende Prediger (und mögliche Bischof) Simeon von Beth Arsham. Der hörte das mit zunehmender Empörung (oder erfuhr den Inhalt von Yusufs Brief) und schrieb daraufhin eine Reihe von Briefen an mehrere Patriarchen, in denen er die christliche Welt aufrief, Rache zu nehmen.

Dem Martyrium von Arethas zufolge war es etwas anders: Die byzantinischen Diplomaten in Ramla sollen den Kaiser hinterher über den Inhalt dieses Briefes informiert haben:

„Als die Diener Gottes einen Friedensvertrag mit Almoundoros geschlossen hatten, kehrten sie zurück und sorgten dafür, dass der Inhalt des Briefes und das, was geschehen war, Gottes Diener Justinus, dem Kaiser der Römer, zu Ohren kam. Der gab sofort den Auftrag, Timotheos, dem Bischof von Alexandrien, einen Brief zu schreiben, seine Heiligkeit solle einen Brief an König Elesbaas von Äthopien des Inhalts schreiben, er müsse eine Expedition anführen, um alle Gesetzlosen, einschließlich des Königs, zu vernichten.“

Auch wenn die Aksumiten monophysitische Ketzer waren – so werden die Byzantiner gedacht haben –, so war das doch sehr viel weniger schlimm, als jüdisch zu sein. Negus Kalebs Pläne für eine Invasion waren ohnehin schon weit gediehen und nun schickte Kaiser Justin I. (reg. 518–527) noch einmal tausend Soldaten über Ägypten gen Süden. Zu Pfingsten 525 überquerte eine äthiopisch-byzantinische Flotte das Rote Meer. Das Martyrium beschreibt, wie Yusuf versuchte, die Flotte mittels einer riesigen Kette aufzuhalten. Aber dank „Ihm, der die Pläne des Bösartigen zunichtemacht“, konnten die Schiffe diese Hindernisse passieren. Danach brach ein Sturm los, der die Flotte auseinandertrieb. Ein kleiner Teil konnte landen und die Aksumiten rückten nach Tafar vor. Als sich der größte Teil der Flotte dem Land näherte, stand Yusuf, in der Annahme, der Negus befände sich auf einem der Schiffe, mit seinen Truppen am Strand. Die Bemannung wagte nicht, an Land zu gehen, aber baute schließlich eine schwimmende Mauer von Schaluppen (so die ausführliche Beschreibung im Martyrium), mit der sie sich der Küste näherten. Die Himyariten griffen sie an. In dem Augenblick hörten die zurückgetriebenen Aksumiten eine göttliche Stimme:

„Die sagte: ‚Gabriel, Gabriel, Gabriel!‘ Daraufhin löste sich Einer aus der Gruppe der Ruderer, die die Schaluppen fortbewegten. Er trug einen Eisenstab in den Händen mit dem Zeichen des Kreuzes an der Spitze und einer Lanze an der Unterseite. Er kroch zwischen zwei Schaluppen durch, ergriff den Schwanz eines Pferdes und stach mit der Lanzenspitze in die Flanke des Pferdes. Das Pferd bäumte sich auf und warf seinen Reiter ab, woraufhin die Himyariten Angst bekamen und an Land flohen. Da sprangen die Äthiopier aus den Booten und ermordeten ihre Feinde. Sie nahmen den König gefangen und, noch an ihn festgebunden, seine sieben Verwandten (sodass sie ihn nicht verraten [überlaufen] konnten). So wurde das ein Tag der großen Rettung für alle Christen, dank der Stimme, die aus dem Himmel rief: ‚Gabriel, Gabriel, Gabriel!‘. Dies wurde König Elesbaas berichtet. Als er angekommen war, ergriff er den gesetzlosen König und tötete ihn und seine sieben Verwandten mit eigenen Händen, während er ausrief: ‚Gott steht auf, seine Feinde zerstieben‘ [Psalm 68,2]. Er richtete an dem Platz einen Altar auf und brachte Gott ihr Blut als Trankopfer dar.“

So das Martyrium. In Wirklichkeit wurde Yusuf dhu Nuwas noch eine ganze Zeit gejagt und letztlich (wahrscheinlich ein paar Jahre später) ermordet. Nach einer anderen, sehr anschaulichen Tradition ritt er auf seinem Pferd ins Meer und ist in den Wellen verschwunden.

