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Die vorliegende Publikation ist eine Sammlung von insgesamt acht einzelnen Forschungsberichten, die im Rahmen des Forschungsprojektes „Diversity Management als Dimension kirchlicher Personalentwicklung: Evaluation der Ausbildung von Priestern und Pastoralreferentinnen und –referenten im Bistum Münster“ entstanden sind. Zusammen mit dem Zentrum für angewandte Pastoralforschung (ZAP) der Ruhr-Universität Bochum initiierten die Hauptabteilung Seelsorge-Personal, das Priesterseminar Collegium Borromaeum und das Institut für Diakonat und Pastorale Dienste der Diözese Münster eine Evaluation der Ausbildung von Seelsorgerinnen und Seelsorgern. Prof. Dr. Matthias Sellmann und Personaldezernent Hans-Bernd Köppen verantworteten als zuständige Leiter der Projektpartner das gesamte Forschungsprojekt und übertrugen mir die Forschungsleitung und Autorenschaft. Das Ergebnis liegt seit geraumer Zeit allen Projektbeteiligten in Form eines Dossiers vor. Mit diesem Sammelband werden die Erkenntnisse nun einem breiteren Leserkreis zugänglich gemacht.
Die Relevanz der Studie bringt Prof. Sellmann in der Projektbeschreibung wie folgt zum Ausdruck:
„Eine der herausragendsten Umbrüche aktueller Kirchenentwicklung liegt im Bereich der Professionen. Wie in wenigen anderen gesellschaftlichen Bereichen ändern sich hier die Berufsrollen, wachsen neue Kompetenzerfordernisse heran und zeigt sich die Notwendigkeit des organisationalen Lernens. Denn wenn man sicher sagen kann, dass der Erfolg oder Misserfolg kirchlicher Präsenz an ihrem personalen Angebot liegt – Glaube entsteht und lebt in personalen Beziehungen – so gilt dies in doppelter Weise für das hauptamtliche Personal. In Zusammenarbeit mit dem Münsteraner Institut für Diakonat und Pastorale Dienste (IDP) und dem Collegium Borromaeum nimmt dieses Projekt personalentwicklerische Dimensionen im Allgemeinen und die Drop-out-Effekte kirchlicher Ausbildungsgänge im Besonderen in den Blick. Als Tool des Wissenstransfers entsteht ein Modell, wie eine integrierte Wertschöpfungskette kirchlicher Personalentwicklung auszusehen hätte: vom Recruiting und Employer Branding über die Gestaltung der Ausbildung bis hin zur Einsatzplanung.“1
Von hier aus ergeben sich schwerpunktmäßig folgende Forschungsthemen:
• Auswertung von Inhalt und Struktur der gegenwärtigen SeelsorgerInnenausbildung im Bistum Münster, insbesondere innerhalb der Berufseinführung (zweite Bildungsphase).
• Analyse von Sozialisations- und Selektionsprozessen von Bewerberinnen und Bewerbern in Bezug auf die Unternehmenskultur „Kirche“ im diözesanen wie pfarrlichen Kontext.
• Gewinnung theoretischer Annahmen auf Basis qualitativer Interviews in Bezug auf die personale Wertschöpfungskette mit dem Focus auf Ausbildung, aber auch auf Personalakquise, Personaleinsatz und –entwicklung.
Herzstück der Studie sind knapp zwanzig qualitative Interviews mit jungen Frauen und Männern, die während der Ausbildung zu unterschiedlichen Zeitpunkten aus der Ausbildung ausgestiegen sind. Im Zentrum für alle ausbildungsrelevanten Fragen und Themen steht dabei die einfache Frage, auf welche zukünftige Leitidee und Sozialgestalt einer Kirche hin Priester und Pastoralreferent/innen (im Bistum Münster bilden Gemeindereferent/innen und Pastoralreferent/innen eine gemeinsame Berufsgruppe mit gemeinsamer Berufsbezeichnung) ausgebildet werden sollen. In Zusammenarbeit mit der Leitung des Priesterseminars und des Instituts für Diakonat und Pastorale Dienste, mit den beauftragten Ausbildungsreferent/innen sowie den Projektverantwortlichen der Ruhr-Universität Bochum und der Hauptabteilung Seelsorge-Personal im Bischöflichen Generalvikariat Münster wurde zu Beginn des Projektes die gesamte Forschungsarchitektur festgelegt und das Forschungsvorgehen beraten. Die erste Konferenz diesbezüglich tagte im September 2013. Mit einer gemeinsamen Reflexionskonferenz konnte im April 2018 in Münster das Forschungsprojekt abgeschlossen und dieses Buchprojekt als Abschluss entschieden werden.
