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2. ….Und so ging alles los

Es war einmal.... So geht meist alles los oder besser gesagt, so ging alles los.

Die DDR der frühen siebziger Jahre, die Reisefreiheit konnte man eigentlich nicht als solche bezeichnen. Es war sehr eingeschränkt, wie eigentlich viel im Leben einer jungen Arbeiterfamilie in den siebziger Jahren in der DDR. Einen Hoffnungsschimmer gab es aber doch. Der Geist. Der Geist war ziemlich frei, ähnlich freizügig wie der Umgang mit

Sexualität, FKK und Sport, konnte man sich doch bilden. Man durfte doch lesen und studieren was das Zeug hält. Die Bibliotheken waren offen und frei, und kostenlos zugänglich. So trug es sich zu, dass meine Mutter ein Buch über die Reisen und Abenteuer eines gewissen Marco Polo in Hände bekam. Die Geschichten über diesen Mann scheinen spannend geschrieben gewesen zu sein, denn Sie hat sie sprichwörtlich, förmlich verschlungen. Naja, kann man auch irgendwie verstehen. Da ist die Rede von jemand der die ganze Welt gesehen und bereist hat, also das, wovon eigentlich jeder junge Mensch so träumt, und das nicht nur in der DDR. Die Welt bereisen, Abenteuer erleben, andere Menschen und Kulturen kennen lernen, sich Wissen aneignen usw.... Und dann ist da die Rede von diesem Mann, der das Alles erlebt hat und dem es nach Wissen und Freiheit dürstet. Zu dem ein Italiener, dem quasi dolce Vita und Amore praktisch in die Wiege gelegt wurde, und dass nur allein mit seiner Geburt. Dann hat der noch diesen vielsagenden und wunderschön anzuhörenden Namen: Marco. Wow..., Marco, das klingt doch schon wie Italien, wie Freiheit, wie Abenteuer. Fast wie ein Orgasmus bei dem er gezeugt wurde, mit M wie ein sinnliches " Mmmmhhh..." am Anfang und mit o wie das genüssliche und befriedigende " oooahh" am Ende. Hammer, und dann durfte dieser Mann auch noch die ganze Welt sehen und bereisen und erleben. Also einfacher gesagt, frei sein. Alles das was ein junger DDR-Bürger in den frühen siebziger Jahren nicht hatte und sich so sehr wünschte. Vielleicht sogar sich danach sehnte. Jetzt hatte meine Mutter diese spannende Idee. Fast schon ein bisschen revoluzzerhaft, wie der große Lenin, sich gegen das System auflehnend. Wenn sie mal Kinder haben sollte, dann sollten sie, anders wie sie selbst, einmal die ganze Welt sehen dürfen, reisen, Abenteuer und Liebe erleben dürfen. Einfacher gesagt, frei sein. Deshalb nahm sie sich vor falls eines ihrer Kinder ein Junge sein sollte, möchte sie ihm eben diesen wohlklingenden Namen, dieses weltberühmten Italieners geben. Marco! Und so geschah es dann auch. Am 22.04.1974. Ein Montag. Die Woche beginnt genauso wie mein

Leben. Ein Klapsgeräusch ist zu hören im spärlich eingerichteten Kreissaal des Krankenhauses, im kleinen verschlafenen Örtchen Rodewisch, im romantisch malerisch gelegenen heimatverbundenen Vogtland. Doch anstatt dem zu erwartenden Babygeschrei, war fast so etwas wie ein leises Krächzen zu hören. "Ist irgendwas nicht in Ordnung mit dem Baby?" fragt meine Mutter erschöpft die Hebamme. Ein fast gerührtes und beruhigendes

Lächeln gleitet der Hebamme durchs Gesicht. "Nein, Frau Richter, mit dem Kind ist alles in Ordnung. Es ist ein Junge. Herzlichen Glückwusch! Er scheint Humor zu haben oder sich zu freuen auf die Welt zu kommen. Weil das Geräusch was er gemacht hat, war ein Lächeln, so sieht es zumindest aus. So etwas habe ich in meiner langen Karriere ja noch nie erlebt. Irgendwie süß. Wie soll er den heißen?" In voller Erlösung und von der Geburt erschöpft, seufzt meine Mutter " Marco, Marco soll er heißen" " Aaah Marco, wie Marco Polo? " fragt die immer noch von meinem Lächeln fasziniert grinsende Hebamme. Noch so eine

Revoluzzerin die dieses Buch gelesen hat, dachte meine Mutter. " Ja, Marco, wie Marco Polo.

Bitte! " Und meine Mutter grinste verschmitzt zurück, mit einem Augenzwinkern, welches die Hebamme schmunzelnd entgegennahm.

Lenins Sohn

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