Das Martyrium berichtet, Yusufs Palast in Zafar sei in eine Kirche umgewandelt worden und Justin habe einen Bischof geschickt, der „alle Menschen aus Stadt und Umland“ getauft habe. Danach habe er, Kaleb, die Stadt Nadschran wieder aufgebaut und den Ort, an den die Gebeine der Märtyrer geworfen worden waren, zu „einem Ort der Anbetung und des Asyls“ gemacht. (Aus anderer Quelle wissen wir, dass der monophysitische Bischof von Mabug – unweit des heutigen Aleppo – zwei Bischöfe nach Nadschran sandte, um die christliche Gemeinschaft wieder aufzubauen.) Das Martyrium schließt mit der wenig glaubwürdigen Mitteilung, der Negus sei Gott nach diesem Sieg so dankbar gewesen, dass er Eremit geworden sei und dem Bischof von Jerusalem seine Krone übersandt habe.

Nachdem die Macht Himyars gebrochen war, nahm al-Mundhir seine Chance wahr. Im Jahr 529 gelang es ihm, al-Hira zurückzuerobern und (mit Unterstützung der nördlichen christlichen Stämme Taghlib und Bakr) die Kinda zu vertreiben. Anschließend brachen an einigen Orten Aufstände gegen die von den Kinda eingesetzten Stammesführer aus. Innerhalb weniger Jahre waren sowohl das jüdische Königreich Himyar als auch das Königreich Kinda Vergangenheit. Imru al-Qais, der jüngste Sohn des letzten Kinda-Königs, unternahm noch einen letzten, allerdings vergeblichen Versuch, die Ghassaniden für eine Expedition zu gewinnen, um den Tod seines Vaters zu rächen. Den Ghassaniden stand jetzt der Sinn nicht nach einem neuen Krieg mit al-Mundhir. Die Verwaltung Himyars kam nun in die Hände des christlichen Gouverneurs Sumyafa Ashwa. Justinian I., der Nachfolger Justinus’, schickte später Botschafter nach Aksum und Himyar in der Hoffnung auf ein gegen die Perser gerichtetes Abkommen. Der byzantinische Chronist Prokopios beschreibt überzeugend die Beweggründe:

„Damals, als noch Ella Asbeha bei den Äthiopiern [Aksum] und Esimiphäus [Sumyafa Ashwa] bei den Himjariten König war, sendete der Kaiser Justinianus, in der Meinung, dass in Betracht ihres gleichen und religiösen Glaubens beide Könige die Römer im Krieg unterstützen würden, den Julianus als Botschafter an sie ab, mit dem Anliegen, dass die Äthiopier die Seide von den Indern aufkaufen, sie den Römern überlassen und dabei selbst einen großen Gewinn machen, den Römern aber bloß diesen Vorteil verschaffen möchten, dass sie nicht länger gezwungen wären, ihr Geld den Feinden zuzuwenden. Diese Seide ist derjenige Stoff, aus welchem man die Gewänder zu verfertigen pflegt, welche ehemals von den Griechen Medische genannt wurden, jetzt aber Serischer heißen. An die Himjariten aber ging der Antrag dahin, dass sie Kais, einen Ausgewanderten, zum Phylarchen über die Maʾad setzen und mit einem großen Heere von Himjariten und sarazenischen Maʾad in das Land der Perser einfallen sollten.“

So kam es, dass Kais, ‚der Flüchtling‘, sich später auf seinem Grabmal stolz Führer der (zentralarabischen) Stammeskoalition Maʾad nennen konnte. Doch aus dem ganzen Plan wurde nichts. Die Beziehungen zwischen Aksum und Himyar kühlten schnell ab. Lokale Heeresteile erhoben sich gegen Sumyafa Ashwa, verjagten ihn und ernannten General Abraha zum neuen Herrscher. Der Negus unternahm von Aksum aus noch zwei halbherzige Versuche, Abraha zu vertreiben, scheiterte jedoch. Abraha hatte ehrgeizige Pläne. Er bat Kaiser Justinian, ihm zwei Architekten zu schicken, und diese bauten in der neuen Hauptstadt Sanaa eine imposante christliche Kirche. Nachdem die Byzantiner und Perser 546 (zum wiederholten Mal) einen unbeständigen Frieden geschlossen hatten, organisierte Abraha ein Jahr später eine internationale ‚Konferenz‘ über die Zukunft Arabiens. Die Diplomaten trafen sich am Staudamm von Marib, sodass diese sehen konnten, dass Abraha diesen wieder aufgebaut hatte. Abraha empfing Vertreter der Byzantiner und Perser, der Ghassaniden und Lakhmiden sowie einen Vertreter von Abu Karib, dem (arabischen) Unterkönig von Palästina, und sogar auch Diplomaten aus Aksum.

