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KAPITEL II Zum Hinkenden Keiler

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Obwohl Zwerge durchaus den Hang hatten, gerne mal zu übertreiben, fiel das Donnerwetter tatsächlich noch heftiger aus, als Sappo angekündigt hatte. Tante Milda war außer sich und hielt Vana eine Standpauke, die sich gewaschen hatte. „Es ist ja nicht nur so, dass du die hart verdienten Taler verbummelst, nein, um ein Haar hätte ich dich auch noch aus dem Faulturm auslösen müssen. Hast du eigentlich eine Ahnung, was mich das an Gefallen und Talern gekostet hätte?“

Sie befanden sich in der Küche des Gasthofes und während Vana den Zwergen beim Kartoffelschälen helfen musste, ließ eine aufgebrachte Tante Milda ihrer Wut und Enttäuschung freien Lauf. „Es wird wirklich immer schlimmer mit dir. Sollte man nicht meinen, dass in deinem jetzigen Alter so langsam die Vernunft einzieht? Stattdessen eiferst du einem Traum nach, spielst Ritter und vergisst dabei deine Pflichten. Ich brauche dich hier bei der Arbeit, denn ich kann und will nicht alles den vier Herren Zwergen aufbürden.“

Der Gasthof „Zum Hinkenden Keiler“ war beliebt im Leandertal und gehörte Tante Milda, die wie eine Mutter für Vana sorgte, schon lange. Vanas Mutter war bald nach ihrer Geburt gestorben. Und ihr Vater war einer der unzähligen Ritter vom Land, der dem Ruf der Kirche gefolgt und in den heiligen Krieg gezogen war, um nie mehr wiederzukehren. Onkel Walbert war vor zwei Jahren zum Herrn gerufen worden und nun war es an Tante Milda und Vana, den Betrieb der im ganzen Umfeld beliebten Schenke aufrechtzuerhalten.

Unterstützt wurden die zwei Frauen dabei von vier Zwergen, die eine Lebensschuld bei Tante Milda hatten und trotz der zwerggegebenen Launenhaftigkeit und anderen verhaltensauffälligen Eigenschaften gerne mit in der Schenke arbeiteten, wofür sie Kost und Logis erhielten.

Aldo watschelte frohgemut in die Küche und hatte einen weiteren Sack Kartoffeln geschultert. „Ach Tante Milda, grämt Euch doch nicht wegen uns. Wir helfen doch gerne.“ Er stellte den Sack vor Vana ab. „Hier, edles Ritterfräulein Vana, damit Ihr nicht der Langeweile anheimfallt!“

Vana grinste gequält und zuckte gleichwohl zusammen, als Tante Milda sich zu Aldo drehte. „Zu euch Herren Zwerge komme ich auch noch. Denkt ihr, ich weiß nicht, dass ihr Vana trotz meiner wiederholten Verbote draußen am Strümpfelbach heimlich trainiert? Man spricht Zwergen eine hohe Intelligenz zu, aber bei euch vier Gesellen muss ich mich doch sehr wundern!“

Aldo zog eine Grimasse und verließ schleunigst die Küche, um mit den anderen draußen den Schankraum vorzubereiten.

„Wieso kannst du nicht so sein wie die anderen Mädchen in deinem Alter? Klara vom Hufschmied hat jetzt in den Dehmer Hof hineingeheiratet und bewirtschaftet ihn zusammen mit ihrem Matthäus.“

Vana blies verächtlich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Tsss, Klara. Jetzt hat sie den fetten Schwachkopf Matthäus zum Gemahl, einen eigenen Hof und wird mit Sicherheit bald das erste Kind erwarten. Aaaalles richtiggemacht.“

Milda schnitt nun so hektisch Gemüse, dass Vana sich kurz sorgte, sie würde sich in die Finger hacken. „Und was soll daran jetzt verkehrt sein? Du bist jetzt in dem Alter, Vana. Anstatt dem Ritterstand nachzueifern, was sowieso ein hoffnungsloses Unterfangen ist, solltest du dich eher von einem Ritter zur Frau nehmen lassen.“

Vana knallte wütend eine Kartoffel in den Eimer, sodass Sappo neben ihr kurz zusammenzuckte. „Ja, schon verstanden. Einen reichen Kerl ehelichen, ihm und der Kirche am besten ein paar Kinder schenken, dann artig kochen und den Haushalt machen, während mein Gemahl draußen in der Welt Abenteuer erlebt und von allen verehrt wird.“

