Читать книгу Wie viele Sekunden hat das Glück - Marita Schöneweiß - Страница 9

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Kapitel 4

Und es änderte sich auch nichts auf dem Neubauer Hof. Im Frühjahr merkte Katharina, dass sie wieder guter Hoffnung war. So unerfahren, wie bei ihrer ersten Schwangerschaft, war sie diesmal nicht. Es war April und sie rechnete nach, in welchem Monat ihr zweites Kind zur Welt kommen würde. Also, wenn der liebe Gott es gut mit uns meint, dachte sie, käme unser Kind im Januar zur Welt. Was Heinrich dazu sagen wird, überlegte sie weiter. Am Abend werde ich es ihm mitteilen!

Katharina fiel es schwer, so lange ihr süßes Geheimnis für sich zu behalten. Endlich stiegen sie gemeinsam die Treppe zu ihrer Schlafstube empor. Es war wieder spät geworden am heutigen Abend. Als sie die Stube betraten, blickte Katharina glücklich auf ihren kleinen Sohn, der zufrieden in seinem Bettchen schlummerte. Katharina lächelte. Bald würden sie zwei Kinder haben, überlegte sie. Ob es diesmal ein Mädchen wird? Es wäre bestimmt schön ein Pärchen zu haben. Ach, wir warten ab, was der liebe Gott uns schenken wird.

"Heinrich", begann sie, als sie gerade im Bett lagen. "Ich muss dir etwas sehr Wichtiges sagen!"

"Na, dann heraus damit! Ich merke doch schon den ganzen Tag, dass du mit deinen Gedanken irgendwo anders bist!"

"Du hast es mir angemerkt?", fragte sie ungläubig.

"Aber ja doch! Nach so vielen Ehejahren kennt man seine Frau ganz genau!", scherzte er. "Aber Spaß beiseite. Kathi hast du etwas auf dem Herzen?"

"Ja! Und zwar etwas sehr Wichtiges!" Sie setzte sich in ihrem Bett aufrecht, hindrehte sich zu ihrem Mann, sah ihn an und sagte feierlich: "Wir bekommen im Januar unser zweites Kind!"

"Unser zweites Kind?", fragte Heinrich überrascht. "Stimmt das auch? Ich kann es gar nicht glauben! Bist du dir sicher? Ich habe gar nichts davon bemerkt!"

"Was heißt das, gar nichts davon bemerkt? Warst aber schon dabei!", stellte sie klar. "Freust du dich denn nicht?"

"Aber sicher doch! Es kommt nur so unverhofft! Dir geht es gut - kein Unwohlsein! Bist du dir auch ganz sicher, Kathi?"

"Ja, mein Lieber! Ich bin mir sogar sehr sicher! Es muss ja nicht wieder so sein, dass du denkst, ich hätte einen Kater!"

"Nein! Natürlich nicht!" Heinrich lachte. "Aber es war schön!"

"Für dich vielleicht, aber für mich nicht! Ich darf heute gar nicht mehr daran denken, dass dein Vater uns darauf aufmerksam gemacht hat. So eine Blamage!"

"Na ja, selbst die Mutter ist nicht von selber darauf gekommen!" Heinrich lachte wieder.

"Psst!", flüsterte Katharina. "Du weckst unseren Sohn noch auf! Und was sollen die Eltern denken?"

"Was sollen sie schon denken?" Heinrich lachte noch immer, nahm seine Kathi zärtlich in die Arme und küsste sie. "Ich freue mich sehr, auf unser Kind!", flüsterte er ihr ins Ohr. "Dann werde ich im Herbst die Kammer nebenan für den Franz herrichten. Der wird vielleicht Augen machen, wenn er ein Brüderchen bekommt!"

"Ich höre immer Brüderchen!", protestierte Katharina. "Diesmal möchte ich aber ein Mädchen haben!"

"Wir werden sehen, was es gibt! Und nun lass uns schlafen, Kathi! Die Nacht ist bald rum!"

"Ja, du hast Recht! Gute Nacht, mein Lieber!"

"Gute Nacht, Liebes! Wirst du es den Eltern bald sagen?"

"Ja, vielleicht schon morgen!" Katharina gähnte und schmiegte sich in seine Arme.

Die Neubauer Eltern freuten sich sehr, als sie erfuhren, dass ein Kind unterwegs war. Auch Katharinas Mutter war glücklich über diese gute Nachricht.

"Es wird wohl wieder ein Junge werden, Kind!", meinte sie eines Tages. "Du siehst ja wirklich blühend aus. Es scheint dir gut zu gehen?"

