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Die schizophrene Bank

Verschiedenste Akteure spielen auf der riesigen Bühne des Finanzmarkts eine Rolle. Die verschiedenen Finanzberufe sind schwer zu definieren und zu sortieren. Schauen wir uns zunächst die beiden Hauptaktivitäten einer Bank an, um zu verstehen, wie eine Bank arbeitet.

Die Bank als Tresor

Die vorrangige Funktion einer Bank ist die sichere Verwahrung der Depots, um die physische Sicherheit von Geld zu gewährleisten. Außer diesem Service stellt eine Bank auch andere Annehmlichkeiten zur Verfügung wie Buchführung, Überweisungen, Scheckbücher, Kreditkarten und Kredite an Einzelpersonen oder Unternehmen.

Die Menschen, denen diese logistischen und Verwaltungstätigkeiten obliegen, sind quasi das „Back-Office“ oder das Verwaltungspersonal, das die Anweisungen der Kunden ausführt.

Auf diesem Niveau ist das Verhältnis zwischen Bank und Kunde klar und überschaubar. Der Kunde versteht die Dienstleistung der Bank und die Gebühren, die er dafür bezahlen muss.

Mit diesen Grundtätigkeiten kann sich der Banker schon einen ordentlichen Lebensunterhalt verdienen – aber nicht mehr, als sagen wir einmal ein Supermarktleiter, dessen Ladenkette die gleichen Produkte zu ähnlichen Preisen verkauft wie andere Ladenketten. Weil alle Banken Depots anbieten, müssen sie wettbewerbsfähig bleiben, so dass damit auch die Angebote und Gebühren in der gesamten Branche vergleichbar werden.

Jeder weiß aber, dass es einen Riesenunterschied zwischen dem Gehalt eines Supermarktleiters und dem eines Bankers gibt. Wie kann der Banker also so viel mehr verdienen?

Die Bank als Spielcasino

Zusätzlich zu ihrem Depotservice haben Banken neue Betätigungsfelder gefunden: Sie entwickeln und verkaufen Finanzprodukte.

Hier wird der Banker ein bisschen zum Werbefunksprecher, der die Käufer aufruft, die neuesten Rabattaktionen zu testen. Geschäfte machen oft den besten Profit mit Sonderangeboten, wenn sie ihre Ware an den Mann bringen wollen: „Nur diese Woche: Alt für neu – jedes Haushaltgerät im Angebot. Bringen Sie Ihren alten Toaster, Ihren Küchenquirl oder Ihre Kaffeemaschine und holen Sie sich das neuste Modell – zu Tiefstpreisen! Aber beeilen Sie sich – die Aktion läuft nur bis morgen!“

Auch Banken werben für ihre Finanzprodukte und nutzen Vermögensverwalter, Analysten und Berater, um mit ihren Kunden Geschäfte zu machen – genau wie im Supermarkt. Es reicht nicht, die Einkaufsliste abzuarbeiten, den Einkaufswagen voll zu packen und dann zur Kasse zu gehen. Nein – Sonderangebote verlocken sie noch dazu, „Geld zu sparen“, indem sie noch mehr kaufen.

Auch Banker haben ein ganzes Arsenal von Marketingtricks um ihre Finanzprodukte zu verkaufen. Kapitalgarantie! Zweistellige Renditen! Enorme Wertentwicklung! Ihre „sensationelle“Verkaufsmasche strotzt vor Begriffen, die einen kaum noch kritisch denken lassen und von den entscheidenden Fragen ablenken: Woraus genau bestehen eigentlich diese Wunderprodukte? Und vor allem, bedienen sie einen wirklichen Bedarf? Denken Sie immer daran, dass die neuen Fonds, die die Banken entwickeln, aus Produkten bestehen, die es bisher schon gibt. Stückweise verkaufte Äpfel haben die gleichen Eigenschaften, wie die in der Packung aus dem Sonderangebot. Einziger Unterschied: Wenn Sie die Packung nehmen, kaufen Sie mehr, als Sie wirklich brauchen. Auch die Produkte, die die Bank anbietet, entsprechen selten den finanziellen Zielen ihrer Kunden. Im Nebel, der diese Geldanlagen umgibt, werden sie dann von den glitzernden Gewinnversprechen geködert.

Woher wissen wir, worauf der Banker bei der Zusammenstellung eines Portfolios Wert legt? Wie können wir sicher sein, dass er die besten Produkte auswählt und nicht einfach die, die ihm die höchste Provision bringen? Für all diese Transaktionen wird der Banker natürlich ordentlich vergütet.8 Wie wir im nächsten Kapitel ausführlicher sehen werden, ist das Provisionssystem eine wahre Goldgrube für den Bankensektor.

Neben ihrer Tresor-Funktion verdienen die Banken ein Vermögen an den Transaktionen ihrer Kunden. Die Kunden verfangen sich in den Marketingmanövern und werden überredet, Bankprodukte zu kaufen. Auf diese Art häuft der Bankensektor Millionen an und die Banker sammeln ihre Boni.

Zur Verkäuferfunktion der Banken – dem Verpacken von Finanzprodukten – gehört auch eine ausgeklügelte Kampagne zur Beeinflussung der Kundenentscheidungen. Je geschickter der „Berater“ dabei ist, Kunden zu ständigen Käufen und Verkäufen zu verleiten, je mehr Transaktionsaufträge vorliegen, umso mehr verdient die Bank und ihre Banker. Deshalb verkünden diese natürlich gerne Wunder, die ihr Produkt wirken kann und Vorteile, die keiner der Wettbewerber bietet, um weitere Verkäufe in die Wege zu leiten. Die gleichen Tricks finden wir in den Supermarktanzeigen – das Drängen zum Kauf und die Supereigenschaften der sogenannten Sonderangebote.

