Читать книгу Epistolare Narrationen - Margot Neger - Страница 15
2.4 Adressaten und Figurenarsenal
ОглавлениеDie Briefsammlung präsentiert uns ein breites Spektrum an Personen, von denen die meisten als Adressaten der Briefe fungieren, andere als handelnde Figuren und viele in beiden Rollen. Plinius konstruiert in seinen Briefen eine soziale „community“, mit der er auf verschiedene Weise interagiert und vor deren Hintegrund er seine eigene Persönlichkeit profiliert.1 Was die Adressaten der Briefe betrifft, hat man sich bisher weniger mit literarischen als prosopographischen Fragen beschäftigt2 oder prominenteren Briefpartnern wie Tacitus und Sueton die Aufmerksamkeit geschenkt.3 Im Unterschied zu Briefsammlungen wie etwa denjenigen Ciceros und Senecas sind die neun Briefbücher des Plinius nicht nach Adressaten arrangiert oder nur an einen Adressaten gerichtet, sondern spiegeln das in Epist. 1,1Plinius der JüngereEpist. 1.1 formulierte Prinzip der zufälligen Anordnung wider, indem jeder Brief für einen anderen Empfänger bestimmt ist, was der Sammlung einen „reality effect“ verleiht.4 Manche Adressaten, wie etwa Tacitus, Calpurnius Fabatus oder Voconius Romanus,5 erhalten mehrere Briefe, während andere seltener oder gar nur einmal als Empfänger auftauchen.6 Sowohl thematisch als auch hinsichtlich der Empfänger ist die Briefsammlung dem Prinzip der Abwechslung verpflichtet, wobei folgende Ausnahmen bzw. Besonderheiten ins Auge stechen: In Epist. 2,11‒12Plinius der JüngereEpist. 2.11/12 sowie 2,20Plinius der JüngereEpist. 2.20 und 3,1Plinius der JüngereEpist. 3.1 wird in zwei unmittelbar aufeinander folgenden Schreiben derselbe Adressat angesprochen.7 Der Brief 3,10Plinius der JüngereEpist. 3.10 wiederum ist an zwei Empfänger gerichtet, nämlich Vestricius Spurinna und seine Frau Cottia.8 Während die Mehrzahl der Plinius-Briefe an Männer von unterschiedlicher sozialer Stellung adressiert ist, gibt es auch eine Reihe von Frauen, die uns als Empfängerinnen begegnen.9 Gibson und Morello (2012: 141) weisen darauf hin, dass die meisten für Plinius wichtigen Personen bereits in Buch 1 der Briefe auftreten und später in der Sammlung erneut in Erscheinung treten. Da Plinius sein Briefkorpus sorgfältig komponiert hat, dürfte auch das Auftreten der verschiedenen Adressaten keineswegs dem Zufall geschuldet sein, sondern auf kompositorischen Prinzipien basieren. Während manche Personen bereits als handelnde Figuren agieren, bevor sie in die Rolle des Briefempfängers schlüpfen, verhält es sich bei anderen umgekehrt.
Für den modernen Leser mag es ungewöhnlich erscheinen, dass Plinius als ersten Adressaten und gleichzeitig WidmungsträgerPlinius der JüngereEpist. 1.1 der Sammlung Septicius Clarus gewählt hat, der zur Zeit der Veröffentlichung noch relativ unbedeutend gewesen sein dürfte und sich erst unter Hadrian politisch etablierte.10 Sherwin-White (1966: 85) vermutet, dass Plinius es vermeiden wollte, andere Senatoren vor den Kopf zu stoßen, indem er jemanden aus dem Rittestand an den Anfang des Briefkorpus stellte. Hoffer (1999: 22) interpretiert die Wahl des WidmungsträgerPlinius der JüngereEpist. 1.1s als Ausdruck dessen, dass Plinius – anders als etwa sein Zeitgenosse Martial – keiner Widmung „nach oben“ bedurfte und Septicius Clarus lediglich ein „Platzhalter“ sei und beliebig ausgetauscht werden könne. Gowers (1993: 272) hingegen argumentiert, dass Plinius den zukünftigen Erfolg des Clarus vorausgeahnt und sozusagen in die Zukunft „investiert“ habe. Gibson und Morello (2012) wiederum sehen die Wahl des Widmungsträgers vor dem Hintergrund der Selbstdarstellung des Plinius, in dessen Briefkorpus die Interaktion mit sozial niedriger gestellten Personen großen Raum einnimmt.11 Wie schon in anderem Zusammenhang besprochen wurde, bietet sich der Name Clarus auch für ein Wortspiel an, indem er am Beginn der Briefsammlung Pedanius Fuscus, dem Adressaten des letzten Briefes, gegenübersteht.12
