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Kapitel 1 Alle Jahre wieder

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„Alle Jahre wieder“, murmelte Frau Hundemüller verzweifelt.

Sie stand mit ihrer Tochter Jule im Supermarkt vor einem großen Karton, in dem sich Lebkuchen befanden. Es gab zwei verschiedene Sorten zu kaufen: Zartbitter und Vollmilch.

Jule lief das Wasser im Munde zusammen. „Mmh, Lebkuchen, die schmecken lecker! Nehmen wir eine Packung Lebkuchen mit?“, fragte sie ihre Mutter.

„Nein, es ist erst September und wir sind gerade von unserem Sommerurlaub zurückgekommen. Weihnachten ist erst in drei Monaten.“

„Bitte, Mama.“

„Nein.“

„Bitte.“

„Nein!“

„Warum nicht?“

„Weil es noch eine lange Zeit bis Weihnachten ist und ich es nicht gut finde, dass es schon im September Lebkuchen zu kaufen gibt. Ich habe da meine Prinzipien.“

„Was sind Prinzipien?“

„Regeln, die man sich aufstellt, wie zum Beispiel Spielregeln.“

„Nach meinen Spielregeln kaufen wir jetzt Lebkuchen.“

„Nein!“, sagte Frau Hundemüller genervt und schob den Einkaufswagen weiter.

Frustriert folgte ihr Jule. Immer galten nur die Spielregeln der Erwachsenen, das war unfair.

Jule war sieben Jahre alt. Bald würde sie wie ihr Bruder Lukas acht werden. Obwohl sie Zwillinge waren, waren sie sehr unterschiedlich veranlagt.

Lukas war ein ruhiges Kind. Er sammelte Kieselsteine und betrachtete diese gerne mit seiner Lupe. Jule konnte dies überhaupt nicht verstehen; für sie sahen die Steine alle gleich aus. Jule spielte lieber mit ihren Freundinnen. Sie redete gerne und hatte immer viel zu erzählen.

Jule und Lukas hatten noch einen älteren Bruder. Max war fünfzehn und gerade in einem schwierigen Alter, wie Herr Hundemüller gelegentlich festzustellen pflegte. Bis vor kurzem hatte Max noch gerne mit seinen Geschwistern gespielt, doch jetzt hatte er dazu keine Lust mehr und beschäftigte sich lieber stundenlang mit seinem Computer oder seinem Handy. Er hatte seit neuestem zwei Lieblingsausdrücke: „cool“ und „ätzend“. Diese Wörter gefielen seiner Mutter überhaupt nicht. Regelmäßig schimpfte sie ihn deshalb.

Von ihren Klassenkameraden war Jule schon häufig gefragt worden, ob sie zu Hause auch Hunde hätten, wo sie doch Hundemüller hießen. Zu Jules Bedauern hatten sie weder einen Hund noch sonst ein Haustier. Ihre Eltern meinten, Haustiere machten zu viel Arbeit und sie hätten schon genug zu tun mit ihren drei Kindern. Das verstand Jule ganz und gar nicht: Sie war doch schon groß und machte bereits fast alles selber!

Einmal in der Woche kam Marie zu Familie Hundemüller und half Jules Mutter beim Putzen. Marie machte gerade eine Ausbildung zur Gärtnerin. Sie hatte nicht viel Geld und mit dem Putzen verdiente sie sich ein wenig dazu. Da sie ein Baby erwartete, war sie vor kurzem zu ihrem Freund, dem Vater ihres Kindes, gezogen und hatte aufgehört zu arbeiten. Nun musste sich Frau Hundemüller eine neue Putzhilfe suchen.

Familie Hundemüller wohnte in der Barbarastraße 14. Links von ihnen wohnte Frau Scheuffele. Frau Scheuffele hatte früher bei einer Bank gearbeitet, jetzt war sie im Ruhestand. Bis vor einem halben Jahr hatte sie mit ihrer Mutter zusammengelebt, dann war ihre Mutter gestorben. Seitdem wohnte Frau Scheuffele alleine in ihrem Haus. Wenn Frau Hundemüller im Garten arbeitete, kam Frau Scheuffele häufig vorbei, um mit ihr über das Wetter zu reden. Diese Gespräche beendete Frau Scheuffele immer mit dem gleichen Satz: „Besser so ein Wetter, als gar kein Wetter.“

Rechts neben Familie Hundemüller wohnte Annabell mit ihren Eltern. Annabell hatte keine Geschwister und war die beste Freundin von Jule. Sie hatte lange schwarze Haare. Jule und Annabell gingen in dieselbe Klasse und saßen dort nebeneinander. Bei Annabells Mutter musste alles sehr sauber und ordentlich sein. Wenn Jule zu Besuch bei Annabell war, hatte deren Mutter immer entweder den Staubsauger oder einen Putzlappen in der Hand. Frau Hundemüller beneidete ihre Nachbarin um das saubere und ordentliche Haus. „Bei meiner Familie wird es mir nie gelingen, einen so ordentlichen und sauberen Haushalt zu haben“, dachte sie entmutigt bei sich. Jule sah das alles anders. Sie fand es blöd, wenn sie bei Annabell abends immer die gesamten Spielsachen aufzuräumen hatten. Am nächsten Tag mussten sie dann alles wieder aufbauen, bevor sie weiterspielen konnten.

Kurz und gut, Familie Hundemüller war eine normale Familie, die in einem normalen Haus, in einer normalen Straße mit normalen Nachbarn wohnte. Nur Weihnachten würden sie dieses Jahr nicht auf ganz normale Art und Weise feiern. Aber davon wussten sie noch nichts.

Weihnachten im November

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