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Endlich, ... mein Führerschein

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Wie beim letzten Jahreswechsel ist es auch diesmal, das Jahr 1993 endet alles andere als gut, das neue Jahr

1994 fängt nicht viel besser an. Meine Mutter fährt am 6. Januar nach Seelstein zurück, Udo ist noch immer bei dieser fragwürdigen Maklerfirma, bringt mal etwas Geld mit nach Hause, mal nicht, … mal geht es ein paar Tage mit der Sauferei, dann geht es wieder überhaupt gar nicht, … ob viel oder wenig,- einen nüchternen Zustand gibt es jedenfalls schon lange nicht mehr nicht mehr. Vergessen zu erwähnen habe ich, dass wir seit ein paar Wochen endlich auch Telefon haben, ich brauche jetzt, wenn ich mit meiner Mutter oder Henny sprechen möchte, nicht mehr bis zur Telefonzelle laufen. - Ich denke nur dauernd daran, ich will unbedingt meinen Führerschein haben, um vor allen Dingen auch arbeitstechnisch mehr Möglichkeiten zu haben. Ich kann mich auf Udo nicht verlassen, ... und zum anderen natürlich deshalb, um vor allen Dingen mich mit den Kindern, der Gefahr, die von Udos Trinkerei ausgeht, nicht mehr aussetzen zu müssen. Ich will versuchen, wieder im Gesundheitswesen unterzukommen, so wie ich es mir schon lange wünsche. Um mich von diesen Grübeleien etwas abzulenken, nehme ich mir die Küche vor, renoviere sie noch einmal. Zwar hat sie Udos Vater gemalert bevor wir eingezogen sind, aber es löst sich die Tapete ab, ich bin der Meinung, es wurde mit dem Tapetenleim zu arg gespart, bei mir jedenfalls kam noch nie eine Tapete, auch nach noch so langer Zeit wieder entgegen. Bei der Gelegenheit ordne ich die Küchenschränke ein wenig anders an, ich platziere die Hängeschränke an einer anderen Stelle. Es ist für mich zu dieser Zeit noch kein Problem, die Schränke ab und umzuhängen, bzw. wieder einzuhängen. Heute kann ich zwar noch akkurat die Löcher bohren und mit Dübeln versehen, aber ich habe nicht mehr die Kraft, so einen Hängeschrank, auch wenn er leer ist, alleine abzunehmen, bzw. wieder aufzuhängen. Ich mache mich an die Arbeit als Udo aus dem Haus ist, er hätte mir sowieso nicht helfen können oder wollen, wie auch immer, sondern nur im Weg gestanden, sofern er überhaupt stehen noch kann, kurz gesagt, hätte es keinen Nutzen für mich gebracht. -

Carlo und Udo können sich gar nicht mehr vertragen, ich bin immer froh, wenn der Säufer außer Haus ist, entschuldigt den Ausdruck, aber es ist so. Die nächsten Probleme verursacht Miss. Elli, je schneller sich Tessa in ihrer nunmehr aufrechten Position fortbewegt, umso eigenartiger reagiert der Hund. Vielleicht ist er gewohnt, im Mittelpunkt von uns allen zu sein, ich weiß es nicht. Ich beobachte, dass Elli nach Tessa schnappt, ohne dass ich einen Grund dafür erkennen kann. Manchmal, wenn Tessa an ihr vorbeiläuft, rennt sie plötzlich hinter ihr her, zwickt sie in ihre Händchen oder in ihre Beine, man sieht sogar manchmal die Abdrücke ihrer Zähne. Nein, - also das geht nun wirklich nicht, ich habe Angst, sie könnte richtig zubeißen, - und das vielleicht auch noch ins Gesicht, ich kann beide nicht mehr aus den Augen lassen. Es tut mir unheimlich weh, auch wegen Carlo, aber ich muss mich dazu durchringen und Elli weggeben. Ich setze eine Annonce in die Zeitung, es ist mir unverständlich, weil Elli nach Tessa schnappt, denn so lange sie im Kinderwagen lag, beschützte sie Tessa so heftig, dass niemand den Wagen auch nur aus der Nähe anschauen, bzw. gar anfassen durfte. Wie dem auch sei, es bleibt mir nichts anderes übrig, als den Hund wegzugeben.-

