Читать книгу 2050 - Die Vulkane im Rheingraben - Martin Danders - Страница 7

4. Kapitel

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Um fünf Uhr schlafe ich noch tief und fest. Doch dann merke ich halb wach, dass mir Anna einen bläst. Das macht sie jeden Morgen, wenn ich bei ihr übernachte. Sie ist der Meinung, dass der morgendliche Sex am schönsten ist. Quasi eine Pflichtübung, sonst gelingt der Tag nicht. Ihre Aktion bewirkt bei mir eine stramme Erektion, sie besteigt mich und reitet auf mir bis sechs Uhr. Dann steht sie auf, weckt die Kinder und bereitet das Frühstück. Anschließend geht sie ins Badezimmer und tunt sich fürs Büro sexy auf. Der Sohn Holger geht selbstständig in die Schule und die Tochter Franziska wird in Eile zur Kita gebracht, bevor sie zur Arbeit nach Breisach fährt. Meistens schreit die Tochter am Morgen, weil sie sich nicht anziehen mag. Sie will ihre Mutter in die totale Verzweiflung treiben.

Ich schlafe nach unserem morgendlichen Akt zufrieden wieder ein und stehe erst um 6:30 Uhr auf. Dann trinke ich einen Kaffee mit Milch, rauche auf ihrer Terrasse eine Zigarette, gehe ins Badezimmer zum Duschen, esse zwei Brötchen mit Marmelade und fahre dann nach Breisach ins Büro.

Nach einem Jahr mit Anna sehne ich mich nach etwas anderem. Bevor unsere Geschichte eine feste Beziehung wird, werde ich mir etwas Neues suchen. Oder ist das schon eine feste Beziehung? Solche Prozesse können auch schleichend vonstattengehen.

Vom gestrigen Erlebnis mit der von mir vermuteten Magmakammer erzähle ich im Büro niemandem etwas. Die Geschichte beschäftigt mich. Ich schaue mir einige meiner Geologie- und Vulkanologie-Bücher an, die ordentlich, aber etwas eingestaubt in meinem Büroregal stehen.

Gegen Mittag verlasse ich das Büro und fahre nach Freiburg in ein mir bekanntes Ingenieurbüro für Geophysik. Die haben unter anderem auch Seismografen, die man mieten oder kaufen kann. Ich miete mir für ein paar Wochen einen solchen und fahre schnurstracks zur Baustelle nach Lahr. Mithilfe des Bohrmeisters baue ich das Gerät in einem abschließbaren Baucontainer auf, damit es nicht durch Vandalismus zerstört wird. Der Bohrmeister wundert sich zwar über das neue Messgerät, stellt aber keine dummen Fragen. Ich stelle das Gerät um 15 Uhr an und ab jetzt werden sämtliche Erderschütterungen aufgezeichnet. Die ersten zehn Minuten beobachte ich das Gerät, ob die Nadel etwas anzeigt. Aber der Seismograf zeigt nur eine gerade Linie, was bedeutet, keine seismischen Aktivitäten.

Von Lahr aus fahre ich weiter nach Karlsruhe in ein Kongresszentrum. Ich beabsichtige, mir einige Fachvorträge über geothermische Energiegewinnung anzuhören. Ich lasse Alpha im Auto und laufe in einen großen Hörsaal. Die meisten Vorträge sind sehr interessant und für meine berufliche Weiterbildung sehr wichtig. Es gibt aber auch Beiträge, die bei den Zuhörern wie eine Packung Baldrian wirken.

In einer Vortragspause hole ich mir einen Milchkaffee und stelle mich an einen runden Stehtisch. Plötzlich gesellt sich eine blonde Frau zu mir und stellt ihren Kaffee auf den gleichen Tisch. Sie sieht sehr gut aus, ist schätzungsweise 35 Jahre alt, hat stechend blaue Katzenaugen, schaut etwas nervös und erscheint mir etwas unruhig sowie angespannt.

„Darf ich mich bei Ihnen dazustellen?“, fragt sie mich.

„Ja, natürlich!“

„Wie finden Sie die Vorträge?“ erkundigt sich die Blondine.

„Sehr gut! Man erfährt hier die aktuellen Neuigkeiten in der Geothermie. Kann man gut für den Job verwenden!“

„In welcher Firma arbeiten Sie?“, fragt sie.

„In der Geothermie Ingenieur GmbH!“

„Sind Sie Geologe?“, fragt die Dame weiter.

„Ja!“

„Ich auch“, lächelt sie.

„Dann sind wir ja beide Geologen!“

„Es sieht so aus“, meint sie und trinkt von ihrem Kaffee.

Die fremde Frau lächelt mich mit ihren blauen Katzenaugen an. Wir tauschen unsere Visitenkarten aus. Ich muss irgendwie reagieren, sonst ist es zu spät. Ich muss sie unbedingt näher kennenlernen.

„Haben Sie Lust und Zeit, heute Abend hier in Karlsruhe mit mir essen zu gehen?“, frage ich sie mutig.

„Ja, das ist eine sehr gute Idee.“

„Super, dann treffen wir uns nachher wieder hier, wenn die heutigen Vorträge zu Ende sind“, schlage ich begeistert vor.

„Okay! Machen wir!“

„Bis nachher“, sage ich.

„Bis nachher!“

Darauf gehe ich wieder zurück zu meinem Platz und schaue mir in Ruhe ihre Visitenkarte an. Sie heißt Luise und arbeitet in einem Ingenieurbüro in Karlsruhe. Was für eine tolle Frau! Ich bin kaum noch in der Lage, den weiteren Vorträgen zu folgen. Es ist absolut super, dass sie tatsächlich mit mir nachher in ein Restaurant geht.

