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Ekklesio-Diversity als Schmiermittel der personalen Wertschöpfungskette seelsorglicher Berufe

Abstract: Der vorliegende Beitrag1 geht der Frage nach, wie sich der pastorale Nahbereich als volkskirchliche Struktur im Lebensstilmodell einzeichnen lässt. Basis der Untersuchung sind qualitative Befunde, die innerhalb eines Beratungsprozesses einer Großpfarrei generiert wurden. Diese Befunde werden durch Erkenntnisse der neuen Kirchengeschichte angereichert, um daraufhin eine Leitidee einer zukünftigen, vielfältigen Sozialstruktur kirchlichen Lebens zu skizzieren, auf die hin Seelsorgende ausgebildet werden könnten. Der Schlüssel zu allem pastoralen Handeln ist hierbei das Paradigma der radikalen Diakonie, das im Zweiten Vatikanischen Konzil formuliert wird.

Die soziale Gestalt der katholischen Kirche in ihren Gemeinden ist milieuverengt. Das ist das Ergebnis der Sinus-Kirchenstudie aus dem Jahr 2005 und des Trendmonitors 20102 als auch der empirische Befund innerhalb des kirchlichen Personals.3 Im Gefolge dieser pastoraltheologischen Erkenntnisse hat es viele gute Gehversuche einer milieusensiblen Kirche sowie Tagungen, Kongresse und Best-Practices-Veranstaltungen gegeben. Der große Gewinn ist, mit Hilfe der Milieustudien ganzheitliche Bilder der gegenwärtigen Lebenswelten zu zeichnen, diese Erkundungen als Substrate religiöser Fragen und Sehnsüchte zu dechiffrieren und für die Seelsorge fruchtbar zu machen. Zugleich hat es diesbezüglich im Laufe der letzten zehn Jahre nicht nur Übersättigungs- oder Übermüdungserscheinungen hinsichtlich der Rezeption und Anwendung des Lebensweltenansatzes innerhalb der Pastoral gegeben, sondern es wurden und werden zugleich Überforderungssignale sichtbar.

Im Rahmen eines wissenschaftlichen Beratungsprozesses in einer Großpfarrei im Bistum Münster konnten wir qualitativ ermitteln, wie sich im pastoralen Feld einzelner (Kirchturm-)Gemeinden unter dem Dach einer Pfarrei die soziale Struktur von Kirche verdichtet hat: „Gemeinde“ lässt sich als ein Engagement- und Nahbereich skizzieren, der sich personell aus Engagierten konservativer und etablierter Milieus (überwiegend ehrenamtliches Engagement von Frauen im sozialen Bereich; Männer: eher Verwaltung, Kirchenvorstand etc.), aus Engagierten in der alt geworden bürgerlichen Mitte (oftmals Engagement in Pfarreiräten und in Kinder/Jugendkatechese), aus Engagierten des konventionellen Kleinbürgertums (Verbandsarbeit: kfd, KAB, Kolping) sowie der Traditionellen (Gottesdienstbesucherinnen) und Benachteiligten (Partizipation als Nutzer der sozialen Dienste wie Kleiderkammern, Sozialbüros) speist. Empirisch gesehen bilden die Generationen jenseits des 50. Lebensjahres die Hauptkohorten dieser Sozialform der Gemeinden in der Pfarrei. Natürlich engagieren sich auch Jugendliche, die höchstwahrscheinlich im Sinus-Jugendmodell die konservativ-bürgerliche Gruppe bilden: Messdiener, Jugendgruppen, Liturgie- und Musikkreise, Verbandler. Für diese Jugendlichen stellt dieser kirchliche Nahbereich einen sicheren, weil heimatlichen und konsistenten Partizipationsraum dar.

Anhand des eigens entwickelten Lebensstilmodells, der Lebensführungstypologie lässt sich dieser qualitative Befund veranschaulichen. Dieser Befund beruht auf knapp 20 offene Einzelfragen, die insgesamt sieben ehrenamtlichen Gemeindeteams an den Kirchorten der Pfarrei gestellt wurden. Auf die Fragen nach den bisherigen Aufgaben und den zukünftigen Zielen, die sich das Gemeindeteam jeweils setzt, antworteten praktisch alle Teams, man wolle das bewahren und erhalten, was da ist. Ein Gemeindeteam hat dem Fragebogen die persönlichen Steckbriefe der Teammitglieder beigefügt. Mit Hilfe dieser Hinweise und mit Blick auf die Konstellationen der anderen Gemeindeteams konnte in dieses Lebensstilmodell das Carré gemeindlicher Partizipation hineinmodelliert werden:


Abbildung 1: Das soziale Feld der klassischen Pfarrei im Lebensstilmodell (eigene Darstellung).