Die Spannung zwischen den beiden Frauen lud sich immer mehr auf. Milda hielt beim Gemüseschneiden inne und blickte Vana auffordernd an. „So läuft das nun mal. Die Männer spielen ihre Rollen und wir die unseren. Das muss doch kein schlechtes Leben sein.“

Vana hörte nun auch auf zu Schälen und erwiderte den Blick ihrer Tante. „Schlecht vielleicht nicht. Aber langweilig und vorhersehbar. Während mein Gemahl sich dann genau an den Dingen ergötzen darf, die eigentlich ich mir zu erleben wünsche, bleibt mir dann nur zwischen den Möglichkeiten zu wählen, wie Mutter einst vor Gram zu sterben oder wie du hier ein ganzes Leben lang für andere zu buckeln.“ Sie stieß Luft aus und während sie die weiteren Worte sprach, bereute sie diese augenblicklich. „Vater und onkel Walbert waren Ritter und beide haben nicht nur Mutter und dich im Stich gelassen, sondern auch mich. Aber hey, war doch bisher kein schlechtes Leben für uns, oder?“

Milda nickte langsam und schnitt dann wieder Gemüse. „Dein Vater Balin und mein Gemahl waren angesehene Ritter und ich werde nicht dulden, dass du so über sie sprichst.“ Dann ließ sie das Messer auf das Schneidebrett gleiten, wischte sich kurz über die Augen und verließ den Schankraum.

Sappo atmete auf und blinzelte Vana aus seinen kleinen Maulwurfsaugen aus an. „Also, ich hätte ja gedacht, dass es schlimmer für dich läuft.“

Ehe Vana etwas erwidern konnte, streckte Milda nochmals kurz den Kopf in die Küche. „Du hast das ganze Wochenende über Hausarrest. Du wirst weder mit Hikki ausreiten, noch mit deinen Freunden aus Ammerlingen das Arma Sanctorum besuchen. Du wirst im Schankraum Dienst tun und dich um die Stallungen kümmern.“

Vana schaute mit offenem Mund in Richtung Küchentür.

„Ich war offensichtlich bisher zu nachlässig mit dir, Vana. Es wird Zeit, dass du lernst, wo dein Platz im Leben ist. Die Herren Zwerge draußen wissen Bescheid und werden dich mit Arbeit versorgen. Vielleicht bringt dich das ja mal auf andere Gedanken.“

Dann verschwand Milda wieder im Schankraum und hinterließ einen Kartoffeln schälenden und naschenden Zwerg sowie eine maulende Vana.

* * *

Ein paar Stunden später hatte sich der Schankraum bereits gefüllt und es herrschte reges Treiben im „Hinkenden Keiler“. Vana hatte es so satt! Es war offensichtlich wieder einer dieser Tage. Ihr Rücken schmerzte und ihre Beine und Arme brannten wie Feuer. Noch immer saß der Groll tief und sie konnte es nicht fassen, von Tante Milda das komplette Wochenende Hausarrest bekommen zu haben und nicht nach Ammerlingen zu dürfen.

Weil Vana im Gasthof arbeiten musste, übernahmen die Zwerge die übrigen Besorgungen. Sie gehörten zwar mittlerweile fest zum Stadtbild, mochten aber ungern in die großen Menschenstädte. Vana musste den Großteil der Bewirtung übernehmen. Das war angesichts des völlig überfüllten Gasthauses keine leichte Aufgabe.

Erschöpft lehnte sie sich kurz an den von unzähligen Messern vernarbten Holzträger und atmete tief durch. Um sie herum lärmte das Chaos. Ritter aus dem ganzen Umfeld waren mit ihren Knappen gekommen, um am Drachenlauf-Wettbewerb teilzunehmen. Ein bunter und lauter Lärmteppich von grölenden Männern, scheppernden Krügen, Lachen und Gesang wob sich um Vana.

Sehnsüchtig dachte sie zurück an das Erlebnis mit den Gla- dior-Rittern auf dem Torplatz. Sie schloss kurz die Augen und blendete den Lärm und den Geruch von Met, gebratenem Fleisch und Fladenbrot aus.