Natürlich beruht die Beratung in einer Bank auf echten Marktanalysen. Hinter dem Berater und dem Produkt, das er anbietet, stehen Armeen von Analysten, Brokern, Händlern usw., die alle daran arbeiten, die vielversprechendsten und attraktivsten Produkte zu ermitteln und anzubieten. Damit man z. B. einen Kunden überzeugen kann, in China zu investieren, heuert die Bank zunächst ein Team von Spezialisten an, das dafür zuständig ist, die besten chinesischen Unternehmen auszuwählen. Anschließend lässt sie Vermittler die zugehörigen Aktien kaufen. Daraus kreieren Strategen und Anwälte dann die Produkte. Schließlich entwickeln die Marketingleute eine verführerische Verpackung, um Investoren anzulocken.9 Die Beratungsleistung einer Bank erfordert also jede Menge Vorbereitungsarbeit und Kosten, weil die Experten in allen Bereichen natürlich bezahlt werden müssen.

Der Schwachpunkt

Der Banker behauptet,10 über seine Beratung signifikanten Mehrwert zu liefern. Seine Analyse ist rigoros und er ist davon überzeugt, dass er seinem Kunden hilft, die besten Geldanlagen zu finden. Schließlich hat er spezielle Informationen, die der Kunde nicht hat.

Vergessen wir aber nicht, wie Angebot und Nachfrage Preisschwankungen und Marktklima beeinflussen können. Obwohl der Banker seiner Ansicht nach eine neutrale Position zwischen Verkäufer (den Unternehmen, die Aktien anbieten) und Käufer (seine Klientel von Investoren) einnimmt, unterliegt er doch nicht weniger den beachtlichen Risiken, die mit Finanzgeschäften einhergehen.

Um die Grenzen des Bankers zu verdeutlichen, werfen wir uns doch mal in einen Smoking oder ein Abendkleid und gehen in ein Spielcasino.

Der Banker ähnelt dem Bekannten, den wir gerade am Roulettetisch aufgegabelt haben. Er berichtet mit voller Überzeugung: „Ich hab‘ den Tisch jetzt über eine Stunde beobachtet und die Ergebnisse von allen anderen Spielern mitgeschrieben – alle Zahlen und Farben, die gekommen sind. Wenn Du gewinnen willst, setze auf Rot!“ Die Geduld, die dieser Beobachter aufgebracht hat, lässt seinen Tipp richtig wertvoll erscheinen (genau wie beim Banker mit seinen Analysen), aber die kapriziöse kleine Kugel kann genauso gut auf Schwarz landen. Ja, klar kann man den Jackpot gewinnen, aber man riskiert auch, alle seine Chips zu verlieren.11 Mit seinem Drängen, auf Rot zu setzen, hat der Experte beim ersten Mal Recht. Er bietet weitere Prognosen an und wir gewinnen auch die nächsten beiden Male. Bedeutet das, dass er beim Roulette „unschlagbar“ ist? Dass ihm sein Wissen und sein „Geschick“ beim Spiel erlauben, die Resultate der Kugel besser als andere Spieler zu überwachen? Natürlich nicht!

Resümee

Trotz ihrer offensichtlichen Grenzen sind Finanzprodukte immer faszinierend. Mit diesem „Zauber“ stimulieren Banken immer wieder Energien und Enthusiasmus, ohne konkrete Werte zu schaffen.12

Der Investor muss also lernen, die Tresor-Funktion der Banken von ihrer Beratungs- (oder Verkaufs-)Funktion zu unterscheiden. Service bieten und Träume schaffen sind, obwohl so verschieden, die beiden Pole des Bankgeschäftes und werden nur zu oft in der öffentlichen Meinung durcheinander gebracht. Natürlich ist es sehr praktisch und sogar unbedingt notwendig, die Tresore der Bank zu nutzen. Aber warum soll man denn dem Banker den Schlüssel geben?

Die Lieblingsmasche der Wall Street ist, glauben zu machen, dass Glück gleichbedeutend mit Können sein soll.

Don Ross, Volkswirt

8 Jean-Claude Péclet, „Comment payer mon banquier?” Le Temps, 02.02.2009. Mark Hulbert, „Can you beat the Market? It’s a $100 Billion Question.” New York Times, 09.03.2008

9 Schauen Sie sich mal um: Es ist ganz offensichtlich, dass die Marketingkosten zu den Hauptausgaben der Banken zählen.

10 Standard & Poor’s, Standard & Poor’s Indices Versus Active Funds Scorecard, Year End 2008, www.spiva.standardandpoors.com, April 2009.

11 Past performance is no guarantee of future results: Christopher R. Balke and Matthew Morey, „Morningstar Ratings and Mutual Fund Performance.” Fordham University’s Graduate School of Business, 22.12.1999. Anna Robaton, „FRC Study Raps Morningstar Ratings: All-Star Battle Over Performance.” Investment News, 29.03.1999. „Why Top Performance Is a Poor Indicator of Future Performance,” report by Smith Barney Consulting Group, 1997.

12 Berkshire Hathaway Inc., annual report, 2005.

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