Читать книгу 2050 - Die Vulkane im Rheingraben - Martin Danders - Страница 6
3. Kapitel
ОглавлениеAm nächsten Morgen fahre ich wie immer mit Alpha zur Arbeit. In Breisach angekommen, parke ich mein Auto und gehe ins Büro. Zuerst telefoniere ich mit mehreren Bohrmeistern, um Informationen über die aktuellen Situationen auf den Baustellen zu erfahren. Alles scheint im Moment ganz gut zu laufen. Das kann sich aber in unserem Gewerbe sehr schnell ändern, und ich muss zu einem Bohrturm eilen. Außeneinsätze sind aber ganz gut angenehm. Ich hasse langweilige Tage im Büro, ohne mal rausgekommen zu sein.
Anna betritt mein Zimmer. Sie sieht heute wieder sehr aufreizend aus.
„Hallo, alles in Ordnung?“, fragt sie.
„Ja, fast alles!“
„Was ist los?“, will sie wissen.
„Mir juckt wie verrückt mein Schwanz!“
„Das ist nichts Schlimmes. Das hast du von mir. Das sind irgendwelche Pilze, die ich mir auf einer öffentlichen Toilette eingefangen habe. Ich habe schon mehrfach so eine Selbstbehandlung mit einer Anti-Pilz-Vaginal-Creme gemacht. Im Moment habe ich es im Griff!“, erklärt Anna.
„Na toll! Dann hast du mich mit deinem Pilz angesteckt. Ich dachte schon, ich hätte einen Tripper!“
„Nein, das ist kein Tripper!“, beruhigt sie mich.
„Na, Gott sei Dank!“
„Pass auf! Ich gebe dir jetzt meine Vaginal-Creme und du gehst auf das Klo und cremst dich da unten ein!“, schlägt sie vor.
„Okay! Mach ich!“
Ich laufe zur Herrentoilette, schließe mich in der Kabine ein und creme meinen wichtigen Freund ein. Der Kandidat ist sowieso schon ziemlich mitgenommen wegen der vielen Einsätze bei Anna. In den letzten Wochen hatten wir beide wunde Stellen im Intimbereich. Und jetzt auch noch der Pilz. Ich habe selten eine Frau getroffen, die so offen mit diesen Themen umgeht.
In der Mittagspause gehe ich mit Kollegen in einer Kantine essen. Das Jucken hat zum Glück etwas nachgelassen. Scheinbar wirkt die Vaginal-Creme auch bei mir. Meine Kollegen bemerken beim Essen meine missliche Lage nicht. Es wird über die Probleme auf diversen Baustellen geredet. Unterm Tisch reibe ich mir mit der linken Hand ständig über die betreffende Stelle.
Wieder im Büro, schaue ich mir alle wichtigen E-Mails an. Im Jahre 2050 gibt es überhaupt keine Faxe oder Briefe mehr, weil nur noch rechtsverbindliche E-Mails mit Unterschriften versendet werden.
„Wie geht es deinem Freund?“, fragt Anne per E-Mail.
„Wieder besser!“, schreibe ich zurück.
„Kommst du heute Abend zu mir?“, kommt es postwendend.
„Ja, um circa zwanzig Uhr!“
Also dann wird es für meinen kleinen Freund heute keine Pause geben. Auf der einen Seite finde ich die Geschichte mit Anne anstrengend, aber anderseits auch ganz gut. Doch so richtig zufrieden bin ich mit ihr nicht. Sie neigt zu Eifersuchtsanfällen, die es in sich haben. Ihr geschiedener Ehemann war ein untreuer Kandidat, der nichts ausgelassen hat. Außerdem hat sie eine schwerstbehinderte Schwester, die von ihren Eltern vorgezogen wurde. Vermutlich ist sie wegen beider Gründe so extrem eifersüchtig. Und gerade wegen ihrer starken Eifersuchtsgefühle sind unsere Bettszenen ausgesprochen unterhaltsam und erlebnisreich. Außerdem hat sie eine leichte Schilddrüsenüberfunktion, die zu sexueller Höchstleistung führen kann.