„Vana!“ Eine dumpfe und doch vertraute Stimme kämpfte sich durch den Lärm. „Vana! Hör auf zu träumen. Herr Graf von friedberg und seine Recken warten auf die nächste Runde. Na los, beweg dich!“

Vana blies eine Strähne ihres goldblonden Haares weg und ein feiner Nebel aus Schweißtropfen floh von ihrem glühenden Gesicht. „Ist ja schon gut, Tante Milda, ich mach ja schon. Wollte nur kurz ausruhen.“

Obwohl sie gerade erst siebzehn Lenze zählte, fühlte sich Vana im Moment ziemlich alt. Ächzend und fluchend drückte sie sich vom Holzträger weg und nahm das große Tablett wieder vom Tisch auf. Sie drehte sich kurz um und schaute hinüber zu Tante Milda, die ernst zu ihr blickte und nebenbei einen betrunkenen Ritter vom Tresen stieß. Milda war immer noch sauer, um das zu erkennen musste Vana nicht Gedankenlesen können. Zum Glück hatten die Zwerge zusammen mit den Knechten und Lehrlingen der befreundeten Händler immerhin doch noch alle Bestellungen und Besorgungen machen können.

„Besoffenes Ritterpack!“, fluchte Vana und bahnte sich einen Weg zu Graf von Friedbergs Tisch. Der Weg durch den Schankraum war ein gewöhnlicher Spießrutenlauf samt grapschender Hände, spritzendem Met und anzüglichen Bemerkungen. Vana quittierte ebenso gewohnt mit Ellbogenstößen, Flüchen und dem einen oder anderen Tritt.

Endlich angekommen, knallte sie das schwere Tablett mit mehreren Krügen Met auf den furchigen Eichentisch und ein paar Spritzer schwappten über so manch edles Wams.

„Pass doch auf, blonde Metze!“ Einer der Knappen funkelte Vana mit zusammengezogenen Augenbrauen an und wischte sich den Met von seinem Waffenrock. Offensichtlich war er einer der Knappen, die am Arma Sanctorum teilnahmen. Er gehörte zu Graf von Friedbergs Tross und somit stand dem Jungen die Arroganz schon ins Gesicht geschrieben.

Vana blickte in die Runde und sah erfahrene Rittergesichter, schlecht geschminkte Mätressen und pausbäckige Knappen. Graf von Friedberg war nicht am Tisch und schien wohl gerade den Abort aufzusuchen.

„Oh, werter junger Herr. Bitte entschuldigt meine Unachtsamkeit!“, knurrte Vana und karikierte einen Hofknicks.

Mit einem nicht kleinen Maß an Überheblichkeit grinste der Knappe in die Runde. „Es sei dir verziehen, Metze. Vielleicht gesellst du dich ja morgen vor dem Wettstreit zu mir ins Zelt, um mir meine Muskeln zu lockern.“

Johlendes Gelächter brandete auf und Vanas Knöchel stießen weiß hervor, als sie die Finger fester um das Tablett schloss. Tief einatmend machte sie die Augen zu.

Tante Milda hasste es, wenn Vana sich prügelte und vor allem, wenn es wie vergangenen Monat in einem Massenspektakel voller prügelnder Ritter, kreischender Frauen und irrer Zwerge endete.

Vana öffnete die Augen wieder. „Vielen Dank für die Nachsicht und das großherzige Angebot, junger Herr.“

Der knappe blickte nun stolz in die runde und grinste selbstzufrieden und gönnerhaft.

„Aber vielleicht entwickelt der junge Herr erst einmal Muskeln, die es wert sind, massiert zu werden!“

Der Tisch von Graf von Friedbergs Recken war nun eine stille Insel im Meer des Lärms und Vana drehte sich triumphierend lächelnd weg. Als sie lautes Gelächter hinter sich wahrnahm, konnte sie sich gut vorstellen, wie der junge Mann nun selbst der Häme ausgeliefert war. Fast schon lässig schlenderte sie zurück zur Theke.

Plötzlich spürte sie einen Griff an ihrem Arm. So heftig, dass ihr Tablett mit einem lauten Scheppern zu Boden fiel.

Ruckartig und wild wurde Vana herumgerissen und blickte nun in das hochrote Gesicht des einst so stolzen Knappen aus dem Tross des Grafen von Friedberg. „Was bildest du dir ein? Ich werde dich Respekt lehren, blonde Hexe!“

Wutentbrannt holte der junge Mann mit der anderen Hand aus, um Vana eine Ohrfeige zu verpassen. Diese Hand erreichte jedoch niemals ihr Ziel.

Vana umklammerte den Unterarm des wütenden Knappen und ihre Augen verengten sich zu Schlitzen. „Versucht noch einmal mich zu schlagen, werter Herr, und ich versichere Euch, Ihr werdet den Drachenlauf vom Krankenzelt aus miterleben!“ Sie atmete durch und fügte leise hinzu. „Hast du mich verstanden, du kleiner Scheißer?“

Noch bevor der nun zitternde knappe etwas erwidern konnte, durchschnitten zwei scharf gerufene Namen den dichten Lärmmorast.