Mehreren Figuren, die in anderen Briefen als Adressaten auftauchen, begegnen wir innerhalb der Narration in Epist. 1,5Plinius der JüngereEpist. 1.5, wo mit Marcus Aquilius Regulus eine Kontrastfigur zu Plinius eingeführt wird, die der Epistolograph auch anderweitig negativ charakterisiert.13 Regulus erscheint in der Briefsammlung stets als handelnde Figur, niemals jedoch als Adressat. Anders verhält es sich mit Caecilius Celer, Fabius Iustus, Vestricius Spurinna und Iunius Mauricus, die allesamt in der Handlung der Epist. 1,5 „mitspielen“ und in späteren Briefen auch die Rolle der Adressaten übernehmen.14 Voconius Romanus wiederum, der Adressat von Epist. 1,5Plinius der JüngereEpist. 1.5, erhält seinerseits eine Reihe an Briefen mit einem breiten inhaltlichen Spektrum und überwiegend bedeutenden Themen:15 Epist. 2,1Plinius der JüngereEpist. 2.1 über das Staatsbegräbnis für Verginius Rufus, 3,13Plinius der JüngereEpist. 3.13 über den Panegyricus, 6,15Plinius der JüngereEpist. 6.15 über einen peinlichen Vorfall bei einer Rezitation, 6,33Plinius der JüngereEpist. 6.33 über die Rede für Attia Viriola, 8,8Plinius der JüngereEpist. 8.8 über den Fons Clitumnus, 9,7Plinius der JüngereEpist. 9.7 über Plinius’ Villen am Comersee und 9,28Plinius der JüngereEpist. 9.28 mit dem Dank für drei Briefe, die Voconius aus Spanien gesendet hat; Voconius wird außerdem in Epist. 2,13Plinius der JüngereEpist. 2.13 einem gewissen Priscus empfohlen und in diesem Rahmen näher charakterisiert,16 und in Epist. 10,4Plinius der JüngereEpist. 10.4 bittet Plinius Kaiser Trajan, Voconius Romanus in den Senatorenstand zu erheben. Als Figur, die neben Tacitus und Calpurnius Fabatus zu den häufigsten Adressaten im Briefkorpus zählt, fungiert Voconius Romanus als eine Art „navigational landmark“ für den Leser,17 der sich innerhalb einer Vielzahl von bekannten und weniger bekannten Individuen zu orientieren versucht.
Zu den für heutige Leser vermutlich weniger bekannten Zeitgenossen des Plinius dürfte etwa Cornelius Minicianus gehören, der insgesamt drei Briefe erhält (3,9; 4,1; 8,12) und selbst Gegenstand der Epist. 7,22Plinius der JüngereEpist. 7.22 ist, wo er von Plinius für das Amt des Militärtribuns empfohlen wird. Die betreffenden Briefe sind inhaltlich und formal unterschiedlich gestaltet, insofern als es sich bei 3,9Plinius der JüngereEpist. 3.9 und 4,11Plinius der JüngereEpist. 4.11 um narrative Texte handelt – ein Prozessbericht und eine Art „Sensationsgeschichte“ –, während Epist. 8,12Plinius der JüngereEpist. 8.12 stärker dem Prinzip des loqui verpflichtet ist, wenn Plinius seine Gründe für den Besuch bei einer bevorstehenden Rezitation des Titinius Capito darlegt. Die kurze Epist. 7,22,Plinius der JüngereEpist. 7.22 in der Minicianus als dritte Person erscheint, ist als Empfehlungsschreiben gehalten. Im Folgenden sei die Charakterisierung des Minicianus in dieser Briefserie und seine Funktion im Rahmen der literarischen Gestaltung der einzelnen Briefe betrachtet. Beginnen wir bei Epist. 7,22 an Pompeius Falco,18 wo wir konkretere Informationen über die Figur des Minicianus erhalten. Plinius, so erfahren wir hier, hatte bereits in einem früheren Brief an Falco um das Tribunat für einen Freund gebeten und verrät nun in diesem Schreiben, um wen es sich dabei handelt (1: quis ille qualisque). Cornelius Minicianus wird daraufhin folgendermaßen beschrieben (2):
est Cornelius Minicianus ornamentum regionis meae seu dignitate seu moribus. natus splendide abundat facultatibus, amat studia, ut solent pauperes. idem rectissimus iudex, fortissimus advocatus, amicus fidelissimus.
