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[38] 5 Erklärfilme: Eigenschaften, Produktionstechniken und Verwendungszwecke
ОглавлениеIm Kontext von Designprojekten entstehen Erklärvideos im Rahmen von Lehrveranstaltungen in einer bildungswissenschaftlich fundierten und entsprechend didaktisierten Lernumgebung. Die Filmentwicklung und der Produktionsprozess werden also mehr oder weniger intensiv durch das Lehrpersonal begleitet bzw. angeleitet und moderiert. Es handelt sich um Peer-Produktionen, die als betreute Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeiten organisiert sind.
Es gibt zahlreiche Verfahren und Techniken, um einen Film entstehen zu lassen. Sie sind in der Vorbereitung (Requisiten, Auswahl der Schauspieler*innen, Beleuchtung etc.) und Nachbereitung (Filmschnitt, Effekte etc.) unterschiedlich aufwändig und verursachen in der Umsetzung über die benötigte Ausstattung, das Personal und die Produktionszeiten auch unterschiedliche Kosten. Außerdem eignet sich nicht jede Produktionstechnik für den jeweiligen Anwendungsfall. Agenturen der Werbewirtschaft, die das Medium Erklärfilm längst für sich entdeckt haben, sind auf das Matching von Produktionstechnik und Anwendungsfall spezialisiert. Bei der Entscheidung für oder gegen eine Produktionstechnik bzw. ein Produktionsformat steht bei kommerziellen Produktionen die Wirkung des finalen Produkts auf die Rezipient*innen im Vordergrund. Das Filmprojekt wird ergebnisorientiert geplant, d. h. die Entscheidung für ein Produktionsformat ist maßgeblich davon anhängig, ob der fertige Film das Potential hat, die Rezipient*innen zu begeistern, zu überzeugen, zu beeinflussen etc. Entscheidend ist, dass der Film seine Wirkung in der Nachnutzung entfaltet, denn nur so kann er die eingesetzten Produktionsmittel wieder einspielen.
Designprojekte wollen dagegen primär Kompetenzentwicklungsprozesse im Produktionsprozess auslösen. Nicht die Rezipient*innen, sondern die Produzent*innen stehen hierbei im Fokus. Die Frage, welche Produktionstechnik sich für einen Kompetenzentwicklungsprozess unter den semiprofessionellen Bedingungen von Aus- und Weiterbildungsveranstaltungen eignet, ist entsprechend nicht ergebnisorientiert, sondern prozessorientiert zu stellen. Von zentraler Bedeutung ist, welchen Produktions- bzw. Implementierungsaufwand die jeweilige Technik im Kompetenzentwicklungsprozess verursacht, da Aufwand und Wirkung in einem nachvollziehbaren Verhältnis zueinander stehen müssen. Das Format muss [39] weiter so ausgewählt werden, dass die zeitlichen (Seminarzeit) und die sächlichen Ressourcen (Ausstattung mit Hard- und Software für die Produktion der Filme) und die rechtlichen Implikationen (Persönlichkeitsrechte, Nutzungsrechte am Bildmaterial etc.) für die Lehrkräfte in einem vertretbaren Rahmen kontrollierbar bleiben (vgl. Kapitel 6.1). Es geht hierbei um die Frage, ob der Gestaltungsaufwand für die Entwicklung der Filme gerechtfertigt ist und die Mehrwerte erzeugt werden können, die erwartet werden. In keinem Fall darf die Fachkompetenzentwicklung im Ausbildungsprozess zu stark hinter die Gestaltungskomponente zurücktreten. Dieser Aspekt steht in einem engen Zusammenhang mit der Frage, welche Anforderungen der Produktionsprozess an die Lerner*innen stellt. Es gilt sicherzustellen, dass die Lerner*innen durch das methodische Setting nicht überfordert sind. Im schlimmsten Fall kann es hier zu einer doppelten Überforderung kommen, wenn Lerner*innen gleichzeitig mit den Produktionstechniken und dem Thema selbst überfordert sind. (vgl. Kapitel 6.4).
Auch wenn Designprojekt primär prozessorientiert geplant werden, spielt die Frage der Nutzer*innenakzeptanz auch bei der Auswahl eines Produktionsformats für Designprojekte eine Rolle. Schließlich ermöglicht die Aussicht auf einen möglichen Nachnutzungsprozess der finalen Filme, dass eine stabile Motivationslage für den Lern- bzw. Produktionsprozess erzeugt werden kann. Hierfür müssen sich die Lerner*innen beispielsweise in ihrer Doppelrolle als Lerner*innen und Produzenten*innen mit dem Filmformat identifizieren. Das Format muss auch sicherstellen, dass die resultierenden Handlungsprodukte eine gewisse Marktreife erzielen. Aus motivationspsychologischer Sicht ist zudem sicherzustellen, dass die finalen Handlungsprodukte nachhaltig und möglichst barriere-und kostenfrei genutzt werden können (vgl. Kapitel 4). Das hängt einerseits von den Inhalten und der didaktischen Qualität der Produktionen ab, ist aber andererseits auch eine Frage des Stils, der Auswahl und Aufbereitung des visuellen Materials, der mediendidaktischen und der technischen Qualität. Die Produktionstechnik muss hier sicherstellen, dass eine Auflösung erzeugt werden kann, die gängige Endgeräte (Smartphone, TV, Laptop etc.) benötigen, um einwandfrei erkennbare Bildabfolgen zu liefern. Zentral sind dabei die Formate, die Mobilgeräte bzw. Smartphones unterstützen, da die Statistiken von Youtube zeigen, dass mehr als 70 % der gesamten Wiedergabezeit auf der Nutzung von Mobilgeräten basiert (vgl. Google 2019). Von zentraler Bedeutung ist zudem eine Tonqualität, die das Konsumieren mittels In-Ear-Hörer möglich macht. Die Lautstärke bzw. das Audio an sich muss über die verwendete Technik nachgesteuert und Schwachstellen im Audio (Versprecher, laute Atemgeräusche) müssen über die Produktionstechnik korrigiert werden können. Eine ansprechende visuelle [40] und auditive Qualität stellt sicher, dass die Videos später störungsfrei nachgenutzt werden können (vgl. Kapitel 2).
Analysiert man die verschiedenen Produktionstechniken bzw. Formate vor dem Hintergrund der geforderten Eigenschaften eines Erklärfilms für institutionalisierte Kontexte der Aus- und Weiterbildung, scheinen vier Formatgruppen von Bedeutung: Klassisches Realvideo, Iconfilm, Formate, die mit Lege- und Schiebtechniken arbeiten, und vertonte Dia- bzw. Slideshows. Diese Formate werden im Folgenden kurz vorgestellt. Erkenntnisleitend ist die Frage, welches Format sich für Designprojekte eignet.