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Die Jagd

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Hörner erklangen zum Auftakt der Jagd. Die Windhunde verteilten sich zwischen den Reitern und hechelten. Alles Wild des Soonwaldes in der Nähe Bad Kreuznachs jagte der Jäger aus Kurpfalz, Friedrich Wilhelm Utsch und sein Gefolge. Hoch auf seinem Ross thronte der Jäger, der das Kommando gab. „Jagt die Meute!“ schrie er und seine Knechte liefen ihm hinterher. Im Galopp ritt der Jägersmann über das Gebirgsmassiv im Hunsrück, welches sich über die Stadt erhob. Ruhig lag der Mühlenteich mit seiner alten Mühle, in der die Bauern ihr Getreide mahlten.Der Weidmann und seine Knechte und Jäger trugen einen Hetzstrick an einem Riemen um ihre Hälse und an ihnen folgten je zwei Hunde. Die Vorderpfoten preschten weit nach vorne, die Hinterläufe streckten die Körper der hetzenden Hunde, die Knochen zeichneten sich ab. Friedrich Wilhelm Utsch hielt einen Teil des Metzstrickes in seiner offenen rechten Hand. Bei diesem Ritt in den Wald flatterte sein Haarzopf im Wind, lustig stellte er sich in die Höhe. Der Dreispitz saß auf seiner weißen Lockenpracht, über seinem weißen Hemd mit hohem Kragen und feiner Rüschenzier trug er eine Weste. Im Wald angekommen ließen die Männer ihre Jagdhunde von der Leine und die Hunde rannten los.Sie wandten sich durch dichtes Gestrüpp, liefen leichtfüßig über das Laub der Erde, vorbei an Tannen und Laubbäumen.Wolken bedeckten den hellblau strahlenden Himmel. Schneller als der Wind, der in diesen Herbsttagen über das Land fegte, spannten die Hunde ihre schmalen Leiber. Aufgeschreckt schlugen Hasen ihre Haken, Hirsche und Rehe sprangen aus ihren Verstecken und Wildschweine suchten schnell das Weite. „Schlagt eine große Fläche kahl!“ kommandierte der Förster seine Männer, die mit ihren Äxten und Beilen auf die Baumstämme schlugen, bis die Bäume fielen und auf den Boden krachten. „Dieses Jahr soll das Stück die Richtstätte sein, um die Hirsche und Wildschweine zu erlegen. Sputet Euch! Der heilige Eustachius wird sich mit uns verschmelzen, denn er ist der Schutzpatron der Jäger. Also lasst uns beginnen!“ Gut gelaunt pfiff der Förster ein Lied. „Das Fleisch des Wildes verschmilzt mit uns und wir werden stark sein wie unsere Opfer, wenn wir sie verzehren.“ Friedrich Wilhelm Utsch lachte herzlich und guten Mutes. Er nahm seinen Dienst sehr ernst. Bereits einige Jahre zuvor schenkte ihm der Kurfürst für seine gute Arbeit ein Stück Wald. „Für Eure treuen Dienste“, so eröffnete Karl Theodor seine Rede, „schenke ich Euch das obere rechte Viertel des Waldes und eine Hütte dazu. Das soll neben Eurem Sold Eure Belohnung sein .“ Der Kurfürst und sein Erbförster besiegelten die Abmachung mit einem kräftigen Handschlag. Seit 1742 regierte er nun in der Pfalz, lebte jedoch die meiste Zeit in seiner Residenz in München. Einige Monate im Jahr besuchte der Fürst seinen Herrschaftssitz in der Kurpfalz. Das Raunen und Flüstern der Bauern gedieh zu einem gewaltigen Aufschrei. „Sind wir auf dieser Erde nur das letzte Stück Dreck? Für jede Fronarbeit unseres Fürsten sind wir gerade gut genug. Und was ist unser Lohn dafür? Wir haben nichts zu essen, doch dem Kurfürsten und dem Klerus müssen wir Steuern zahlen. Wir geben genug von unserer Ernte auf den Äckern und dann verlangt er noch von unserem Vieh! Selbst die Jagd verbietet uns der Fürst! Wir leiden Hunger und der Adel füllt sich die Bäuche auf unsere Kosten!“ Heinrich schüttelte seinen Kopf mit den verfilzten Haaren, der ständig juckte. „Dann ist es noch der Großzehnt und der Kleinzehnt, den der Adel von uns verlangt und den müssen wir erbringen, ob wir dazu in der Lage sind oder nicht. Das interessiert die hohen Herren nicht. Hauptsache, ihnen geht es gut“, meinte Anton. „Ja. Außer den Steuern sind es die Zölle und die Zinsen. Wir haben nichts mehr an Nahrung, da ich erst kürzlich meine Abgaben entrichtete. Sagt mir, wie soll es nur weitergehen?“ Ludwig schluchzte. „Ich weiß nicht mehr, was ich meinen Kindern zu essen geben soll.“ Zerrissen hingen die Lumpen an ihren Leibern herunter, die Beinlinge aus grobem Leinen und ihre Wamse. Die Männer standen in einer Gasse zwischen den Häusern und unterhielten sich. „Mit dem Pflug fahren wir Stunden über den Boden unserer Äcker und schneiden das Getreide, aus dem wir unser tägliches Brot backen könnten, doch es bleibt uns nichts übrig.“ Tränen rannen über die blassen Wangen Heinrichs. „Wisst Ihr was?“ begann Ludwig, „bei der Ernte des Korns bleiben immer Überbleibsel in meinem hölzernen Karren zurück. Manchmal ist das sehr viel. Die Körner und die kleinen Halme zermahle ich zu Hause zwischen zwei Steinen und lege mir davon einen Mehlvorrat an. Dieses gemahlene Mehl packe ich in kleine Leinensäckchen, die meine Frau aus Leinenresten näht und stelle sie auf ein Holzregal in der Küche. Diese Säckchen binde ich dann zu. So kann mein Weib selbst im Winter so dann und wann kleine Brotfladen backen und wir haben fast das ganze Jahr hindurch wenigstens das, was wir verzehren können. Oft ist das alles, was wir dann speisen können.“ Ludwig zwinkerte verschmitzt mit dem Auge. „Was gäbe ich darum, wenigstens zu den Festtagen mal ein Stückchen Fleisch zu essen oder auch Gemüse. Das fehlt und der Kurfürst lässt im Soonwald jagen. Das ist so ungerecht und er gibt uns nichts davon, obwohl wir das ganze Jahr hindurch für ihn arbeiten.“ Anton zitterte an seinem Leib.

Friedrich Wilhelm Utsch

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