Das hier eingezeichnete soziale Feld der klassischen Pfarrei mit ihren Gemeindeorten und -gremien ist ein Resultat kirchengeschichtlicher Faktoren. Im Folgenden werden diese Hintergründe aufgezeigt, weil bis in die Gegenwart hinein die theologische und pastorale Ausbildung des Seelsorgepersonals auf genau dieser volkskirchlichen Leitidee und den damit korrespondierenden kirchlichen Rollenmustern, Kompetenzprofilen und Handlungsfeldern beruht.

Das Zugehörigkeitsparadigma im katholischen Milieu

Die oben im Lebensstilmodell skizzierte Form kirchlicher Zugehörigkeit liegt zum einen in einem Kirchenbild und priesterlichen Rollenbild der pianischen Epoche begründet, in der „die Gemeinschaft des Kirchlichen die Selbstverständlichkeit und die Freiheit das Unselbstverständliche“ war.4 Religiös-kirchliche Zugehörigkeit war die Norm; der Priester war als patriarchalischer Pfarrherr (Pastor bonus) die autoritäre und prominente Vermittlungsinstanz von Glaubensinhalten und Sakramenten. Die volkskirchliche Alltagsfrömmigkeit dieses katholischen Milieus war gekennzeichnet von der Praxis des häuslichen Gebets, der regelmäßigen Beichte, der sonntäglichen Messfeier, von Sakramentenempfang, Volksmissionen, Prozessionen und religiösem Brauchtum. Extra ecclesiam nulla salus.5

Der Kirchenhistoriker Norbert Köster vertritt die These, dass die Generation der Bischöfe, die für die pastorale Nachkriegsordnung verantwortlich zeichnete, vielfach von eigenen Fronterfahrungen in beiden Weltkriegen geprägt war. Am Beispiel Bischof Michael Kellers weist er nach, wie sich diese Erfahrungen in dessen individueller Spiritualität niederschlugen und programmatisch für Pastoral, für Frömmigkeitspraxis und Priesterbild wurden.6 Angesichts des wahrgenommenen finalen Kampfes von Gut gegen Böse habe Bischof Keller trotz leidvoller Kriegserfahrungen das Bild des sich aufopfernden Soldaten, des Gotteskämpfers im Dienst Christi, verinnerlicht. Daraus resultiert auch seine pastorale Praxis nach 1945, viele Abpfarrungen vorzunehmen, aber auch bischöfliche Internate und Bildungseinrichtungen sowie die diözesane Verbandsarbeit zu fördern. Diese kirchlichen Orte, vor allem die vielen (neuen) Gemeinden, dienten als Bollwerke bzw. Wagenburgen im Kampf gegen die sich abzeichnende Säkularisierung. An der Front dieser Verteidigungslinien fand dieser finale Entscheidungskampf „Gut gegen Böse“ angesichts einer Gesellschaft, die zunehmend entchristlicht war, statt. Hier liegt die Wurzel der sozialen Dynamik, die bis heute anhält, nämlich die der Pfarrei als geschlossenes System, in dem gilt: Wer mitmacht, gehört dazu, wer nicht mitmacht, ist draußen.7

Die starke These Kösters von der transgenerationalen Weitergabe traumatischer Erfahrungen in der Kirche kann ein weiteres Verstehensmuster liefern, warum gegenwärtig die nach-nachfolgende Generation der Seelsorgenden und der kirchlichen Verantwortungsträger die „Zuflucht im „Ideal der historischen Kontinuität“ suchen und in der Treue zur Tradition ihre Identität durch Abgrenzung bilden.8