"Ja Mutter! Mir geht es wirklich gut!"

Im Dezember richtete Heinrich die Kammer neben ihrer Schlafstube her.

Es war ein kalter Tag, der 5. Januar 1930. Es schneite und schneite schon den ganzen Vormittag leise vor sich hin. Der Wind fegte den Pulverschnee über den ganzen Hof hinweg. Der alte Neubauer gab es auf, den Hof zu räumen. Es hatte wirklich keinen Sinn.

Oben in der Schlafkammer lag Katharina schon seit Stunden in den Wehen.

Heinrich spannte die Pferde ein und brachte seinen kleinen Sohn Franz schon in der Frühe hinüber zu seiner Schwiegermutter.

"Es geht los Mutter!", sagte er schon beim Eintreten in die Küche. "Ich bring Euch den Franz! Könnt Ihr Euch eine Weile um ihn kümmern?"

"Ja natürlich Heinrich!", erwiderte sie. "Es ist wohl so weit?"

"Ja! Es wird aber noch dauern! Ich werde die Guste auch gleich mitnehmen. Bei diesem Wetter ist es besser, wenn sie schon auf dem Hof ist. Man weiß nie, wie sich das Wetter entwickelt. Bis später, Mutter! Ich werde Bescheid geben lassen, wenn das Kind da ist!"

"Ja, Heinrich! Ist schon recht!", seufzte sie ein weinig. "Ist immer eine Aufregung so eine Geburt! Wünsch' euch Glück und grüß mir die Katharina herzlich!"

"Ja, werd' ich machen!"

Er stieg wieder auf das Fuhrwerk, holte die alte Hebamme ab, um mit ihr heim zum Neubauer Hof zu fahren.

Das neue Familienmitglied hielt alle in Atem. Lange ließ es auf sich warten. Heinrich, der sich wirklich bemühte gelassen zu wirken, konnte nach dem Mittag seine Sorgen nicht mehr verbergen.

"Mutter, ich mache mir schreckliche Sorgen um Katharina!", sagte er aufgeregt. "Ist es nicht besser, den Doktor zu holen?"

"Ich habe schon mit der Guste gesprochen!", erwiderte sie. "Auch ich sorge mich sehr! Doch sie sagt, dass alles in Ordnung sei! Es dauert nur noch eine Weile! Ist diesmal nicht so einfach! Lass uns noch eine Stunde warten - dann hol' ihn!"

"Ja, werde ich machen!", erwiderte er.

Die Zeit verging im Schneckentempo. Heinrich stand am Küchenfenster, sah hinaus auf die herumwirbelnden Schneeflocken und hörte im Hintergrund das Wasser auf dem Herd dampfen.

Sein Vater saß auf der Ofenbank und schnitzte einige Zähne für den Heurechen. Die Zähne mussten teilweise erneuert werden. Wenn sie das Heu von den Wiesen holten, musste ja alles wieder in Ordnung sein. In den Wintermonaten hatte er Zeit dazu und heute beruhigte ihn diese Arbeit.

"Setz dich her, Junge!", meinte er zu seinem Sohn. "Nimm dir ein Messer und hilf mir, dann vergeht die Zeit schneller!"

"Nein Vater! Lass es gut sein! Die Stunde ist gleich rum, dann werde ich den Doktor holen!"

"Da höre ich jemanden die Treppe herunterkommen!",

meinte der Vater plötzlich. "Vielleicht bleibt uns der Doktor erspart!"

Die Mutter kam in die Küche hinein und sagte ganz aufgeregt: "Johannes, ist das Wasser heiß? Erst will 's nicht kommen und dann geht alles so schnell!"

"Brauch ich den Doktor nicht herbeizuholen?"

"Nein, es geht schon so!"

Eilig nahm sie das Wasser mit hinauf und kurze Zeit später hörten Vater und Sohn einen kräftigen Schrei.

"Es ist da, Vater!", rief Heinrich erleichtert.

"Ja! Man hört es ja durchs ganze Haus!"

"Es wurde auch langsam Zeit! So viele Stunden hat 's gedauert! Es dämmert schon draußen! Ich werde dann auch in den Stall müssen! Ach, die Mutter kommt!"

"Du kannst hochgehen, Heinrich!", sagte sie gleich beim Eintreten in die Küche. "Es ist alles in Ordnung! Beide sind wohl auf! Ein Junge ist es und stolze 9 Pfund wiegt er. Na ja, 100 Gramm fehlen. Kein Wunder, dass das so lange dauerte!"