Wie Plinius stammt auch Minicianus aus der Transpadana, genauer gesagt aus Bergamum,19 und ehrt dem Epistolographen zufolge seine Heimat durch dignitas und mores. Zudem zeichne sich Minicianus durch eine angesehene Herkunft20 und sein Vermögen sowie die Liebe zu den Studien aus. Als Richter sei er äußerst gewissenhaft, als Anwalt sehr mutig, als Freund besonders zuverlässig – man könnte meinen, es handle sich hier um ein Spiegelbild des Plinius. Auffällig an dieser laudatio ist, dass Plinius keinerlei militärische Qualifikationen nennt, die für das angestrebte Amt relevant gewesen wären.21 Stattdessen streicht er allgemeine Charakterzüge heraus, die Minicianus für eine Führungsposition empfehlen. Minicianus sei, so betont Plinius am Ende des kurzen Briefes,Plinius der JüngereEpist. 7.22 allen Ehrungen und Auszeichnungen gewachsen (3: hominem omnibus honoribus, omnibus titulis…parem) und sei dennoch ein äußerst bescheidener Mann (3: de modestissimo viro).Plinius der JüngereEpist. 7.22
Über diese Wesenszüge des Minicianus und die Tatsache, dass er offenbar jünger ist als Plinius,22 weiß der Leser noch nichts, wenn er ihm zum ersten Mal in Epist. 3,9Plinius der JüngereEpist. 3.9 begegnet, wo Plinius einen umfangreichen Bericht über den Repetundenprozess der Provinz Baetica gegen Caecilius Classicus an ihn adressiert.23 Der Epistolograph verzichtet hier auf eine längere Einleitung, die sein Verhältnis zum Adressaten in irgendeiner Weise näher beleuchtet, und beginnt gleich mit der Narration über den Fall (1: possum iam perscribere tibi, quantum in publica provinciae Baeticae causa laboris exhauserim). Im weiteren Verlauf dieser Erzählung wird die Person des Adressaten vorübergehend ausgeblendet, und erst am Ende integriert ihn Plinius wieder, indem er Minicianus mit Formulierungen wie concipere animo potes (24) und coniectabis ex hoc (26) direkt anspricht und dazu animiert, sich die mit dem Prozess verbundenen Mühen und Schwierigkeiten vorzustellen. Ziel der Narration war es, fährt Plinius fort, Minicianus gleichsam in die Position des Prozessbeobachters zu versetzen, ihn vom absens zum praesens zu machen (26: non potui magis te in rem praesentem perducere). Im Anschluss daran inszeniert Plinius eine Diskussion mit seinem Adressaten, indem er diesen als Interlokutor gegen die Länge des Briefes protestieren lässt (27: dices: ‘non fuit tanti; quid enim mihi cum tam longa epistula?’) und ihm dann antwortet, er möge nicht dauernd fragen, was in Rom geschehe (27: nolito ergo identidem quaerere, quid Romae geratur). Plinius spielt hier auf MartialsMartial2 praef. Prosavorrede zum zweiten Buch der Epigramme an, wie in einem späteren Kapitel noch ausführlicher besprochen wird.24 Während bei Martial der Widmungsträger des liber, ein gewisser Decianus, die Kombination eines Epigrammbuches mit einer Prosaepistel kritisiert und mit seiner Beschwerde verhindert, dass der Dichter seine Prosavorrede noch weiter in die Länge zieht, verhält es sich bei Plinius genau umgekehrt: Hier trägt der fingierte Einwand des Adressaten dazu bei, dass Plinius den Brief noch weiter ausdehnt, nachdem er Minicianus – ähnlich wie Apollinaris in Epist. 5,6,44Plinius der JüngereEpist. 5.6.44 – darüber belehrt hat, dass die Länge des Briefes durch die komplexe Struktur des Falles gerechtfertigt sei (27: memento non esse epistulam longam, quae tot dies, tot cognitiones, tot denique reos causasque complexa sit).25 Plinius ist der Ansicht, dass er alles sowohl breviter als auch diligenter geschildert habe (28), muss sich dann aber gleich korrigieren (28: temere dixi ‘diligenter’), da ihm nun ein Detail einfällt, dass er vergessen hat und nach dem Vorbild Homers nachtragen will (28‒35). Auf diese erste false closure folgt noch eine weitere, wenn Plinius abermals etwas ausgelassen zu haben bemerkt (36: rursus paene omisi) und erst nach dem zweiten Nachtrag seinen Brief tatsächlich beendet (37).26
Als Adressat dieses Briefes bleibt Minicianus eine relativ stereotype Figur, die sich offenbar irgendwo außerhalb Roms aufhält und von Plinius als neugierig bezüglich der Ereignisse in der Hauptstadt charakterisiert wird. Die Aussage, Minicianus wolle ständig wissen, was in Rom passiert (27), suggeriert dem Leser, dass Minicianus und Plinius bereits in einem längeren Austausch stehen, wenngleich man innerhalb der Briefsammlung diese Konstellation von Adressant und Adressat zum ersten Mal in Epist. 3,9Plinius der JüngereEpist. 3.9 antrifft. Plinius konstruiert seinen Adressaten als Dialogpartner, mit dem er über Aspekte wie angemessene Länge und Reihenfolge einer Erzählung diskutiert. Durch die Anspielung auf Martial, dessen zweite ProsaepistelMartial2 praef. größtenteils aus der Protestrede des Interlokutors besteht, wird Minicianus einerseits in die Tradition dieser Figuren gestellt, andererseits indirekt als Kenner der Epigrammbücher charakterisiert, wenn er mit denselben Worten spricht wie Martials Adressat der Epistel am Beginn von Buch 2.Plinius der JüngereEpist. 3.9