Diakonie als Identitätsparadigma

Das zweite Vatikanische Konzil dokumentierte die pastorale Wende der Kirche. Der Umgang mit dem Communio-Begriff und seiner pastoralen Entfaltung ist hier relevant: Lumen Gentium und Gaudium et Spes priorisieren den diakonalen Charakter sowie den Christusbezug der Kirche (LG1, GS1) und bezeichnet kirchliche Gemeinschaft als Gemeinschaft des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe (LG 8). Der Mensch rückt in den Mittelpunkt. In der Würzburger Synode wird die Leitidee der „Kirche als Hoffnungsgemeinschaft“ für die Kirche in Deutschland stark gemacht.9 Diese Idee korrespondiert deutlich mit der Leitidee des Konzils. Der diakonische Ansatz kirchlicher Gemeinschaft versandet jedoch vielfach in der sozialen Realität von Pfarrei und Gemeinde als Harmoniegemeinschaft: Wer mitmacht, erlebt Kirche. Das Rollenverständnis des Pfarrers als Vater der Pfarrfamilie wurzelt zugleich im seinerzeit bewährten Rollenbild des Pfarrherrn der pianischen Epoche, während mit den neuen pastoralen Laienberufen und den ständigen Diakonen weitere berufliche Rollen die pastorale Dynamik beleben. Nicht zuletzt trägt der gesellschaftliche Wandel seit den 1960er Jahren dazu bei, dass Seelsorgende zunehmend unter Modernisierungsstress geraten. Kurzum: Bei allen guten Ansätzen von Konzil und Synode: vor dem Hintergrund des Parochialprinzips hat die Innen-Außen-Struktur kirchlicher Gemeinden in der Variation als Pfarrfamilie weiter Bestand.

Die Sinus-Studien der letzten zehn Jahre weisen auf, wie stark sich das soziale Feld der Gemeinde verkleinert hat. Traditionelle Milieus, Teile der konservativen und etablierten oberen Schichten sowie die Bürgerliche Mitte konnten 2005 noch als Partizipationsgrößen kirchlich-gemeindlichen Lebens identifiziert werden. In einem Update 2010 wurde deutlich, dass auch die bürgerliche Mitte nur noch marginal am kirchlichen Gemeindeleben partizipierte. Hier schließt sich der Kreis zum aktuellen Befund: gemeindliches Leben ist für moderne Lebenswelten nicht mehr relevant - und auch in den relevanten Milieus ist dessen Legitimität schwach geworden. Zugleich schienen im Pontifikat Benedikts XVI. inhaltlich und ästhetisch Frömmigkeitsformen der pianischen Epoche eine Renaissance zu erleben.

Seelsorgende im Modernisierungsstress

Es zeigt sich gegenwärtig, dass sich die Herausforderungen der Gegenwart auf Dienst und Leben der Seelsorgenden auswirken. Dies gilt in besonderer Weise für das Kerngeschäft der territorialen Seelsorge. Die Seelsorgestudie 2014 zeigt:

„In der Territorialseelsorge Tätige empfinden eine geringere Arbeitszufriedenheit, eine deutlich höhere Arbeitsbelastung und eine geringere Autonomie als Seelsorgende in kategorialen Tätigkeitsfeldern […]. Priester in der Territorialseelsorge haben zum Beispiel auch eine geringere Lebenszufriedenheit, schlechtere Werte in gesundheitsrelevanten Variablen und deutlich höhere Burnoutwerte. Ihre Arbeitszeit liegt im Mittel vier Stunden höher“.10

Die Größe einer pastoralen Einheit wirkt sich den Diagnosen der Seelsorgestudie nach kaum auf die psychologische Gesundheit, auf Belastungswahrnehmung und Zufriedenheit von Seelsorgenden aus. Viele Seelsorgende sind mit ihrer Tätigkeit eher zufrieden, gleichwohl sind sie eher unzufrieden mit Organisation, Struktur und Leitung der Diözese (Leitung, Prioritätensetzung, Zukunftsstrategien).11 Es drängt sich die Hypothese auf, dass Seelsorgende durchaus über Lösungswissen und Handlungsstrategien für diversifizierte Formen des zeitgenössischen Kircheseins im Territorium verfügen, jedoch binnenkirchliche Resterwartungen in Gemeinden und Diözesanleitungen diesen Gestaltungstransfer eher verhindern – und dieser Umstand berufliche Belastungen und Unzufriedenheit fördert. Man darf gespannt sein, ob die qualitativen Interviews der Seelsorgestudie hierauf Antworten geben.

