Читать книгу Verdammter Sex - Margaret A. Farley - Страница 28

Die römisch-katholische Kirche

Оглавление

Während und nach der römisch-katholischen Reformation (oder »Gegenreformation«) im späten 16. Jahrhundert dominiert die augustinische Ethik. Nur gelegentlich können sich daneben neuere Ideen behaupten. Das Konzil von Trient (1545–63) ist das erste ökumenische Konzil, das sich mit der Rolle der Sexualität in der Ehe befasst, aber es bestätigt auch erneut den Vorrang der Fortpflanzung und betont die Überlegenheit des Zölibats. Im 17. Jahrhundert reagiert die moralstrenge und letzten Endes häretische Bewegung namens Jansenismus auf ein in ihren Augen gefährliches Absinken der sexuellen Standards und bringt die augustinische Verbindung von Sex, Konkupiszenz und Erbsünde wieder ins Spiel. Alfonso de Liguori regt im 18. Jahrhundert die Tradition der moralischen Handbücher an (die wie die Pönitenzbücher in erster Linie die Beichtväter unterstützen sollen), die versuchen, den paulinischen Zweck der Ehe (als Abhilfe gegen die Begierde) mit dem prokreativen Zweck zu vereinbaren. Die moralischen Handbücher des 19. Jahrhunderts betonen die »Sünden der Unkeuschheit«, die sexuelle Lust in Gedanken oder Handlungen, und erlauben nur den ehelichen Geschlechtsakt mit dem Ziel der Fortpflanzung. Im 20. Jahrhundert beginnt die katholische Theologie, sich dem Personalismus zuzuwenden, und die protestantischen Kirchen akzeptieren die Geburtenkontrolle.

1930 reagiert Papst Pius XI. auf die Anerkennung der Empfängnisverhütung durch die anglikanische Kirche, indem er die prokreative Ethik für die Katholiken erneut bestätigt. Aber er gibt auch seine Zustimmung zum ehelichen Verkehr zu Zeiten oder unter Bedingungen, die eine Empfängnis nicht ermöglichen.67 Damals reichte das Wissen über den Prozess der menschlichen Fortpflanzung nicht aus, um die unfruchtbaren Tage im Zyklus einer Frau ge zielt zur Empfängnisverhütung zu nutzen, aber die Tatsache, dass Pius XI. die Erlaubnis zum ehelichen Verkehr auch bei Unmöglichkeit einer Empfängnis gibt, bereitet den Weg für die spätere Anerkennung der »Rhythmusmethode« durch Pius XII.68 Die Moraltheologen bewegen sich vorsichtig in eine Richtung, die Geschlechtsverkehr in der Ehe ohne Fortpflanzungsabsicht, aber mit dem Ziel der Förderung der ehelichen Verbundenheit billigt. Der Wandel in der römisch-katholischen Moraltheologie von den 1950er-bis zu den 1970er-Jahren ist schließlich dramatisch. Die Trennung von Fortpflanzung und Geschlechtsakt durch die Erlaubnis der Rhythmusmethode und das neue Verständnis von der Ganzheit der menschlichen Person bringt eine völlig andere Sicht der Sexualität als Ausdruck und Ursache der ehelichen Liebe mit sich. Nicht zu verkennen sind die Wirkungen dieses theologischen Wandels in der Feststellung des Zweiten Vatikanischen Konzils von 1965, dass die für die Ehe wesentliche Liebe durch »den Vollzug der Ehe in besonderer Weise ausgedrückt und verwirklicht« wird.69 Obwohl das Konzil noch die Meinung vertritt, dass die Ehe schon aufgrund ihrer Natur der Zeugung von Kindern diene, werden Nachkommen und eheliche Vereinigung, gemäß der Tradition die beiden grundlegenden Ziele der Ehe, nicht mehr als primär und sekundär eingestuft.

1968 beharrt Papst Paul VI. darauf, dass Empfängnisverhütung unmoralisch sei.70 Aber anstatt das Problem für die Katholiken damit beizulegen, entsteht daraus ein heftiger Konflikt. Eine weltweite Mehrheit von Moraltheologen ist nicht mit der päpstlichen Lehre einverstanden, obwohl eine Unterscheidung zwischen nicht prokreativem und antiprokreativem Verhalten den Streit für einige schlichtet.71 Seither sind viele der spezifischen Moralregeln, denen die Sexualität in der katholischen Tradition unterliegt, ernsthaft infrage gestellt worden. Die offizielle Lehre hat frühere Verfügungen aufrechterhalten, obgleich die pastorale Reaktion auf Scheidung und Wiederverheiratung, auf homosexuelle Orientierung (nicht aber sexuelle Aktivität) und auf individuelle Gewissensentscheidungen für die Verhütung geändert und angepasst wurden. Unter den Moraltheologen gibt es eine ernsthafte Debatte (und seit den 1990er-Jahren einen deutlichen Pluralismus) in Bezug auf vorehelichen Sex, homosexuelle Akte, Wiederverheiratung nach der Scheidung, Infertilitätstherapien, Geschlechterrollen und Zölibat.72

Verdammter Sex

Подняться наверх