Nach dem Prozessbericht in Epist. 3,9 begegnet uns Minicianus erneut in Epist. 4,11,Plinius der JüngereEpist. 4.11 diesmal als Rezipient einer Skandal-Geschichte, die sich um den Verbannten Valerius Licinianus und die unter Domitian wegen Inzests verurteilte Vestalin Cornelia dreht.27 Nach Epist. 3,9 behandelt auch 4,11 zunächst eine Geschichte aus der Welt der Redner, wodurch suggeriert wird, dass der Adressat sich besonders für diese Themen interessierte. Der Beginn des Schreibens 4,11Plinius der JüngereEpist. 4.11 vermittelt den Eindruck einer gewissen Sensationslust, die die beiden Briefpartner vereint (1: audistine Valerium Licinianum in Sicilia profiteri?), wenn Plinius zunächst vom sozialen Abstieg des nach Sizilien verbannten Licinianus erzählt (1‒3).28 Bei der Tätigkeit des Licinianus als Redelehrer handle es sich einerseits um eine Neuigkeit (1: recens nuntius), andererseits um ein tragisches Schicksal, da nicht nur aus einem einstigen Senator und „Staranwalt“ (1: inter eloquentissimos causarum actores) ein Verbannter, sondern aus einem orator gleichzeitig ein rhetor wurde (2). Seinen Adressaten unterhält Plinius außerdem mit dem Zitat eines Ausspruchs des Licinianus, den dieser in der Vorrede zu einem Vortrag getätigt haben soll (2): quos tibi, Fortuna, ludos facis? facis enim ex senatoribus professores, ex professoribus senatores. Bemerkenswert sei dieses bon mot29 nicht nur wegen seines Pathos (2: dolenter et graviter), sondern insbesondere wegen seiner Bitterkeit (2: tantum bilis, tantum amaritudinis), wodurch man den Eindruck gewinne, dass Licinianus nur deshalb Redelehrer geworden sei, damit er Sentenzen wie diese zum Besten geben könne (2: ut mihi videatur ideo professus, ut hoc diceret). Mit dieser pointierten Feststellung liefert Plinius zugleich sein eigenes rhetorisches Gegenstück zum geistreichen Ausspruch des Licinianus. Eine weitere Anekdote, von der Plinius dem Adressaten berichtet, besteht darin, dass der verbannte Licinianus nicht in der Toga auftreten durfte, sondern ein griechisches pallium trug,30 jedoch trotz seiner Montur verkündete, auf Latein vortragen zu wollen (3: ‘Latine’, inquit, ‘declamaturus sum’). Der Widerspruch zwischen dem griechischen Habitus und der lateinischen Deklamation erinnert an die schon in Epist. 3,9Plinius der JüngereEpist. 3.9 evozierte Vorrede zu Buch 2Martial2 praef. der Martial-Epigramme, wo der Interlokutor Decianus die Kombination von Epigrammen und Prosaepistel mit dem Auftritt eines Tänzers in einer Toga vergleicht und als lächerlich bezeichnet.31 Zudem lässt der Gegensatz zwischen pallium und toga an die in fabula palliata und fabula togata unterteilte römische Komödie denken,32 wodurch der Auftritt des Licinianus demjenigen eines komischen Schauspielers ähnelt.
Nicht als komisch, sondern tragisch dürfte der Adressat, so mutmaßt Plinius, das Schicksal des Licinianus empfinden (4): dices tristia et miseranda, dignum tamen illum, qui haec ipsa studia incesti scelere macularit. Mit dem Gerundiv miserandus wird der in der aristotelischen TragödientheorieAristotelesPoet. 6.1449b diskutierte Begriff des ἔλεος evoziert,33 und auch das scelus incesti ist – freilich in einer etwas anderen Ausprägung – ein in der Tragödie beheimatetes Motiv, insbesondere im Ödipus-Drama.34 Die Überleitung von den jüngsten Neuigkeiten über Licinianus zu einem Vorfall in der Zeit des Domitian legt Plinius seinem Adressaten in den Mund, der sich hier als Interlokutor in indirekter Rede äußert und meint, Licinianus habe sein Schicksal verdient, da er die studia durch das scelus incesti entehrte. Mit dieser Äußerung wird dem Leser suggeriert, dass der Adressat die Geschichte über den Inzest-Skandal bereits kennt und dass seine Zwischenbemerkung die weitere Narration motiviert. Nachdem Plinius die neuesten Informationen über Licinianus präsentiert und mit der Geschichte an ihrem Ende begonnen hat (1‒3),35 fingiert er nun eine Diskussion mit dem Adressaten, der Licinianus für schuldig hält, während Plinius dies zunächst infrage stellt (5: confessus est quidem incestum, sed incertum, utrum quia verum erat, an quia graviora metuebat, si negasset) und dann mit der Erzählung über die Verurteilung der Vestalin CorneliaPlinius der JüngereEpist. 