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Drittes Kapitel

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War es ein heftiger Niesanfall, der mich weckte oder war das erste, nachdem ich wach geworden war ein heftiger Niesanfall, der mich durchschüttelte? Die Grenze war fließend. Körperlich fühlte ich mich ziemlich beschissen, seelisch war ich auf einem Hoch, wie es angenehmer nicht sein konnte. Die Ruhe vor dem Sturm, die Anhöhe vor der Klippe, der Absprung vor dem Absturz. Um es kurz zu sagen: Ich war verliebt! Und ich wusste, dass das ganze nicht gut ausgehen würde. Oder ich nahm es zumindest an, ging davon aus, erwartete es.

Sie war… toll, um es in einem Wort zusammenzufassen. Auch passend waren wundervoll, phantastisch und wunderbar, aber ich wollte mich nicht zu sehr in sie hineinsteigern, bevor ich sie besser kennen gelernt hatte und die Wirklichkeit meiner Phantasie zwangsläufig nicht mehr standhalten konnte, aber… ach, dafür war es eh schon zu spät! Vor meinem geistigen Auge erschien ihr Gesicht, ihre Lippen, die sich zu diesem wundervollen Lächeln formten, ihre Augen, die mich ansahen, als würden sie möglicherweise das gleiche für mich empfinden. Das Leben war...

...wunderschön?

...trügerisch?

...ein Traum?

...irgendetwas, das unweigerlich deprimierend werden würde, wenn es auch noch so positiv anfing!

Ja, noch fühlte ich mich großartig, aber es brauchte nicht viel, um das zu ändern. Ich fühlte mich jung, voller Energie, voller Kraft, geladen. Gut, ich war jung, aber für gewöhnlich fühlte ich mich nicht so, für gewöhnlich fühlte ich mich gelangweilt, aber auf keinen Fall wie jemand, dem das Leben freundlich auf die Schulter klopfte und sagte: „Junge, viel Vergnügen!“

Schwungvoll sprang ich aus dem Bett, nieste den Fußboden voll und suchte ein Taschentuch, um das, was noch immer an meiner Nase hing daran zu hindern, meinen Fußboden zu besudeln. Mit dem Taschentuch in der Hand schlenderte ich in meine Küche, warf einen Blick in meinen deprimierend leeren Kühlschrank, was mir aber nichts ausmachte, schlenderte zurück, wusste nichts mit mir anzufangen, außer euphorisch und trunken vor Liebe zu sein. Lesen kam nicht in Frage, Fernsehen hätte mir mein enormes Gefühl der unglaublichen Glückseligkeit nur versauert, also wankte ich ziellos durch meine 2 ½-Zimmer-Wohnung und sonnte mich in meinem wohl nur sehr kurz andauernden Gefühl.

Es war herrlich. Es gab sie, sie!, die Frau, die ich lieben konnte, die Frau, die ich liebte! Das Leben hatte gute Seiten, merkwürdigerweise überschlug man sie meistens oder blätterte hastig darüber hinweg, weil man unbedingt das Ende wissen wollte.

Ich ließ mich am Küchenfenster nieder und starrte hinaus, ohne irgendetwas wahrzunehmen. Mein Gehirn hatte keine Möglichkeit, irgendetwas aufzunehmen, das einzige, was sich in ihm befand war ihr Bild, dreidimensional, in Farbe und so real wie ein Wochenlohn von 3 Milliarden Euro. Da schwebte sie und ich wusste mit ziemlicher Sicherheit, dass sie mir nie das sein würde oder vielleicht sogar konnte, was ich jetzt in ihr sah.

Und all das störte mich nicht. Ohne Gedanken an die Konsequenzen, die sich stets auch ohne vorherige Gedanken an sie einstellten, gab ich mich all meinen geistigen Ausschweifungen hin, meiner Idealisierung der Frau, die ich kennen gelernt hatte. Ich sah sie, von Hoffnungen, Wünschen, Phantasien gezeichnet, ausgeschmückt und in einem hübschen Rahmen verpackt. Ich müsste ins Büro gehen. Na und? Nicht einmal das konnte mir die Stimmung vermiesen. Ob ich nun hier an sie dachte oder im Büro, was machte es für einen Unterschied?

Ohne unnötige Reize meiner Umwelt wahrzunehmen zog ich mich an, begab mich in mein Büro und starrte vor mich hin, bis mich der Schwachsinn oder mein Rendezvous mit ihr oder sonst irgendeine Verbindung mit der Realität auf den Boden der Wirklichkeit zurückholen würde.

Der Mörder ist immer der...

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