"Bin schon oben!", rief Heinrich überglücklich.

Schnell sprang er die Stufen empor, öffnete die Schlafstubentür und sah seinen Sohn auf Gustes Arm.

"Komm herein!", forderte die Hebamme ihn etwas müde auf. "Schau dir deinen Stammhalter an. Hat uns arg zu schaffen gemacht! Er wollte doch einfach noch nichts von dieser schönen Welt wissen! Doch jetzt scheint es ihm zu gefallen! Gratuliere dir herzlich zu deinem Sohn! Komm, nimm ihn auf den Arm!"

"Dank dir, Guste!", sagte Heinrich glücklich.

"Na, dann komm zu mir!", flüsterte er ganz leise zu dem neuen Erdenbürger.

Zufrieden lag es da, das jüngste Familienmitglied der Neubauers. Müde und sehr geschwächt ruhte Katharina in ihren Kissen. Sie hatte schwere Stunden hinter sich. Ihr Gesicht war von der schweren Geburt gezeichnet.

Heinrich setzte sich mit dem kleinen Bündel auf das Ehebett und küsste zärtlich seine Frau.

"Ein hübscher Bub ist es, Kathi!", meinte er zu seiner Frau. "Der Franz wird vielleicht Augen machen! Bist du sehr enttäuscht, dass es kein Mädel ist?"

"Nein!", erwiderte sie lächelnd. "Ich bin nur so geschafft!" "Heinrich", hörten sie da die alte Guste sagen, "ihr habt nun zwei gesunde Kinder. Für 's Erste soll das genügen. Die Geburt war nicht so einfach. Ich weiß nicht, wie die Nächste ausfallen wird. Es muss erst einmal Schluss sein mit dem Kinderkriegen! Vielleicht in ein paar Jahren, aber vorerst nicht mehr! Habt ihr gehört?"

"Keine Bange, Guste! Wir werden bestimmt kein Kind mehr bekommen! Zwei Söhne sollen reichen! Sie sind gesund - und glaub mir - ich werde bestimmt nicht die Gesundheit von Kathi aufs Spiel setzen!"

"Das höre ich gerne!", antwortete die Hebamme zufrieden und klopfte Heinrich auf die Schulter.

"Guste, geh hinab in die Küche und iss erst einmal einen ordentlichen Happen Brot! Du wirst doch bestimmt hungrig sein!"

"Ja, da kannst du Recht haben! Bisher habe ich wirklich keinen Hunger verspürt! Doch jetzt meldet er sich!"

Katharina war inzwischen eingeschlafen. Sie war so schrecklich müde und erschöpft. Vorsichtig erhob sich Heinrich mit seinem kleinen Sohn von der Bettkante, um sie nicht aufzuwecken. Er küsste den kleinen Neubauer liebevoll auf die Stirn, streichelte mit dem Zeigefinger über die kleinen Wangen und flüsterte: "Ich werde dich nun in deine Wiege legen und sei bitte ganz leise. Lass deine Mutter sich etwas ausruhen! Für euch beide waren die letzten Stunden doch sehr anstrengend. Also, mein kleiner Sohn, herzlich willkommen auf dieser schönen Welt!" Vorsichtig legte er ihn in die alte Wiege und verließ die Schlafstube.

Unten in der Küche, saßen die Elter mit der Guste am Tisch und aßen.

Der Vater hatte auch schon die Kornflasche herbeigeholt und sagte, als Heinrich gerade die Küche betrat: "Komm Sohn, lass uns gemeinsam anstoßen auf den neuen und gesunden Stammhalter! Wir haben auf dich gewartet!"

"Ich komme sofort, Vater! Wir wollen auf deinen Enkelsohn erst einmal richtig anstoßen! So ein Schnäpschen können wir wirklich jetzt so richtig gebrauchen!"

"Dann prost!", hörte man den alten Neubauer sogleich sagen. "Auf den Jüngsten unserer Familie!"

"Prost!", stimmten alle zu.

"Guste", meinte die Neubauerin, als sie das Glas geleert hatte. "Ist es nicht vielleicht angebrachter, wenn du heute Nacht hierbleibst? Ich kann das Fremdenzimmer schnell herrichten! Ist keine große Sache! Die Straßen können bis morgen völlig zugeweht sein!"

"Ja!", erwiderte die Hebamme, "das kann wirklich passieren, Florentine! Es weht ganz schön draußen! Wenn's keine Umstände macht, bleibe ich gerne, dann bin ich gleich an Ort und Stelle!"