Schließlich zeigt sich bei genauem Hinsehen, dass pastorale Planungsprozesse aus eben dieser Leitidee von Kirche und Gemeinde heraus entwickelt werden. Die Lektüre zahlreicher lokaler Pastoralpläne offenbart auch, dass faktisch alle Pläne hinsichtlich einer Zukunftsvision von Kirche auf genau diese Leitidee kirchlichen Gemeindelebens wiederum abzielen.12 Hier kommt wiederum der qualitative Befund des oben genannten Coaching-Prozesses zum Tragen: Alle ehrenamtlichen Gemeindeteams an den Kirchtürmen wurden befragt, was ihre wichtigsten Aufgaben in den vergangenen zwei Jahren gewesen seien und welche Ziele sie für die kommenden Jahre sähen. Unabhängig voneinander war die Antwort aller Teams signifikant: Bewahren und Erhalten des kirchlichen Lebens vor Ort.

Ekklesio-Diversity als Kennzeichen einer zeitgenössischen Kirche

Von diesen Erkenntnissen ausgehend entwickelten wir mit Hilfe der Lebensführungstypologie eine Leitidee von Kirche, die die starken Grenzziehungen zwischen dem ‚Innen und Außen’ der volkskirchlichen Grundstruktur aufhebt. Denn im Rahmen der qualitativen Interviews der Ausbildungsstudie hat sich durchgängig gezeigt, dass für viele Befragte die kirchliche Kultur innerhalb dieses pastoralen Handlungsquadrats nicht nur lebensstilistisch, sondern auch vom pastoralen Professionsanspruch her gesehen nicht relevant, nicht attraktiv und nicht interessant ist. Man fragt sich zu Recht, wie es die wenigen jungen Seelsorgerinnen und Seelsorger, junge Priester vor allem, in ihrem Minderheitenstatus inmitten eines überalterten Klerus und inmitten einer alternden Gottesdienstgemeinde überhaupt aushalten, ohne aus dem System auszusteigen.13

Ausgangspunkt der Überlegungen ist der pastoraltheologisch-diakonische Ansatz des Konzils (LG1), den Hans Hobelsberger aufzeigt: Kirche dient nicht sich selbst, sondern der kreativen und handlungsbezogenen Konfrontation von Evangelium und menschlicher Existenz (Rainer Bucher) und damit dem Heil des Menschen, dem Gelingen des Lebens (Glaubensbekenntnis von Nizäa).14 Diakonie ist daher der Rahmendiskurs jeglichen pastoralen Engagements. Das bedeutet, neben dem gemeindlichen Leben an den Kirchtürmen, vor Ort weitere Orte und Gelegenheiten zu fördern, zu entdecken oder zu gründen, an denen Menschen Leben und Glauben um des Heiles willen teilen. Das sind klassischerweise: Schulgemeinden, Altenpflegeeinrichtungen, Kindertagesstätten, Hochschulen. Das sind darüber hinaus temporäre Eventgemeinden (Geistliche Konzerte, Performances, Installationen, Kirchentage) oder auch En-passant-Gemeinden (Klöster, Stadt- und Jugendkirchen) und viele andere mehr. Die folgende Grafik zeigt exemplarisch Orte und Gelegenheiten im Milieupanorama einer Kommune/Pfarrei:


Abbildung 2: Verortung von Gemeinden im Lebensstilmodell (eigene Darstellung).

Die zentrale und unverzichtbare Anforderung: Diese Orte und Gelegenheiten sind nicht die Rekrutierungsfelder für die klassische Gemeindepastoral. Der Rekrutierungsgedanke widerspricht fundamental dem diakonischen Ansatz. Sie sind auch nicht Satelliten der Gemeindepastoral. Es entsteht vielmehr ein nachbarschaftliches Prinzip gleichberechtigter kirchlicher Orte und Gelegenheiten unter dem Dach der Pfarrei. Um es exemplarisch zu verdeutlichen: Die Pastoral beispielsweise in einer KiTa ist nicht dazu da, dass die Kinder sonntags in den Kindergottesdienst kommen. Und die Kinder in der KiTa sind nicht die „besten Missionare“, um irgendwie die Eltern pastoral zu erreichen, damit sie sich „in der Gemeinde“ engagieren. Pastoral in der KiTa ist um der Kinder willen da: deren Freuden und Hoffnungen, Trauer und Ängste, Sorgen und Fragen anzunehmen, ernst zu nehmen und diese Lebensfragen kreativ mit dem Evangelium zu konfrontieren, d. h. kindgemäße und entwicklungsgemäße Formen der religionspädagogischfrühkindlichen Erziehung zu entwickeln. Erzählen und feiern, ausprobieren und integrieren sind vermutlich hier die wichtigsten pastoralen Ausdrucksformen. Weitere existenzielle Anliegen diakonischer Pastoral zeigt die folgende Grafik:


Abbildung 3: Konfrontation von Existenz/Biografie und Evangelium (eigene Darstellung).

