Читать книгу Salvatore - Ein Mafioso sucht das Glück - Mariana Boscaiolo - Страница 8
ОглавлениеNina
„Ciao Nina, wie geht’s dir? Du siehst blass aus. Sorgen?“
Salvatore trifft Nina ab und zu heimlich auf einen Cappuccino.
Immer um 11 Uhr. Da macht sie Pause in der kleinen Bar hinter ihrer Anwaltspraxis.
Nachdem er damals den Liebesbrief in ihre Schultasche geschmuggelt hat und sie seine Freundin wurde, hatten sie einen wunderbare Sommer. Am Strand schleckten sie Eis und bauten die besten Sandburgen. Abends versuchten sie schüchtern einen Tanz auf der Piazza.
Das war lange bevor sich die Väter ihrer Familien, Don Pulvirenti und Don Pappalardo, aus irgendeinem nichtigen Grund verfeindeten. Lange bevor Salvatore diese Messerstecherei mit Ninas Bruder Fernando hatte.
Salvatore hatte Nina nie aus den Augen verloren. Auch nicht, als sie diesen Riccardo heiraten musste.
„Ach ja“, antwortet Nina. „Stress mit ein paar Fällen meines Vaters. Ich muss ihn und Fernando verteidigen. In mehreren fiesen Dingen. Unangenehm.“
Salvatore malt mit seinem silbernen Espressolöffel ein Herz auf ihren Cappuccino. Das hatte er lange geübt.
„Ach Nina, sollten wir nicht beide verschwinden?
Wie damals, mit dem letzten Schnellboot nach Capri zum Sonnenuntergang, weißt du noch?“
Nina lächelt milde und streicht sich eine braune Locke aus der Stirn.
„Du bist und bleibst ein Träumer, Salvi! Riccardo, Fernando oder deine Familie würden uns finden. Egal wer, wir sind dann Fischfutter, wenn die rote Sonne bei Capri im Meer versinkt.“
Dabei lässt sie etwas Zucker in ihren Cappuccino rieseln.
„Wie geht’s deiner kleinen Maria?“
Salvatore wechselt das Thema.
„Maria will im Moment Ärztin oder Anwältin werden, aber nur für die Guten, sagt sie, und wenn Ärztin, dann nur in Krankenhäusern, in denen es leckeres Essen gibt.“
Er legt seine Hand auf Ninas gebräunten Arm.
„Nina, du und Maria, kommt hier raus mit mir, ich finde eine Lösung. Mit Riccardo, das geht doch schon lange nicht mehr, ich sehe es dir an. Du hast ihn nie geliebt.“
Er hebt den Ärmel ihre Bluse leicht an und sieht die blauen Flecken. Schnell zieht sie den Arm zurück.
„Was sollte ich machen? Ich musste ihn heiraten. Er hat meinem Vater einen Gefallen getan. Du kennst die Regeln. Ich muss mitspielen, die kennen bei uns keine Gnade, auch nicht für Frau und Kind. Das weißt du doch am besten. Ich muss los, zu einer Verhandlung. Ciao Salvi.“
Sie drückt ihm einen flüchtigen Bacio auf die Wange und winkt ihm zu.
Salvatore sitzt noch eine Weile versunken vor seinem Espresso. Sein Gesicht spiegelt sich im schwarzen Kaffee. Dunkle Gedanken übermannen ihn.
Mein Curriculum: geboren in Palermo, seither Mafiasohn. Tendenz: Aufstieg zum Mafia-Boss. Aus. Toll. Weil ich zu feige bin.
Schnell kippt er den Rest seines Espressos hinunter, legt ein paar Münzen auf den Tisch und verlässt die Bar. Nur ein winziger Sonnenstrahl erhellt die dunkle Gasse. Trotzdem war die Wärme des Sommers schon deutlich zu spüren.
Salvatore steigt in seinen roten Ferrari und fährt zum berühmten Sandstrand von Mondello. Dort befindet sich sein Lieblingsplatz, etwas abseits vom Trubel. Er parkt das Auto unter einem Laubdach und geht zu einer versteckten, kleinen Hütte.
In ihr fühlt er sich wohl. Er hat sie als Kind mit Onkel Massimo gebaut. Seitdem ist sie sein Rückzugsort, wenn er Ruhe braucht oder nachdenken muss. Von dort macht er barfuß lange Spaziergänge am blauen Meer vor Palermo und sucht die schönsten Muscheln.
Wenn das sein Vater wüsste! Der würde sagen:
Muscheln gibt’s auf dem Teller, mit Pasta! Hör sofort mit dem Kinderkram auf und bring mir die letzten Gelder, basta!
Die Hütte ist Salvatores Geheimnis. Onkel Massimo hat damals wunderschöne Gläser aus Murano für ihn besorgt. In die füllt er seit seiner Kindheit alle Muscheln, die er findet.
Vielleicht zeige ich meine Sammlung mal Nina und Maria. Sie würde ihnen gefallen! Wir könnten damit Schmuckkästchen basteln und verkaufen, sinniert Salvatore vor sich hin.
Er legt sein Hemd und die Leinenhose sorgfältig in die Hängematte und streift seine Lieblingsbadehose über. Nina hat sie ihm mit 18 geschenkt. Er trägt sie immer noch. Rot mit weißem Bund. Nur 100 Meter trennen ihn vom warmen Meer.
Sein langer, muskulöser Körper krault sanft durch die Wellen, lässt ihn alles vergessen, sogar das Meeting in der väterlichen Villa um 18 Uhr, das bestimmt nichts Gutes verheißt.