Am Nachmittag bekomme ich doch noch mal die Gelegenheit, das Büro zu verlassen. Der Bohrmeister von der Bohrung in Lahr hat sich telefonisch wieder gemeldet. Ich fahre erneut von Breisach nach Lahr, um das Schüttelsieb, die Schichtenverzeichnisse und die Ergebnisse der aktuellen, geophysikalischen Messungen anzuschauen. Die Diagramme zeigen einige Anomalien, die ich aber vor Ort auch nicht erklären kann. Ab einer Tiefe von 1.200 Metern verschwinden unsere Druckwellen scheinbar, weil sie an keiner Schicht mehr reflektiert werden. Das kann aber beim besten Willen nicht sein, weil dort ein Festgestein sein muss. Ist das Festgestein verschwunden? Ist dort flüssiges Magma? Flüssiges Magma würde unsere Druckwellen nicht reflektieren. Dem Bohrmeister schildere ich zunächst nichts von meiner Entdeckung.
Tief in Gedanken versunken fahre ich mit Alpha von Lahr nach Freiburg und esse im Schnellrestaurant „Burger King“. Bei Anna bekomme ich heute bestimmt keine warme Mahlzeit. Ich lasse Alpha bei geöffneten Scheiben im Auto und setze mich mit meinem Tablett auf die Restaurantterrasse. Die sommerlichen Temperaturen erlauben es, draußen zu sitzen. Bevor ich mich auf den Weg zu Anna mache, muss ich erst einmal in Ruhe über das Lahrer Phänomen nachdenken.
Also, wenn das so ist, wie ich es eben gesehen habe, befindet sich in 1.200 Metern unter Lahr flüssiges Magma. Man nennt so etwas eine Magmakammer im Festgestein. Das Magma befindet sich normalerweise unter der ozeanischen Kruste in einer Tiefe von 9 Kilometern und unter der terrestrischen Kruste in einer Tiefe von 35 bis 65 Kilometern. Wenn hier das Magma bei 1.200 Metern liegt, befindet sich das flüssige Gestein bereits in einer aufgestiegenen Magmakammer. Bevor sich ein Vulkan neu bildet, steigt zunächst Magma im Festgestein auf und bildet diese Kammer. Das Festgestein wird quasi weggeschmolzen. Magma kann auch an Klüften aufsteigen. Jeder Vulkan besitzt eine Magmakammer. Wenn ich mit dieser Nachricht zu anderen Geologen gehe, halten die mich für verrückt. Der Rheingraben ist inaktiv, da rührt sich nichts mehr, haben wir in der Universität Freiburg damals gelernt. Vielleicht ist der Rheingraben wieder aktiv? Wenn ich das der gesamten Geologenschaft erzähle, mache ich mich möglicherweise zum absoluten Deppen. Ich muss erst einmal die Lage beobachten. Außerdem werde ich einen Seismografen organisieren und in Lahr installieren. Ein Seismograf zeichnet Erdbebenwellen auf, die von sich aneinander bewegenden Erdplatten hervorgerufen werden. Auch bei Vulkanausbrüchen gibt es häufig vorangehende kleine Erdbeben. Bevor ich nicht hundert Prozent sicher bin, werde ich mit niemandem über das Thema reden. Nicht mit den Arbeitskollegen, nicht mit Anna oder sonst jemandem. Nur meinem Hund Alpha kann ich vorerst etwas anvertrauen.
Ich fahre von Freiburg zu Anna nach Ihringen. Ich muss erst mal von meinen Gedanken herunterkommen, sonst werde ich noch verrückt. Anna wohnt in einer exklusiven Eigentumswohnung. Ihre zwei Kinder mit den Namen Holger und Franziska öffnen mir die Tür. Der Junge ist acht Jahre und das Mädchen vier Jahre alt. Holger hängt an mir und Franziska betrachtet mich als Konkurrenz. Sie möchte gerne ihre Mutter allein für sich haben. Wenn das mal alles so einfach wäre im Leben.
Um 20 Uhr bringt Anna ihre Kinder ins Bett, was sich immer schrecklich lange hinzieht, weil die Kinder nicht brav im Bett bleiben. Um die Zeit zu überbrücken, schalte ich mir den Fernseher an. Alpha liegt zu meinen Füßen.
Bis 22 Uhr können wir uns nicht zurückziehen, weil die Kinder immer wieder auftauchen. Doch dann haben wir freie Bahn und gehen rasch ins Bett. Anna zieht sich blitzschnell aus und wir machen es in allen nur möglichen Variationen, bis wir nicht mehr können. Erschöpft schlafen wir ein.