Am 26. Januar 1994 um 7.30 Uhr habe ich meine praktische Fahrprüfung, ... und ... bin durchgefallen. Nun muss ich warten bis zum 12. Februar, ich bin ärgerlich über mich selber, aber ich war so aufgeregt, ich habe alles durcheinander gebracht .-

Anfang Februar meldet sich ein älterer Herr aus Wiesenstadt und noch zwei andere Interessenten, die Elli gerne haben würden. Ich entscheide mich für eben diesen alten Mann, er ist ein wenig gehbehindert, alleinstehend und den ganzen Tag zu Hause, ich habe das Gefühl, die kleine Elli wird es bei ihm gut haben. Der Mann hat einen Garten und keine kleinen Kinder mehr im Haus. Trotzdem empfinde ich es so, als hätte ich Elli im Stich gelassen. Dieser kleine Hund hat mir so viel Freude gemacht, Freude, die zu der Zeit für mich sehr rar gewesen ist. Ich vergesse nie das Bild, als Elli mit dem Opa im Auto wegfuhr und hinten aus dem Fenster gesehen hat, als ob sie sagen wollte: „ … Und was ist mit Dir?, kommst du nicht mit?“. Besonders wenn die Gartenzeit losgeht werde ich sie vermissen, während meiner Arbeitspausen haben wir zusammen gegessen, uns das Brot geteilt, ja Hunde sind schon irgendwie kleine Therapeuten, aber was soll ich machen, der alte Mann ruft wie versprochen regelmäßig an und sagt, es geht ihr gut, ... ich glaube ihm, ... meine kleine Elli ... .

Am 12. Februar 1994 habe ich meinen 2. Anlauf zur praktischen Fahrschulprüfung, ... wieder geht es schief!, ich bin verzweifelt, beim Einordnen habe ich einen Fehler gemacht und brauche einen Versuch zu viel zum Einparken. Also noch einen dritten Termin, ich glaube schon fast, es liegt an den Daten, dass es nicht klappt, einmal der 26. Januar, der Hochzeitstag meiner Eltern und einmal der 12. Februar, der Geburtstag von Marcel, schon eigenartig irgendwie, aber das kann doch eigentlich nicht so ein schlechtes Omen sein. Der dritte Termin ist festgelegt auf den 26. Februar 1994. -

Dann macht meine Mutter in meinen Augen etwas eigenartiges und für mich unverständliches, sie schenkt Udo und mir eine Reise nach London, mit dem Schiff. Es ist eine preisgünstige Buchung, sagt sie, wir bräuchten nur noch Taschengeld. Ich verstehe es nicht, zumal ich mir vorgenommen habe, sobald ich meine Fahrprüfung geschafft habe, meinen Weg aus diesem Nichts, in dem ich gerade lebe, zu finden, beruflich und auch das was das Dasein mit Udo anbelangt, eben dieses Dasein, was man schon lange nicht mehr als Leben bezeichnen kann. Ich grübele darüber nach, was meine Mutter mit der Reise bezwecken will, aber ich komme zu keinem aussagekräftigen Ergebnis. Merkt meine Mutter tatsächlich nicht, was Udo für ein Mensch ist, ich war bislang der festen Meinung, dass sie es ganz genau weiß, schon wegen der Andeutungen, negativen Aussagen und Ansichten, die sie Udo gegenüber berechtigter Weise vom ersten Tag an hatte. Schließlich hat sie ihn ja auch schon paarmal in Bezug auf seine Eskapaden life erlebt. Ich kann mich doch nicht derart getäuscht haben, - oder will meine Mutter den letzten Versuch machen, dass doch noch ein Familienleben zustande kommt und Udo durch diese Reise seine Besinnung wiedererlangen könnte. Will sie etwas auf die Reihe bringen, wo es absolut nichts mehr zu reparieren gibt, wo wirklich jede erdenkliche Mühe von vornherein zum scheitern verurteilt ist?. Ich weiß es nicht, ich freue mich zwar, aus dem Trott herauszukommen, aber wenn das die Absicht meiner Mutter sein sollte, ist es zwar gut gemeint, aber ein Schuss der nach hinten losgeht. Sie hätte mir die Reise lieber allein, oder meinetwegen mit jemand anderen zudenken sollen, gern hätte ich dann Carlo mitgenommen. - Letzten Endes kann ich Nadja überzeugen, mit ihrem Mann mitzufahren. Dieser Richard, ihr Mann, ist was den Alkohol anbelangt auch nicht gerade ein Abstinenzler, so habe ich in Nadja jemanden, mit dem ich zusammensitzen und reden kann, wenn die Kerle ihre Saufgelage veranstalten. So ist es dann auch, Nadja und ich schmunzeln darüber, weil uns beiden während der Überfahrt oft speiübel gewesen ist, aber den Säufern nicht schlecht wurde. Wir lassen sie einfach, und machen unser Ding, wie man sagt. Ich glaube nicht, dass die beiden Herren viel von der Stadtrundfahrt und „Madame Tussauds“, sowie den anderen Unternehmungen mitbekommen haben.-