Aus diesen Annahmen erwachsen neue Ansprüche an die Ausbildung von Seelsorgerinnen und Seelsorgern, die hier in Stichpunkten aufgeführt sind (aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit haben):

Erste Konsequenzen

Organisation: Denken in Netzwerken, Komplexitätsmanagement, Zeitmanagement, Führungskräfteentwicklung, Strukturkompetenz, Systemisches Denken und systematisches Handeln, Gründungskompetenz zur Entwicklung menschennaher Orte und Gelegenheiten

Rezeption: Lebensstile erfassen, pastorale Responsivität, Empathie, geographische und planerische Kompetenz.

Profession: Teamfähigkeit, Rollenidentität, Komplexitätsfähigkeit, Ambiguitätstoleranz, psychosoziale und geistliche Gesundheit, Lebenslanges Lernen, Ausbildung und Einsatz nach individuellen Neigungen und pastoralen Anforderungen, Führungskräfteentwicklung, partizipative Leitung, Theologische Kompetenz, Selbstwirksamkeit und Widerstandskraft.15

Partizipation: Management freiwilligen Engagements: Motivation und Gewinnung, ehrenamtliche Personalentwicklung und –qualifizierung.

Kommunikation und Artikulation: Inhalte und Strategien kirchlicher Verkündigung in der Vielfalt pastoraler Orte entwickeln, biografische Resonanzfähigkeit, Kampagnenkompetenz in Wort, Schrift und Bild, Ritualkompetenz.

Man merkt: das bloße Eliminieren des Rekrutierungsgedankens, der seit der pianischen Epoche in der DNA pastoralen Personals verankert ist, setzt einen Paradigmenwechsel in der Seelsorge in Gang, von dem nicht nur die Ausbildung pastoraler Mitarbeiter/innen, sondern auch die Personalgewinnung (Berufungspastoral), der Personaleinsatz, die Personalentwicklung, berufliche Weiterbildung und Ruhestandsplanung betroffen ist. Wenn das Modell gleichberechtigter, nachbarschaftlicher Orte und Gelegenheiten unter dem klaren Vorzeichen radikaler Diakonie realistisch ist, dann wäre es möglich, innerhalb der großen Teams großer Territorialpfarreien neue kategoriale Orte zu schaffen, Schwerpunkte zu setzen, berufliche Spezialisierungen zu ermöglichen, Transparenz und Teamarbeit zu fördern und Verzahnungen mit nicht-kirchlichen Akteuren und Institutionen zu provozieren „um das Heil der Menschen willen.“

Wir bräuchten auch nicht mehr Generalisten in der Seelsorgerschaft, die allen alles werden, sondern hier wird Ausbildung modifizierter und modularisierter angelegt sein müssen, um professionalisierte und spezialisierte Seelsorgende gezielt in Einsatzfeldern (Orte und Gelegenheiten) einsetzen zu können – um des Heiles der Menschen willen. Ubi salus ibi ecclesia.

Literatur

Bucher, R., Die Gemeinde nach dem Scheitern der Gemeindetheologie. Perspektiven einer zentralen Sozialform der Kirche, in: Sellmann, M. (Hg.), Gemeinde ohne Zukunft? Theologische Debatten und praktische Modelle, Freiburg i.Br. 2013, S. 19-54.

Hobelsberger, H., Jugendpastoral des Engagements. Eine praktisch-theologische Reflexion und Konzeption des sozialen Handelns Jugendlicher Würzburg 2006 (SThPS 67).

Höhn, H.J., Fremde Heimat Kirche. Glauben in der Welt von heute, Freiburg i. Br. 2012.

Jacobs, C., Warum sie „anders“ werden. Vorboten einer neuen Generation von Seelsorgern, in: Diakonia 41 (2010) S. 313-322.

Ders. (u.a.), Überraschend zufrieden bei knappen Ressourcen. Ergebnisse der deutschen Seelsorgestudie, in: Herder-Korrespondenz 69 (6/2015) S. 294-298.