4.11 fortfährt. Illias-Zarifopol (1994: 34) interpretiert diese von Plinius geäußerten Zweifel über die Schuld des Licinianus als Versuch, die Lektüre der weiteren Erzählung zu steuern und dem Leser zu suggerieren, dass auch die Vestalin unschuldig sei. Die von diesem Skandal handelnde Narration des Briefes (5‒13) lässt sich, nicht zuletzt wegen der vielen Figurenreden,36 als tragische Geschichtsschreibung in epistolarem Format interpretieren,37 in deren erster Szene ein wutentbrannter Domitian auftritt (5: fremebat enim Domitianus aestuabatque in ingenti invidia destitutus),38 der uns in der gesamten Briefsammlung nur hier als handelnde Figur begegnet.39 Domitians Albaner Landhaus ist der Schauplatz des ersten Aktes (6), wo der Kaiser die Vestalin Cornelia in ihrer Abwesenheit wegen Inzest verurteilt und lebendig begraben lassen will. Als Erzähler spart Plinius hier nicht mit Bewertungen, wenn er diese Tat als Zeichen der immanitas tyranni und als Verbrechen bezeichnet, das demjenigen, über das geurteilt wurde, um nichts nachstand, zumal Domitian selbst seine eigene Nichte nicht nur geschändet, sondern sogar getötet haben soll, da sie an den Folgen einer Abtreibung verstarb.40 Der zweite und mittlere Akt (7‒10) bildet zweifellos die Klimax der Erzählung und handelt von der Hinrichtung der Vestalin in einer unterirdischen Kammer sowie von der Bestrafung ihres angeblichen Liebhabers Celer auf dem Comitium. Beide Figuren betonen ihre Unschuld in direkter Rede (7: me Caesar incestam putat, qua sacra faciente vicit triumphavit!; 10: quid feci? nihil feci!), wobei sich Plinius bei den Worten der CorneliaPlinius der JüngereEpist. 4.11 fragt, ob sie ernst gemeint waren oder Domitian verspotten sollten (8).41 Auch über Schuld oder Unschuld der Vestalin will der Erzähler kein Urteil fällen (8: nescio an innocens), hält aber fest, dass sie tamquam innocens (8) abgeführt worden sei. Als man sie nämlich ins subterraneum hinabführte, blieb sie mit der Stola hängen, und als der Henker ihr helfen wollte, wies sie seine Berührung energisch zurück, quasi plane a casto puroque corpore (9), was Plinius mit einem Zitat aus EuripidesEuripidesHec. 569 kommentiert (9): omnibusque numeris pudoris πολλὴν πρόνοιαν ἔσχεν εὐσχήμων πεσεῖν. Plinius greift hier einen Vers aus der euripideischen Hekabe heraus, der zum Bericht des Herolds Talthybios über den Tod der Polyxena durch die Hand des Neoptolemos gehört,42 und signalisiert dadurch abermals die Nähe seiner Erzählung zum Drama sowie die seiner eigenen Person zu einem tragischen Berichterstatter.
Der dritte und letzte Akt dieses epistolaren Dramuletts handelt von der Verwicklung des Licinianus in den Fall (11‒14): Wurde am Beginn des Briefes suggeriert, dass er selbst für die Entehrung der Vestalin verantwortlich war (4: incesti scelere macularit), so stellt sich nun heraus, dass ihm nur vorgeworfen wurde, eine Freigelassene der Cornelia auf seinem Landgut versteckt zu haben (11).43 Mit der Verurteilung der Vestalin hatte Domitian sich den üblen Ruf der Grausamkeit und Ungerechtigkeit zugezogen,44 und die Anwälte des Licinianus rieten diesem, zu einem Geständnis Zuflucht zu nehmen, um der Auspeitschung auf dem Comitium zu entgehen. Licinianus befolgte diesen Rat (11: fecit) und wurde in seiner Abwesenheit vor dem Kaiser von niemandem geringeren als Herennius Senecio45 vertreten, der vom Geständnis seines Mandanten mit Worten im Sinne des homerischen κεῖται Πάτροκλος berichtet haben soll (12): ait enim: ‘ex advocato nuntius factus sum; Licinianus recessit.’ Durch das Homer-ZitatHomerIl. 18.20 wird Senecio indirekt mit Antilochos verglichen, der Achill im 18. Gesang der Ilias die Nachricht vom Tod des Patroklos überbringt,46 wobei die lateinische Junktur Licinianus recessit die berühmten Worte aus dem Epos in chiastischer Folge imitiert.47 Nach Senecio kommt auch dessen evil counterpart Domitian in direkter Rede zu Wort, wenn er sich selbst in seiner Freude über das Geständnis des Licinianus verrät und sagt absolvit nos Licinianus (13). Dies ist die einzige Stelle im Briefkorpus, wo wir DomitianPlinius der JüngereEpist. 4.11 sprechen hören – seine weitere Rede, in der der Kaiser den Angeklagten mit einer milden Verbannung sozusagen „belohnte“ (13: exsiliumque molle velut praemium dedit), gibt Plinius in oratio obliqua wieder (13: adiecit etiam non esse verecundiae eius instandum…). Senecio und Domitian sind somit die Hauptprotagonisten des dritten Aktes, in dem Licinianus als Figur abseits der Bühne erscheint. Angesichts des weiteren Schicksals des Senecio, über das der Leser der Briefsammlung an diesem Punkt bereits Bescheid weiß,48 gewinnt diese Szene einiges an dramatischer Spannung.49 Die Narration über den Inzest-Skandal endet mit einem kurzen Hinweis auf die clementia Nervas, durch die Licinianus später nach Sizilien gebracht wurde, wo er nun als Redelehrer tätig sei und sich in seinen praefationes am Schicksal räche (14: ubi nunc profitetur seque de fortuna praefationibus vindicat). Mit nunc ist die Brücke zum Beginn des Briefes geschlagen, wo Plinius seinem Adressaten aktuellen „Klatsch“ zu berichten vorgibt, den er anschließend im Rahmen einer Analepse zu einer dramatischen Mini-Historie ausweitet.