„VANARA!“

„EGBERT!“

Vana und der Knappe blickten sich zeitgleich um. Vor ihnen standen nun Tante Milda und Graf Godefried von Friedberg und ihre Gesichter teilten so gar nicht die ausgelassene Stimmung in der Schenke.

„Was in Gottes Namen geht hier vor?“ Graf von Friedbergs tiefe Stimme schien eher nach Neugier denn nach Zorn zu klingen.

Vana ließ den Knappen los und der blickte nun zu Boden während er den schmerzenden Arm rieb. Vana dagegen sah Graf von Friedberg direkt in die augen.

Er war ein großgewachsener Mann und ein edler grauer Bart zierte sein wettergegerbtes Gesicht. Nach allem, was man sich so erzählte, war er ein harter aber gerechter Lehnsherr der Grafschaft Friedberg und unter seiner strengen Schule samt seinen Rittern sprossen die eifrigsten Knappen hervor. Sein Wams war aus dunkler türkischer Seide und viel Goldschmuck samt funkelnder Edelsteine zierten seine kräftigen Finger.

„Vielleicht solltet ihr eure versoffenen Frischlinge nicht zu lange alleine lassen, offenbar hat hier so mancher noch Nachholbedarf an freundlichem Benehmen!“ Vanas Augen funkelten vor Streitlust.

„Vanara! Sag mal, was fällt dir ein, so mit dem edlen Herrn zu reden?“ Tante Milda war ebenso geschockt wie wütend und wandte sich demütig an den Grafen. „Herr ... Graf von Friedberg ... bitte verzeiht und lasst Gnade walten. Sie ist doch noch eine junge Frau und“, Tante Milda warf Vana einen bösen Blick zu, „leider nicht ganz bei Verstand. Ich habe sie, seit ihre Mutter gestorben und ihr Vater verschollen ist unter Obhut. Bitte ... bitte entschuldigen sie vielmals!“

Graf von Friedberg blickte von Vana nun zu Tante Milda und dann zu seinem Knappen. „Egbert, pack deine Sachen und verlass die Schenke. Kümmere dich draußen um unsere Ausrüstung und die Pferde. Du wirst heute im Stall schlafen.“

Der Knappe schien sich gefangen zu haben und ein Funken jugendlichen Widerstandes flackerte in seinen Augen auf. „Aber Herr, die Metze hier hat angefangen. Und warum die Pferde? Da draußen gibt es Diener, sie haben hier Zwerge. Warum können die das nicht ma-“

„EGBERT!“ Graf von Friedbergs Stimme dröhnte nun laut und zornig durch den Schankraum und für einen kurzen Moment stoppte das Lachen, Singen und Gejohle.

Der Knappe blickte nun zu Boden und machte sich daran, den Schankraum zu verlassen. Er schob sich an Vana vorbei und warf ihr einen abfälligen Blick zu.

Vana erwiderte diesen gelassen. „Echt jetzt? Du heißt tatsächlich Egbert?“, hauchte sie ihm im Vorbeigehen entgegen und grinste.

„Nun zu dir, junge Dame!“

Vana drehte sich wieder zurück und schaute in Graf von Friedbergs müde wirkenden Augen.

„Deine Tante führt hier ein gutes Geschäft und du solltest dein Temperament wirklich zügeln. Mir sind bereits mehrfach deine kleinen Ausbrüche zu Ohren gekommen und nun habe ich es selbst erlebt. Vana, hätte Gott gewollt, dass du ein Junge bist, so hätte er dies auch veranlasst. Also respektiere den Willen unseres Herrn und verhalte dich wie ein Weib und nicht wie ein wildgewordener Nordmann!“

Vana schaute ihn an. Wuttränen bildeten sich langsam in ih- ren Augen. Trotzig wischte sie die mit ihrem speckigen Ärmel ab. „aber er, dieser Egbert hat angefangen. Hat mich vor den anderen Schlappschwänzen beleidigt. Ich würde einen zehnmal besseren Knappen abgeben als Eure Bande von mickrigen Milchgesichtern, die Euch da am Saum hängt.“

Tante Mildas Gesicht wurde aschfahl und sie stützte sich in ihre hände. Vana zitterte vor Wut und ihre Fäuste waren geballt.