Am 26. Februar, dem 3. Prüfungstermin falle ich ein drittes Mal durch, … das gibt es doch nicht, ... Mist, … Mist, ... Mist, ... verflixt und zugenäht!, denke ich bei mir, so schwer kann das doch nicht sein, dass ich es nicht schaffe. Eigentlich war es nur Sekundensache, ein Stoppschild war der Übeltäter. Wie ich es gelernt habe, fahre ich langsam an den sogenannten Übeltäter heran, halte an, fahre weiter bis ich die Straße einsehen kann, nichts kommt gefahren, ich blinke an zum links abbiegen, halte noch einmal an, nichts kommt, also fahre ich los, als plötzlich ein Motorradfahrer nicht gefahren sondern geschossen kommt. Ich bremse natürlich sofort, aber der Fahrlehrer ist um ein paar zehntel Sekunden schneller als ich und bremst, es piepst, wie es bei den Prüfungen üblich ist. Mich deswegen durchfallen zu lassen, finde ich ganz schön krass. Herr Fleischer, mein Fahrlehrer versucht mit dem auf der Rückbank sitzenden Prüfer zu diskutieren, kann aber nichts erreichen, also was bleibt mir übrig?, ich kann nur abermals warten bis zum 26. Mai 1994, um noch einmal antreten zu können. Aber aufgeben?, nein, ... ich doch nicht!, ich muss Auto fahren können, ... um jeden Preis!. Ich fahre solange, bis ich es geschafft habe, so lauten die Worte in meinem Tagebuch, ... und daran halte ich mich auch!.

Am 15. März ist meine Mutter wieder zurück nach Seelstein gefahren, ich habe vor, je nach Wetter demnächst mit Carlo und Tessa übers verlängerte Wochenende ebenfalls nach Seelstein zu fahren, um am Steiger wie in jedem Jahr ein wenig Frühjahrsputz zu machen. Eigentlich will ich in Lohra bei der Gelegenheit ebenfalls einen Besuch abstatten, aber damit warte ich, bis ich endlich meinen Führerschein in der Tasche habe. Allerdings werde ich so schnell nicht nach Hause fahren können, so ab den 15. April gehe ich wieder ein wenig arbeiten, bei Vogenschmidts wieder, … notgedrungen, dann bin ich wenigstens für das Winterhalbjahr durch das Arbeitsamt abgesichert. Es ist zudem nicht verkehrt, wenn die Kleine ein wenig die Gemeinschaft in der Kindereinrichtung kennenlernt, außerdem komme ich aus meinem Hausfrauendasein wieder ein wenig heraus, klar ist es eine Umstellung, ein ganz anderer Tagesablauf, aber es wird schon werden.-