Als der letzte Vortrag beendet ist, gehe ich zurück zu dem Stehtisch. Luise wartet schon auf mich. Wir fahren mit meinem Auto in die Innenstadt von Karlsruhe und finden ein nettes Restaurant. Wir entscheiden uns für einen Tisch am Fenster und setzen uns gegenüber, sodass ich ihr gut in die Augen schauen kann.

„Wollen wir uns duzen?“, frage ich.

„Ja, natürlich! Ich heiße Luise.“

„Und ich Max. Die Vorträge waren ganz gut!“, beginne ich die Konversation.

„Ja, sehr interessant!“

„Arbeitest du auch in der Geothermie?“, frage ich.

„Meine Arbeitsbereiche sind die Geothermie und der Boden- und Grundwasserschutz.“

„Aha, und dein Ingenieurbüro ist in Karlsruhe?“, will ich wissen.

„Ja, ich habe in Karlsruhe eine kleine Wohnung gemietet. Ich bin immer von Montag bis Freitag hier in der Stadt. Am Freitag fahre ich dann nach Basel zu meinem Mann und den beiden Kindern. Wir haben dort ein Haus.“

„Ach, du bist verheiratet!“, rufe ich überrascht und etwas enttäuscht.

Schade, dass sie einen Mann hat! Hätte ich nicht gedacht. Sie bemerkt meine Gedanken und erzählt mir offen ihre familiäre Situation, obwohl wir uns gerade ein paar Stunden kennen.

„Meine Ehe ist kaputt. Wir lieben uns nicht mehr und haben keinen Sex mehr miteinander. Mein Mann arbeitet in Basel und kümmert sich in der Woche um die beiden Kinder. Ich arbeite die ganze Woche in Karlsruhe. Am Wochenende kümmere ich mich dann um die Kinder“, erklärt sie offen.

„Ist ja eine interessante Geschichte! Und warum trennt ihr euch nicht einfach?“

„Das ist nicht so einfach. Ich mache es nicht wegen der Kinder, weil die unter einer Trennung leiden würden“, sagt sie.

„Aber für die Kinder ist es doch so viel schlimmer. Die beobachten doch euer Verhalten mit den dazugehörigen Streitereien und verstehen das alles nicht.“

„Es ist so aber besser, dann haben sie wenigstens einen Vater und eine Mutter“, widerspricht sie.

„Ich würde mich an deiner Stelle scheiden lassen.“

„Das geht nicht“, entgegnet Luise schroff.

„Hat dein Mann schon eine andere Frau?“

„Nein, ich glaube nicht“, sagt sie.

„Wieso nicht?“

„Er sieht nicht so vorteilhaft aus und ist überhaupt kein Frauentyp“, berichtet sie mir.

Luise lächelt mich wieder mit ihren Katzenaugen an. Wir bleiben lange am Tisch sitzen und trinken eine ganze Weinflasche. Schon wieder eine Frau mit zwei Kindern, aber diesmal mit Ehemann. Das ist wirklich ein bisschen zu viel. Trotz meiner Gedanken flirtet mich Luise mit allen Mitteln an, die einer Frau zur Verfügung stehen. Lass dich nicht drauf ein!

Als wir das Restaurant verlassen, begleite ich sie wie ein Gentleman zu ihrer kleinen Wohnung im Zentrum von Karlsruhe.

„Ich würde gerne mit dir in deine Wohnung kommen, aber vielleicht ist es dafür noch etwas zu früh“, sage ich mutig.

„Das machen wir später einmal!“

„Okay!“, ich bin etwas überrascht wegen ihrer direkten Antwort.

Wir umarmen und küssen uns kurz. Wieder trifft mich ihr Lächeln mit den Katzenaugen.

„Tschüss!“, stammele ich mit erhöhtem Puls.

„Auf bald!“

Wie benebelt stolpere ich zurück zu meinem Auto. Alpha hat dort lange auf mich gewartet. Ich gehe eine kurze Pinkelrunde mit ihm und fahre anschließend auf der Autobahn zurück nach Colmar. Was für eine Frau! Mich hat es schon am ersten Tag erwischt. Ich habe mich verliebt. Ich alter Sack habe geglaubt, dass das bei mir nicht mehr funktioniert! Aber sie hat einen Mann! Lass die Finger davon! Meine inneren Warnschilder missachte ich vollkommen. Es ist wie eine süße Droge, die langsam von mir Besitz ergreift. Jetzt ist alles zu spät! Es ist passiert!

Auf der Rückfahrt treffe ich auf schwere Unwetter mit Starkregen. Aufgrund der Klimaveränderung sind solche Unwetter inzwischen normal. Die Menschen haben sich daran gewöhnt. In Colmar angekommen, unternehme ich einen großen Spaziergang mit Alpha, um von meinen Gedanken etwas herunterzukommen.

Morgen werde ich die Geschichte mit Anna beenden, dann ist es Schluss mit den Bettgeschichten. Danach werde ich erst mal wieder wie ein Mönch leben. Wenn es mit Luise nicht klappt, ist es auch nicht so schlimm. Dann habe ich eben gar keine Frau mehr, aber immerhin noch den Hund. Die Geschichte mit Anna kann ich unmöglich so wie bisher weiterführen.

2050 - Die Vulkane im Rheingraben

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