Graf von friedberg schaute sie nur an. Dann lächelte er. „Es ist schon unglaublich. Herr Balin wünschte sich immer einen Sohn. Und er bekam dich. Offensichtlich hat es der liebe Herrgott aber letzten Endes doch noch gut mit deinem Herrn Vater gemeint und dir einen gehörigen Schuss Manneswut geschenkt.“ Er lachte. Und plötzlich lachten alle. Die Schenke flammte wieder auf in einem feuer aus guter Laune und frohsinn.

„Ihr ... Ihr kanntet meinen Vater?“ Vanas Stimme war eher ein leises Schluchzen und doch schien Graf von friedberg sie trotz des Lärms verstanden zu haben.

„Natürlich. Sein Kampfeswillen gegen die Sarazenen und seine Erfolge in den Schlachten um das Heilige Land drangen auch in die Grafschaft Friedberg.“ Versöhnend fasste er Tante Milda an die Schulter. „Gräme dich nicht, Weib. Sie hat ein feuriges Herz. Ich werde Milde walten lassen.“

Tante Milda atmete sichtlich erleichtert auf. Mit einem leichten Kopfschütteln und vielsagendem Blick schaute sie Vana an.

„Doch schadet dein Verhalten dem Ansehen deiner Tante und ihrer Schenke hier. Du bist eine Frau und musst dich wie eine Frau, deren Platz in der Küche ist, verhalten. Deswegen halte ich es für angemessen, wenn auch du nach getaner Arbeit draußen bei den Pferden schläfst. Vielleicht kühlt dich die Nachtluft ein bisschen ab. Wäre das in Ordnung für dich, Milda?“

Tante Milda nickte und bedankte sich. „Sehr wohl, edler Herr. Danke, Graf von Friedberg, für eure Güte und Nachsicht.“ Dann blickte sie scharf zu Vana. „Treib es nicht zu weit, junge Dame. Ich kann deinen Hausarrest gerne noch aufstocken. Du machst jetzt noch Tisch Vier und Sieben und anschließend begibst du dich in die Stallungen. Ich möchte dich heute nicht mehr im Schankraum sehen. Ich lasse dich so lange im Stall, bis du endlich wieder zur Vernunft kommst.“

Irgendetwas in Vana wollte schreien. Es quollen wieder von Zornestränen in ihre Augen.

Noch bevor sie etwas erwidern konnte, hob Graf von Friedberg die Hand und streckte den Zeigefinger aus. Dann schüttelte er langsam den Kopf und bewegte auch den Finger dazu.

Vana verstand. Sie blickte nochmal in Tante Mildas Gesicht und bahnte sich dann einen Weg zur Theke.

Aldo der Zwerg lehnte hinter der Theke und hatte bereits fünfzehn Krüge Met bereitgestellt. Er stand auf seinem Hocker und grinste Vana breit an. „Naaaaa, Vana? Mal keine Prügelei heute? Du wirst doch nicht etwa doch noch eine Hofdame?“ Er fing wiehernd an zu lachen und Teppo und Sappo, die aus der Küche hinter dem Tresen gewatschelt kamen, stimmten sofort mit ein.

„Jaja, sehr witzig. Na los, gib schon her. und ihr laufenden Meter verzieht euch gefälligst wieder in die Küche!“ Vana belud das Tablett, verwünschte kurz ihre kichernden schadenfrohen Zwer- genfreunde und bediente die Tische wie befohlen.

Als ihre Arbeit getan war, feuerte sie ihre Schürze in die Ecke, zeigte Aldo einen höchst unanständigen Fingergruß und drängte sich durch die Masse von schwitzenden und feiernden Besuchern zur Tür.

Eine warme Sommernacht empfing Vana. Sie schloss die Augen und atmete tief ein. Die Nachtluft erfüllte ihre Lungen und es tat gut, den Geruch von Schweiß und Met hinter sich zu lassen. Was für ein Tag. Sicher, sie hatte nun Hausarrest und musste das ganze Wochenende über im Gasthof schuften, während Alina und die anderen sich auf den Arma-Sanctorum-Festivitäten herumtrieben. Doch Vana dachte an die Ereignisse des Tages und allein schon die Gladioren gesehen zu haben, ja sogar mit einem gesprochen zu haben, war für sie all die Mühe und den Ärger wert gewesen.

Sie öffnete die Augen und blickte hinüber zu den Stallungen. Der Lärm der Schenke hinter ihr brandete gegen die alten Holzwände.

„Anstatt Gladior dann eben doch nur eine täppische Magd, deren Platz in der Küche ist. Oder im Stall.“ Vana zuckte mit den Achseln, fluchte kurz und ging zu den Stallungen.

Vanara: Aufstieg der Bahedor

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