Köster, N., Kampf gegen die Säkularisierung. Weltkriegserfahrung und Pastoral bei Bischof Michael Keller (1896-1961). Unveröffentlichtes Manuskript zur Antrittsvorlesung als Privatdozent an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster am 15. Januar 2015.

Köster, N., Der lange Schatten. Kriegsenkel als Seelsorgerinnen und Seelsorger, in: Herder-Korrespondenz 70 (6/2016), S. 23-26.

Sellmann, M., Milieuverengung als Gottesverengung, in: Lebendige Seelsorge 57 (4/2006) S. 284-289.

Stelzer, M., Wie lernen Seelsorger? Milieuspezifische Weiterbildung als strategisches Instrument kirchlicher Personalentwicklung (Angewandte Pastoralforschung 1), Würzburg 2014.

1 Dieser Beitrag wurde in Lebendige Seelsorge 68 (1/2017) veröffentlicht.

2 Vgl. hierzu exemplarisch der Diskurs zur Sinus-Kirchenstudie in: Lebendige Seelsorge 57 (4/2006), „Kirche in (aus) Milieus“, darin u.a. Sellmann, M., Milieuverengung als Gottesverengung, S. 284-289.

3 Vgl. zum Milieuspektrum der Seelsorgenden: Stelzer, M., Wie lernen Seelsorger? Milieuspezifische Weiterbildung als strategisches Instrument kirchlicher Personalentwicklung (Angewandte Pastoralforschung 1), Würzburg 2014, S. 151ff..

4 Vgl. hierzu und im Folgenden: Bucher, R., Die Gemeinde nach dem Scheitern der Gemeindetheologie. Perspektiven einer zentralen Sozialform der Kirche, in: Sellmann, M. (Hg.), Gemeinde ohne Zukunft? Theologische Debatten und praktische Modelle, Freiburg i.Br. 2013, S. 19-54.

5 Vgl. Bucher, ebd, S. 22.

6 Vgl. hierzu: Köster, N., Kampf gegen die Säkularisierung. Weltkriegserfahrung und Pastoral bei Bischof Michael Keller (1896-1961). Unveröffentlichtes Manuskript zur Antrittsvorlesung als Privatdozent an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster am 15. Januar 2015; sowie: Köster, N., Der lange Schatten. Kriegsenkel als Seelsorgerinnen und Seelsorger, in: Herder-Korrespondenz 70 (6/2016), S. 23-26.

7 vgl. Köster, N. Kampf gegen die Säkularisierung, Abschnitt 6.4.

8 Vgl. Höhn, H.-J., Fremde Heimat Kirche. Glauben in der Welt von heute, Freiburg, i.Br. 2012, S. 47-54, S. 50.

9 Federführender Autor des Hauptdokuments „Unsere Hoffnung“ war Johann Baptist Metz.

10 Jacobs, C. (u.a.), Überraschend zufrieden bei knappen Ressourcen. Ergebnisse der deutschen Seelsorgestudie, in: Herder-Korrespondenz 69 (6/2015) S. 294-298, hier: S. 295.

11 Vgl. ebd.

12 Eine wissenschaftliche Mitarbeiterin am Bochumer Zentrum für angewandte Pastoralforschung hat über 100 Pastoralpläne einer deutschen Diözese systematisch gelesen und analysiert. Auf meine Anfrage, wie viele Pläne denn auf genau diese Sozialform hinarbeiten, sagte sie, dass nahezu ausschließlich alle Pläne dies täten.

13 Vgl. Jacobs, C., Warum sie „anders“ werden. Vorboten einer neuen Generation von Seelsorgern, in: Diakonia 41 (2010) S. 313-322, hier: S. 314.

14 Vgl. Hobelsberger, H., Jugendpastoral des Engagements. Eine praktisch-theologische Reflexion und Konzeption des sozialen Handelns Jugendlicher (SThPS 67), Würzburg 2006, S. 152-162. Hobelsberger bezieht sich vor allem auf die Aussage im Glaubensbekenntnis von Nizäa/Konstantinopel „Für uns, und zu unserem Heil ist Gott Mensch geworden“.

15 Diese beiden Variablen erwiesen sich als äußerst bedeutsam mit Blick auf die Lebenszufriedenheit und das Kohärenzgefühl von Seelsorgerinnen und Seelsorgern, vgl. Jacobs, C., Überraschend zufrieden, S. 295.

Diversity-Management als Dimension kirchlicher Personalentwicklung

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