Hoffentlich bessert sich endlich das Wetter, spätestens dann, wenn ich nach Seelstein fahren will, ich will zuvor hier das Gröbste im Garten fertig kriegen. Am 17. März diesen Jahres hat es abwechselnd gehagelt, geschneit und geregnet, es dauert eine Weile, bis alles zumindest etwas abgetrocknet ist. -

Ein paar Mal habe ich mit Ellis neuem Herrchen gesprochen, es geht ihr gut, ich glaube und hoffe wie gesagt, der alte Mann sagt die Wahrheit. Trotzdem bin ich noch nicht über die Trennung von diesem kleinen Hund hinweg. In diesem Zusammenhang kommen am Abend, sobald ich ins Bett, bzw. auf die Liege in Tessas Zimmer zum schlafen gehen will, wie so oft die nächtlichen Spaziergänger wieder, die bis in die frühen Morgenstunden hinein einfach nicht müde werden und keine Wanderpause einlegen wollen. Wie die Spaziergänger heißen, wisst Ihr indessen selber, ich habe sie oft genug genannt, aber besonders gern möchte ich wissen, wie es Frank geht und ob ich ihn jemals wiedersehen werde. -

Henny ist nun ein Jahr in ihrem Beruf tätig gewesen und jetzt auch ohne Arbeit. Ich mache mir Sorgen wegen ihrem Freund, ich werde das Gefühl nicht los, dass Henny das macht, was man ihr sagt, hoffentlich endet sie nicht einmal da wo ich jetzt bin. -

Von Jasmin habe ich gehört, dass Luka wieder in Thüringen ist, er soll erst in Seelstein gewohnt haben, so wie früher und dann nach Appeln gezogen sein und eine kleine Tochter haben. Ich spiele eine Weile mit dem Gedanken, ihn auf Fehmarn einmal aufzusuchen, ich würd` schon gern wissen wie es ihm geht, aber ohne Führerschein, wie soll ich das anstellen?, die öffentlichen Verkehrsanbindungen sind schlecht. Na nun hat es sich erledigt, er wohnt ohnehin nicht mehr dort, aber ich hoffe, er ist glücklich geworden , er hat es verdient. - Und bei mir?, wenn sich Udo nicht bald um 180 Grad dreht, wie es so schön heißt, wird sicher die dritte Scheidung ins Haus stehen. Anlauf dazu habe ich schon ein paarmal genommen, aber ich weiß nicht, wie ich es anstellen soll, das alles und ich habe Angst, von vorne anzufangen, ... und auch wie, ... und vor den Umständen, die das Gericht mit sich bringt. Alle drei Ehen sind vor den Baum gelaufen, ich weiß nicht warum, ich habe immer versucht, alles richtig zu machen, habe mich bemüht und immer gehofft, es würde schon werden, aber es ist mir nicht gelungen, ... im Gegenteil, es wäre besser gewesen, wenn ich mit den Kindern allein geblieben wäre. Aber wie gesagt, fühlte ich mich noch zu jung, um mein Leben ohne Partner fortzusetzen, ich weiß, ... ich brauche mich nicht wiederholen, ... aber ich weiß auch, es werden für mich keine Schmetterlinge mehr kommen.-

Mein Eintrag am 13. April 1994, 19.32 Uhr vermittelt einen guten zusammenfassenden Stand der Dinge und Rückblick auf die letzten vier Wochen, so habe ich es als Zitat übernommen:

Heute, habe ich zum Schreiben Zeit und Ruhe, eigentlich kann mich niemand stören, Udo ist nicht da, er stellte mich vor vollendete Tatsache, von nun an, Montags bis Freitags irgendwo in Schleswig Holstein zu sein, zum arbeiten meint er. Mir ist es egal ob es stimmt oder nicht, ich habe bedeutend weniger Stress, es ist viel ruhiger, ich kann bei schlechtem Wetter auch mal allein einkaufen, Carlo kann diese kurze Zeit schon mal mit Tessa allein bleiben, ich brauche keine Angst haben, dass Udo etwas anstellt mit Carlo, denn diese Ängste sind schrecklich. Die Kleine besucht nun stundenweise die Kindereinrichtung, es gefällt ihr anscheinend ganz gut, sie weint auch nicht, wenn ich sie dort abgebe. Ich muss aber irgendwie sehen, dass ich wenigstens den Sommer über noch einmal bei Vogenschmidts für ein paar Stunden arbeiten kann. Ich hoffe, die Fahrprüfung nun endlich zu schaffen, damit ich auch beruflich weiterkomme. Mist ist eben, weil ich mich auf Udo nicht verlassen kann, er müsste Tessa hin und wieder versorgen, und dann das Theater mit Carlo, die andauernden Ängste, wenn ich nicht zu Hause bin, sprechen dagegen. Wenn ich es richtig verstanden habe soll ich, wenn es klappen sollte, Früh und Spätdienst machen. Momentan weiß ich nicht, wie das gehen soll. Henny ist noch arbeitslos und hat mir Hilfe angeboten, Udo soll bleiben wo er ist, ich sehe nicht, wenn er säuft und alles andere auch nicht, ob er fremd geht ist mir schon lange wurscht, bestenfalls frage ich mich nur, wer so einen ungepflegten, versoffenen Menschen noch nehmen würde. -

Nun bin ich dann mit der Kleinen am 20. März nach Seelstein gefahren, Carlo muss zur Schule und blieb in Wiesenstadt, ich tue es nach wie vor nicht gern, aber ich musste fahren, ich hätte es sonst nicht anders geschafft, ... das alles am Steiger, ... und wer sonst soll die Arbeit dort machen, die meine Mutter nicht mehr alleine schafft, … aber es wird keine Dauerlösung sein, bzw., es kann keine sein. Ich kann Carlo ja doch auch nicht jedesmal aus der schule nehmen.Am Mittwoch vor Ostern bin ich, meine Mutti mitbringend nach Domstedt zurückgefahren, höchste zeit, um die Vorbereitungen für Ostern zu treffen. Am Ostersonnabend kam auch Henny, Ostersonntag waren wir beim Chinesen zum Mittagessen, während des ganzen Stresses hatte ich fast vergessen, dass ich am Ostersonntag auch noch Geburtstag hatte. Nachmittags und zum Abendessen kamen dann noch Udos Eltern und seine Schwester Andrea. Wie immer ärgerte ich mich über das Getue von Udo, wieder riss er sich in dessen Gegenwart zusammen, wenn meine Mutter da ist, tut er das ja schon lange nicht mehr. Der Ostermontag war dann etwas ruhiger und wir haben Elli und den alten Mann besucht, noch schöne Ostern gewünscht und eine Flasche Sekt mitgebracht. Schon als wir im Treppenhaus waren, wenn nicht schon eher, wusste Elli gleich, wer hinter der Tür ist. Ich glaube nur ein Tier kann sich so unbändig freuen, ... und diese Freude ist echt!. Sie konnte sich kaum beruhigen, während unseres Besuches saß sie fast nur bei mir, Udo wurde verbellt. Als wir gingen hat sie bestimmt geglaubt, ich würde sie jetzt mitnehmen, es hat mir so leid getan, sie zurücklassen zu müssen. Eventuell kommt sie im Mai ein paar Tage, der alte Mann will eine Reise machen und kann Elli nicht mitnehmen.-