Die Version des Plinius über die Verurteilung der Vestalin CorneliaPlinius der JüngereEpist. 4.11 unterscheidet sich auffällig von derjenigen Suetons, die wir in der Domitian-Vita lesen. SuetonSuetonDom. 8 berichtet von dem Vorfall im Kontext der Darstellung von Domitians juristischen Maßnahmen, die noch in den Abschnitt vor der Veränderung des Prinzeps zum grausamen Tyrannen gehören (8,1: ius diligenter et industrie dixit).50 Sueton, der von Cornelias Fall im für ihn typischen Protokollstil berichtet, liefert uns ein wichtiges Detail, das Plinius in seiner Version verschweigt, nämlich dass Cornelia in einem früheren Prozess schon einmal wegen incestum angeklagt und freigesprochen worden war, viele Jahre später jedoch erneut belangt und verurteilt wurde.51 Im Unterschied zu Sueton ist Plinius überhaupt nicht daran interessiert, die Rolle des Kaisers in irgendeiner Form positiv oder zumindest neutral zu beleuchten, sondern spitzt die Handlung auf einen Punkt – den zweiten Prozess – zu und lässt Domitian in seinem Brief als Musterexemplar des grausamen Tyrannen auftreten, komponiert gleichsam eine fabula praetexta in Prosa. Anders als Sueton, der Licinianus nicht namentlich erwähnt, sondern nur von einem vir praetorius spricht, und auch die Personen des eques Romanus Celer und des Anwalts Herennius Senecio nicht näher identifiziert, greift Plinius diese Charaktere heraus52 und funktionalisiert den einen als Gegenstand des Gesprächs mit dem Adressaten Minicianus, die anderen beiden als handelnde bzw. sprechende Figuren im epistolaren Domitian-Drama.
Nachdem Minicianus, der Adressat des Briefes, durch eine Zwischenbemerkung die Narration über den Cornelia-Fall motiviert hat (4), danach jedoch aus der Erzählung ausgeblendet worden ist, wird er am Schluss wieder integriert und von Plinius direkt angesprochen (15): vides, quam obsequenter paream tibi, qui non solum res urbanas, verum etiam peregrinas tam sedulo scribo, ut altius repetam. Bereits in Epist. 3,9Plinius der JüngereEpist. 3.9.27 wurde Minicianus als jemand charakterisiert, der sich neugierig nach den Ereignissen in Rom erkundigt (27), und in Epist. 4,11 führt Plinius diese Charakterisierung weiter, indem er nun neben den res urbanae auch res peregrinae liefert und dabei sogar weiter ausholt, wie die narrative Analepse in Epist. 4,11Plinius der JüngereEpist. 4.11 verdeutlicht. Plinius war davon ausgegangen, dass sein Adressat aufgrund seiner damaligen Abwesenheit (15: quia tunc afuisti) nur von der Verbannung des Licinianus ob incestum gehört habe, das heißt nur über Hörensagen, das ja nur den Ausgang des Geschehens, nicht aber seinen Hergang berichte (15: summam enim rerum nuntiat fama, non ordinem). Diese Aussage wirft die Frage auf, inwieweit Plinius, der seinem Freund von dem Geschehen erzählt, selbst als Augenzeuge daran beteiligt war – der Fall wurde ja außerhalb Roms in Domitians Villa Albana verhandelt und spielt dann im subterraneum, lediglich Celer wird öffentlich ausgepeitscht. Da Plinius in seiner Narration die Person des Herennius Senecio herausstreicht, den er an anderer Stelle als Freund und Kollegen charakterisiert,53 lässt sich vermuten, dass dieser als Verteidiger des Licinianus die Quelle für Plinius ist. Oder gehörte etwa Plinius selbst, der mit Senecio zusammen auch gegen Baebius Massa auftrat,54 zu den Anwälten des Licinianus (4,11,11: quibus erat curae)? Während der Epistolograph in anderen Narrationen durchaus deutlich macht, ob er eine Geschichte selbst miterlebt oder aus anderer Quelle erfahren hat,55 fehlen solche Anhaltspunkte in Epist. 4,11. Auffällig ist auch der Hinweis auf den Hergang einer Geschichte (ordo), den ein Gerücht angeblich nicht beibehalte. Die Frage der Reihenfolge in einer Narration wurde auch in der ebenfalls an Minicianus gerichteten Epist. 3,9Plinius der JüngereEpist. 