"Ist gut, Guste! Wenn es dir auch wirklich nichts ausmacht? Wird wohl wirklich das Beste sein!"

"Ich werde gleich losfahren und den Franz heimholen!", sagte Heinrich. "Er wird sicher schon warten!"

"Nicht nur der!", meinte die Bäuerin. "Lisbeth und Mariechen wollen auch bestimmt wissen, ob das Kind nun endlich angekommen ist. Die Lisbeth wird sich sicher schon sehr sorgen!"

"Ich mache mich sofort auf den Weg - muss ja auch noch in den Stall!"

Auf dem Hof von Lisbeth Lange, wartete man schon sehr ungeduldig auf eine Benachrichtigung der Neubauers.

"Endlich!", wurde Heinrich schon beim Eintreten in die Küche von der Schwiegermutter empfangen. "Hat ja ganz schön lange gedauert! Ist denn alles in Ordnung, Heinrich? Ich hab immer auf die Uhr blicken müssen! Ist das Kind denn nun endlich da? Was ist es denn? Geht es Katharina gut?"

Heinrich lachte.

"Ja Mutter! Ihr könnt ganz beruhigt sein! Es ist alles in bester Ordnung! Es war gar nicht so einfach! Es hat ganz schön lange gedauert! Aber es hat sich gelohnt! Ein Junge ist es - ein schöner Bub, Mutter Lange! Nicht ganz neun Pfund! Beiden geht es gut! Katharina ist nur sehr müde! Die Guste bleibt über Nacht auf dem Hof! Wer weiß, wie morgen das Wetter ist! Sie ist ja auch nicht mehr die Jüngste! Und wo ist nun mein großer Sohn? War er denn artig?"

"Ein Junge! Nun habt ihr zwei Buben! Gratuliere dir herzlich, Heinrich!"

Lisbeth Lange wischte mit dem Schürzenzipfel über ihre feucht gewordenen Augen.

"Was höre ich da?", kam es von der Türe her. "Ein Junge? Das ist ja wunderbar! Gratuliere!", rief Mariechen freudestrahlend und reichte Heinrich die Hand. "Und geht es den beiden gut?"

"Ja, Mariechen!", bestätigte Heinrich, den beiden geht es gut! Nicht ganz neun Pfund schwer - ein Prachtbursche, sag ich dir! Und wo befindet sich mein anderer Prachtbursche?"

"Ach, die beiden spielen im Stall mit den Katzen. Der Heiner passt schon auf! Morgen werden wir alle zu euch kommen und den neuen Stammhalter begutachten. Ich hoffe, dass das Wetter nicht allzu schlecht wird! Nun will ich aber wieder hinaus in den Stall, sonst stellen sie doch noch etwas an!"

"Mutter, ich muss mich auch wieder auf den Weg machen. Ich hole den Franz aus dem Stall und fahre gleich los. Es weht ganz schön draußen. Dank Euch schön, dass der Bub hierbleiben konnte. Bis morgen dann!"

"Ist gut, Heinrich. Bis morgen also! Kommt gut heim und grüß die Katharina von mir!"

"Ja, werd' ich machen!"

Es schneite!

Ein eiskalter Wind fegte den beiden auf dem Leiterwagen den Schnee erbarmungslos ins Gesicht. Wie kleine Nadelspitzen stach der herumwirbelnde Schnee. Tief hatten sie ihre Mützen ins Gesicht gezogen, den Schal mehrmals um den Hals gelegt, ihre Hände in wärmende Fäustlinge gesteckt und trotzdem war der Heimweg frostig kalt und sehr ungemütlich.

"Brr!", rief Heinrich den Pferden zu, als sie auf dem Neubauer Hof ankamen. Schnell nahm er seinen kleinen Sohn vom Wagen und trug ihn in die warme Küche.

"Ach, da seid ihr ja!", begrüßte die alte Guste die beiden Hereinkommenden. "Wie seht ihr denn aus? Schneit es denn so stark? Komm her kleiner Mann, ich will dich ausziehen! Trinke zuerst einmal eine heiße Milch!"

"Guste, ich will die Pferde ausspannen! Behalte ihn bitte bei dir! Wir wollen dann nach oben! Sind die Eltern schon in den Stall hinübergegangen?"

"Ja, ja! Sind gleich hinausgegangen, nachdem du fort warst!"

"Na, dann bis gleich!"