Gestern war ich bei Vogenschmidts um zu fragen, wie es nun mit Arbeit bestellt ist, aber sie konnte mir noch nichts genaues sagen, ihr Mann ist krank. Sie wollte sich heute noch einmal melden, ob ich nun am Freitag, also übermorgen anfangen soll oder erst am 1. Mai. Bis jetzt war aber noch niemand da oder hat angerufen, ich will ja auch Henny Bescheid sagen, sie wollte kommen, wenn ich Spätschicht habe. Es war schon gut,Tessa stundenweise zum Eingewöhnen in die Kindereinrichtung zu bringen, es gefällt ihr und überhaupt ist sie sehr pfiffig, sehr schnell und überall. Sie steigt gern in verschiedene Gegenstände hinein, in jeden Karton, Körbe oder sonstige ähnliche Dinge. Sie zeigt flink Augen, Nase, Mund, Ohren Bauch, Füße und Popo, zu ihrer Oma sagt sie „Ö“, ... immernoch. Gestern, abends, nachdem ich die Kleine zu Bett gebracht hatte, war ich nochmal schnell im Garten, auch Carlo macht schon ganz gut Babysitter, wenn ich kurz weg muss, … solange keine Kackwindel dabei ist. Na, jedenfalls kann man im Garten kaum etwas machen, es ist einfach viel zu nass. So weit zurück in punkto Garten war ich wohl noch nie, auch heute goss es in Strömen und tut es noch immer, ich weiß gar nicht, wann ich den Garten fertig kriegen soll. Eben klingelt das Telefon, ich dachte schon, es wäre Frau Vogenschmidt, aber es war der „Opa“ von Elli, sie kommt am 3. Mai zu uns, solange ihr Herrchen unterwegs ist. Vorhin klingelte das Telefon schon wieder, es war Mutti, sie sagte, dass es in Thüringen auch so schlimm regnet, vor allen Dingen in Eisenach und in Weimar, dort gibt es sogar Überschwemmungen, die allerhand Schaden angerichtet haben. Na, mal sehen, ob sich Frau Vogenschmidt noch meldet, ich muss ja dann auch zum Gesundheitsamt wegen einem neuen Gesundheitspass und wenn es mit dem Arbeiten nicht klappt, dann bleibt nur der Weg auf` s Arbeitsamt, so eine Pleite wie schon mal passiert mir nicht wieder. - Zitatende - . Heute würde ich es mir nicht mehr gefallen lassen, am Abend vorher noch nicht zu wissen, ob ich morgen oder übermorgen anfangen soll zu arbeiten oder nicht.-

Jedenfalls fange ich am 20. April1994 nun doch wieder an zu arbeiten, bei Vogenschmidts, wie gesagt, es bleibt mir vorerst nichts anderes übrig. Henny kommt wie vereinbart alle zwei Wochen zu uns nach Domstedt, immer dann, wenn ich Spätschicht habe. Vom Arbeiten in der Gaststätte habe ich bald die Nase voll, wenn ich ehrlich sein soll. Frau Vogenschmidt hat sich zum Nachteil verändert, es ist kein schönes arbeiten mehr, seit Herr Vogenschmidt nicht mehr da ist, ich komme mir richtig unmündig vor, sie will mir sagen wie ich Speck und Zwiebeln zu schneiden hätte und lauter solche Dinge, ... es macht keinen Spaß mehr. Die Arbeit ist kaum zu schaffen und die Bezahlung ist schlecht. Als Herr Vogenschmidt noch da war, bekamen wir auch nichts im Überfluss, aber es war angemessen. Ich kann nur hoffen, es ist bald vorbei und es findet sich doch noch einmal das Richtige für mich. -

Dann kommt der Mai und endlich der bewusste Tag, der 26. Mai 1994 um 13.30 Uhr, als ich noch einmal zur Fahrprüfung antreten soll, ... und?, … endlich, ... endlich habe ich es geschafft und die Prüfung bestanden. Erst als ich mit der Höllenfahrt fertig bin, habe ich gezittert wie Espenlaub, so dass ich nur mit Mühe meinen Führerschein unterschreiben kann. Erst dachte ich, ich bin wieder durchgefallen, weil der Prüfer am Ende der Fahrt anfängt, verschiedene Dinge aufzuzählen, die nicht ganz in Ordnung gewesen sind, aber ich bin wie benommen, ... ich weiß nicht mehr, was er eigentlich gesagt hat. Mir fällt ein Stein vom Herzen, endlich darf ich Auto fahren. Ich kann nicht anders, als in die nächste Gaststätte gehen, hintereinander drei Kognaks trinken und ... „herunterfahren“, bevor ich in den nächsten Bus steige , … mit neuen Mut kehre ich nach Domstedt zurück.

Stehaufmännchen - Die Kraft zu leben

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