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Die Vertreibung von Juden und Morisken

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Probleme mit Religionsvielfalt

Das christliche Spanien hatte seit den Judenpogromen von 1391 und 1413–1414 mit den darauffolgenden Massenbekehrungen ein neues Problem: In den meisten Städten gab es nun neben den herkömmlichen Christengemeinden (cristianos viejos) auch Synagogen für die Juden, die eine oder andere kleine Moschee für die mudéjares (die unter chistlicher Herrschaft verbliebenen Muslime) und Kirchen für die vielen Conversos oder Neuchristen (cristianos nuevos) aus dem Judentum. Auf so viel „Religionsvielfalt“ war man im damaligen Europa nicht vorbereitet. Die Spannungen zwischen Juden, Conversos und Altchristen rufen ab der Mitte des 15. Jahrhunderts nicht nur die Statuten der Limpieza de sangre (s. Kap. VI) hervor, sondern begünstigen auch 1478–1480 die Errichtung der Inquisition (s. Kap. VII). Als diese 1482 operativ wird und zur Einsicht kommt, dass die Juden eine permanente Versuchung für die Conversos darstellen, drängt sie auf Vertreibungsmaßnahmen. Die Katholischen Könige selbst hatten zunächst vor, das islamische Modell weiter zu praktizieren, denn die jüdischen und muslimischen Minderheiten waren aufgrund der höheren Tribute eine gute Einnahmequelle. So wird am 28.11.1491 in den Unterwerfungskapitulationen den Muslimen Granadas die Pflege der eigenen Kultur und Religion gegen Tributzahlung gewährt, also nach dem in den Siete Partidas übernommenen islamischen Modell. Die Könige drängen nur die Eliten zur Auswanderung nach Marokko. Als die Könige aber am 31.3.1492 in einem Edikt verfügen, dass die taufunwilligen Juden bis 31. Juli das Land unter widrigen Umständen verlassen sollen, fangen sie damit an, das islamische Modell gegen das westgotische auszutauschen. Sie werden noch alles Mögliche tun, um den Juden die Bekehrung schmackhaft zu machen. Abraham Senior, der 80-jährige Hofrabbiner, Berater der Krone und Steuereinnehmer, ließ sich in einer Prunkzeremonie taufen, in der die Könige selbst als Paten fungierten. Zwischen 50.000 und 100.000 Juden folgen diesem Beispiel, doch die Könige scheinen die „identitätsstiftende“ Kraft des Glaubens Israels in Krisenzeiten zu unterschätzen, die Fähigkeit, die schlimmsten historischen Katastrophen als die „Geburtswehen des Messias“ umzudeuten, wie es Isaac Abravanel, ebenfalls einflussreicher Finanzmann am Hof und geistiger Kopf der Vertriebenen, tun wird. So ziehen zwischen 50.000 und 150.000 Juden das Exil dem Glaubensabfall vor.

Spätestens seit der Vertreibung der Juden wusste man, dass die den Muslimen Granadas Ende 1491 gewährte Toleranz unter dem Vorbehalt der Inquisition steht, sodass auch hier Bekehrung oder Vertreibung das Ziel sein werden, während es vorher keine ernsthaften Bekehrungsversuche der unterworfenen Muslime gegeben hatte. Hernando de Talavera, Beichtvater Isabellas und erster Erzbischof Granadas, versucht, sie mithilfe eines ins Arabische übersetzten Katechismus sanft für das Christentum zu gewinnen. Als dieser Weg scheitert, tritt ein anderer Beichtvater der Königin, der Erzbischof Toledos Jiménez de Cisneros, der für das alte Königreich Granadas inquisitorische Vollmachten hatte, mit der harten Linie auf den Plan: Zwischen 1499 und 1502 haben die Muslime Granadas die Wahl zwischen Bekehrung oder Vertreibung, und dabei werden etliche Moscheen in Kirchen umgewandelt sowie wertvolle islamische Handschriften verbrannt. 1502 werden alle Muslime der Krone Kastiliens vor diese Alternative gestellt und 1525–1526 schließlich auch die in Aragón und Valencia. Danach findet man weitere Aufstände und verschiedene Umsiedlungs- und Vertreibungsmaßnahmen von „Morisken“, wie die getauften Muslime nun genannt werden, in geopolitisch sensiblen Zeiten: 1569–1574 vor und nach dem Sieg über die Türken bei Lepanto (1571) und 1609–1614 im Schatten der Bedrohung durch die von den Türken unterstützten Berberei-Piraten Nordafrikas.

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