Der Schnee wirbelte wild durch die Luft. Nur mit Mühe konnte Heinrich die Augen offenhalten. Die Pferde wurden schon unruhig. Schnell spannte er sie aus, brachte sie in den Stall, rieb sie trocken und gab ihnen etwas Hafer zu fressen. Dann eilte er wieder ins Haus, zog seine nassen Sachen aus, legte sie über den Stuhl am Herd zum Trocknen, nahm seinen kleinen Sohn auf den Arm und sagte liebevoll: "So, nun gehen wir erst einmal zu deiner Mutter und zu deinem Brüderchen! Sie werden bestimmt schon warten! Du willst doch sicher dein Brüderchen kennenlernen?"

"Ja!", rief der kleine Franz begeistert. "Mama gehen!"

"Na, dann komm!"

Katharina und ihr Sohn schliefen fest. Der kleine Ofen in der Schlafstube gab eine angenehm mollige Wärme ab. Das Ofenrohr glühte richtig. Leise trat der Vater mit seinem ältesten Sohn ein. Die Wärme tat ihnen richtig gut nach der kalten Heimfahrt.

"Psst!", machte er gleich, als er bemerkte, dass beide schliefen.

"Komm, schau dir dein Brüderchen an!", flüsterte er liebevoll.

Mir großen Augen stand der kleine Franz da.

"Du kannst ihn ruhig ganz vorsichtig streicheln!", meinte der Vater.

Aber Franz traute sich nicht. Etwas scheu drückte er sich an seinen Vater. Da war ihm seine Mutter schon lieber, die kannte er und war ihm nicht fremd. Schnell wie der Blitz riss er sich los, rannte zu dem Bett der Mutter und patschte mit seinen kleinen Händchen in ihr Gesicht.

Katharina war sofort hellwach!

"Franz, Liebling!", sagte sie überrascht. "Wo kommst du denn her? Ich hab' euch ja gar nicht hereinkommen gehört!", sagte sie zu Heinrich.

"Wir waren ja auch ganz leise! Du solltest eigentlich nicht wach werden - nicht wahr, mein Sohn?"

Katharina lächelte.

"War es schön bei Oma Lisbeth?", fragte Katharina den Kleinen.

"Ja!", kam die Antwort zurück.

"Hast du denn dein Brüderchen schon gesehen?", wollte Katharina weiter wissen.

Franz nickte nur. Scheinbar wusste er nicht, was er damit anfangen sollte.

"Jetzt gefällst du mir wesentlich besser!", stellte Heinrich fest. "Du hast wieder etwas Farbe bekommen! Bist du noch sehr müde?"

"Nein, gar nicht mehr! Aber hungrig bin ich!", gestand sie.

"Hunger? Warum meldest du dich denn nicht? Das müssen wir aber sofort abstellen. Die Guste bleibt über Nacht hier auf dem Hof. Es schneit ganz schön draußen! Wenn ich hinuntergehe, sage ich ihr, dass sie dir sofort etwas hochbringen soll! Ich muss hinaus. Es wird Zeit, Kathi!"

"Hm, was ist los?", meinte sie müde.

Heinrich lachte leise und murmelte: "Überhaupt nicht mehr müde!"

Er nahm ihre Hände und führte sie zu seinen Lippen, küsste sie zärtlich, sah sie an und sagte ernst: "Ich hatte schreckliche Angst um dich, Kathi!"

"Es ist vorbei, mein Lieber! Freuen wir uns, dass unser Sohn gesund ist und lass uns Gott dafür danken. Ich kann dir gar nicht sagen, wie glücklich ich bin!", flüsterte sie.

"Ja Kathi, das bin ich auch! Unendlich glücklich!", flüsterte er ebenso leise. "Und ich muss gestehen, dass unser Sohn ein ganz schön strammer Bursche ist. Aber jetzt muss ich endlich in den Stall, die Eltern sind schon lange drin! Ich würde sehr gerne noch bei dir bleiben - hier ist es so schön warm! Doch die Pflicht ruft! Leider! Aber ich beeile mich, dass ich fertig werde! Komm Franz, wir müssen die Mama nun eine Weile alleine lassen. Die Guste wird bestimmt ein bisschen mit dir spielen. Kathi, ich lass dir etwas zu Essen heraufbringen. Dann bis später!"

"Ja!", erwiderte sie lächelnd. "Bis nachher!"

Schon nach einer Woche verließ Katharina das Bett. Sie fühlte sich zwar noch etwas geschwächt und die Schwiegermutter achtete sehr darauf, dass sie sich noch schonte, doch kleinere Arbeiten in der Küche verrichtete Katharina ohne Probleme. Von Tag zu Tag fühlte sie sich besser und der kleine Erdenbürger entwickelte sich prächtig.