Das über drei Jahre andauernde Forschungsprojekt hat eine eigene Dynamik entwickelt, die auch dem methodologischen Selbstverständnis qualitativer Sozialforschung geschuldet ist. Dies gilt vor allem für das abduktive Paradigma in der Pastoraltheologie, wonach unter anderem aus den gewonnenen Erkenntnissen neue Hypothesen zu formuliert werden und den Anomalien in den Texten als Kristallisationspunkte neuen Wissens Aufmerksamkeit geschenkt wird. Dabei spielen seelsorgliche und forscherische Intuition, methodisches Geschick, manche Zufälle, gedeihliche Teamarbeit in der Projektgruppe und im Team der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Bochumer Zentrum für angewandte Pastoralforschung und nicht zuletzt ein großer Vertrauensvorschuss seitens der Verantwortlichen und der Mitarbeitenden eine große Rolle. Allen Beteiligten, allen voran Prof. Dr. Matthias Sellmann und Domkapitular Hans-Bernd Köppen, sei für ihre Unterstützung herzlich Dank gesagt. Dies gilt vor allem mit Blick auf das freie Forschen im gesamten Forschungsprojekt.
Zu diesem Band: Dieses Buch ist in Form und Inhalt eher wie ein wissenschaftliches Journal angelegt, das zu einem Schwerpunktthema verschiedene Fachartikel beinhaltet. Die einzelnen Forschungsbeiträge in diesem Band folgen keiner inhaltlichen Dramaturgie; die Reihenfolge der Lektüre bleibt dem Leser überlassen. Dennoch bildet der erste Beitrag als Pilotbeitrag den sozialwissenschaftlichen und pastoraltheologischen „Schlüssel“ zum Forschungsanliegen, weil in diesem die Basis für das Verständnis der nachfolgenden Aufsätze gelegt wird. Studienbericht 1 ist ein Plädoyer für eine vielfältige und diakonale lokale Kirche und setzt damit das Vorzeichen für die weiteren Überlegungen in den einzelnen Beiträgen.
Sozialwissenschaftliche Erhebungs- und Auswertungsmethoden werden in der Theologie insgesamt gern kritisch beäugt. Wir wissen aus Erfahrung, dass pastoraltheologisch-soziologische Forschung, vor allem die Fremdperspektive aus anderen Wissenschaften (allen voran Humanwissenschaften), kritisch angefragt wurde und wird. Daher wird im Anhang ein ausführlicher Methodenbericht über Methodologie und den konkreten Methoden zur Datengewinnung und –auswertung aufgeführt. Dabei ist bewusst, dass diese Studie nur einen Ausschnitt des gesamten Ausbildungsthemas beleuchten und nur einen Teil des gesamten Studienmaterials verarbeiten und anbieten kann.
Ein wichtiges Werkzeug in dieser Studie ist die Analyse sozialer Ungleichheit mithilfe von Lebensstilen und Werteeinstellungen. Dr. Marko Heyse vom Institut für Soziologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und ich haben in sehr produktiver und kollegialer Zusammenarbeit ein theoretisch fundiertes, replizierbares und empirisch nachvollziehbares Lebensstilmodell entwickelt, das genauso solide und aussagekräftig ist wie marktübliche Lebensstilmodelle. Eine Beschreibung von Theorie und Methodik des Lebensstilmodells sowie die einzelnen Milieubeschreibungen sind diesem Berichtssystem ebenfalls angehängt. Auch hier sei die Vorablektüre empfohlen.
Hinweise: Zu keinem Zeitpunkt wurde die Forschungsarbeit seitens kirchlicher, universitärer oder anderer über Drittmittelförderung beteiligter Institutionen oder Autoritäten beeinflusst oder eingeschränkt. Namen und Adressen der Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer wurden über die Sekretariate der Ausbildungshäuser zur Verfügung gestellt. Die Stichprobe der Studienteilnehmenden ging deutlich über die Diözese Münster hinaus. Keiner der Ausbildungsverantwortlichen bzw. Akteure in der Projektgruppe und auch keiner der Studienteilnehmer erfuhr, zu wem Kontakt aufgenommen werden konnte (und zu wem nicht) und mit wem ein Interview geführt wurde. Alle beteiligten Teilnehmenden wurden vorab über das Forschungsvorhaben informiert (Forschungsthema, Datenerhebung und Auswertung, Anonymisierung). Jeder Studienteilnehmer hatte das Recht, jederzeit das Interview ohne Gründe abzubrechen oder im Nachgang die Verwendung der Interviewdaten zu untersagen. Alle Teilnehmenden erhielten erst am Ende des Interviews als Dank ein kleines Präsent.
Diese Studie konnte mit einem Druckkostenzuschuss der Diözese Münster und des ZAP Bochum veröffentlicht werden. Ich danke Generalvikar Dr. Klaus Winterkamp und Prof. Sellmann für die großzügige Unterstützung. Nicht zuletzt danke ich Stephanie Heckenkamp-Grohs, Christoph Schulte und Johannes Lohre für ihre Unterstützung bei der Durchsicht und Korrektur der Studienmanuskripte für die Drucklegung.
Münster, im Advent 2018 | Marius Stelzer |
1 Projektbeschreibung Matthias Sellmann, Zentrum für angewandte Pastoralforschung, www.zapbochum.de (Aufruf: Juni 2018).