Wir wissen nicht, was in Marib verabredet wurde. Wohl aber wissen wir, dass Abraha fünf Jahre später, im Jahr 552, eine militärische Expedition Richtung Norden organisierte. Das Ziel war vermutlich, Zentralund Westarabien in die byzantinisch-christliche Einflusssphäre zu ziehen. Eins seiner Heere zog nordostwärts nach al-Yamama, wahrscheinlich, um die dort lebenden Stämme, vor allem die Hanifa, zu überreden, gemeinsam mit Abraha Richtung Persien zu ziehen. Doch dazu ist es nie gekommen. Ein zweites Heer zog in derselben Zeit nach Nordwesten Richtung Mekka und der Schwesterstadt Taʾif.

Nach islamischer Tradition – wobei zu bedenken ist, dass die Geschichten alle erst nach dem Aufkommen des Islam aufgeschrieben und dabei noch bearbeitet wurden – ging es Abraha um Mekka. Er soll auf den Ruhm der Stadt neidisch geworden sein, nachdem er entdeckt hatte, dass die Araber seines Landes in Massen Mekka besuchten, um dort bei der Kaaba zu beten. Er wollte vielmehr, dass sie seine neue eindrucksvolle Kirche besuchten. Doch die Verachtung der Araber für die große Kirche in Sanaa ging der Überlieferung nach so weit, dass einer von ihnen sogar seine Notdurft dort verrichtete. Abraha beschloss, Mekka zu erobern. Vor der Expedition machte Abraha der Überlieferung zufolge

„den Negus und Cäsar [den byzantinischen Kaiser] zu Mitwissern seiner Pläne, und sie waren sofort damit einverstanden, denn sie hofften, dass er den Jemen mit Syrien verbinden könne und dadurch die Handelswege zwischen Indien und dem Orient und zwischen dem Lande Syam [(Palästina/Syrien] und Aksum sichern.“

Daher kann man annehmen, dass sich hinter dieser Invasion ein groß angelegter Plan verbarg.

Während seines Marsches gen Norden sollen sich mehrere arabische Stämme ohne Weiteres Abraha angeschlossen haben. Auch die Einwohner von Taʾif (dem Wohnort des Stammes Thaqiif) ergaben sich der Überlieferung zufolge kampflos. Einmal in Mekka angekommen, soll Abraha mit Abd al-Muttalib, dem Großvater Mohammeds, verhandelt haben. Der bot ihm einen hohen Betrag an, wenn er die Stadt und ihr Heiligtum verschonte. Abraha lehnte das Angebot ab. Doch als er die Stadt erobern wollte, kam Gott den Mekkanern zu Hilfe.

Abraha hatte, so die Überlieferung, einen Kampfelefanten bei sich. Das könnte wahr sein. Er wird das Tier (oder mehrere Exemplare) höchstwahrscheinlich mitgenommen haben, um Eindruck auf die Araber zu machen. Doch als sich Abraha Mekka näherte, soll sich das Tier plötzlich geweigert haben, den Haram, das geweihte Gebiet um die Stadt, in dem nicht gekämpft werden durfte, zu betreten:

„Als man aber den Elephanten gegen Mekka wendete, […] fiel er nieder. Nun schlug man den Elephanten, um ihn wieder aufzurichten, aber er blieb liegen.“

Gott beschloss, nochmals einzugreifen:

„Dann sandte ihnen [den Äthiopern] Gott Vögel vom Meere wie Schwalben und Balasan, und jeder Vogel hatte drei Steine im Mund, einen im Schnabel und zwei zwischen den Füssen, so gross wie Erbsen und Linsen, und wer von einem solchen getroffen wurde, starb alsbald. […] Sie fielen nun auf allen Wegen nieder und giengen auf jedem Pfade zu Grunde. Auch Abraha wurde getroffen, und sie schleppten ihn fort, es fiel ihm ein Glied nach dem Andern ab, und so oft ihm ein Glied abfiel bildete sich ein Geschwür, das ganz zu Eiter und Blut wurde, so dass, als man ihn nach Sana[a] brachte, er nur noch wie ein junger Vogel aussah, und er starb, wie man glaubt, nicht eher als bis sich Brust und Herz von einander löste.“