Für den dritten Sonntag im März wurde die Taufe festgelegt. Erwin und Mariechen sollten seine Taufpaten werden.

Am Sonntagmorgen traf Erwin mit seiner Frau Gerlinde auf dem Neubauer Hof ein. Auch die anderen Taufgäste waren schon anwesend. In der kleinen Dorfkirche taufte ihn der Pfarrer auf den Namen Christoph Neubauer.

Es war ein schöner Sonntag. Die warme Märzsonne lockte die ersten Frühlingsblumen aus der Erde. Die Schneereste an den Rainen waren endgültig geschmolzen.

Die Kraniche hatten schon in der ersten Märzwoche den Frühling angekündigt. Lärmend waren sie in Richtung Norden vorübergezogen. Katharina hatte ihre Schreie vernommen, als sie gerade ihren kleinen Christoph stillte. Nun wusste sie, dass der Winter endgültig vorbei war und der Frühling Einzug hielt.

"Der Pfarrer hat den Taufgottesdienst sehr feierlich gestaltet!", meinte Gerlinde anerkennend auf dem Heimweg.

"Ja, das finde ich auch!", erwiderte Katharina. "Er gibt sich immer sehr viel Mühe!"

"Ach schade!", seufzte die Neubauer Bäuerin. "Der kleine Christoph hat die Taufe verschlafen! Gar nichts hat der kleine Kerl davon mitbekommen! Unser Herr Pfarrer hat es aber auch wieder sehr schön gemacht, kann man nicht anders sagen!"

"Ja, das hat er wirklich, Florentine!", meinte auch Katharinas Mutter.

Alle Anwesenden waren der gleichen Meinung und konnten es nur noch einmal bestätigen.

Heiner und der kleine Franz sprangen fröhlich vor der Taufgesellschaft her. Sie fanden den heutigen Tag einfach herrlich. Alle waren beieinander und sie konnten zusammenspielen.

Am Nachmittag, als sie alle nach dem Kaffeetrinken noch gemeinsam am Tisch saßen und Heinrich seinen Gästen einen sehr guten Tropfen Wein zur Feier des Tages eingoss, sagte Gerlinde unerwartet: "Erwin und ich möchten euch etwas mitteilen!" Hilfesuchend sah sie ihren Mann an. Doch dieser machte keine Anstalten, sich in das Gespräch einzuschalten. Da blieb Gerlinde nichts anderes übrig, als alleine weiterzureden.

"Also", begann sie von Neuen. "Wir wollten euch sagen, dass wir im Juli, … na ja, wenn alles gut geht, kommt im Juli unser erstes Kind zur Welt! So, nun ist es heraus!"

"Was sagst du da, Gerlinde? Ihr bekommt ein Kind? Das ist ja wunderbar!", rief die Schwiegermutter außer sich vor Freude. Ach, ist das heute ein schöner Tag! Johannes, hast du gehört? Sie bekommen Nachwuchs!"

"Hab' s mitbekommen, Florentine!", sagte er lachend zu seiner Frau und blies den Rauch seiner Pfeife in die Luft.

"Ja", meinte Heinrich zu seinem Bruder, "dann herzlich willkommen im Verein der Väter!"

"Noch ist es nicht soweit!", wehrte Erwin ab. "Warten wir es ab, bis unser Kind geboren ist!"

"Und ich habe im Stillen gedacht", gestand nun Katharina, "dass dir die Ehe scheinbar sehr gut bekommt, weil ich sah, dass du zugelegt hast, Gerlinde!"

Erwins Frau lächelte sie etwas verlegen an.

"Es war nie der richtige Zeitpunkt, dir das zu sagen! Aber nun wisst ihr es alle!"

So viel hatten sich die beiden jungen Frauen zu erzählen.

Doch die Zeit rannte ihnen einfach davon. Gegen 17.00 Uhr fuhr schon der Zug im Nachbardorf von dem kleinen Bahnhof ab, mit dem Gerlinde und Erwin wieder heim wollten.

Lisbeth Lange, Mariechen und Heiner marschierten wieder nach Hause, denn das Vieh im Stall musste versorgt werden.

Auch für die Neubauers war der Festtag zu Ende, denn das Vieh wartet auch auf sie. Der Alltag hatte sie alle wieder eingeholt.

Wie viele Sekunden hat das Glück

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