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Bekräftigung des spanischen Anspruchs im 17. Jahrhundert
ОглавлениеTommaso Campanella
Der Dominikaner Tommaso Campanella, der sich für den besten Staatstheoretiker seiner Zeit hielt, befasste sich mit dem Thema in verschiedenen Werken und Lebensphasen: als er in Neapel dem spanischen König unterstand und als er ab 1634 in Paris den Schutz des französischen Königs genoss. Sein Werk Monarchia di Spagna (1601) enthält spanienfeindliche Stellen, die 1598 vor seiner Verhaftung wegen Anstiftung zur Rebellion geschrieben wurden, und spanienfreundliche Passagen, die vermutlich nach 1599 im Gefängnis – nicht zuletzt als Teil seiner Verteidigungsstrategie – entstanden. Campanella benennt darin drei Ursachen für die Entstehung von Reichen: Gott, die Klugheit und die Gunst der historischen Stunde, Ursachen, die ganz besonders bei der Entstehung des spanischen Weltreiches wirksam waren. Gott, weil die spanischen Könige nach einem 800-jährigen Kampf gegen die Mauren den Titel „Katholische Könige“, d.h. „universale Könige“, vom Papst erhalten hätten. Die Verleihung des Titels „universaler König“ zeige, so Campanella, dass der Heilige Geist am ehesten aus dem Munde der Geistlichen spreche. Klugheit, weil die Spanier ihr Weltreich mithilfe der Arkebuse und der Buchdruckpresse zusammenhielten, also der Waffen und der politischen Literatur, wozu viel Klugheit nötig sei. Die Gunst der historischen Stunde schließlich, weil man eine Neue Welt entdeckt, sich mit dem Haus Österreich verbündet und seit 1580 auch noch die Krone Portugals übernommen habe. Wenn die Spanier nun die Türken besiegten, die Einzigen, die genauso wie sie eine Universalmonarchie errichten wollten und könnten, könnten sie über die ganze Welt herrschen. Dann werde es nur eine Herde und einen Hirten geben.
Dass man sich unmittelbar davor befände, zeige sich darin, dass im spanischen Reich ständig bei Tageslicht die Heilige Messe gefeiert werde. Für Spanien spreche schließlich auch die große Sternenkonstellation des Schützen, die letztmals um 800, also zur Zeit Karls des Großen, bzw. vor 1.600 Jahren, zur Zeit des Augustus, vorgekommen sei. Frankreich könne diese Führungsrolle nicht beanspruchen, denn seine Stunde sei schon vor 800 Jahren gekommen und es habe nach Ps 66,7 seine Früchte bereits getragen.
Juan de Salazar
Bestreitungen des spanischen Anspruchs, der letzte Sitz der Translatio imperii zu sein, entkräftete der Benediktiner Juan de Salazar in seinem Werk Política española (1619) mit folgender geschichtstheologischer Argumentation: Da Spanien immer von anderen Völkern beherrscht worden sei, nämlich von den Phöniziern, den Karthagern, den Römern, Vandalen, Sueven und Goten (von den Arabern ist nicht die Rede), also, biblisch gesprochen, das „kleinste“ unter den Völkern sei, entspreche es der Logik der Heilsgeschichte, dass Spanien zum Sitz der Universalmonarchie erhoben werde, dem alle anderen Nationen der Welt zu gehorchen hätten. Die Bedingung dafür sei, dass Spanien rein von Häresie dem wahren Glauben treu bleibe, diesen in allen vier Teilen der Welt verkünde und dafür sorge, dass man Gott rund um die Uhr bei Tageslicht „das tägliche Opfer“ darbiete, von dem Daniel spreche und das das heilige Messopfer bedeute. Der jetzige Zustand der Geschäfte der Welt, nämlich die Eintracht der spanischen Reiche und die Zwietracht der benachbarten und fremden Reiche, sei eine günstige Gelegenheit für die Bewahrung und Ausdehnung der spanischen Monarchie. Eine potenzielle Gefahr sieht Salazar höchstens in der Einheit der Protestanten und in den Türken, die aber in der jetzigen Stunde die spanische Monarchie nicht ernsthaft gefährden könnten.
Diego Saavedra Fajardo
Salazars Werk stellt den Höhepunkt der Legitimierung des spanischen Hegemonialanspruchs auf dem Boden des Danielbuches dar. Aber auch nach ihm wandten sich spanische Autoren dem Thema zu, denn während des Dreißigjährigen Krieges wurde – vor allem zwischen Franzosen und Spaniern – eine Propagandaschlacht um die Universalmonarchie geführt. In diesem Kontext entwarf Diego Saavedra Fajardo, Mitglied der spanischen Delegation bei den Verhandlungen zum Westfälischen Frieden, in seinem Werk Corona gótica, castellana y austríaca (1648) eine Begründung des spanischen Sendungsbewusstseins, die das danielische Weltmonarchien-Schema vollständig hispanisierte.
Das Volk, dem die Herrschaft für ewig übergeben wird, ist das katholische Spanien nach der Bekehrung Rekareds 589. Seitdem ist die spanische Monarchie dem katholischen Glauben nämlich treu geblieben und das spanische Reich ist immer größer und mächtiger geworden, bis es alle vier Erdteile erfasst hat. Das spanische Reich ist also – zusammen mit der katholischen Kirche – das fünfte eschatologische Reich, von dem gesagt wurde, dass es in Ewigkeit nicht untergehen und keinem anderen Volk überlassen werden soll. Letzteres sei aber eher ungewiss und könne aus Daniels Prophetie nicht mit Sicherheit entnommen werden. Die Erfahrung und das Naturgesetz zeigten uns nämlich, „dass Reiche entstehen, leben und sterben“. Unfehlbar sei einzig die Wahrheit, dass die Dauer der Reiche als Lohn der Tugend zu verstehen sei und dass Gott wegen Gewalttat und Übermut die Herrschaft von einem Volk auf das andere übertrage – wie Saavedra unter Anspielung auf Sir 10,8 abschließend festhält. Mitten in der theologischpolitischen Propagandaschlacht suchte Saavedra also – dem spanischen Machtverlust im Schatten des Dreißigjährigen Krieges zum Trotz – Zuflucht in eine totale Hispanisierung der Visionen Daniels, die in Einklang mit den mittelalterlichen Geschichtschroniken aus der Zeit Alfons’ X. aus Spanien nach Rekareds Bekehrung das Israel des Neuen Testaments macht.