3.9 aufgeworfen, wo Plinius das Problem nicht nur mit Verweis auf Homer thematisiert, sondern auch mit dem Kunstgriff des Hysteron-Proteron spielt, indem er gleich zweimal Informationen nachträgt, die chronologisch an einem früheren Punkt der Erzählung hätten geliefert werden müssen. Auch in Epist. 4,11Plinius der JüngereEpist. 4.11 ist die chronologische Ordnung verkehrt, indem Plinius den Brief mit den jüngsten Ereignissen beginnt und erst danach die Vorgeschichte erzählt. Der Vergleich mit Sueton hat zudem gezeigt, dass auch Plinius den ordo rerum keineswegs so verlässlich nachzeichnet, wie er behauptet, da er die erste Verhandlung, in die Cornelia involviert war, überhaupt nicht erwähnt. So gesehen ist auch seine Version eher eine auf bestimmte Aspekte zugespitzte summa rerum und kein historisch akkurater Bericht.Plinius der JüngereEpist. 4.11
Es zeigt sich, dass Minicianus in den Briefen 3,9 und 4,11 als epistolares Du erscheint, mit dem Fragen diskutiert werden, die in der modernen Narratologie den Kategorien der Reihenfolge und Dauer bzw. Erzählzeit entsprechen;56 zudem hat Minicianus als Interlokutor auch einen direkten Einfluss auf die Gestaltung der jeweiligen Narration, die als Teil eines epistolaren Dialogs präsentiert wird. So wünscht sich Plinius am Ende der Epist. 4,11 auch eine Gegenleistung für seinen Bericht und fordert Minicianus dazu auf, seinerseits Neuigkeiten aus seinem oppidum und dessen Umgebung zu schreiben (16: mereor, ut vicissim, quid in oppido tuo, quid in finitimis agatur – solent enim quaedam notabilia incidere –, perscribas). Wo dieses oppidum liegt, erfahren wir hier noch nicht – erst aus Epist. 7,22Plinius der JüngereEpist. 7.22 geht hervor, dass es sich um die Heimatregion des Plinius handelt (2: regionis meae). Falls sich dort gerade nichts Bemerkenswertes ereignet, soll Minicianus wenigstens einen auf Zeile und Silbe gleich langen Brief über ein beliebiges Thema verfassen (4,11,16).
War Cornelius Minicianus in Epist. 7,22 selbst Gegenstand eines Charakterporträts, so erhält er mit Epist. 8,12Plinius der JüngereEpist. 8.12 einen Brief, in dem Plinius den Literaten Titinius Capito porträtiert.57 Auf den ersten Blick unterscheidet sich dieses Schreiben insbesondere formal von den Briefen 3,9 und 4,11, doch bei näherem Hinsehen wird deutlich, dass hier wie dort das Thema Erzählen eine wichtige Rolle spielt. Plinius beginnt den Brief 8,12 mit der Ankündigung, dass er sich „nur für diesen Tag“ entschuldige, um die Rezitation des Titinius Capito zu besuchen (1: hunc solum diem excuso); warum sich Plinius gegenüber Minicianus zu entschuldigen hat, bleibt offen. Der Epistolograph fügt hinzu, dass er den Vortrag Capitos sowohl besuchen muss als auch will (1: quem ego audire nescio magis debeam an cupiam), und fährt dann fort mit einem Lob auf diesen Mann, der die Studien liebt, pflegt und fördert (1), sein eigenes Haus für Rezitationen zur Verfügung stellt und selbst eifrig die Vorlesungen anderer besucht, zu denen auch Plinius gehört (2: mihi certe, si modo in urbe, defuit numquam). Plinius sei deshalb dazu verpflichtet, zu Capitos Rezitation zu gehen, und tue dies auch gerne (3‒4), sowohl wegen Capitos literarischem Talent als auch des von ihm gewählten Stoffes: exitus inlustrium virorum (4).58 Zu diesen viri illustres, deren Lebensende CapitoPlinius der JüngereEpist. 8.12 beschreibe, gehören auch einige, die von Plinius sehr geschätzt wurden (4: in his quorundam mihi carissimorum), wobei wir keine konkreten Namen erfahren. Der Besuch der Rezitation ersetze für Plinius die Teilnahme an den Begräbnissen der Männer, gleiche sozusagen der Erfüllung einer frommen Pflicht, (5: fungi pio munere) und schaffe die Möglichkeit, zwar verspäteten, aber umso aufrichtigeren laudationes funebres beizuwohnen (5: seris quidem, sed tanto magis veris).