Das Ganze ist natürlich nicht mehr als eine spannende Geschichte, eine fromme Legende mit einer hübschen Nebenrolle für Mohammeds Großvater. Der sich weigernde Elefant ist kein Einzelfall: Die christliche religiöse Literatur kennt mehrere Geschichten von wilden Eroberern, die irgendein Heiligtum plündern wollen und dann zu ihrem Erstaunen entdecken, dass ihre Pferde sich plötzlich weigern, auch nur einen einzigen Schritt zu tun. Der Elefant von Abraha ist eine Variation dieses Themas. Und der Regen von Steinen erinnert an die Steine, die Gott auf die Amoriten warf (Josua 10,11). Eine andere Überlieferung berichtet nüchtern, Abraha habe Mekka und Taʾif gezwungen, einen Vertrag zu schließen und Geiseln zu stellen (als Sicherheit für die Einhaltung des Vertrags). Das hört sich wahrscheinlicher an. Aber Abraha hat die Stadt nicht zerstört und es scheint, als wäre dieser Verlauf damals schon oder doch im Laufe der Jahre als ein von Gott geschenkter Sieg angesehen wurde. Das Jahr, in dem die Stadt dieser Katastrophe entging, wurde das „Jahr des Elefanten“ genannt, und später sollte man sagen, dass Mohammed in diesem bedeutungsvollen Jahr geboren wurde. Die Worte, mit denen der Koran auf die Wunder weist, die Gott damals verrichtete, machen deutlich, dass die Zuhörer wussten, worum es ging:

„Sahst du denn nicht, was dein Herr den Leuten des Elefanten antat? Ließ er nicht ihre List das Ziel verfehlen und sandte auf sie nieder Vogelscharen, die sie mit Steinen aus gebranntem Ton bewarfen, und ließ sie wie abgefressene Stengel werden?“

(Sure 105,1–5)

Ein paar Jahre später war es schon wieder vorbei mit dem Königreich Abrahas. Er starb und sein Nachfolger war sein Sohn Yaksum, der kurz darauf seinem Halbbruder Masruk Platz machen musste. Das nun entstehende Chaos nutzten die Perser und nicht Aksum. Der Überlieferung zufolge trat ein jüdischer Araber mit Namen Saif ibn dhu Yazan an den lakhmidischen König Nuʿmaan heran und forderte ihn auf, in Himyar einzugreifen, aber der schickte Saif zur persischen Haupstadt weiter. Dort soll Saif Chosrau um Hilfe bei der Eroberung von Himyar gebeten haben. (Der Überlieferung nach tat er das mit den Worten: „Großer König, die Schwarzen beherrschen uns in unserem Land.“) Chosrau witterte die Chance, den Byzantinern eins auszuwischen, doch er konnte oder wollte keine regulären Truppen einsetzen und schickte einige Schiffe, gefüllt mit den Insassen seiner Gefängnisse. Das Gesindel stand unter Leitung von General Vahriz. Zwei der acht Schiffe erlitten unterwegs Schiffbruch, doch nachdem die übrigen Gefangenen an Land gegangen waren (und Saif seine arabischen Mitstreiter versammelt hatte), besiegten sie Masruk ibn Abraha. Saif wurde danach von den Persern zum Unterkönig von Himyar ausgerufen.

Für kurze Zeit schien es, als sei die alte Achse Himyar–Persien wiederhergestellt. Doch Saif wurde kurze Zeit später ermordet, wie es heißt, von seinem schwarzen (christlichen) Bedienten. Wieder schickte Chosrau Vahriz nach Himyar und machte dieses Gebiet zu einer persischen Provinz mit sich selbst als Gouverneur. Von der Zeit an herrschten dort zoroastrische Perser über Juden und Christen.

Die Ankunft von Vahriz war ein Zeichen an der Wand. Die Großmächte machten sich zu einer neuen Konfrontation auf. Um diese Zeit hoben die Byzantiner das Ghassanidische Reich auf und etwa zwanzig Jahre später, um das Jahr 602, beim Ausbruch eines neuen Krieges zwischen Byzanz und Persien schoben die Perser die Lakhmiden beiseite und ernannten einen eigenen Herrscher für die Region. Von da an war auf der Arabischen Halbinsel kein einziges ‚arabisches Königreich‘ mehr zu finden. Die Araber konnten nur noch geduldig abwarten, was die Zukunft bringen würde. Die Supermacht, die als Sieger aus dem neuen Krieg hervorginge, würde sich danach zweifellos Arabiens ‚annehmen‘. Nach 614, nachdem die Perser Syrien und Palästina bezwungen hatten, sah es aus, als würden die Perser die neuen Herrscher werden. Konnte das noch verhindert werden? Wer sollte es können? Wo sollte sich ein neuer arabischer Führer erheben können?

Mohammed

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