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Thomas von Aquin 58

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Thomas von Aquin lebte im 13. Jahrhundert, als sich der sexuelle Rigorismus in der christlichen Lehre und Kirchendisziplin bereits durchgesetzt hatte. Seine bemerkenswerte Synthese der christlichen Theologie hat nicht viel Innovatives im Bereich der Sexualethik zu bieten. Und doch macht die Klarheit seiner Aussagen seinen Beitrag bedeutsam für die nachfolgenden Generationen. Er lehrt, dass das sexuelle Begehren nicht an sich böse ist, da keine spontane körperliche oder emotionale Neigung an sich böse ist; dies wäre nur der Fall, wenn eine bewusste Entscheidung für das moralisch Böse vorliegt. Als Folge der Erbsünde gibt es jedoch in der menschlichen Natur einen gewissen Verlust an Ordnung unter den natürlichen menschlichen Neigungen zu beklagen. Die sexuelle Leidenschaft wird von dieser Unordnung beschädigt, aber sie ist nicht moralisch böse, sofern die Unordnung nicht frei gewählt ist.

Thomas von Aquin bietet zwei Begründungen für die prokreative Norm an, die von der Tradition favorisiert wird. Zum einen das augustinische Argument, dass die sexuelle Lust in der (als Resultat der Erbsünde) »gefallenen« Person den Geist bei seiner Arbeit behindere. Sie muss in Einklang mit der Vernunft gebracht werden und einem vorrangigen Zweck dienen – der Fortpflanzung.59 Aber die Vernunft liefert, zweitens, nicht nur einen guten Zweck für die sexuelle Lust. Sie entdeckt diesen Zweck auch in der Anatomie und biologischen Funktion der Sexualorgane.60 Daher erfordert die Norm der Vernunft im sexuellen Verhalten nicht nur die bewusste Absicht der Fortpflanzung, sondern auch den ungehinderten (das heißt, nicht kontrazeptiven) Sexualakt, durch den die Fortpflanzung ermöglicht wird.

Aus der prokreativen Norm ergeben sich weitere moralische Regeln, von denen viele auf das Wohlergehen der im Geschlechtsakt gezeugten Kinder abzielen. Zum Beispiel argumentiert Thomas, dass Unzucht, Ehebruch und Scheidung Kinder eines guten Umfelds für ihr Aufwachsen berauben. Sexualakte, die nicht den Erfordernissen des heterosexuellen Aktes entsprechen, hält er für unmoralisch, weil sie nicht zur Fortpflanzung führen können. Seine Behandlung der Ehe enthält nur ansatzweise neue Erkenntnisse bezüglich des Verhältnisses des Sexualakts zur ehelichen Liebe. Er entwickelt eine Theorie der Liebe, welche die geschlechtliche Vereinigung miteinbezieht61, und er weist darauf hin, dass die Ehe die Basis der höchsten Form von Freundschaft sein könnte.62

Obwohl die kanonischen und theologischen Grundsätze, die sich im Mittelalter herausbilden, die christliche Morallehre bis in eine unbestimmte Zukunft beeinflussen sollen, markiert das 15. Jahrhundert den Beginn eines bedeutsamen Wandels. In den Schriften von Albertus Magnus aus dem 13. Jahrhundert und in der allgemeinen (wenn schon nicht spezifisch sexuellen) Ethik Thomas von Aquins finden sich Gründe, der vorherrschenden augustinischen Sexualethik zu widersprechen. Und Autoren wie Dionysius der Kartäuser und Martin Le Maistre spekulieren jetzt über die Integration von spiritueller Liebe und sexueller Lust und über den Wert der sexuellen Lust an sich (im Gegensatz zu dem von ihrem Mangel verursachten Schmerz). Das stellt die augustinische Tradition nicht auf den Kopf, aber es schwächt sie. Die Wirkung dieser neuen Theorien macht sich in den Kontroversen der Reformation im 16. Jahrhundert bemerkbar.

Verdammter Sex

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