Dieser Akt der Pietät entspricht demjenigen, was wir in Epist. 1,17Plinius der JüngereEpist. 1.17 über Titinius Capito erfahren, wo Plinius diesen Mann ebenfalls porträtiert59 – als Adressat dieses Briefes findet sich in den modernen Editionen ein ansonsten unbekannter Cornelius Titianus.60 Über Titinius Capito schreibt Plinius in Epist. 1,17, dass er ein Musterbeispiel sei für jemanden, der sich Verstorbenen gegenüber pflichtbewußt verhält, da es ihm gelungen sei, vom Kaiser eine Genehmigung für die Errichtung eines Standbildes des L. Silanus, eines der Opfer Neros, auf dem Forum zu erwirken (1).61 Überhaupt sei es ein besonderer Wesenszug Capitos, berühmte Männer zu verehren (2: est omnino Capitoni in usu claros viros colere), was auch darin zum Ausdruck komme, dass er bei sich zu Hause die Standbilder eines Brutus, Cassius und Cato in Ehren halte (3) und dem Leben eines jeden berühmten Mannes hervorragende Gedichte widme (3: idem clarissimi cuiusque vitam egregiis carminibus exornat). Durch sein löbliches Verhalten sorge Capito nicht nur für die Unsterblichkeit von Männern wie Silanus, sondern auch für seine eigene (4).
Capitos Würdigungen von viri illustres durch Standbilder und literarische Werke entsprechen die Plinius-Briefe 1,17 und 8,12, in denen Capito,Plinius der JüngereEpist. 8.12 freilich als noch lebender Zeitgenosse, selbst den Gegenstand einer Huldigung bildet.62 Es dürfte kein Zufall sein, dass die beiden Briefe, in denen das literarische Wirken und historische Pflichtbewusstsein Capitos gepriesen werden, einen Brief rahmen, in dem Capito die Rolle des Adressaten übernimmt und uns noch dazu als jemand begegnet, der Plinius zum Verfassen einer Historie rät (Epist. 5,8,1Plinius der JüngereEpist. 5.8: suades, ut historiam scribam). Wie schon in anderem Zusammenhang erörtert wurde, liefert Plinius hier u.a. eine Synkrisis der narrativen Techniken in Historiographie und Redekunst und bittet Capito, sich über einen geeigneten Stoff für ein Geschichtswerk Gedanken zu machen.63 Indem Plinius seinen Adressaten in Epist. 1,17Plinius der JüngereEpist. 1.17 schon vorab charakterisiert hat und dies in Epist. 8,12 wiederholt, suggeriert er, dass diese Aufforderung aus besonders berufenem Mund erfolgt. Im Brief 8,12 überschneidet sich die Minicianus-Serie mit der Capito-Serie, beide Figuren tauchen im Briefkorpus sowohl als Adressaten als auch handelnde Figuren bzw. Gegenstand kürzerer Charakterporträts auf. Zudem spielen in beiden Zyklen die Themen des Erzählens und der historischen Erinnerung eine wichtige Rolle und werden in den einzelnen Briefen aus unterschiedlicher Perspektive und mit unterschiedlicher Beteiligung der Adressaten reflektiert.Plinius der JüngereEpist. 8.12
Nach den hier angestellten Überlegungen zu den narratologischen Aspekten wie Stimme, Zeit, Raum und Figurenarsenal sollen im nächsten Abschnitt einzelne Briefe, Briefpaare und Briefzyklen interpretiert und ihre Narrativität näher untersucht werden. Es werden in weiterer Folge vier Themenfelder herausgegriffen, die für die Selbstdarstellung des Plinius zentral sind: Den Beginn macht ein Kapitel über die im Briefkorpus häufig zu findenden Berichte über Prozesse vor dem Senat und Zentumviralgericht, in denen Plinius zumeist selbst die Hauptrolle spielt und uns als Erzähler der Briefe seine rhetorischen Fertigkeiten als handelnde Figur am Schauplatz Gericht vor Augen führt (II.1). Es folgt ein Kapitel über Briefpaare, in denen verschiedene Formen von Schriftlichkeit diskutiert werden und zugleich das Standesbewusstsein des Plinius als Senator zum Ausdruck kommt (II.2). Plinius’ Aktivitäten im otium stehen wiederum in Kapitel II.3 und II.4 im Vordergrund, wenn der Epistolograph seine Biographie als Dichter von Kleinpoesie konstruiert und sich als Perieget, Naturbeobachter und Paradoxograph präsentiert.